FrauenLesbenTransgender-Demo in Grünau

wir waren da 07.03.2004 14:29 Themen: Antirassismus Gender
Am Samstag, den 6. März fand anläßlich des Internationalen Frauentages am 8. März in Berlin eine FrauenLesbenTransgender-Demonstration "Gegen Rassismus, Sexismus und Arbeit" mit anschließender Kundgebung vor dem Abschiebeknast in Grünau statt.
Trotz echt miesem Wetter, es schneite eigentlich die ganze Zeit, kamen circa 150 Frauen um 16.30 Uhr zum S-Bahnhof Köpenick und nach dem auch der Lauti eingetroffen war, ging es endlich los. Die Demo war laut und bunt und informierte die Menschen in Köpenick mal wieder über den staatlichen Rassismus, der ganz in ihrer Nähe seine Manifestation in dem Knast gefunden hat. Unter zahlreichen Redebeiträgen in verschiedenen Sprachen und den gängigen Parolen, inklusive einiger Innovationen ging es in Richtung Knast, wo die Demo gegen 18 Uhr ankam und dort von den unfreiwilligen InsassInnen von den Fenstern aus begrüßt wurde. Thematisch ging es um die Frage von Arbeit, den unterschiedlichen Konkurrenzverhältnissen von Frauen untereinander und deren Produzierung und Instrumentalisierung für kapitalistische Interessen, die besondere Situation von migrantischen Frauen im Bezug auf Arbeitsverhältnisse und der Funktionalität von Rassimus und Sexismus.
Es waren weit mehr Bullen da als letztes Jahr, die das dicke Tor zum Knast sorgsam bewachten und auch die Grünauer Straße in Richtung S-Bahnhof Grünau absperrten, wobei die Frage ungeklärt bleiben muss, warum zur Hölle wir da hätten langgehen wollen, aber das weiß wohl nur der Einsatzleiter allein und wichtig war ihnen wahrscheinlich zu zeigen, wer hier der HERR der Staße ist. Macht aber nix, so hatten sie wenigstens auch was vom Schneetreiben. Die üblichen Diskussionen über die Ausrichtung der Lautsprecher folgten, und auch wenn wir wissen, dass die Leute im Knast KEIN Problem mit der ?Beschallung des Gebäudes? hatten, so sahen die Bullen das anders. Macht aber auch nix, wir waren trotzdem laut genug!
Vorm Knast gab es Grußbotschaften an die InsassInnen, die weiter aus dem Fenster winkten, viel Musik und ein Transpi wurde steigen gelassen, dass leider nicht den Weg über die Mauer nahm, aber seien wir ehrlich, niemand würde wohl freiwillig da rein wollen, scheinbar nicht mal Luftballons! Die Menschen im Knast reagierten, indem sie brennendes Papier durch die Gitterstäbe warfen, was bei den WächterInnen wohl zur großen Sorge um ihre Betonmauern führte und sie zwangen die Inhaftierten, den Raum von dem aus der Parkplatz am besten zu sehen ist, zu verlassen. Später war es ihnen aber möglich, auf der anderen Seite an die Fenster zu gelangen und so konnte der Blickkontakt weiter bestehen.
Gegen 18.30 Uhr gab es eine Ablösung der SchließerInnen, die mit scheinbar desinteressierter Miene an der Veranstaltung vorbeieilten, aber klar, Kritik an der eigenen Arbeit, die mindestens rassistisch in ihren Auswirkungen ist, wollten sie scheinbar weder hören noch sehen. Als Information ist die Uhrzeit aber vielleicht andererweitig verwertbar, im Abschiebeknast zu arbeiten ist schon eine deutliche Art und Weise, vom staatlichen Rassismus zu profitieren.
Food for Action sorgte später für warmen Tee und Essen, was mittlerweile auch alle dringend nötig hatten und auf die geplante Vorführung des KanalB-Films mit Clips aus Fürth wurde auf Grund des miesen Wetters nach eindeutigem ?Stimmungsbild? dann doch lieber verzichtet. Als krönenden Abschluß gab es aber eine grandiose Feuershow, bei der sogar die Bullen aus ihren Wannen kamen, nach dem sie vorher verzweifelt einen Grund gesucht hatten, diese zu verbieten. Wir hoffen, dass die Leute im Knast sie genauso gut, hoffentlich noch besser sehen konnten und versprachen, wieder zu kommen, so lange, bis der Knast nicht mehr steht und die Menschen leben können, wo sie wollen und wie sie wollen!
Insgesamt war es eine gute Veranstaltung und nach letztem Jahr schon die Zweite im Bezug auf den 8. März, die erfolgreich war um die Isolation der Menschen hintern den Gittern zumindest kurzfristig zu durchbrechen.
Erfreulicher Nebenaspekt war, dass die Männer, die auf Grund der Fehlinformation des Stressfaktors in Papierform ?nochmal an die Adresse: das war echt scheiße!- in Köpenick auftauchten, wesentlich reflektierter waren als andere, Geschlechterverhältnisse und Machtverhältnisse gedanklich zusammenbringen konnten und kapierten, dass das eine FrauenLesbenTransgenderveranstaltung war und ohne überflüssige Diskussionen solidarisch wieder gefahren sind. Die, die es nicht geschnallt haben oder immer noch nicht kapieren, zeigen aber deutlich, wie wichtig diese Veranstaltung war und selbstbestimmte Freiräume bleiben!
Feuer und Flamme dem Patriarchat ? Kampf dem Sexismus im Alltag und im Staat!

