Leipzig übt nationalen "SCHULterSCHLUSS"
Eine gemeinsame Kundgebung und Demonstration von Leipziger SchülerInnen und StudentInnen artete heute zu einer denkwürdigen Jubelveranstaltung für den Standort Deutschland aus und offenbarte einmal mehr, dass sich in der aktuellen StudentInnenbewegung alles verorten lässt, nur keine Gesellschaftskritik.
"Wenn die deutschen einen Bahnhof besetzen wollen, dann kaufen sie sich vorher eine Bahnsteigkarte."
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Durch eine heute stattgefundene Vollversammlung der Studierenden der Universität Leipzig wurde der StudentInnen-Streik um zwei Wochen bis zum Ende des laufenden Monats verlängert. An die 3.000 TeilnehmerInnen der VV sprachen sich erneut für das Konzept eines "konstruktiven" und "kreativen Streiks" aus, und lehnten einen tatsächlichen Streik - der StudentInnenrat spricht von "totalem Streik" - ab, ungeachtet dessen, dass durch die VV vom 10. Dezember der vergangenen Jahres selbiger gefordert worden war. Immerhin könnte man von einem Erfolg sprechen, denn die Proteste werden damit weitergehen. Könnte...
Nach anderen "kreativen" Aktionen, etwa dem gestrigen Dreh eines Softpornos vor dem Uni-Hauptgebäude, fand heute nun unter dem Motto "SCHULterSCHLUSS" eine gemeinsame Kundgebung von SchülerInnen und StudentInnen gegen Bildungsabbau auf dem Augustusplatz statt. Die Veranstaltung begann gegen 15 Uhr; im Vorfeld wurde über Megaphon das Kommen von "mehreren tausend jungen Menschen" angekündigt. Meinen Schätzungen nach kamen gerade einmal 300 Leute zusammen, wobei sich die Anzahl der SchülerInnen im niedrigen zweistelligen Bereich bewegt haben muss. Die Ursachen hierfür können relativ leicht identifiziert werden: eine tatsächliche Mobilisierung an den Schulen fand - ebenso wie jede andere politische Arbeit im Allgemeinen - nicht statt, bzw. bestand aus dem Verteilen kleiner Handzettel an einer Hand voll Gymnasien.
Die Kundgebung begann schleppend mit einem "antirassistischen Hürdenlauf". An sich eine prima Idee, auch dieses Problemfeld zu thematisieren. Leider gestaltete sich alles eher etwas lasch und langweilig und sprach wohl kaum Nicht-TeilnehmerInnen an. Auf einem verteilten Flugblatt des "Referats Ausländischer Studierender" des StuRa war beispielsweise zu lesen, dass gerade sozialrepressive Maßnahmen für ausländische StudentInnen bedeuten, ihr Studium abbrechen zu müssen. Dies stelle eine "Gefahr für den internationalen Ruf der Universitäten" dar. Ebenso standorttreu wie diese Floskel gestaltete sich auch der Rest der Kundgebung.
Zunächst sprach eine Vertreterin der Stadtschülerkonferenz über die Probleme des Bildungsabbaus auch für SchülerInnen. Es folgten Mitglieder des Streikkomitees und des SturRa's. In den Reden fehlte jeglicher Ansatz einer tatsächlichen Bildungskritik, wie sie heute nötiger denn je ist - unsere Probleme liegen nicht begründet in alten Lehrbüchern und fachidiotischen LehrerInnen ohne pädagogische Schulung. Statt dessen stützte man sich auf die immer gleichen Phrasen: falsche Politik gefährde den Standort Leipzig beziehungsweise Sachsen und damit die Zukunft dieser großen Nation. Von kritischen Inhalten keine Spur, ebenso wenig von Themen, die über das des Bildungsabbaus hinausragen würden. Die studentische Analyse besagt, dass champagnerglas-schwenkende Politiker das Problem sind, da diese in Wirklichkeit lieber in die eigene Tasche wirtschaften, anstatt weitsichtigerweise in die Bildung zu investieren. Ein do-it-yourself-Weltbild in Michael Moore-Manier.
