Berlin: Abgabe kostenloser Nahrung verboten

7h4idn 25.11.2004 16:09 Themen: Repression Soziale Kämpfe
„Hartzburger Front-Nachrichten“: Keiner soll hungern, ohne zu frieren! Bezirk Pankow bereitet sich mit ur-deutscher Gründlichkeit auf ersten deutschen Hartz-Winter vor. Abgabe von kostenlosem Gemüse an Arme von Geundheitsamt des Pankower Bezirks deshalb kurzerhand verboten! Immer mehr verarmen durch Hartz IV. Dafür gib´t aber vom Bezirk jede Menge 1 €-Jobs.
„Hartz IV“ lässt große Teile der Bevölkerung verarmen. Aber: „Keiner soll hungern ohne zu frieren!“ Das dachte sich wohl das Bezirksamt Pankow und begann jetzt mit der Schließung von Abgabestellen für kostenlose Nahrung.

Auch so kann man den Druck auf die Arbeitslosen erhöhen. Die mit allen Mitteln dazu getrieben werden sollen, jede erdenkliche Arbeit anzunehmen. Da durch Hartz IV viele Arbeitslose weniger Geld erhalten, oder überhaupt ganz aus dem Leistungsbezug fallen, freuen sie sich, wenn sie wenigstens beim Essen sparen können. So kann man manchen Euro für andere lebensnotwendige oder für liebe Dinge sparen. Denn dieser Winter wird Hartz!

Daher konnte man in den letzten Wochen beobachten, wie immer mehr Arbeiterfamilien sich kostenloses Obst und Gemüse an Abgabestellen im Bezirk abholten. Anscheinend begreifen immer mehr, dass schwere Zeiten auf sie zukommen. Das Gemüse wird von großen und kleinen Geschäften abgeben, damit die es nicht wegwerfen müssen. Bis auf ein paar Schönheitsfehler, - die Kunden beanstanden könnten, die jetzt noch das Geld haben um auf Schönheit zu achten, ist das Gemüse und Obst mehr als top! Diejenigen, die diese Verteilung der Lebensmittel organisieren, leisten eine unschätzbar wichtige Aufgabe.

Es ist damit zu rechnen, dass sich ab Januar, dann wenn „Hartz IV“ endgültig „durch“ ist, die Zahl derer, die kostenlose Nahrung benötigen, stark erhöhen wird. „Autos kaufen keine Autos“, sagte Oskar. Und wer überhaupt nichts mehr hat, kauft so wenig wie möglich. In Folge klagen viele Geschäfte über die zurückgehende Kaufkraft. Kein Problem, dachte sich das Bezirksamt Pankow und sein Gesundheitsamt schloss kurzerhand die erste Abgabestelle. Die Menschen könnten ja von dem Gemüse krank werden, und das Wohl der Menschen, besonders der von Hartz IV Betroffen liegt dem Bezirk sehr am Herzen.

Der Bezirk Pankow bereitet sich also mit typisch doitscher Gründlichkeit auf den errrsten Harrrrtz-Winterrr in Deutschland vor.

Und das bedeutet nicht, dass das Bezirksamt kostenlose Suppenküchen für die Bevölkerung einrichtet. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen! Wenn Hartz, dann aber so richtig, so dass „wichtige Synergieeffekte entstehen“ und so weiter. Mit anderen Worten, die Verarmung der Bevölkerung muss Verwertungsinteressen bedienen. Jemand muss Hartz IV professionell im Bezirk organisieren – und davon profitieren. Und dann darf es nichts umsonst gegen.

Daher beschloss der Bezirk Pankow die Kooperation mit dem Arbeitsamt Nord und drei freien Trägern im Bezirk, zur „Organisierung von kommunalen Beschäftigungsgelegenheiten zum Wohle des Gemeinwesen und der Arbeitslosen“. Davon verträgt sich ein Träger, wie man hört, gut mit SPD/Grüne, die beiden anderen mit der PDS. „Hartz IV ist Armut per Gesetz“, schloss diese Partei messerscharf. Also, wenn arm, dann aber richtig! Die PDS ist auch weiterhin gegen Hartz IV - aber zu Umsetzung, dazu sind sie leider gezwungen. „Wat mut, dat mut“ wusste schon in den 70er Jahren die SPD, als sie mit dem Kürzen anfing. Deswegen organisieren die Kooperationspartner im Bezirk bereits jetzt die Vergabe von „Ein-Euro-Jobs“. Damit können die freien Träger einen guten Profit machen, denn sie erhalten pro Arbeitslosen, den sie für einen Euro – oder „für ein paar Dollar mehr“ angeblich für den ersten Arbeitsmarkt fit machen, bis zu € 500. Wenn es denn auf dem „1. Arbeitsmarkt“ Stellen gäbe. Die werden nämlich abgebaut, weil 1 €-Kräfte sind viel billiger!