Weitere Termine rund um den 8. März in Berlin:

7.3. HEUTE! 13 - 23 Uhr FrauenLesbenTransgender-Filmtag im KATO, U-Bahnhof Schlesisches Tor (U1)
zu: "Krieg-Zweigeschlechtlichkeit-internationale Vernetzung-Globalisierung-Kolonialismus-Verwertung-Neoliberalismus"
Im Rahmen der 8. März-Aktivitäten wollen wir Euch einladen, mit uns bei Kaffee, Kuchen, Filmen und Diskussionen zu verbringen. Das Kato haben wir an diesem Tag ganz für uns. Mit den Filmen haben wir einige Aspekte der globalen Gewalt- / Geschlechterverhältnisse aufgegriffen und möchten gerne, je nach Lust (und Bedarf), gemeinsam über feministische und antipatriarchale Perspektiven reden:
In welchem Verhältnis steht die Verschärfung der Lebensituationen hier zu den zerstörerischen globalen Prozessen? Wie lässt sich das Ausmaß von Krieg, Militarisierung, Zerstörung und Menschenverachtung begreifen und was lässt sich dagegen tun? Wie lässt sich gegen eine gesellschaftliche Stimmung vorgehen, die die neoliberalen Arbeits-/Verhältnisse - Profit um jeden Preis, jede Lebensäußerung wird der Verwertung unterworfen - längst zum Normalzustand gemacht hat? In welchem Zusammenhang stehen Rassismus und Sexismus hier, Individualisierung, "Ich-AGs", Existenzängste ... zu Kriegen, Ausbeutung und Zerstörung in anderen Teilen der Welt? Wo gibt es Parallelen und welche (gemeinsamen) Handlungsperspektiven gibt es überhaupt noch gegen die tiefgreifenden globalen Zerstörungsprozesse, wie wir sie gerade erleben?

15.00 bis 17.00 Zweigeschlechtlichkeit und Krieg
Permanenter Krieg - Geschlechterverhältnisse und Zweigeschlechtlichkeit: Krieg ist nicht nur
da, wo Bomben fallen: Wir befinden uns global längst in einem permanenten Kriegszustand: Unser Frieden hier heißt Krieg anderswo + dort wo Kriege aufhören, fangen sie oft erst richtig an ... Ob in Afghanistan, im Kosovo, im Irak - die Entrechtung von Frauen gehört zur Normalität der Nachkriegsgebiete, die Zuspitzung patriarchaler Verhältnisse ist überall dort zu sehen, wo sich Verhältnisse militarisieren. Was hat das mit der Normalität zweier Geschlechter zu tun?
Wir zeigen erste Filmausschnitte vom antipatriarchal-feministisch-queeren Bus zur Anti-Nato-Tagung nach München am 6./7. Februar von AK Kraak, Filminterviews von einer irakischen Frauenrechtlerin und von Deserteuren aus der US-Armee.

17.00 bis 18.30 "Anti-patriarchale Perspektiven auf dem Weltsozialforum 2004 in Mumbai"
Wir zeigen Interviews und Impressionen von dem WSF, das im Januar zum ersten Mal in Asien stattfand, und haben soziale Bewegungen auf dem Land besucht. Die Privatisierung der letzten Ressourcen (wie z.B. Wasser) und die Vertreibung der Bevölkerung vom Land gehen einher mit der Einführung von patriarchalen und kapitalistischen Ausbeutungsverhältnissen, nicht zuletzt im Interesse einer (rot-grünen) Regierungspolitik.

19.00 bis 21.00 "Wir hatten eine Dora in Südwest"
Film über deutsche Frauen, die als Siedlerinnen im heutigen Namibia leben. Sie zeigen, wie tief das koloniale rassistische Denken gesellschaftlich verwurzelt war und ist, wie funktional es sich mit der Geschlechterrolle verknüpft hat. Koloniale Mentalitäten haben sich bis heute tradiert und bilden eine zentrale Grundlage aktueller globaler Kriege. Des weiteren wollen wir die antikoloniale Afrika-Konferenz Berlin 2004 vorstellen.

21.30 bis 23.00 "Arbeiterinnen dieser Welt"
Wenn es noch Zeit gibt und Interesse besteht, können wir einen Film über "Jeans-Produktion" und Arbeitskampf in Belgien anschauen. Die globalen Produktionsverhältnisse leben davon, dass sie die ArbeiterInnen gegeneinander ausspielen: Lohndrücken, Verlagerung der Produktion, Standortkämpfe. Der Film zeigt die Lebens- und Arbeitsbedingungen und v.a. die Kämpfe der belgischen Levis-Arbeiterinnen und die globale Produktionsrealität, früher internationale Arbeitsteilung genannt.


8.3. 14 Uhr: Kundgebung zum 8.März am S-Bahnhof Hackescher Markt
Musik, Infostände von Berliner Frauenprojekten, offenes Mikro, Performance, Redebeitrag von Global Womens Strike und mehr


8.3 ab 21 Uhr: FrauenLesbenTransgender-Soliparty "Gegen Arbeit und Patriarchat"
im Fischladen (Rigaerstr. 83) mit: Cocktails, Tombola (klasse Preise) und Selbst-mitbring-Musik-Möglichkeit (females ONLY)
verlegt, ist nicht im XB sondern genau im Fischladen!!!

Gegen den Knast in Grünau und den rassitsichen Alltag in Köpenick:
14.3. Demo um 14 Uhr am S-Bahnhof Köpenick, gegen den Knast, den Alltag und die NPD-Zentrale

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Ergänzungen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 7 Kommentare an

Stressfaktor machte Fehlinfos... — Mein Name ist Mensch

Hey Mensch — was sonst?

Zum Thema sexismus — muhkuh

9. + 13.März in Köpenick: — http://aak.antifa.de

voll ok — ...

Betroffenheit, Hurra! — Trümmermann