Vom Koordinierungstreffen der Montagsdemos

My eyes 11.09.2004 21:05 Themen: Soziale Kämpfe
Hier meine Eindrücke vom bundesweiten Vernetzungstreffen der Montagsdemonstrationen in Leipzig am 11.9.. Hier kamen die beiden Koord-Treffen vom 28.8. zusammen, die jeweils in Berlin und Leipzig abgehalten wurden. Bundesweite Demo am 2.10. in Berlin beschlossen.
Leider kam ich zu spät und konnte erst ab halb drei teilnehmen. Ich kam pünktlich zur Pause im Haus des Buches an und wurde durch drei Menschen der Gewerkschafter-Zeitung "Berlin von unten", auf deren Stand ich als erstes stieß (1), darüber informiert, daß ich nichts verpasst hatte, außer einer Entscheidung, die eh schon von vorneherein bei den meisten feststand, nämlich am 2.10. zu demonstrieren und nicht wie das mlpd-beeinflußte Leipziger Koordinierungstreffen am 3.10. einen "Sternmarsch" nach Berlin zu machen. Im übrigen wurde beschlossen, die Demonstration um 13:00 starten zu lassen und die Mobilisierung und Organisierung von Bussen etc. den lokalen Initiativen zu überlassen. Zudem wurde die Idee einer Basiskonferenz am 3.10. stark gemacht, aber nicht nochmalig beschlossen. Aus einer einstündigen Möglichkeit am Mikro Positionen vorzutragen, wurde durch eine Arbeitsgruppe der Arbeitstitel "Soziale Gerechtigkeit statt Hartz IV! Wir haben Alternativen" destilliert und schließlich auch gegen die MLPD-Forderung "Weg mit Hartz IV! Das Volk sind wir!" abgestimmt. Bei den "Alternativen" dürfte es sich wohl weniger um die soziale Revolution und eine selbstorganisierte und herrschaftsfreie Gesellschaft handeln, sondern wohl mehr um die "garantierte soziale Grundsicherung für alle" (2) und die Einführung einer Vermögenssteuer. Diese Arbeitsgruppe soll aus dem Gesagten bis Dienstag den endgültigen Titel (der angeblich noch "konkreter" werden soll) und einen Aufruftext entwerfen, der (so die ungefähre sicherlich nicht vollständige Bandbreite der Äußerungen) die Forderung nach Arbeit, mit der Frage "Welche Arbeit denn? Auch die Arbeit in der Rüstungsindustrie z.B.?" und der Forderung nach Existenzgeld, sowie die Idee, daß Korrekturen am Hartz-Gesetz möglich sind bis zur Forderung nach dem Sturz der Regierung, sowie die europäische und internationale Ebene des Sozialabbau, die weltweite neoliberale Politik, integriert - Na dann viel Spaß! ;) Nach Angaben der Arbeitsgruppe wären dort von politischen Organisationen nur maximal eine Person drin, nach Angaben eines MLPD'lers wären mehrere aus dem attac-Bundesvorstand in der AG. Da ich keene Ahnung habe wie die Typen aussehen, konnte ich diese Angabe auch nicht verifizieren. Desweiteren wurde die bisherige Koordinierungsgruppe (mit Erweiterungen) bestätigt, deren Mitglieder ich nicht kenne. ich vermute, daß es sich um das vom Berliner Vernetzungstreffen einberufene handelt. Das Berliner Treffen soll laut einem Indymedia-Bericht weitgehend von einem Funktionärsklüngel aus PDS, attac, DGB und Wahlalternative dominiert worden sein. Das heutige Treffen konnte dies nicht widerlegen, mir schien es jedenfalls, daß die Fronten zwar nicht eindeutig verliefen, sondern kreuz und quer und vielfältigen gruppendynamischen Prozessen ausgesetzt, ausgetragen wurden, allerdings schon deutlich wurde, daß sich attac, Wahlalternative & Co sowie die MLPD konfrontativ gegenüberstanden, wobei letztere den Kürzeren zogen. Letztendlich handelt es sich bei beidem um eine moderne und eine orthodoxe Form des Protestmangements, die eine reformistisch, charismatisch, jung, die andere "revolutionär", altbacken, penetrant. Wobei letztere eigentümlicherweise die Selbstorganisation der Betroffenen forderten und ein Berliner MLPD'ler berichtete, sie würden dort Betriebs- und Stadtteilkomitees aufbauen, was belacht wurde. Wobei ich trotzdem meine, daß die Selbstorganisation der Betroffenen und das selbstwußte Einsetzen direkter Aktionen der einzige Weg ist, um die Politkasper aller Coleur überflüssig zu machen. Es ist allerdings schon eine Zumutung zwischen Pest und Cholera wählen zu dürfen. Allerdings verliefen die Fronten nicht eindeutig verliefen und neben den beiden Kampfhähnen, waren auch andere Akteure anwesend: wie das Anti-Sozialabbau-Netzwerk NRW, die am 18.9. eine Demo in Düsseldorf veranstalten, eine Organisation von MigrantInnen-Arbeitervereinen, die angeblich in 36 Städten organisiert ist und schon seit Jahrzehnten gegen Sozialabbau aktiv ist (deren Name mir entfallen ist) oder die Initiative Anders Arbeiten aus einer Stadt, deren Namen ich ebenfalls vergessen habe. Diese drei wurden zusätzlich in das Vorbereitungsteam, zudem noch einer der Sprecher des Sozialforums Leipzig und ein Mitglied der Orgagruppe Magdeburg. Zudem waren natürlich auch diverse ostdeutsche Montagsdemo-OrganisatorInnen (z.B. Torgau, Senftenberg, Dessau, Osterburg) und Arbeitslose anwesend und sprachen auch, teilweise war es für einige die erste politische Aktivität überhaupt. Deren Auftrittsweise wich schon von dem der Politfunktionäre ab. Und bevor ichs vergesse, BüSo konnten es sich nicht nehmen lassen uns ihr physisch-ökonomisches Wissen angedeihen zu lassen. Dummerweise wollte es niemand hören. Vielleicht kapieren sie jetzt endlich, daß sie mit ihrer Propaganda nicht landen können.

