1.Mai in Berlin - Fotos und Bilanzen

BeobachterInnen 04.05.2004 10:06 Themen: Antifa Repression Soziale Kämpfe
Der Berliner Senat und dessen Polizei klopften sich gegenseitig auf die Schultern über den Verlauf des ersten Mai's in Berlin.
Es gab über 100 Verhaftungen mehr als im vergangenen Jahr bei wesentlich weniger Sachschäden.
Stolz war er, Berlins Innensenator Körting, als er die Bilanz der
Walpurgisnacht und des 1. Mai präsentierte.
Das "Gewaltritual" sei erstmals durchbrochen, es gab mehr als 100
Verhaftungen mehr als vergangenes Jahr, mehr gefasste Straftäter,
weniger Sachschäden. Die Akzeptanz der Polizei in der Bevölkerung sei enorm gestiegen.

Dabei wurde mal wieder vergessen, von geschönten Darstellungen mal abgesehen, die unterschiedlichen Seiten zu analysieren.

Hurra, es gab weniger Flaschenwürfe bei der Räumung des Mauerpark als die vergangenen Jahre - ein Erfolg des Flaschenverbotes im selbigen, eine der groß gefeierten Ideen Team Greens.
Aber dass das Fest gar nicht erst hätte geräumt werden müssen, da sich der überwältigende Teil der 5500 Parkbesucher in friedlich und ausgelassener Stimmung befand, wird nicht erwähnt. Selbst das brutale Unterbinden von Lagerfeuern reichte nicht zu gewalttätigen Übergriffen gegen die Uniformierten. Erst als Polizeibänder das Bewegungsfeld wie immer schubsend enorm einschränkten und auf dem Hang eine Art Panik ausbrach, wars aus mit der absoluten Friedlichkeit.
Schön, wenn man sich so immer wieder Gründe zur Räumung eines linken Festes schaffen kann.

Am Folgetag auf der Nazidemo standen sich 2300 Nazis und mindestens 2500 Linke sorgfältig durch viele viele vorallem Bamberger Greens (sie brachten sogar 3 eigene Wasserwerfer, nen Räumpanzer und Krankenwagen mit) gegenüber.
Von Offizieller Seite hieß es, dass die ca. 500 Personen, die im ersten Kessel festgehalten wurden mit Getränken und Klos versorgt wurden. Gute Umschreibung für relativ wenige Erfrischungspäckchen für mehrere Stunden unter z.T. senkender Sonne.
Und das der "kurzzeitig" zum Einsatz gekommene einzelne Wasserwerfer in Wirklichkeit auch mindestens 2 waren, die die ganze Straße leer spülten, muß man ja auch niemandem verraten.
Aber gut, zumindest viel dann 17 Uhr die Entscheidung, die Demo aufzulösen, da die vollständige Durchführung "unverhältnismäßige Mittel" erfordert hätte.
Leider verpassten die Entscheidungsträger die Chance des Absagens, als einige Nazis nach 3,5h warten vor der Lichtenberger Brücke meinten sich den Weg frei prügeln zu wollen.
Schade, es hätte doch so schön schnell vorbei sein können.

Leider war an diesem Tag Berlins Linke durch die Nazidemo gespalten, da es kaum jemand schaffen konnte erst gegen das Braune zu demonstrieren und dann pünktlich 16:30 am Potsdamer Platz zur Revolutionären 1. Mai Demo zu sein.
So kam es, dass zu dieser Veranstaltung leider nur ca. 2000 Menschen erschienen.

Auch in Kreuzberg brannte am Abend kein Auto. Grund war ein Straßenfest, welches auch gleich zum Anlass genommen wurde ganz Kreuzberg nahezu Verkehrsfrei zu machen. Auch diesen Umstand benennen Berlins Offizielle als Grund für die wenigen Sachschäden, gerade auch wie das Flaschenverbot im Mauerpark.
"Es wird nächstes Jahr definitiv wieder ein Straßenfest und ein verkehrsfreies Kreuzberg geben."

Alles in allem kam es zu 348 Festnahmen (242 letzte Jahr), 269 gefangenen Straftätern und 620 sonstigen Freiheitsbeschränkungen (Platzverweise...)
Aber auch 250 verletzte Beamte, einer davon schwerer, im Gegensatz zu 204 im vergangenen Jahr.
Es brannte nur ein Auto, ein A-Klasse mit Euroscheinen aufgedruckt auf der Frankfurter Allee, und offiziell ist von 16 Inbrandsetzungen die rede. Auch dies wagen wir arg zu bezweifeln, da die offizielle Zahl von 4 brennenden Mülltonnen auf der Nazidemo definitiv überschritten wurde.

