Gebühren für Demonstrationen in Hessen

Schockierter 10.09.2004 19:24 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Ein Erlaß bietet in Hessen Kommunen die Möglichkeit bei unliebsamen Demonstrationen sogenannte Verwaltungsgebühren vom Veranstalter zu verlangen.
Mit Erschrecken habe ich heute in der Frankfurter Rundschau erfahren, daß das im Land Hessen für Demonstrationen eine Gebühr erhoben werden darf.
Offenbar liegt die Höchstgrenze dieser sogenannten Verwaltungsgebühr bei 200 Euro, was nicht gerade wenig ist. Die Aussage eines Ministeriumssprechers, es handele sich dabei um Ausnahmen tröstet spätestens dann nicht, wenn man erfährt, auf welche Demonstrationen sie sich bezieht:
Die Gebühren werden _nur_ dann fällig, wenn den Demonstranten von der Kommune Auflagen erteilt wurden.

Also kann man damit rechnen, daß alle bisher "nur" durch Auflagen kriminalisierte Demonstrationen nun durch finanzielle Forderungen unmöglich gemacht werden.


Man kann sich da eigentlich nur dem SPDler (Hessen Süd) Schäfer-Gümbel anschließen, daß ein Erlaß, der Verwaltungsgebühren für Grundrechtsausübungen erhabt, inakzeptabel ist.

Ich bin gespannt, wieviel heißer Wind um diese Sache noch entsteht, bevor sie wieder in der bürgerlichen Versenkung untergeht. Gerade wenn die Begründung der Gebühren "mit "erhöhtem Abstimmungsaufwand" zwischen den Gefahrenabwehrbehörden" lautet, wird die gängige Meinung in Folge der durch den Terror geschürte Angst wenig Probleme mit der erneuten Einschränkung der Grundrechte haben.


Der Link zum Rundschau Artikel sowie zur Stellungnahme des SPDlers:
 http://www.fr-aktuell.de/ressorts/frankfurt_und_hessen/rheinmain_und_hessen/?cnt=502024&
 http://www.spd-hessensued.de/artikel.php?id=110
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Ergänzungen

Kostenvoranschlag für Demonstration: 100,- E.

Schlammbeißer 11.09.2004 - 19:33
Ich habe letzte Woche in der Gießener Allgemeinen Zeitung gelesen, dass keine Montagsdemontration in Gießen stattfindet, weil die Stadt einen Kostenvoranschlag von 100,- Euro für die Demo veranschlagt hat und den Anmeldern das zu teuer war. Weiß jemand genaueres darüber?

Gießen

mensch 12.09.2004 - 05:06
Wir haben letzte Woche einen Infostand in Hanau gemacht. Da kam eine Frau dazu, die sagte, sie käme aus Gießen, wäre bei attac und sprach davon, daß sie wegen Gebühren, die von der Stadt für die Montagsdemo erhoben werden, vorhaben zu klagen. Mehr weis ich leider nicht darüber.

Anmerkung:
Wie siehts denn aus, wenn Kundgebungen nach dem Versammlungsrecht angemeldet werden, diese dann offiziel für beendet und danach spontan demonstriert wird?

derartige handlungen lassen sich teilweise

der nestscheißer 12.09.2004 - 10:37
aus kommunalen gebührenordnungen ableiten, über ein beispiel einer erfolgreichen abwehr eines versuches, von demonstrant/innen eine nutzungsgebühr für eine kundgebung vor dem norderstedter rathaus (schleswig-holstein, nördl. von hamburg) einzutreiben, siehe nachfolgende links:  http://infoarchiv-norderstedt.org/dataview.action?categoryId=news&articleId=1074764913688 und  http://infoarchiv-norderstedt.org/dataview.action?categoryId=news&articleId=1075986123617

schon etwas alt die sache

b.n.d. 12.09.2004 - 20:14
die auseinandersetzungen um die demogebühr läuft schon länger, auch einige Klagen laufen längst ( http://www.projektwerkstatt.de/demorecht). Dass die Gruppen in Gießen (wie anderswo sicherlich ähnlich) nichts voneinander mitbekommen, überrascht niemand - die Demogebührensache ist auf der Giessener Polit-Emailliste und in der alternativen stattzeitung bunter.nachrichten.dienst mehrfach schon vermeldet worden.

Ermessenssache

Mensch 15.09.2004 - 16:38
In der Hessenschau (Hessenfernsehen) vom 14.09.04 wurde berichtet, dass hierbei ein Ermessenspielraum der Genemigungsbehörde existiert. Es wurde davon berichtet, dass eine vom DGB angemeldete Demo keinen Cent gekostet hat, während man von der PDS 100 EUR haben wollte. Zufall?

Bericht aus dem Gießener Anzeiger

Martin 15.09.2004 - 19:02

Stadt Gießen 15.09.2004
Verwaltungsgericht gab Klage gegen Demo-Gebühren statt

GIESSEN (rsh). Auf Grund der aktuellen Debatte um die Erhebung von Gebühren bei der Anmeldung von Demonstrationen, verweist das Verwaltungsgericht Gießen auf ein Urteil, das zu dieser Thematik bereits im Juni ergangen ist. Mit Urteil der 2. Kammer (Az.: 2 E 1017/04) wurde die Verwaltungsgebührenfestsetzung der Stadt Marburg für eine Demonstration aufgehoben.
Der Kläger hatte im Februar 2004 schriftlich eine Demonstration angemeldet und bezüglich der organisatorischen Einzelheiten umfängliche Kooperationsbereitschaft erklärt. Ein von der Stadt mitgeteilter abweichender Streckenverlauf wurde umgehend akzeptiert. Den Genehmigungsbescheid verband die zuständige Behörde sodann mit einigen Auflagen und der Festlegung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 150 Euro. Gegen die Verwaltungsgebühr wandte sich der Kläger sodann mit seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht, das seinem Begehren entsprach. Zur Begründung heißt es in dem Urteil: Dem vom Bundesverfassungsgericht vertretenen Verständnis vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit widerspreche es, wenn Versammlungsbehörden für von ihnen verbotene oder mit Auflagen versehene Aufzüge und Versammlungen eine Verwaltungsgebühr erheben würden. Stehe doch zu befürchten, dass durch diese Praxis Bürger veranlasst werden könnten, wegen des möglichen Gebührenrisikos auf die Ausübung ihres Grundrechts aus Art. 8 GG zu verzichten. Diese Überlegungen gälten dabei sowohl für ausgesprochene Verbote als auch für Auflagen gem. § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz.

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