Fazit: es war eine sehr chaotische Atmosphäre, die auch mit Instrumentalisierungsvorwürfen, Vereinnahmungsangst und politischen Grabenkämpfe aufgeladen war. Letztendlich ist hier der Kampf um die Macht das Problem. Darauf, daß Organisierung von unten wichtig ist, daß die Betroffenen selbst sich organisieren und nicht nur die Organisatoren sich treffen um dann Mobilisierungspotential abzufassen (wie ein mir unbekannter Mensch im Nebensatz formulierte) sind leider nur wenige gekommen. Und bei so vielen Funktionären von Parteien und ähnlich zentralistischen Strukturen im Spiel (PDS, Wahlalternative, MLPD, SAV, linksruck, attac) ist an die Entwicklung einer Herrschaftskritik und der Entwicklung einer Organisierung der Betroffenen selbst, nicht leicht zu denken. Aber diese kann eh nicht von oben kommen. Jedenfalls hat die Mehrheit der Demonstrierenden die Schnauze voll vom derzeitigen Politsystem. Was daraus folgt, liegt daran inwieweit radikaldemokratische, emanzipatorische und linksradikale Gruppierungen ihre Inhalte attraktiv machen können.

Ich bitte um Ergänzungen und eventuelle Korrekturen.
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Ergänzungen

die Fußnoten und links

My eyes 11.09.2004 - 21:26
1) www.berlinvonunten.de; dort fand ich übrigens eine interessante Broschüre "Der kurze Herbst der Utopie - 1989" vom Haus der Demokratie in Berlin (www.hausderdemokratie.de)
2) Bei der Grundsicherung handelt es sich sicherlich um ein verlockendes Angebot, doch ist deren Realisierung im Kapitalismus utopisch, weil er dann nicht mehr funktionieren würde, denn schließlich wäre man dann ja schön blöd sich in Lohnarbeit unter die Knute der Vorgesetzten zu begeben und wo wollen die Unternehmen, dann ihre Lohnarbeiter herholen, aus deren Arbeitskraft sie ihren Gewinn ziehen?

Informationen von unten:
 http://de.indymedia.org
www.fau.org
www.labournet.de

Mobilisierung nach Berlin - Homepage ab Dienstag online: www.aufnachberlin.de

Ich war auch dabei.

Daniel Weigelt 11.09.2004 - 22:32
Also zu dem was Du verpasst hast: 12.30 ging es erst so langsam los, dann wurde ne ganze Weile über die Tagesordnung diskutiert.

Anschließend gab es ne ganze Menge Aussagen verschiedenster Leute zur politischen Situation, da wir die ja kennen, spare ich mir das an dieser Stelle. Interessant in dem Zusammenhang nur eine Meldung aus Leipzig, dort tauchten die Rechten mit einem Transparent bei der Montagsdemo auf, auf dem stand: "PDS raus aus dem Montagsdemos, sucht euch eure Ratten woanders."