Das Publikum fuhr wie gewöhnlich auf Phrasen ab, die sich zwar links, mitunter radikal anhörten, inhatlich aber offenbarten, dass man längst in der Sozialdemokratie angekommen ist. Lautes klatschen auch auf Lobeshymnen auf die Verfassung und unsere solidarische Welt: so mussten wir heute erfahren, dass wir in einer wirklich emanzipierten Gesellschaft leben (sic!), dessen politisches System uns eigentlich ein friedliches Miteinander ermöglicht - wären da nur nich korrupte Bonzen, die den schönen Verfassungstraum ins Wanken bringen. Der besserwissende Studierende weiß freilich, dass seine erste Pflicht darin besteht, hier nachzubessern und um ein Einlenken aus Dresden oder Berlin zu betteln. Dass nennt er dann "kämpfen" und spendiert dem Sprecher, von dem nicht ganz klar ist, ob er eventuell doch dem RCDS angehört, den gebührenden Beifall.
Die Grenze des Zumutbaren war spätestens dann erreicht, als angemerkt wurde, dass die Bildung einer sozialen Elite falsch, dagegen die "geistige" Elite eine ganz gute Sache sei.
Die einzigen kritischen Äußerungen waren in Form einiger weniger Zwischenrufe und zweier Transparente zu erkennen. "Globaler Klassenkampf statt Standortideologie" (lsg) hieß es auf einem, das andere besagte treffend: "Deutschland braucht 'kluge Köpfe'? 'Kluge Köpfe' brauchen kein Deutschland!" Die Masse - insofern ein kleines Häufchen Jubeldeutscher schon eine "Masse" ist - reagierte denn auch eher mit Kopfschütteln darauf, als beide Transpis demonstrativ vor den RednerInnen an der Operntreppe positioniert wurden, wohl wissend, dass sie letzteres irgendwie so gar nicht verstehen können. Nun denn, die Augen wieder geradeaus gerichtet wurde gleich noch für Olympia geklatscht. Der bürgerliche Rundumschlag gelang damit wunderbar, und wer Kritik suchte, die über das kollektive Blöken des "nööö" zu Studiengebühren hinaus gegangen wäre, dem blieb nur das Kopfschütteln.
Nach etwa einer Stunde endete das völkische Schulterklopfen und um 16 Uhr begann eine Demonstration über den Markt und zurück zum Augustusplatz. Es sei erwähnt, dass sich in der gesamten Innenstadt heute mehr Polizei aufhielt, als DemonstrantInnen anwesend waren. Immerhin hielt sich die Ordnungsmacht zurück, konnte sie doch darauf vertrauen, dass einmal mehr das studentische Credo greift, das nach einem "friedlichen und kooperativen" Verlauf schreit. Der Rundgang durch die City war denn zwar laut, aber inhaltsleer; zu Hören waren immer die gleichen Parolen ("Wir sind hier, wir sind laut...", "Sie sagen Kürzen, wir sagen Kämpfen" etc.) und es genügten zwei Bullen an der Demospitze, um alles in geregelten Bahnen verlaufen zu lassen.
Auch zwei Countdowns änderten daran nichts und das Fehlen des Weihnachtsmarktes ist kein schlüssiges Argument dafür, dass keine der sich ergebenden Chancen genutzt wurde, um zum Beispiel zum Leuschnerplatz oder zum Neuen Rathaus auszubrechen. Statt dessen wurde nach dem dreißigminütigen Stadtrundgang der Augustusplatz "besetzt", genauer die Straße zwischen Gewandhaus und Oper. Die Aktion dauerte exakt fünf Minuten und stoppte genau drei Straßenbahnen. Im Anschluss wurde die Demonstration für beendet erklärt und alle gingen, das Tagwerk stolz verrichtet, wieder nach Hause.
Die heutigen Vorgänge sind als der absolute Tiefpunkt des studentischen "Widerstandes" in Leipzig zu betrachten. Dies liegt nicht an der schlechten Mobilisierungsleistung, sondern daran, dass diese neueste Protestewegung nicht in der Lage ist, tatsächliche Forderungen zu stellen, die das lobbyistische Flirtverhältnis zu Politik und Ordnungsmacht stören würde. Es wird zum Kampgf aufgerufen und seit Anbeginn an muss man sich fragen, wo der denn eigentlich stattfinden soll. Mit dem nationalistischen Tenor der heutigen Kundgebung haben sich die streikenden StudentInnen selbst exmatrikuliert.
- Keine Solidarität mit Deutschland und seinen studierenden FürsprecherInnen! -
siehe auch:
* Feature: Leipziger Studierende im Streik ( http://de.indymedia.org/2004/01/71299.shtml)
* IMC-Printausgabe für Leipzig ( http://de.indymedia.org/2004/01/71248.shtml)
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Durch eine heute stattgefundene Vollversammlung der Studierenden der Universität Leipzig wurde der StudentInnen-Streik um zwei Wochen bis zum Ende des laufenden Monats verlängert. An die 3.000 TeilnehmerInnen der VV sprachen sich erneut für das Konzept eines "konstruktiven" und "kreativen Streiks" aus, und lehnten einen tatsächlichen Streik - der StudentInnenrat spricht von "totalem Streik" - ab, ungeachtet dessen, dass durch die VV vom 10. Dezember der vergangenen Jahres selbiger gefordert worden war. Immerhin könnte man von einem Erfolg sprechen, denn die Proteste werden damit weitergehen. Könnte...
