Berlin: Asamblea gegen Hartz / aktuelle Entwicklungen

Mr.X 19.08.2004 22:49 Themen: Soziale Kämpfe
  • "Asamblea" - öffentliche Protestversammlung am Checkpoint Charlie mit rund 100 Leuten
  • Spaltung bei Montagsdemonstration
  • zahlreiche Aktivitäten in den nächsten Wochen geplant
"Asamblea" - öffentliche Protestversammlung gegen Hartz IV
Nach einer Kundgebung vor der Arbeitsagentur Charlottenstrasse in Berlin Kreuzberg, an der sich knapp 100 Menschen beteiligten, fand an der Ecke Koch-/Friedrichstrasse (am ehemaligen Checkpoint Charlie) eine Protestversammlung gegen Hartz IV statt. Vorbild waren die Nachbarschaftsversammlungen in Argentinien nach dem Aufstand im Dezember 2001 (die "Asambleas"). Es gab keine Rednerliste, keine Leitung, jeder konnte reden. Ziel sollte sein, sich kennenzulernen, zu diskutieren und zu planen. Im Laufe der Versammlung schlossen sich einige Passanten an, so daß schliesslich bis zu 150 Menschen teilnahmen. Die Polizei, welche mit 3 Hundertschaften (darunter die 23.Ehu, die für ihre Aktionen am Rande der Legalität bekannt ist - Beispiel 3.4.2004) präsent war, verbot das Aufstellen von Tischen und Bänken. Daher mussten die Teilnehmer/innen auf dem Boden sitzen oder stehenbleiben. Mindestens ein Teilnehmer wurde verhaftet, weil er seine Stiefel nicht ausziehen wollte(!).
Zur Sprache kam in erster Linie Kritik an Regierung und Hartz IV, Betroffene erzählten, geplante Aktionen wurden vorgestellt. In der nächsten Zeit soll es weitere solcher Versammlungen geben, dann vielleicht wirklich als Nachbarschaftsversammlung und konkreter zu Planung von Widerstand und vielleicht auch zur Schaffung solidarischer Strukturen...

Versammlung zur Vorbereitung der Montagsdemonstrationen spaltet sich
Abends fand in der Humboldt-Uni eine Versammlung einiger Gruppen statt, die die Montagsdemonstrationen vorbereiten. Nach dem Streit in den letzten Wochen zwischen dem Bündnis www.montags-gegen-2010.de (die maoistische MLPD und weitere Gruppen), sowie dem Berliner Sozialbündnis, Linksruck u.a. auf der anderen Seite, war die Spaltung vorauszusehen. Interessanterweise spielt ein Teil des Berliner Senat (genauer: die PDS) scheinbar eine Rolle in dieser Spaltungsgeschichte (genaueres ist schwer rauszubekommen, weil jeder was anderes erzählt). In Presseerklärungen wurde sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe geschoben, usw....
Nachdem auf der Versammlung in der HU sich die Vertreter der verschiedenen Gruppen gegenseitig vollgebrüllt hatten und die MLPD schliesslich (nach dem Ausschluss aus dem noch zu gründenen Bündnis) den Saal verließ, wurde beschlossen eine zweite Demonstration (montags-gegen-2010 startet am Alex um 18.00) am Roten Rathaus zu beginnen (17.30). Inwieweit dieser Machtkampf um die "Führung" der Protestbewegung dieser Schaden zufügt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen...

zahlreiche Aktivitäten in den nächsten Wochen geplant
Neben den -nunmehr jeweils zwei- Montagsdemonstrationen gibt es weitere Planungen für Protest und direktere Aktionen. Hier 2 Termine für die nächste Woche:
  • Sonntag, 22.8.2002: (datum korrigiert, mod.) Am Tag der Offenen Tür der Bundesministerien Clement auf die Pelle rücken
    Verschiedene Aktionen starten um 5 vor 12 am Ministerium für Wirtschaft. EckeInvalidenstr. / Scharnhosrtstr. ...