Anschließend gab es eine Pause, da bist Du gekommen.

Es gab eine lange Diskussion ob 2. oder 3. Die Einzelheiten erspar ich Euch, halt das übliche von Seiten der MLPD, ja, wir müssen erst die Montagsdemonstranten fragen. Und entsprechende Gegenstimmen für den 2. Da wurde es das erste mal unruhig im Saal.

Schließlich ging es um inhaltliche Forderungen.

Die letzten der Tagesordnungspunkte wurden dann in der letzten Stunde zusammengefasst, da ging es um die Organisierung der Demo. Leider wollten da die meisten Redner nur wieder ihre politischen Ansichten preis geben statt etwas konstruktives zu sagen. Bis hin zu dem Spinner, der der Meinung war, uns allen die andere Weltordnung zu erklären, was ja keiner hören wollte. Ob der Büso war, kann ich nicht bestätigen, klang aber so.

Die Vorbereitungsgruppe für das nächste Treffen, ist + den vier Neuen die selbe wie dieses mal. Das sind soweit ich informiert bin die von www.montagsdemoberlin.de.

Jetzt aktuell soll www.aufnachberlin.de sein für alle.

Fazit: Es ging sicher stellenweise sehr unruhig zu, aber meiner Einschätzung trotzdem noch im Rahmen der Vernunft. Bei 150 Leuten kommt es schon mal zu lauten Debatten. Was ich lästig fand war, das zum Ende der Saal merkbar leerer wurde, weil bei einigen das Interesse verloren gegangen sein schien, die standen draußen und rauchten und quatschten ziemlich laut.

Ich hoffe, das auch die, die vorher für den 3.10. gewesen sind (wir wissen wer) jetzt endlich mit an einem Strang ziehen.

Demoverbote als Reaktion auf die Bewegung

seb 11.09.2004 - 22:41
Es gibt ja vielerlei Ansätze, gegen die Bewegung vorzugehen, aber ganz besonders unglaublich geht Hessen vor: die Landesregierung (Koch) hat "Verwaltungsgebühren" für Demonstrationen von bis zu 200 Euro eingeführt. Angeblich gibts die nur, wenn die Demo Auflagen erhält, was aber fast immer der Fall ist. In Gießen solls wohl keine Montagsdemo mehr geben, weil die Veranstalter kein Geld haben.
 http://de.news.yahoo.com/040909/12/477ls.html
 http://www.allgemeine-zeitung.de/rhein-main/objekt.php3?artikel_id=1607747
 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/meinung/375530.html
 http://de.indymedia.org/2004/09/93105.shtml

Wird nicht lange dauern, bis es auch in anderen Bundesländern soweit ist. Wenn erst mal der Fuß in der Tür ist, wird stückweise weiter angezogen...

schwarz-roter block

d.dreck 12.09.2004 - 00:25
diesen montag gibt´s nen schwarz-roten block mit lauti und allem, schnickschnack!

Falscher Ort, falsche Zeit

Karl Weiss 12.09.2004 - 07:47
Hallo, 'my eyes' von der FAU.
Da hast du dich aber gewaltig reinlegen lassen. Die Veranstaltung, auf der du warst, war nicht die Vereinigung der beiden Koordinierungstreffen von Berlin und Leipzig, sondern die Fortführung des Berliner Spalter-Koo.-Treffens.
Wenn du aufmerksam gewesen wärst, hätte dir dies schon anhand der Zahl von Teilnehmern auffallen müssen, denn beide zusammen müssten mehr als 250 zusammenbringen, nicht - wie von "Daniel Weigelt" geschätzt - 150.
Du selbst beschreibst, dass du es mit einem Funktionärsklüngel aus PDS, attac, DGB und 'Wahlalternative' zu tun hattest, da hättest du doch merken müssen, dass du auf der falschen Veranstaltung warst, oder willst du dich wirklich mit diesem bekannten 'Berliner Klüngel' einlassen?

Selbstverständlich haben die beschlossen, dass "Weg mit Hartz IV" weg muss, ist das wirklich auch deine Meinung?????

> Stattdessen stellen wir Forderungen nach Verbesserungen von Hartz IV > und haben natürlich noch andere Dinge zum Ablenken davon, dass wir > nicht 'Weg mit Hartz IV' wollen.........

Sag, seid ihr bei der FAU alle so leicht einzuwickeln??????