Nach anderen "kreativen" Aktionen, etwa dem gestrigen Dreh eines Softpornos vor dem Uni-Hauptgebäude, fand heute nun unter dem Motto "SCHULterSCHLUSS" eine gemeinsame Kundgebung von SchülerInnen und StudentInnen gegen Bildungsabbau auf dem Augustusplatz statt. Die Veranstaltung begann gegen 15 Uhr; im Vorfeld wurde über Megaphon das Kommen von "mehreren tausend jungen Menschen" angekündigt. Meinen Schätzungen nach kamen gerade einmal 300 Leute zusammen, wobei sich die Anzahl der SchülerInnen im niedrigen zweistelligen Bereich bewegt haben muss. Die Ursachen hierfür können relativ leicht identifiziert werden: eine tatsächliche Mobilisierung an den Schulen fand - ebenso wie jede andere politische Arbeit im Allgemeinen - nicht statt, bzw. bestand aus dem Verteilen kleiner Handzettel an einer Hand voll Gymnasien.
Die Kundgebung begann schleppend mit einem "antirassistischen Hürdenlauf". An sich eine prima Idee, auch dieses Problemfeld zu thematisieren. Leider gestaltete sich alles eher etwas lasch und langweilig und sprach wohl kaum Nicht-TeilnehmerInnen an. Auf einem verteilten Flugblatt des "Referats Ausländischer Studierender" des StuRa war beispielsweise zu lesen, dass gerade sozialrepressive Maßnahmen für ausländische StudentInnen bedeuten, ihr Studium abbrechen zu müssen. Dies stelle eine "Gefahr für den internationalen Ruf der Universitäten" dar. Ebenso standorttreu wie diese Floskel gestaltete sich auch der Rest der Kundgebung.
Zunächst sprach eine Vertreterin der Stadtschülerkonferenz über die Probleme des Bildungsabbaus auch für SchülerInnen. Es folgten Mitglieder des Streikkomitees und des SturRa's. In den Reden fehlte jeglicher Ansatz einer tatsächlichen Bildungskritik, wie sie heute nötiger denn je ist - unsere Probleme liegen nicht begründet in alten Lehrbüchern und fachidiotischen LehrerInnen ohne pädagogische Schulung. Statt dessen stützte man sich auf die immer gleichen Phrasen: falsche Politik gefährde den Standort Leipzig beziehungsweise Sachsen und damit die Zukunft dieser großen Nation. Von kritischen Inhalten keine Spur, ebenso wenig von Themen, die über das des Bildungsabbaus hinausragen würden. Die studentische Analyse besagt, dass champagnerglas-schwenkende Politiker das Problem sind, da diese in Wirklichkeit lieber in die eigene Tasche wirtschaften, anstatt weitsichtigerweise in die Bildung zu investieren. Ein do-it-yourself-Weltbild in Michael Moore-Manier.
Das Publikum fuhr wie gewöhnlich auf Phrasen ab, die sich zwar links, mitunter radikal anhörten, inhatlich aber offenbarten, dass man längst in der Sozialdemokratie angekommen ist. Lautes klatschen auch auf Lobeshymnen auf die Verfassung und unsere solidarische Welt: so mussten wir heute erfahren, dass wir in einer wirklich emanzipierten Gesellschaft leben (sic!), dessen politisches System uns eigentlich ein friedliches Miteinander ermöglicht - wären da nur nich korrupte Bonzen, die den schönen Verfassungstraum ins Wanken bringen. Der besserwissende Studierende weiß freilich, dass seine erste Pflicht darin besteht, hier nachzubessern und um ein Einlenken aus Dresden oder Berlin zu betteln. Dass nennt er dann "kämpfen" und spendiert dem Sprecher, von dem nicht ganz klar ist, ob er eventuell doch dem RCDS angehört, den gebührenden Beifall.
Die Grenze des Zumutbaren war spätestens dann erreicht, als angemerkt wurde, dass die Bildung einer sozialen Elite falsch, dagegen die "geistige" Elite eine ganz gute Sache sei.