  • Freitag, 27.8.: McKinsey kommt...
    Ein Unternehmen, welches Unternehmen und Regierungen in Sachen Rationalisierung, Out-Sourcen oder New-Public-Management berät und sowohl Hartz I bis IV, als auch viele andere neoliberale Praktiken weltweit erdacht hat.
    McKinsey wird 40 und die Regierung will (natürlich auf Kosten der Steuerzahler) eine gigantische Party schmeissen. In 16 Orten entlang der Strasse Unter den Linden wird am 27.8. von 14:00 Uhr bis tief in die Nacht gefeiert.
    Geladen sind über 5000 Promi-Gäste aus In- und Ausland. Von Brandenburger Tor, über diverse Museen und Opernhäuser bis hin zu Rotem Rathaus, Berliner Dom und Palast der Republik, hat McKinsey "geheime" geschlossene Veranstaltungen geplant. Begonnen wird mit einem halböffentlichen Auftakt am Pariser Platz...!
    In einem ersten Planungstreffen wurde ein Gerüst für Aktionen bereits entwickelt und soll ausgebaut und weitergedacht werden: Es soll eine zentrale Kundgebung geben, die den Tag über an einem bestimmten Ort eine Anlaufstelle und Ausgangspunkt für alle "Festivitäten" sein soll.Geplant ist ein eigenes Fest-Dinner, viele kleine Aktionen (die noch überlegt und geplant werden wollen), große Partys und große Aktionen. Vielleicht wird sogar ein Konzert oder ähnliches stattfinden können... mehr demnächst...


Im September gets richtig los... dann startet schliesslich der Heisse Herbst gegen Hartz und Co. Am 3.Oktober solls einen großen Kongress geben. ..
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Ergänzungen

Zum Bild Nummer 2

Finder 19.08.2004 - 23:06
Das Video, was dort gedreht wird, ist sogar schon vor dem Bericht fertig gewesen:  http://de.indymedia.org/2004/08/89806.shtml :-)

Ergänzung plus Korrektur

Dabeigewessener und teileweise Besserwissende 20.08.2004 - 00:15
1.Asamblea die 150 waren aber sicher nicht gleichzeitig da maximal 100 ist aber auch egal: viel wichtiger die Reprepression der Bullen (ein 23 Wanne war auch da aber die 2T waren es am Ende) der "Demoleiter" war bafuß (mußte seine Schuhe vorher abgeben) und 5 Minuten nach Ende der Kundgebung (ca. 17 Uhr ARD ZDF usw. waren weg) wurde noch jemand verhaftet weil er Arbeitsschuhe (mit Stahlkappen) anhatte.
Am schlimmsten war die Passivität der 20 bis 30 Leute dort die erst 10 min später zur Wanne gingen und diese weitere 15 min später wegfahren liessen ohne dass mehr als 4 Leute auch nur andeuteten dass sie sich auch davor stellen könnten. Hier hat wir mal wieder gezeigt wie unfähig wir sind die Leute richtig zu mobilisieren. (hier ist versteckte Kritik auch an andere die radikal genug gewesen wären zumindest diesen friedlichen Widerstand zu leisten, es aber vorzogen kurz vorher zu gehen).
2."Spaltung" der Montagsdemo, die Stalinisten der MLPD machen zwar schon seit Monaten Montagsdemos waren aber auch letzte Woche auf einem Bündnistreffen wo sie Zusagen gemacht haben an die sie sich nicht hielten (kuckt einfach in die älteren Berichte über die Berliner Montagsdemo).
Da die MLPD heute wirklich nicht bereit war Fehler einzusehen und sie auf ihren Anmelderechten beharrten musste das Bündnis sich für eine eigene Demo entscheiden (geimsam hat es diese Woche ja nicht geklappt ["Volk" und keine längeren Reden für verschiedene Gruppen wie abgesprochen usw.])
die PDS hat damit nichts zu tun (oder zumindest nicht vorangig das Sozialbündnis hat ja auch vor ein paar Monaten gegen sie protestiert)
Korrekturen:
1.Die Bündnisdemo beginnt (soweit ich das verstanden habe) um 17 Uhr (Rotes Rathaus über Rosentaler und Torstrasse zu den Grünen )
2.Tag der offen Tür bei den MInisterien ist schon diese Woche (wenn ich mich nicht irre) auf jeden Fall ist morgen (Freitag 20.8. um 19 Uhr) ein Vorbereitungstreffen in der OUBs (Offene Uni Berlins Phillipsstrasse 13 Haus 6 nahe U-Bahnhöfen Oranienburger Tor oder Zinnowitzer Strasse)
der McKinsey Termin schein richtig zu sein

Tag der offenen Tür 22.8.!!

alex 20.08.2004 - 00:42
Die Aktion "Wir rücken Clement auf die Pelle!" ist wirklich schon diesen Sonntag, am 22.8., hab hier den Flyer in der Hand!