Interessant, dass du jedenfalls gemerkt hast, dass die anderen (das ist ja nicht nur die MLPD, sondern die ganzen Montagsdemos - ausser dem Klüngel) die Selbstorganisation der Betroffenen fordern (da sagst du eigentümlicherweise, da hättest du denken anfangen müssen), dass man Betriebs- und Stadtteilkommitees aufbaut - da lachen natürlich die Klüngel-Leute, sie wollen das Ding ja so schnell wie möglich abwürgen, um ihre Freunde aus der SPD und PDS aus der Schusslinie zu kriegen, da wären Kommitees (Räte) ja nur kontraproduktiv.

Wenn du also nicht mit dem Klüngel, sondern mit den Montagsdemos gehen willst, musst du am 3.10. kommen.

Hallo MLPD-Kalle,

eine beliebige montagsdemonstrantin 12.09.2004 - 12:00
Hör gefälligst auf, in meinem Namen von zu sprechen. Du behauptest "das ist ja nicht nur die MLPD, sondern die ganzen Montagsdemos - ausser dem Klüngel". Wie kommst du denn bitte auf diese abstrusen Unsinn? Es mag ja sein, dass Stalinisten es für Demokratie halten, wenn irgendein MLPD-Hansel auf einer Montagsdemo von 300 Leuten etwas abstimmen lassen möchte, 18 die Hand dafür heben, 3 dagegen und 4 sich enthalten, während die übergroße Mehrheit von 235 gequält und gelangweilt über solche inszenzierten Manöver in die Runde schaut und sich schon darüber amüsiert, dass die MLPD das in ihrer nächsten Zeitung als "nahezu einmütige Zustimmung der Montagsdemonstration X" verkaufen wird. Das mag allenfalls das "Demokrateiverständnis" von Leuten sein, die die fehlenden 235 Claquere liebend gerne an die Wand stellen würden, wenn sie die Gelegenheit dazu hätten. Sprich also in Zukunft im Namen derjenigen, für die du reden kannst - dich selbst nämlich - und höre damit auf, Politik im Namen von Leuten zu machen, die dich nicht dazu legitimiert haben.

Weder Pest noch Cholera

My Eyes 12.09.2004 - 19:34
Wie kommst Du darauf, daß ich bei der FAU bin? Das stimmt zwar, habe ich aber nicht in meinem Artikel erwähnt, weil es nix zur sache tut. Vielleicht hat mich ja der Link verraten ;)
wegen dem Reinlegen. Die Teilnehmerzahlen sagen gar nichts, es können nicht alle alle zwei Wochen durch die Republik zu nem Treffen gurken. Das ist ja auch eine Frage des Geldes, was bezahlten Politfunktionären ja zur Verfügung steht, deren Beruf es ja ist von Treffen zu Treffen zu fahren. Manche waren vielleicht auch vom ersten schon frustriert und hatten keinen Bock, wer weiß das schon. Andererseits ist es auch nicht so unplausibel von einer Fortsetzung des Berliner Treffens zu reden. De facto war es das. Nach meinen Informationen sollte es den Versuch einer Annäherung geben. Wie ich bereits sagte, will ich mit irgendeinem reformistischen Funktionärsklüngel nichts zu tun haben. Auch ein Grund warum ich mich in der FAU organisiere. Ein anderer ist, daß ich mich auch nicht für irgendeine Partei vor den Karren spannen lassen will, weshalb ich auch kein Bock auf die MLPD habe. Die FAU ist eine Selbstorganisierung von ArbeiterInnen, Erwerbslosen, Studierenden und Schülern mit Autonomie der Ortsgruppen und will garantiert nicht irgendwo die Führung übernehmen. Die FAU ist als Organisation auch gar nicht an den Treffen beteiligt, ich war da, um zu beobachten was da abläuft, diese ganzen Ränkespiele sind mir ziemlich zuwider. Wenn wir in Leipzig (und auch andere Ortsgruppen) uns an den Demos beteiligen, dann ist es schon ganz hilfreich zu wissen, was deren Organisatoren so planen.

sozial-revolutionärer Block in leipzig

My Eyes 12.09.2004 - 23:14
In Leipzig soll es übrigens morgen einen sozial-revolutionären Block geben um 17:30 Nikolaikirchhof. Im übrigen will das BgR Leipzig die Montagsdemo blockieren und hat dazu eine ziemlich finstere Pressemitteilung verfasst. (siehe unten) Hach, ist die Linke nicht ein Kindergarten?