8400 Beamte waren im Einsatz davon 4700 Unterstützungskräfte, die sich in ca. 1000 BGS-Beamte und Unterstützungskräfte aus 11 Bundesländern
aufteilten.

Es ist also wie immer, nix darf man glauben, was man nicht selbst hat nachprüfen können, nur leider kann man nicht überall sein :(
Gut, dass es Indymedia gibt.
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Ergänzungen

Zur Nazidemo

ausgefüllt ists 04.05.2004 - 12:14
tatsächlich war es merkwürdig, dass die bullen die faschodemo nicht absagten als einige nazis sich den weg am bhf lichtenberg freiprügeln wollten. es geschah folgendes:
den nazis im schwarzen block wurde es wohl langweilig, da sie gegen 13:30 grade mal 50 meter weit gekommen sind, also zählten sie ab. niemand hat damit gerechnet, dass dies tatsächlich zu irgendeinen aktionen führen würde. einen augenblick geschah dann auch nichts und plötzlich drückten sie alle nach vorn. lustigerweise merkten das die bullen erst, als die npd-nazis auf der demospitze samt fronttranspi dem druck nachgegeben haben. diese waren dann ja auch ein gutes puffer als die bullen dagegenhielten. es gab einige tränen da vorne. die bullen selbst hatten in dieser zeit noch keine helme auf. nach etwa 10 minuten und einigen festnahmen (der bereich war etwa 10 mal 10 meter gross) setzen sich die nazis auf den boden, um nicht weiter zurückgedrängt zu werden. ziemlich dumm, denn offenbar hatten die bullen kein interesse mehr irgendwas zu tun. bereits hier hätte über einen abbruch der demo nachgedacht werden können.
etwa eine halbe stunde später brachen 30 meter hinter der demospitze einige landsmannschaften auf südlicher seite der demo durch. sie versuchten die bullenketten zu umgehen und sich vor die demo zu setzen. das brachte den schwarzen block wieder auf den plan, der ebenfalls in die richtung dängte. die bullen setzen, diesmal behelmt, pfefferspray und tonfas ein. die demo wurde einige meter nach vorn bewegt damit sich die nazis wieder einreihen lassen konnten. spätestens hier hätte die demo abgebrochen werden sollen.
wären mehr antifas auf die demo gekommen (und das war wirklich kein grosses problem, vor allen dingen wer schon auf der brücke stand musste nur über andere bahnsteige laufen, hinten runter und dann stehste mitten bei denen drin) und hätte es an dieser stelle massiven druck der antifa gegeben - keine ahnung ob dann schon am bhf schluss gewesen wäre. aber andererseits sind ja auch situationen bekannt, bei denen bullen 400 gegendemonstranten für 20 faschos abdrängen. ich erinnere da an den 6. dezember 2002.
ich würd den schwarzen block der faschos auch nicht verlachen. im grunde war der klein, hatte aber gleich viele leute mit dabei, weil klar war, dass an dieser stelle was geht. die radikalisierung des vorgehens und der forderungen dieser nazis scheint mir doch ein anlass zur sorge. einmal weil die bullen sie offenbar machen lassen, was sie wollen und andererseits weil unklar bleibt, wozu die noch so in der lage sind. ich denke die nazis werden den schwarzen block als erfolg feiern.

SMASH FASCISM!

Verletzte AntifaschistInnen

Stefan 04.05.2004 - 12:44
Die Polizei versuchte vor Eintreffen der Nazis ("Volksgemeinschaft statt Klassenkampf", "Freiheit für Palästina", würg) am S-Bahnhof Frankfurter Allee massiv das Durchprügeln nach Friedrichshain und schreckte z.B. nicht davor zurück, dazu einen Radfahrer derart vom Rad zu reißen, daß dieser mit dem Kopf auf dem Pflaster auftraf und mindestens eine Kopfplatzwunde davontrug.
Der angezündete ziemlich neue Mercedes 190 war mit DM-Scheinen bedruckt und trug eine Werbung für Finanzdienstleistungen im Bausektor.