Mainstream-Presse dazu

Max 20.08.2004 - 11:54
Momentan interessiert sich ja die mainstreampresse ziemlich für dieses Thema. Also nicht verwunderlich, daß über die Asamblea in einigen Zeitungen berichtet wird...

Springers Morgenpost:
Neue Wege des Protests geht die "Berliner Kampagne gegen Hartz IV". Gestern Nachmittag veranstaltete sie vor der Arbeitsagentur Mitte an der Charlottenstraße eine so genannte Asamblea. Betroffene waren aufgerufen, öffentlich zu diskutieren und sich auszutauschen. Etwa 50 Menschen beteiligten sich. "Diese Aktionsform stammt aus Argentinien", sagt Mitveranstalter Siggi Dierke. "Damit wollen wir auf den globalen Zusammenhang unserer Situation hinweisen."
Reinhard Wilhelm ist zufällig dazu gestoßen, er wollte seinen Antrag für das Arbeitslosengeld abgeben. "Ich muss von 200 Euro im Monat leben", sagt er. "Es ist wichtig, öffentlich zu protestieren, sonst ändert sich nie etwas."
 http://morgenpost.berlin1.de/inhalt/bezirke/story698327.html


@Spaltung der Montagsdemos: PDS?

Juzu 20.08.2004 - 12:57
Erstens, die Spaltung ist voll der MLPD zuzuschreiben. Die MLPD (Montags gegen 2010-Bündnis) hat sich für die nächsten Wochen den Alex für ihre Montagsdemo gesichert. Die Polizei läßt weder andere Anmelder auf dem Alex zu - noch erlaubt sie anderen dort ihre Lautsprecherwagen aufzustellen. Das heißt, die Polizei unterstützt die MLPD darin aus den Montagsdemos ihr Ding zu machen. Und so will es die maoistische MLPD auch. "Selbstlos" bietet sie daher anderen Gruppen an "gleichberechtigt zusammen mit anderen Arbeitern anzustehen" um einen 2-minütige Rede vom MLPD-Bündnis Lauti geben. "Es muß demokratsch aussehen" - aber die Partei muß die Kontrolle behalten.

Peter Illius, Chef der Berliner MLPD drohte am Donnerstag der Versammlung mit Konsequenzen durch die "Volkskräfte", die seine Partei auf dem Alex versammeln will. Die Mehrheit auf der Versammlung am Donnerstag werde schon sehen, wie die Arbeiterklasse am Montag reagieren werde. Ironisch fragten einige Teilnehmer ob mit Erschießungen oder Gulag zu rechnen sei.

Die Auftritte der MLPDler waren absurd und regten zu Heiterkeit an. Mehrmals unterbrachen ironische "Stalin, Stalin-Sprechchöre" die im autoritären Parteikader-Stil vorgetragenen Reden der MLPDler.

Natürlich fahren etliche Leute in Berlin-Ost auf diesen oldschool-Stil ab, der irgendwie an die NPD erinnert - und das ist das Problem. Fehlt nur noch das die Nazis sich bei der MLPD-Demo anschließen.

Also wird es zwei Demos am Montag geben: Eine vom Alex aus zur SPD auf der die MLPD die "Volkskräfte" versammelt um eine "echte Volksbewegung" gegen Hartz IV zu organisieren, und eine Demo vom Roten Rathaus aus, die zur Parteizentrale der Grünen ziehen wird. Daran wird das Spektrum des Berliner Bündnis gegen Bildungs- und Sozialklau teilnehmen also auch Studenten, Linkradikale, attac, sowie die Gewerkschaften Verdi, GEW und wahrscheinlich auch die IG-Metall, - und natürlich die PDS.