Die Überschrift ist irreführend

idiotenhasser 13.09.2004 - 00:05
dieses "koordinierungstreffen" hat keine legitimation für die montagsdemos zu sprechen. es handelt sich eher um agenten der bundesregierung, die den protest abwürgen wollen.
das treffen der basis fand am 28.8. in leipzig statt, mit teilnehmern aus 66 städten. dieses hat eindeutig eine großdemonstration für den 3.10. aufgerufen.

Zu Karl Weiss

Edith Bartelmus-Scholich 13.09.2004 - 10:48
Lieber Karl Weiss,

dieses Posting ist nicht von mir. Ich zeichne stets persönlich auf Indy, wurde schon von anderer Seite deshalb angemacht. WennDu genau hinschaust ist das auch nicht mein Schreibstil.

Ich war in Leipzig, als Delegierte für das NRW-Netzwerk gegen Sozialkahlschlag, und wurde am Ende der Versammlung in die Koordinierung gewählt. Ich poste gleich ein Gedächtnisprotokoll.

Auf der Konferenz habe ich mich mehrfach dafür eingesetzt, die Spaltung zu überwinden und die klare Forderung "Hartz IV muss weg!" zu bewahren, weil sie den deutlichen Willen der Mehrheit der Leute, die diese Bewegung trägt, ausdrückt.

Ich teile nicht die Meinung der MLPD, dass diese Konferenz von Attac bestimmt gewesen sei. Die Mehrheit der TeilnehmerInnen waren BaisaktivistInnen.

So habe ich das Treffen in Erinnerung

Edith Bartelmus-Scholich 13.09.2004 - 11:23
Liebe Leute,
ich war als Delegierte des NRW-Netzwerks gegen Sozialkahlschlag auf dem Treffen und wurde am Ende der Versammlung in den Ko-Kreis gewählt. Nachstehend fasse ich die Ergebnisse, aber auch meine Eindrücke und Einschätzungen von der Konferenz in Leipzig aus dem Gedächtnis zusammen. Von der Konferenz gibt es auch ein Protokoll, aber dieses liegt mir noch nicht vor.

Um das wesentlichste schon einmal vorauszuschicken. Es ist in Leipzig nicht gelungen, einen gemeinsamen Demotermin zu vereinbaren. Die MLPD war zwar da, aber nicht wirklich verhandlungsbereit.

Der Besuch der Konferenz war m.E. zufriedenstellend. Es waren über 170 Leute aus 54 Städten anwesend. Der überwiegende Teil von ihnen war mit Mandaten von Montagsdemo-Bündnissen, Bürgerinitiativen usw. ausgestattet. Mehr als zwei Drittel der TeilnehmerInnen kam aus dem Osten, sehr viele von diesen Leuten gaben zu erkennen, dass sie sich noch nie vorher politisch betätigt hatten. Es war deutlich, dass eine ganze Anzahl von Delegationen aus Städten dabei war, die auch am Leipziger Treffen 28.8.04 teilgenommen hatte, z.B. Torgau, Senftenberg, Osterholt, Frankfurt/Oder, Dortmund, Leipzig. NRW war zahlenmäßig sehr gering vertreten.

Neben den Basisaktivisten von den Montagsdemos waren auch politische und gesellschaftliche Kräfte anwesend. Ich habe einige wenige Ver.di und IG-Metall KollegInnen getroffen. Attac war mit 10 – 15 bekannten Leuten da, in der Diskussion haben aber auch Leute von PDS, Linksruck und SAV gesprochen. Auch BüSo war am Start; es traten dabei die gleichen Leute auf, die sich bei der Attac Sommerakademie als Anhänger der Freiwirtschaftslehre von Silvio Gesell eingeführt hatten. Die MLPD war mit ca. 15 Mitgliedern anwesend, darunter mit Dieter Ilius, Reinhard Funk und Günter Slave 3 ZK-Mitglieder.

Die Tagungsleitung lag in Händen von Peter Strothmann (Attac) und Matthias Dittmann (Aktionsbündnis Leipzig). Unter dieser Leitung nahm die Tagung einen geregelten, aber nicht gedrosselten Verlauf. Die Tagesordnung wurde wie folgt vorgeschlagen:

1. Einschätzung der politischen Situation (und Bedeutung f. die Bewegung der Montagsdemos)
2. Terminierung des 2. Oktober 2004
3. Formulierung der inhaltlichen Forderungen für die Protestdemonstration
4. Vorbereitung der Mobilisierung in den einzelnen Städten
5. Finanzierung der Protestdemonstration und Kundgebung
6. Diskussion über weitere Protestformen

Die Tagesordnung wurde zuerst kontrovers diskutiert, da es einen Antrag gab, den Punkt Finanzierung auf 2 zu setzen und zudem von Dieter Ilius im Auftrag des Berliner Bündnisses Montags gegen Agenda 2010 die Anträge 1. Punkt 2 und 3 zu tauschen, Punkt 2 in eine Beschlussfassung Termin 2. oder 3. Oktober zu verändern und als neuen Tagesordnungspunkt direkt nach der Diskussion der politischen Lage „Verhältnis der Konferenz 11.9.04 Leipzig zu der Konferenz 28.8.04 Leipzig“ in die Tagesordnung aufzunehmen.

