CCC: DataMining the NSA - Vorlesung

Jens Steiner 28.12.2004 16:52 Themen: Netactivism Weltweit
Pünktlich um 15 Uhr begann der Österreicher Erich Moechel in einem der überfüllten Seminarräume der Kongresshalle am Alexanderplatz seinen Vortrag über die Mailingliste des Biometric Consortium. Hierbei handelt es sich um ein Projekt, welches 1993 vom NSA initiert wurde, um biometrische Daten zu standardisieren. Die Liste existiert seit 1994. Anfangs kommunizierten über diese in erster Linie ranghohe Militärs von US Army, Navy und Airforce über die Schaffung einer Datenbank für die Stimmerkennung. Seit Mitte der Neunziger Jahre verloren die Militärs mit ihren Voice Encoding Plänen auf der Liste an Bedeutung. Fingerabdrücke und Iris-Erkennung stießen bei der neuen Generation des Biometrie-Consortiums auf grösseres Interesse. Moechel gelangte Anfang dieses Jahrzehnts auf die "Biometrics Consortium Discussion List" und stellte umfangreiche Recherchen an.
Das Biometric Consortium existiert seit 12 Jahren. Zu den Sponsoren zählen das Biometry-Project des amerikanischen Departments of Defense, das International Commitee for Information Technology Standards, die IBIA, das National Institute of Technology Standards, die NIST, das National Biometry Security Project (NBSP) und einige mehr.
Die Finanzierungsfonds des Projektes waren vergelichsweise gering.

Gegründet wurde das Projekt zur Standardisierung biometrischer Daten am North Carolina Super Computing Center. Moechel stellte einen Zusammenhang zwischen den Entwicklern von SELinux und dem NSA-Projekt her.
Eigenartig erscheint, dass bereits 1995 der NSA eine Website zum Biometric Consortium ins Netz stellte.
Zu den Gründern und wichtigsten Köpfen beim Konsortium zählten Dr. Henry B. Boitel und Dr. James L. Wayman. Boitel war vorher in einer Führungsposition für ein britisches Rüstungsunternehmen tätig.
Waren es anfangs nur hohe amerikanische Militärs und Geheimdienstler, die sich an der Diskussion auf der Liste beteiligten, fanden sich seit Mitte der Neunziger auch Vertreter englischer Institutionen wie der British Telecom wieder.

Moechel beschrieb seinen Rechercheweg. Er ging auf die hoch bürokratische Sprache der amerikanischen Militärs und Geheimdiensteler ein. Diese würden sich auf der Liste einer hochkomplizierten und meist nichtssagenden Ausdrucksweise bedienen. Lange Kettensätze sollen keine Fakten übermitteln, sondern den Lesern maximal eine ungefähre Idee von dem geben, was man meinen könnte.

Auch erwähnte Moechel das Projekt der französischen Firma MORPHO, die 1994 die biometrischen Datensätze des FBI neu strukturieren sollte. Diese wurde, laut Moechel, von Sagem aufgekauft. Bis 2003 hatte aus lizenzrechtlichen Gründen das FBI keinen Zugriff auf die eigenen 18 Tausend Fingerabdruck-Datensätze. Erst 2003 habe das FBI für 315 Millionen US-Dollar die Rechte an den Daten von der französischen Firma SAGEM MORPHO erworben. In diesem Zusammenhang kam Moechel auch auf das Monopol einer israelischen Firma für das Abhören amerikanischer Festnetz-Telefone zu sprechen. Gegen 16.00 Uhr beendete er seinen englischsprachigen Vortrag, der von einer Präsentation interessanter Dokumente und aussagekräftiger e-mails der Biometric Consortium Liste begleitet wurde.
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Ergänzungen

klingt intransparenter als es ist...

auch einer von den Guten 05.01.2005 - 04:09
Das Beitreten in die Mailinglist war "Anfang des Jahrtausends" kein Problem und dürfte es auch heute nicht sein für Leute, die ihr Informationsinteresse bei der Anmeldung entsprechend glaubhaft machen.

Es fehlt noch ein Verweis auf die mirrors der Liste, um hier über falsche elitäre eitelkeiten erhaben zu sein. Nach meiner erinnerung gab es auch schon vor drei Jahren einen mirror, selbst will ich mich aber nicht mit google rumschlagen. Boitel hat in reaktion auf moechel  http://groups.yahoo.com/group/portal_proto/messages
als mirror zitiert. dort ist es allerdings bedingt durch informationsverschmutzung sehr unübersichtlich. ansonsten viel spass beim datamining. Solange Info-S nicht die Weltherrschaft erlangt...