eine weitere antifaschistin wurde

berliner 04.05.2004 - 13:23
bei der räumung (nach dem wawe-beschuss), zusammengeknüppelt und gegen ein strassenschild geschleudert. sie war kurzzeitig bewußtlos wurde aber aus der gefahrenzone geschafft. danach musste sie ins krankenhaus. resultat: gehrinerschütterung und mehrere prellungen und blaue flecke.

sind rechtliche schritte sinnvoll? das problem ist ja, dass man nicht weiß, welcher bulle was gemacht hat :(

kennzeichnungspflicht für bullen!

weitere Ergänzung

Stefan 04.05.2004 - 13:34
Ergänzen möchte ich,
1.daß in einem Filmbericht auf n-tv am 1.5. gegen 21 Uhr folgendes zu sehen war:
Eine benommen wirkende Frau geht langsam und gesenkten Kopfes auf einen Vertreter der Parallelwelt zu. Als sie sich ihm genähert hat, versetzt dieser ihr - faschistisch motiviert und den Straftatbestand der Körperverletzung begehend -einen Schlag von unten mit dem Ellenbogen und Unterarm gegen ihr Kinn. Die Frau zeigt eigentümlicherweise keine Reaktion, bzw. geht nicht zu Boden, sondern kehrt und wird einige Sekunden später von einem Herbeieilenden in den Arm genommen und weggeführt. Die Szene dürfte sich auf dem Mariannenplatz vor dem Bethanien zugetragen haben noch bei Helligkeit.

2. Herr Ströbele von den Grünen war mit einer ihn begleitenden Frau (vermutlich auch Parteienvertreterin) auf dem Heinrichplatz gegen 21.30Uhr. Von mir angesprochen, daß es ohne Polizei auch keinen Streß gebe, entgegegnete die Frau: "Und die Steinewerfer?" Herr Ströbele zeigte sein Einverständnis mit dieser Äußerung. Dazu möchte ich ihm bemerken: Ist das bloß grüne Anti-Stringenz oder schon Demenz?

nachtragend

nachtragendeR 04.05.2004 - 14:02
es wurden auch übergriffe von faschos auf antifas rund um den bhf lichtenberg beobachtet...

Sehr gut ausgedacht!

zakalwe 04.05.2004 - 15:22
da hab ich doch bei N-TV nen schönen Artikel gefunden. Ich weiß echt nich,ob die überhaupt Leute vor Ort hatten oder ob die nur abgeschrieben haben und sich die Bilder bei den Bullen besorgt bzw. bei indy geklaut haben.

 http://www.n-tv.de/5240317.html

Ich konnte leider dieses Jahr nich dabei sein.Von aussen betrachtet war das in Friedrichshain echt ne geile Aktion.

Haltet Berlin sauber!

Naziaufmarsch

Gottvater 04.05.2004 - 15:44
Anfangs war die Polizei gegenüber Gegendemonstranten erstaunlich zurückhaltend. Dass wir fast ohne einen Polizisten zu sehen fast bis zum Bahnhof kamen, hatten vorher wohl nur die wenigsten gedacht. Ich denke das lag darann, dass die in Berlin Regierenden auch kein Interesse am gelingen des Naziaufmarsches hatten.
Der sehr plötzliche Umschwung hängt wohl tatsächlich mit der aggressiven Stimmung unter den Nazis zusammen. Erst wurden also die Gegendemonstranten zum Verzögern der Nazidemo instrumentalisiert, um dann von der Straße geprügelt (bzw. eingekesselt) zu werden.
Trotzdem war es ein relativer Erfolg, dass die Nazis keinen Kilometer laufen konnten. Ich denke die Taktik, eine große Demo und mehre kleinerer Aktionen gegend die Nazis zu starten, ist gut. Es muss nur mehr darauf geachtet werden, dass die Gruppen nicht zu klein werden und von der Polizi nicht zu sehr gesplittet werden. Friedliche aber bestimmte Aktionen können erfolgreich sein.
Die Mobilisierung hätte auch besser sein können, zu viele hatten wohl mehr Spaß an Saufen und Party und Hooliganspielen in Kreuzberg.

Noch etwas mehr Erfolg, und das wäre vielleicht der letzte Nazisaufmarsch gewesen, aber nicht schlecht bis jetzt.