Die Tagungsleitung schlug dann vor, den Punkt „Terminierung 2. Oktober“ im Sinne einer Entscheidung 2. oder 3. Oktober zu behandeln und ließ zu allen anderen Vorschlägen inhaltlich diskutieren und abstimmen. Dabei zeigte sich, dass die Tagesordnung wie vorgeschlagen mehrheitsfähig war. Sehr deutlich sprachen sich die TeilnehmerInnen dafür aus, zuerst über den Termin, dann über die Inhalte zu diskutieren. Bei der Aussprache über den Vorschlag den Punkt „Verhältnis der Konferenz 11.9.04 Leipzig zu der Konferenz 28.8.04 Leipzig“ aufzunehmen, meldeten sich verschiedene Delegationen zu Wort, die am 28.8.04 in Leipzig dabei waren und nicht für notwendig hielten, diesen Punkt aufzunehmen. Die Konferenz Leipzig 28.8.04 hat für sie den Stellenwert eines nützlichen Gedankenaustauschs, sie vertreten nicht die Ansicht der MLPD, dass dies die eigentlich konstituierende Versammlung der Bewegung gewesen sei. Ein Leipziger Mitglied des am 28.8.04 bestimmten Koordinierungskreises berichtete, dass am 28.8.04 13 Leute in einen Ko-Kreis gewählt wurden. Die Liste mit den Namen und Kontaktdaten habe dann Dieter Ilius an sich genommen und diese Liste sei bislang nicht mehr aufgetaucht. Nach diesen Beiträgen und der Gegendarstellung durch die MLPD stimmten 13 Leute für den Antrag von Dieter Ilius, der damit abgelehnt war.

In der Diskussion zur politischen Lage und ihre Bedeutung für die Montagsdemos gab es die unterschiedlichsten Ansätze. Dieter Ilius vertrat, dass es schon jetzt an der Basis Programm sei, die Regierung zu stürzen; 30.000 Leute hätten in Berlin begeistert dieser Forderung zugestimmt. Dagegen traten RednerInnen auf, die sich pessimistisch zeigten, auch nur Hartz IV zu Fall zu bringen und lieber den Schwerpunkt auf Verbesserungen im Detail oder Begleitung der Betroffenen legen wollten. Die pessimistischen Töne kamen vor allem von organisierten Leuten, wohingegen die Basisaktivisten Hartz IV wohl mehrheitlich kippen wollen. Es war auffällig, dass die Stimmung im Saal während der Debatte deutlich sank. Zweifel kamen auf, ob das überhaupt schon eine Bewegung sei, ob die Proteste noch zunehmen könnten, ob die Politik sich überhaupt noch auf Zugeständnisse einlassen würde und ob die Bewegung ihre Alternativen darstellen könne.

An diesem Punkt habe ich einen Redebeitrag gehalten. Ich habe die bisherigen Ergebnisse der Montagsdemos (Anfang einer selbstständigen Massenbewegung mit neuen Gesichtern, kleine Korrekturen an Hartz IV, aber auch Zurückstellen der Zusatzversicherung für den Zahnersatz)gewürdigt und deutlich gemacht, dass heute niemand sagen kann, was diese Bewegung alles erreichen kann, dass es aber ganz falsch wäre, jetzt die Forderungen zu minimieren. Ich habe aufgemacht, dass es jetzt darauf ankommt, den Druck zu erhöhen, bei der Forderung „Hartz IV muss weg“ zu bleiben und dass es dazu unbedingt notwendig ist, die Spaltung der Bewegung zu überwinden und zu einer Zusammenarbeit aller Kräfte ohne jeglichen Führungsanspruch zu kommen. Dafür habe ich sehr viel Zustimmung erhalten.