Zweitens, so was die PDS angeht: Es ist eine undialektische Herangehensweise zu sagen, der Senat demonstriere am Montag mit. Man muß zwischen der Regierungs- und Karrieristen-PDS und der PDS-Basis unterscheiden. Wenn also die PDS dazu aufruft an den Montagsdmemos teilzunehmen und gleichzeitig PDS-ler wie Wolf, Heidi Kacke!-Werner und andere die befehlstreue Umsetzung von Hartz IV ankündigt, so ist das keine Taktik um die Montagsdemos zu kanalisieren. Sondern, die PDS reagiert auf den Druck ihrer eigenen Wähler- und Mitglieder-Basis. Die Basis geht auch ohne Aufruf der PDS zu den Montagsdemos. Die PDS-Führung läuft ihnen hinter her - und gleichzeitig macht sie Kratzfüßchen vor der SPD-Führung und mimt den Knallharten Exekutor von Hartz IV. Es sind die Widersprüche in der SPD die sich hier äußern. Deswegen sollte man die PDS Teilnahme auf den Montagsdemos begrüßen. Lange hält das die PDS nicht aus. Und die SPD sowie so nicht.

Drittens: Wie sollten den Gewerkschaftsführung- und Gysi-PDS die Montagsdemos noch kontrollieren können? Wie sollte das denn gehen? Die Leute machen inzwischen das was sie wollen! Es ist ihnen egal ob Linksradikale mit identity-culture-Problemen von ihnen eine mit erhobenen Zeigefinger mahnend eine politisch korrekte Sprache verlangen und über den Spruch: "Wir sind das Volk" die Nase rümpfen. Es ist ihnen vieles egal. Denn was diesen Protest von anderen unterschiedet ist, es geht ihnen nicht um linke Subkultur-Rituale, es ist die nackte Existenzangst, die die Leute antreibt! Leider haben das viele Linksradikale nicht begriffen. Wie sollten sie auch? Ihnen geht es materiell besser als einer Arbeiterfamilie, sie sind Snobs.

Vielleciht lassen sich einige einfach gestrickte Leute von der MLPD beeindrucken. Die läßt von der Polizei die FAU vor der SPD-Zentrale wegprügeln, - dann fährt sie mit ihrem Lauti vor, brüllt: "Wir kommen wieder!" "Das nächste mal brechen wir durch" - Und gleichzeitig beruhigt sie die Massen: "Bleibt fiedlich!" Interessante Zusamenarbeit der MLPD mit der Polizei!

Ob die Spaltung der Montagdemos in Berlin durch die MLPD negative Folgen für den Protest haben wird, muß man erst mal sehen.

Kein einfaches Gut/Böse

P. 20.08.2004 - 17:21
Sowohl die MLPD als auch das Berliner Sozialbündnis (plus attac) trifft gleichemaßen die Schuld an der Spaltung, keine Seite wollte mit der anderen Zusammengehen. Wenn hier in den Kommentaren die Schuld einseitig auf die MLPD geschoben wird, wird unterschlagen, daß auch das Berliner Bündnis (namentlich Kimpel und Halbauer, beides Trotzkisten) mit Falschbehauptungen und Mobbings gegen die MLPD agiert hat. Ehrlich und inhaltlich waren die Diskussionen zu keinem Zeitpunkt.

Zum Lesen:

Telepolis: Getrennt marschieren
Ein Bündnis aus dem Spektrum von Attac, Wahlinitiative und Linksruck forderte den MLPD-nahen Kreis ultimativ auf, alle Versammlungsanmeldungen an sie abzutreten. Nach einer turbulenten Sitzung bekam dieser Antrag zwar die Mehrheit. Doch die unterlegene Fraktion zweifelte die Rechtmäßigkeit der Abstimmung an und verließ den Raum. Vorher stellte sie noch unmissverständlich klar, dass sie auch am nächsten Montag wie in der letzten Woche vom Alexanderplatz zur SPD-Zentrale ziehen will.
 http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/18165/1.html

Kimpel und Co am Wekr

die haben schiss 21.08.2004 - 23:11
Da sieht mans doch um was es denen geht, den Trotzkisten von Kimpel + Co über WählerIni und angebliche "Sozialforen" wollen gerne eine neue Partei gründen, und haben was gegen Massendemos wo auch Leute ohne Aktentasche was zu melden haben. Sieht man sich diese versammlungen an den Unis mal an, sieht man nur die geschickten rethorischen RednerInnen von Attac bis Kimpel und Wahlini, die auch nur verkappte Sozis sind.

Man sieht hier auch dass es ihnen wohl daran gelegen ist, die erfolgreiche Bewegung am Anfang gleich zu lähmen.

STOPPT HARTZ!
WENN WAHLEN ETWAS ÄNDERN WÜRDEN - WÄREN SIE VERBOTEN!