KGB reloaded: Geheimdienstreform in Russland

Jens Steiner 16.07.2004 02:50 Themen: Repression Weltweit
Am Sonntag, den 11. Juli 2004 segnete der russische Präsident Putin die neuen Pläne zur Reform der russischen Geheimdienste nach FBI-Vorbild ab. Laut Pravda werden die Grenztruppen, der Auslandsgeheimdienst SWR, der Sicherheitsdienst FSO und der Kommunikationsgeheimdienst FAPSI dem Inlandsgeheimdienst FBS angegliedert. Der bisherige Chef des FSB, Nikolai Patrushew leitet nun das neue Ministerium für Staatssicherheit (MGB). Der Name knüpft an die Bezeichnung des sowjetischen Geheimdienstes zwischen 1945 und 1954 an. Die Zersplitterung des russischen Geheimdiestes unter Boris Jelzi zur Schaffung rechtsstaatlicher Strukturen in Russland wurde damit wieder rückgängig gemacht.

Eine kurze Geschichte der sowjetischen und russischen Geheimdienste von 1917-2003

WTscheka, Tscheka, GPU, OGPU, NKWD, NKGB, KGB, AFB, FSK, FSB, SWR, FSO, FAPSI, Grenztruppen, MGB


Rechenzentrum des FSB an der Lubjanka in Moskau, Foto: Jens Steiner

1917 rief der Rat der Volkskommissare den ersten sowjetischen Geheimdienst Tscheka (WTscheka) ins Leben. Die Tschekisten unter der Führung des Polen Felix Dzierzynski kämpften offiziell gegen sogenannte Konterrevolutionäre und Saboteure. Fünf Jahre später wurde aus der Tscheka die GPU. Diese war dem Volkskommitee für Innere Angelegenheiten NKWD unterstellt. 1926 wurde aus der GPU die OGPU unter der Führung von Wjatscheslaw Menschinski.


Hauptsitz des FSB an der Lubjanka in Moskau, Foto: Jens Steiner

Ab 1934 wurde die OGPU vollständig ins NKWD eingegliedert. Genrich Jagoda, Nikolai Jeschow, Wladimir Merkulow und Lawrenti Berija leiteten die nächsten drei Generationen des NKWD. Die Geheimdienstchefs waren nicht nur nur Täter in Stalins System staatlichen Terrors und Massenrepressalien.Sie fielen ihm am Ende ihrer Karriere auch zum Opfer.

1941 wurde als Zweig des Volkskommissariat für Inneres der Staatssicherheitsdienst NKGB geschaffen. 1943 wurde aus der NKWD-Zweigstelle der NKGB der UdSSR.Deren Chefs Viktor Abakumow und Semjon Ignatjew hatten in den frühren fünfziger Jahren eigene Ministerposten inne.


Blick vom Majakowski-Museum auf die Rückseite des Rechenzentrums des FSB, Foto: Jens Steiner

1953, nach dem Tod Stalins, schloss man die Staatssicherheit MGB wieder dem Innenministerium MWD an.Der KGB wurde erst 1954 unter Iwan Serow ins Leben gerufen. Seinen Posten besetzten später Alexander Schelepin, Wladimir Semitschastny, Juri Andropow, Vitali Fedortschuk, Viktor Tschebrikow und in der letzten Phase des Bestehens der Sowjetunion, Wadim Bakatin.Aus dem KGB der UdSSR wurde, zumindest in Russland, der KGB der RSFSR unter Viktor Iwanenko. Kein halbes Jahr später segnete Jelzin die Umwandlung des KGB der RSFSR in den AFB, eine Agentur für die Sicherheit der russischen Föderation, um.

1993 wurde das Sicherheitsministerium aufgelöst und der Föderale Gegenaufklärungsdienst FSK geschaffen.An dessen Spitze stand zuerst Nikolai Goluschko und später Sergej Stepaschin.
Mitte der Neunziger Jahre formierte sich der FSB. Von 1995 bis 1996 stand dem neuen Inlandsgeheimdienst Maichail Barsukow vor. Nach ihm wurde der Posten von Nikolai Kowaljow, Wladimir Putin und Vladimir Patruschew belegt.

Der russiche Geheimdienst wurde nach rechtsstaatlichen Prinzipien dezentralisiert.Der SWR wurde zum Auslandsgeheimdienst. Der vierzigtausend Mitarbeiter umfassende FSO war für den Objekt- und Personenschutz zuständig. Ein Informatins-und Kommunikationsgeheimdienst mit dem Namen FAPSI wurde gegründet. Die Grenztruppen wurden auf eigene Füsse gestellt. Der FSB war von diesem Zeitpunkt an nur für Aufklärung im Inneren zuständig.

Nun soll FSB-Chef Nikolai Patruschew einen eigenen Ministerposten erhalten und dem neuen Ministerium für Staatssicherheit MGB vorstehen. Dieses fasst die damals dezentralisierten Dienste wieder unter einem Dach zusammen. 344.000 Mitarbeiter werden dem MGB unterstellt sein.Lediglich der Präsident der Russischen Föderation ist dem Ministerium übergeordnet. Das Parlament hat keinen Einfluss auf die geheimdienstlichen Tätigkeiten.

Die Arbeitsschwerpukte des neuen Ministeriums sollen nach offiziellen Angaben, Terrorismus, Extremismus und Spionage darstellen. Das Reform-Programm wurde in erster Linie durch Wiktor Tscherkessow vorangetrieben. Innerhalb des Verteidigungsministeriums, des FSB und des Innenministeriums MWD wehrte man sich gegen die Schaffung einer russischen Version des FBI. Tscherkessow ist seit 1975 für den KGB tätig gewesen und gehört zum Petersburger Flügel innerhalb der Geheimdienst-Führungsriege.
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Ergänzungen

rechtstaatlich???

is schnurz 16.07.2004 - 16:08
versteh nicht so ganz, ob das nicht scheißegal ist ob man nen innen- und auslandsgeheimdienst hat oder nur einen... das unterscheidet "rechtstaatlich" von allen anderen?