Beim Tagesordnungspunkt 2, Demo-Termin 2. oder 3. Oktober, zeigte sich ganz deutlich, dass über 90% der Anwesenden für einen gemeinsamen Auftritt in Berlin waren. Während die Argumente für die Termine ausgetauscht wurde, verteilten die MLPD-Mitglieder einen Flyer, der zum Sternmarsch 3. Oktober aufrief und natürlich auch die Losung „Weg mit Hartz IV – Das Volk sind wir!“ enthielt. Das wurde von der Versammlung negativ aufgenommen. Bei ganz wenigen Gegenstimmen entschied die Versammlung, die Demo am 2. Oktober durchzuführen. Ausschlaggebend waren folgende Argumente: 1. Am 2., einem Samstag, ist Berlin belebt; die Demo kann Zuwachs von den BerlinerInnen erhalten. 2. Eine bundesweite Veranstaltung an einem Samstag mit anschließendem Erholungstag am Sonntag findet mehr Akzeptanz bei denen, die weit anreisen müssen. 3. Am 2. finden auch in anderen europäischen Ländern Demonstrationen gegen Sozialabbau statt. Das stärkt die internationale Solidarität. 4. Am 3. sind fast alle großen Plätze in Berlin von angemeldeten Volksfesten zum Feiertag belegt. 5. Eine Demo am 3. Oktober könnte zum besonderen Anziehungspunkt von Neo-Nazis werden. Im Anschluss an die Abstimmung wurde eindringlich von vielen TeilnehmerInnen an die Delegation der MLPD appelliert, sich dem Termin 2.10. anzuschließen, leider umsonst.

Zu Tagesordnungspunkt 3, inhaltliche Forderungen, wurden vielfältige Vorschläge gemacht. Es war deutlich, dass die anwesenden Basisaktivisten „Weg mit Hartz IV“ in den Mittelpunkt stellen wollen. Die organisierten TeilnehmerInnen fühlten sich aber alle mit einer so verkürzten Forderung nicht wohl. Sie orientierten auf Alternativen, die dargestellt werden müssten, dabei waren auch Vorschläge, die ich unter „Nachbesserungen“ einstufen würde. Der Forderungskatalog wurde sehr schnell umfangreich, da viele organisierte TeilnehmerInnen für diesen Punkt schon Vorschläge mitgebracht hatten, die in ihren Gremien erarbeitet worden waren. Ich habe eingebracht, dass um die Mehrheit der Menschen in der Bewegung zu vertreten, es tatsächlich geboten sei, die zentrale Forderung dieser Bewegung „Hartz IV muss weg“ auch als solche aufzustellen, dass es kein Abrücken von dieser Forderung geben dürfe. Für diesen Beitrag hatte ich eine sehr große Zustimmung aus den Reihen der Basisaktivisten. Nach ungefähr 1 Stunde und 30 Redebeiträgen, wurde vorgeschlagen, dass gleichzeitig zum Fortgang des Plenums eine Arbeitsgruppe gebildet werden sollte, die unter Berücksichtigung der vorgestellten Ideen bis zum Ende der Tagung einen Vorschlag für einen zentralen Aufruf erarbeiten sollten.

15 Minuten vor Ende der Tagung teilte dann die Arbeitsgruppe mit, dass sie sich in der Kürze der Zeit leider nur auf einen „Arbeitstitel“ für einen Aufruf verständigen konnte und stellte den Antrag unter dem Arbeitstitel „Soziale Gerechtigkeit statt Hartz IV – Wir haben Alternativen“ unter der Leitung von Werner Halbauer weiter arbeiten zu dürfen. Dieser Vorschlag fand die Zustimmung der Mehrheit. In der konkreten Situation gab es auch keine Alternative dazu.

Nicht angesprochen wurden Fragen, die den Charakter der Demonstration betreffen. Es wurde nur geklärt, dass jeder mit eigenen Aussagen aufrufen kann und dass Propaganda-Freiheit bestehen soll. Die RednerInnenliste wurde noch überhaupt nicht diskutiert, es wurde auch kein Beschluss gefasst, ob es auf der Demo ein offenes Mikrophon geben soll.

Zu Tagesordnungspunkt 4, Mobilisierung, gab es nur wenige konkrete Vorschläge. Im wesentlichen soll auf den Montagsdemos aufgerufen werden. Es soll auch eine Website unter www.aufnachberlin.de eingerichtet werden.

Bei Tagesordungspunkt 5 zeigte sich, dass die Finanzierung noch ungeklärt ist. Es gibt zwar schon eine Einzelspende von mehreren Tausend Euro von einem begüterten Aktivisten, aber das ist alles.

