Bericht und Bilder zu Mittenwald 2004

"Jährlich ehrt der Bub den Kreis, Mörder unterm Edelweiß."

Wie jedes Jahr über Pfingsten trafen sich auch vergangenes Wochenende wieder ehemalige Wehrmachtssoldaten, Soldaten der Bundeswehr und SympathisantInnen von Militarismus/Krieg/Faschismus im oberbayerischen Mittenwald um sich selbst zu feiern, und die Opfer der Massaker im 2. Weltkrieg zu verhöhnen.

Wie schon in den vergangenen 2 Jahren sollte auch in diesem Jahr wieder Proteste gegen das geschichtsrelativierende Treffen von Soldaten zweier Armeen geben, die durchaus Sympathien füreinander hegen und auch eine Menge miteinander teilen.


"Mehr Sozi, mehr Rente - mehr Seitentransparente"

Am Samstag Vormittag, nachdem viele Anreisende teils schikanöse Kontrollen von BGS, BePo und USK hinter sich hatten, sammelten sich auf einem Platz gegenüber des Mittenwalder Bahnhofs ca. 500 (+/- 100) Menschen welche dem Treffen der Gebirgsjäger etwas entgegensetzen wollten. Der überwiegende Teil der DemoteilnehmerInnen war der Linken "zuzurechnen".

Nach einigen Redebeiträgen, die von unterschiedlicher Qualität waren, ging die Demo los. Eine der Auflagen schien es zu sein, keine Seitentransparente zu verwenden. So wurden die zahlreichen Transpis teilweise quer im Demozug getragen.


"Deutschland - abschaffen. Gebirgsjäger - abschaffen. Mittenwald - abschaffen".

Ich glaube keineR der DemoteilnehmerInnen hatte erwartet in Mittenwald von vielen emanzipierten/libertären Menschen begrüßt zu werden. Denn würde es in Mittenwald keinen militärischen, nationalistischen und pro-faschistischen Konsens geben, hätte das Treffe nicht über 50 Jahre lang reibungslos ablaufen können. Doch das Verhalten der "Passantinnen" gegenüber der Demonstration übertraf wohl die Vorstellungskräfte von vielen TeilnehmerInnen wohl weit. So wurde Opfern des faschistischen Deutschlands von 1933-45 gesagt sie wären bei den Vergasungen vergessen worden, und wohl die meisten DemonstratInnen lernten eine Reihe neuer "Beleidigungen" kennen und hörten Aussprüche aus denen klar hervorging "dass damals alles besser" war.

Die Demonstration war dennoch, und vielleicht gerade deshalb, sehr kraftvoll, kreativ und "erfolgreich". Wobei der Erfolg der Demonstration bestimmt nicht daran zu messen ist, wie viele der MittenwladerInnen wir überzeugen bzw. aufmerksam machen konnten dass das Gebirgsjäger-Treffen sofort aufhören muss.


"Stalingrad, Stalingrad - Jede Minute ein deutscher Soldat"

Die Stimmung war größtenteils gut, wenngleich natürlich die Verhaftungen nicht sein hätten dürfen. Sie zeigten einmal mehr das Gesicht der bayerischen Polizei. Nervig fand ich persönlich eine Friedensbewegte die, als das erste mal "Deutsche Täter sind keine Opfer" durch die Mittenwalder Gebirgsluft schallte, etwas wie "oh doch" sagte, und jedes mal wenn "Stalingrad" in einem Spruch vorkam es für nötig hielt ihre Solidarität?/Mitleid? mit den deutschen Landsern die mordend/brandschatzend/vergewaltigend/barbarisch in Russland einfielen auszudrücken indem sie sich darüber empörte oder sagte "so was müsse doch nicht sein". Natürlich war wahrscheinlich der größte Teil der dort anwesenden Soldaten nicht am Russlandfeldzug beteiligt, doch hat die Parolen hatten ihren Zweck auf ganzer Linie erfüllt. Nämlich die Provokation der Deutschnationalen und der Ausdruck des Danks an die Rote Armee für die Zerschlagung der deutschen Armeen in Stalingrad, einem Wendepunkt des 2. Weltkriegs. Sich hierbei Sorgen um die Außenwirkung zu machen, ist m.E. sinnlos. Wer glaubt in Mittenwald Verständnis/Sympathien in der Bevölkerung zu finden, lügt sich selbst an. Der einzige Zweck unsrer Veranstaltung kann es ein das Treffen nicht reibungslos über die Bühne gehen zu lassen, in den überregionalen Medien Aufmerksamkeit zu wecken und längerfristig hoffentlich die Schädigung des Tourismus.


"Gottesdienst das ist doch Hohn, denn die Hölle wartet schon."

Während der Zwischenkundgebung wurde an der Kirche in Mittenwald eine Tafel angebracht, auf welcher die Namen der (bekannten) Ortschaften zu sehen waren in welchen die Gebirgsjäger gemordet haben. Als wir Sonntag Nachmittag an der Kirche vorbeigingen war die Tafel jedoch schon wieder entfernt. Es ist davon auszugehen dass dafür die Mittenwalder Bevölkerung oder angereiste Gebirgsjäger verantwortlich zu machen sind, denn im Gegensatz zu den meisten MittenwalderInnen hegt der Pfarrer anscheinend keine all zu großen Sympathien für die Mörderbanden. Er weigerte sich den "Gottesdienst" am Sonntag auf den Hohen Brendten zu halten.




Samstag Abend versuchten noch viele Leute in der Kneipe, in welcher sich die Gebirgsjäger trafen, ein Cola zu trinken. Das wurde aber jeder Person untersagt, welche nicht in das Weltbild der bayerischen PolizistInnen passte.


"Sonne(nbrand), Sonne, Kriegsverbrechen"
Sonntags fuhr eine Gruppe mit Bus/Auto auf den Hohen Brendten zu unsren Kundgebungsort, eine andere Gruppe versuchte zu Fuß dahin zu kommen. Auf dem Weg nach oben wurde anreisende Soldaten/Gebirgsjägerfans zu gut es eben ging behindert, und von den DemonstrantInen provoziert und beschimpft. Auf einem "Bergplateau" angekommen wurde die Leute die sich mehr oder weniger zu einem Demozug "formiert" hatten für ein paar Minuten gekesselt, und schließlich doch zu dem Kundgebungsort durchgelassen.

Die meisten "GottesdienstteilnehmerInnen" verließen den Berg leider nicht über jene Straße an der wir warteten. Nächstes Jahr müssen wir halt doppelt so viele Leute sein wie dieses, so dass wir an beiden Bergseiten auf die Mörder/Fans/Anhang warten können.



Gruß und Kuss an den Einsatzleiter Alex.

MaG.