Das Arbeitsamt tut auch die Arbeitlosen über diese Stellen informieren. „Dies ist eine Einladung nach § 309 SBGB III“. „Wir wollen sie über die öffentlich geförderten Beschäftigungsprogramme und zum Arbeitslosengeld II informieren.“ Und den ausgefüllten kompletten Antrag für das ALG II soll man doch bitte praktischerweise gleich ausgefüllt mitbringen, einfach nur so. Diejenigen, die nicht zu diesem Termin erschienen, wurden übrigens die Leistungen des Arbeitsamtes gesperrt.

Wer den Schaden hat, kann sich kein Gemüse mehr besorgen.

Ps. Wie geht es den Hausmeistern der Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg? Die Firma Birnbaum, die im Auftrag der WiP die Hausmeister beschäftigt, wollte ab Januar 2004 Langzeitarbeitslose für € 1 bis 3.50 EUR einstellen und daher die 48 Hausmeister zum 31. Dezember entlassen. Wie man hört, überlegt sich die WiP jetzt tabula rasa zu machen. Eine komplett neue Firma wird mit der Hausmeisterei beauftragt. Natürlich mit neuen „Hartz-Meistern“.
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Ergänzungen

Grund?

z.a.o. 25.11.2004 - 19:33
was war eigentlich der grund der schließung?

wie ist das gelaufen?

da war vom Gesundheitsamt die Rede...
...aber..
wie genau?
Schließung aus Böswilligkeit mittels Gesundheitsamt,
oder einfach nur typisch deutsches Paragrafenreiter-Gesundheitsamt?

Und was ist mit den vielen vielen Tafel-Ausgabestellen in ganz Deutschlanfd?

Nachschlag

c4 26.11.2004 - 12:16
wie ist die "Schließung" gelaufen? Nun, da muss sich derdie InformatorIn etwas bedeckt halten. Die Lebensmittelspenden waren aber auf keinen Fall verdorben! Jedenfalls hat die für die "Volksgesundheit" zuständige Stelle beim Bezirksamt so einen Druck gemacht, dass das Projekt Schiss bekam. Bis auf weiteres gibt´s keine Abgabe von Essensspenden mehr. Angeblich soll das bei anderen Projekten auch drohen.

Die Mitarbeiterinnen (sind meist so Reichskontroll-Stasi-Tanten) vom Gesunheitsamt schnüfflen gerne rum, kucken um dei Ecke ob da nicht Essenspenden stehen. Ihre bevorzugten Opfer von Schließungen sind Essenstände von Migranten (z. B: beim letzten Pankefest) oder eben soziale Projekte.

Es wäre gut wenn jemand recherchieren könnte, wo es in Berlin alternative Möglichkeiten gibt an Nahrungsspenden zu kommen, und das dann hier als Ergänzung veröffentlichen könnte.

Von Nahrungsspenden zu leben, bietet eine Möglichkeit Widerstand gegen Repression durch Hartz IV und Arbeitszwang zu leisten und dem kapitalistischen Komsum so weit wie möglich auszuweichen. Wer auf Fleisch verzichten kann, könnte theoretscih völlig "aussteigen" und jahrelang von Essenspenden leben. Vorrausgesetzt es gibt sie.

Vielleicht gibt es auch in Berlin Leute, die es orgtechnisch leisten könnten zumindest am Tag des "Agenturschluß" am 3. 1. 04 Suppenküchen aus Spenden vor den Arbeitsämtern zu organisieren. Gut wäre es wenigstens einmal im Monat eine öffentliche kostenlose Suppenküche als Aktion gegen Sozialabbau anzubieten.

feedback

tomjong 26.11.2004 - 16:10
das blöde an solchen zeitungsausschnitten wie den da oben ist die tatsache, dass die schreiber oft ganz simpel derart einseitig informieren und analysieren, dass es irgendwo zwischen fahrlässig und verdummung einzuordnen ist. das ist genauso ekelhaft wie die tatsache, dass es dieser küchen bedarf.

in d wird erfroren und gehungert, aber nicht aus den gründen heraus, die da oben so genüsslich präsentiert werden. die bildzeitung hat nicht das monopol auf fehlendes niveau.

@feedback tomjong: Du bist von gestern!

pr4r 29.11.2004 - 13:26
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