Unter Tagesordnungspunkt 6, weitere Aktionsformen, zeigten sich dann wieder neue Konfliktlinien. Unter den wenigen konkreten Vorschlägen wurde von Ronald Blaschke, dem Sprecher der Sächsischen Armutskonferenz, eingebracht, dass am 3. Oktober in Berlin ein „Ratschlag“ der Aktivisten einberufen werden sollte, wo inhaltliche Vorschläge und Ideen diskutiert werden sollten. Karsten Brettschneider, verantwortlich für die Attac Sommerakademie, führte dagegen in der Diskussion aus, dies sei nicht möglich, weil Attac es in der kurzen Zeit nicht schaffen könne, Experten zu dem Thema zu gewinnen und es mache ja schließlich keinen Sinn, dass die Betroffenen ohne solche Experten Alternativen beraten. Zu diesem Vorschlag gab es dann nach meiner Erinnerung keinen Beschluss, d.h. auch diese Idee liegt jetzt irgendwie in der Sphäre des Ko-Kreises.

Unter diesem Tagesordnungspunkt machte dann Günter Slave von ZK der MLPD viel zu spät und darüber hinaus vage, die Einlassung, man solle doch einmal über gleichberechtigte Zusammenarbeit reden und fügte gleich hinzu, für die MLPD hieße dies u.a. dass der Ko-Kreis von Leipzig der ihnen nahe steht, die Hälfte der RednerInnen auf der Demo bestimmen solle. An dieser Stelle und in dieser Form war das leider untauglich.

Insgesamt ist auf der Konferenz noch einmal deutlich geworden, dass die Bewegung gegen Hartz IV sehr unterschiedliche Leute zusammen bringt. Die überwiegende Mehrzahl von ihnen macht politisch die ersten Schritte, sie entscheiden aus ihrer Betroffenheit heraus und bevorzugen konkrete Vorschläge. Die Minderzahl ist politisch erfahren und in den verschiedensten Zusammenhängen aktiv, sie wissen genau, welche Vorschläge sie in die Bewegung hineintragen wollen. Hier ist Sensibilität von allen gefordert, dabei so vorzugehen, dass die Bewegung eine eigene Identität entwickeln kann und dass die gerade Menschen nicht durch Formen und Methoden abgeschreckt und ausgeschlossen werden.

Dies ist in Leipzig nicht gelungen. Am Ende der Versammlung meldeten sich verschiedene Basisaktivisten aus dem Osten zu Wort und sagten, dass sie es satt sind jedes Mal den „Streit unter West-Linken“ miterleben zu müssen. Sie kritisierten auch, dass von allen Seiten fertige Vorschläge eingebracht werden, ohne, dass an der Basis eine Diskussion geführt wird. Auch die Sprache viele Leute ist ihnen zu theoretisch.

Ich finde, diese Kritiken sind berechtigt. Das Verhalten vieler Linker, die jetzt in der Bewegung tätig sind, ist m.E. geeignet, die Sympathien für Ideen und Organisationen von links schwinden zu lassen. Wir müssen alles tun, damit sich das ganz schnell ändert. Dabei finde ich es wichtig, auch nicht immer nur die Methoden der MLPD zu betrachten. Auch eine Sprache oder Formen der Zusammenarbeit, die die Menschen ausschließt oder ihnen die gleichberechtigte Zusammenarbeit erschwert, sind nicht dienlich.

Für mich gab es gestern in Leipzig keinen Zweifel, dass die Konferenz recht gut die Bewegung und auch die unterschiedlichen Kräfte in ihr widergespiegelt hat. Die Mehrheitsbeschlüsse dieser Konferenz möchte ich daher als richtungsweisend empfehlen.

Eine brisante E-Mail

zur kenntnisnahme 13.09.2004 - 14:34
 http://www.rf-news.de/rfnews/interaktiv/Diskussionsforen/forum5/index_html?expand=0&perpage=10&start=1&selectedmsg=0#Msg0

Von einem Bekannten habe ich folgenden Hinweis bekommen. Da ich mich da nicht sehr auskenne, halte ich mich mit einer Beurteilung zurück. Aber vielleicht kann hier jemand mehr dazu sagen.

Chaos bei der Medienarbeit ?

Master of Desaster 14.09.2004 - 04:18
>> "Mobilisierung nach Berlin - Homepage ab Dienstag online: www.aufnachberlin.de"

... scheint wohl nicht zu funktionieren, die Domain steht zum Verkauf.
Stattdessen eine Mobilierung hier begonnen:

 http://Weg-mit-Hartz-IV.de



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karl weiss zwar — sozialrevolutionär

Falsch geraten...... — Karl Weiss