Biometrische Erfassung am Flughafen ist ok

Jens Steiner 23.02.2004 12:41 Themen: Repression Weltweit
Der sozialdemokratische Bundesinnenminister Otto Schily hat bereits am 12. Februar 2004 auf dem Flughafen Frankfurt am Main das Pilotprojekt ""Automatisierte undBiometriegestützte Grenzkontrolle" (ABG) vorerst für ein halbes Jahr testweise in Betrieb genommen. Durch einen Blick in die Kamera wird die Iris der Reisenden gescant. Dies macht eine nahezu zweifelsfreie Identifizierung der willkommenen und nicht willkommenen Fluggäste möglich. Bundesinnenminister Schily argumentiert für die Einführung des Systems mit einem Zuwachs von Service und Sicherheit.
Heute vormittag teilte das Bundesinnenministerium mit, dass sich bereits in den ersten zehn Tagen des Probelaufes 1.400 Menschen am ABG-Projekt beteiligt hätten und ihren maschinenlesbaren Reisepass und ein Abbild ihrerAugeniris beim Bundesgrenzschutz für eine Teilnahme registrierenliessen.

Bundesinnenminister Schily gab dazu folgende Erklärung ab:

"Es ist ein gutes Zeichen, dass sich so viele Bürger spontan an demPilotprojekt beteiligen. Hier überzeugen Service und Sicherheit. Soist es dem Bundesgrenzschutz in Frankfurt gelungen, rasches undbequemes Reisen mit höchsten Sicherheitsstandards im Luft- undGrenzverkehr zu vereinen. Ich hoffe, dass noch viele Passagiere vondieser Offerte Gebrauch machen werden."

Zu einem späteren Zeitpunkt ist es immer noch möglich, die biometrische Komponente gegen technisch fortschrittlichere Entwicklung wieder auszutauschen. Basis für die Einführung von biometrischen Ausweiskennzeichen ist das Terrorismusbekämpfungsgesetz von Ende 2001. Auch die EU-Kommission will noch in der ersten Hälfte einen Vorschlag für die europaweite Einführung von Biometrie-Ausweisen vorlegen.
Was den tatsächlichen Sicherheitsgewinn im "Kampf gegen den Terror" betrifft, sind Experten allerdings eher skeptisch.Bereits im November 2001 sagte de niedersächsische Datenschutzbeauftragte Burckhard Nedden: "Mit Biometriedaten in deutschen Ausweisen fängt man keine Terroristen"

Die deutsche Öffentlichkeit streubt sich wenig gegen die Einführung biometrischer Personenerfassungssysteme. Auch der Datenschützer Joachim Jacob äussert wenig Bedenken hinsichtlich der Einführung der Iriserkennung oder des Fingerabdrucks in Ausweisen und Reisepässen.
Noch Ende 2001 beklagten verschiedene Bürgerrechtsorganisationen, fast jede der neuen Maßnahmen würde zwar massiv in die Grundrechte eingreifen, aber nicht mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger schaffen. Damals forderten sie, die ohnehin übermäßig eingeschränkten Grund- und Menschenrechte der in Deutschland nicht staatsbürgerlich lebenden Menschen nicht noch weiter eingeschränkt werden. In aller Deutlichkeit warnte man damals, dass "die historischen Erfahrungen mit totalitären Systemen gerade in Deutschland keiner neuen Weltmachtrollenrealität geopfert werden," dürften.

Weiterführende Links

Deutsche Biometrie-Software für Folterstaaten

Brigitte Zarzer: Streifall Biometrie

Giesecke & Devrient, Grossanbieter von biometrischen Erfassungssystemen

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Ergänzungen

Noch ein Link zu Telepolis

X 23.02.2004 - 17:29
Über den Verfall der Kunst des politischen Lügens

Mehr als 60 bekannte Wissenschaftler, darunter 20 Nobelpreisträger, werfen der Bush- Regierung in einer gemeinsamen Erklärung nun vor, systematisch wissenschaftliche Fakten entstellt bzw. manipuliert zu haben, wenn es politischen Interessen in zahlreichen hochbrisanten Entscheidungsbereichen wie Umwelt, Gesundheit, biomedizinischer Forschung und Atomwaffen dienlich erschien.
Den erzürnten Wissenschaftlern ist klar, dass solche Praktiken auch anderen US-Regierungen nicht fremd waren. Zuvor seien jedoch wissenschaftliche Erkenntnisse weder so systematisch noch so umfassend manipuliert worden und auch nicht die Öffentlichkeit so weitgehend über die Folgen einer solchen Politik der Ignoranz im Unklaren belassen worden.

 http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/16817/1.html