@berliner

vergessen 04.05.2004 - 15:53
die anonymität der bullen führt zwar dazu, dass ihnen in strafverfahren nichts nachgewiesen werden kann. aber wenn man das land berlin auf schmerzensgeld verklagt, ist es egal, welcher bulle sich daneben benommen hat. das problem wird natürlich sein, dass die richter auch nicht weniger verhetzt sind und denken, wer sich am 1.mai auf der strasse rumtreibt, hat es schon verdient. das die polizei überhaupt gewalt gegen die genosssin angewandt hat, wird sich schon irgendwie rechtfertigen lassen, vor gericht geht es dann nur darum, ob die gewalt unverhältnismäßig war, und das kann jeder (richter) so sehen wie er will.

Mein Resümee zum 1. Mai

W. Buchenberg 04.05.2004 - 18:44

überlegt doch mal richtig

einer der es wissen muß 04.05.2004 - 20:05
Also ich muß mich manchmal schwer wundern. Was so für wilde Zahlen zusammen kommen. Und jeder denkt, daß er es besser weiß. Also in Kreuzberg hat kein Auto gebrannt. Was soll das auch? Und es ist von so vielen Verletzten die Rede, da stimmt noch nichtmal die Hälfte. Und man muß ja auch mal sagen, was die ganzen dummen Kiddis (Türken, Araber...) da machen in Kreuzberg, hör auf. Das hat ja noch nichtmal was mit Antifa zu tun. Das ist gar nichts! Blöd und noch nicht einmal einfallsreich. Extra teilweise nach Berlin zu kommen, um Steine zu schmeißen. Und seid doch mal ehrlich! Die Bullen ist doch nicht wirklich der Gegner. Wenn man die beschmeißt ändert man auch nix. Teilweise können die gar nichts dafür. Die machen auch nur ihren Job. Und man kann sich mit denen sogar unterhalten. Einige mögen es kaum glauben. Also ich meine, auch wenn das hier bei einigen nicht so gut ankommen mag, wir sollten den 1. Mai wieder zu dem machen was er mal war. Einfach nur feiern. So wie es viele von den Punks dieses Jahr in Kreuzberg schon getan haben. Und nicht die in grün sind die Feinde (viele haben sogar mit unserer Wut Verständnis! Ihr müßt nur mal besser hinhören!). Nein, das sind ganz andere!! Also laßt uns mal nachdenken. Vielleicht fällt uns ja mal was richtig Neues und Geniales ein.

Ströbele lobt Polizei

Dunkelgrüner 04.05.2004 - 21:56
Ströbele und Wieland (Grüne)lobten am 2. Mai die Polizei für ihr Einsatzkonzept am 1. Mai und ihr Vorgehen gegen Gewalttäter in Kreuzberg, Wie können solche Leute Gefangene verteidigen? Ströbele nutzte die Anti-Nazi-Demo ebenso wie Flierl und Pau von der PDS, um im linken Spektrum Sympathien einzusammeln.

Ich kann nicht glauben

RebelMouse 05.05.2004 - 18:51
Ich schreibe aus Serbien/Belgrad. Ich kann nicht glauben dass es kein Nachricht über 1.Mai Proteste in zentral kolumn existiert...Ist das wirklich nicht wichtig für Administrators von deutsch-Indy?

ich suche mehr Tage ''offizielle'' Indy Nachricht über 1.Mai in Berlin um das in serbo-kroatisch zu übersetzen. Aber ich sehe nur private Nachrichten. Das macht mir Sorge auch, weil private Nachrichten sind ganz anders. Sie können nächste 2 Beispiele vergleichen:
aus Deutschland:
obene Nachricht und
 http://germany.indymedia.org/2004/05/82568.shtml

aus Chicago:
 http://chicago.indymedia.org/newswire/display/40646/index.php

diese 2 Nachrichten sind total verschieden, sieht fotos.

Hallo RebelMouse

Jemand 05.05.2004 - 18:57
Es hatte niemand ein Feature über den 1.Mai geschrieben.
Erst im Nachinein ist etwas geschrieben worden:  http://de.indymedia.org/2004/05/82568.shtml (Überblick über den 1.mai in Germany) Vielleicht wird das noch zum Feature für die Mittelspalte gemacht?
Anderersits hat der 1.Mai in Germany auch nicht die Bedeutung wie in anderen Ländern. Der 1.Mai in Deutschland ist ein Ritual ohne Perspektive.
Auf der einen Seite demonstrieren staatstragende Gewerkschafte, auf der anderen Seite messen Linksradikale ihre Kräfte mit der Polizei.

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Applaus — mein Name

Bilder aus Leipzig? — Duplex

bullenschläger — der polizeipräsident

Hahaha!!! — Zuschauer