Die einzigen kritischen Äußerungen waren in Form einiger weniger Zwischenrufe und zweier Transparente zu erkennen. "Globaler Klassenkampf statt Standortideologie" (lsg) hieß es auf einem, das andere besagte treffend: "Deutschland braucht 'kluge Köpfe'? 'Kluge Köpfe' brauchen kein Deutschland!" Die Masse - insofern ein kleines Häufchen Jubeldeutscher schon eine "Masse" ist - reagierte denn auch eher mit Kopfschütteln darauf, als beide Transpis demonstrativ vor den RednerInnen an der Operntreppe positioniert wurden, wohl wissend, dass sie letzteres irgendwie so gar nicht verstehen können. Nun denn, die Augen wieder geradeaus gerichtet wurde gleich noch für Olympia geklatscht. Der bürgerliche Rundumschlag gelang damit wunderbar, und wer Kritik suchte, die über das kollektive Blöken des "nööö" zu Studiengebühren hinaus gegangen wäre, dem blieb nur das Kopfschütteln.
Nach etwa einer Stunde endete das völkische Schulterklopfen und um 16 Uhr begann eine Demonstration über den Markt und zurück zum Augustusplatz. Es sei erwähnt, dass sich in der gesamten Innenstadt heute mehr Polizei aufhielt, als DemonstrantInnen anwesend waren. Immerhin hielt sich die Ordnungsmacht zurück, konnte sie doch darauf vertrauen, dass einmal mehr das studentische Credo greift, das nach einem "friedlichen und kooperativen" Verlauf schreit. Der Rundgang durch die City war denn zwar laut, aber inhaltsleer; zu Hören waren immer die gleichen Parolen ("Wir sind hier, wir sind laut...", "Sie sagen Kürzen, wir sagen Kämpfen" etc.) und es genügten zwei Bullen an der Demospitze, um alles in geregelten Bahnen verlaufen zu lassen.
Auch zwei Countdowns änderten daran nichts und das Fehlen des Weihnachtsmarktes ist kein schlüssiges Argument dafür, dass keine der sich ergebenden Chancen genutzt wurde, um zum Beispiel zum Leuschnerplatz oder zum Neuen Rathaus auszubrechen. Statt dessen wurde nach dem dreißigminütigen Stadtrundgang der Augustusplatz "besetzt", genauer die Straße zwischen Gewandhaus und Oper. Die Aktion dauerte exakt fünf Minuten und stoppte genau drei Straßenbahnen. Im Anschluss wurde die Demonstration für beendet erklärt und alle gingen, das Tagwerk stolz verrichtet, wieder nach Hause.
Die heutigen Vorgänge sind als der absolute Tiefpunkt des studentischen "Widerstandes" in Leipzig zu betrachten. Dies liegt nicht an der schlechten Mobilisierungsleistung, sondern daran, dass diese neueste Protestewegung nicht in der Lage ist, tatsächliche Forderungen zu stellen, die das lobbyistische Flirtverhältnis zu Politik und Ordnungsmacht stören würde. Es wird zum Kampgf aufgerufen und seit Anbeginn an muss man sich fragen, wo der denn eigentlich stattfinden soll. Mit dem nationalistischen Tenor der heutigen Kundgebung haben sich die streikenden StudentInnen selbst exmatrikuliert.
- Keine Solidarität mit Deutschland und seinen studierenden FürsprecherInnen! -
siehe auch:
* Feature: Leipziger Studierende im Streik ( http://de.indymedia.org/2004/01/71299.shtml)
* IMC-Printausgabe für Leipzig ( http://de.indymedia.org/2004/01/71248.shtml)
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(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
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Ergänzungen
hilfe!ich bin politisch! holt mich hier raus!
Und nun kommts: Völlig selbstverständliche Forderungen wurden von den "kreativ-konstruktiv" streikenden Leipziger Studierenden abgelehnt:
-In Sachsen werden Studenten nach dem 13. Semester bei nicht vorhendenem Abschluß exmatrikuliert. Die Forderung nach Abschaffung dieser Regelung wurde ABGELEHNT .
-Weiterhin abgelehnt wurde die Forederung nach elternunabhängigem BAFöG.
Über die Qualität der Aktionen der besinnungslos-konstruktiv agierenden Durchgeknallten kann man sich auf deren Pages www.leipzig04.de.vu und www.stura.uni-leipzig.de informieren. Unter Anderem war man sich nicht zu blöde, einen Pornofilm zu drehen oder sich öffentlich die Haare zu schneiden und diese der deutschen Industrie als Rohstoff zum Kauf anzubieten!!!!!
Bitte, bitte liebe Streieknde in anderen Städten: Kommt nach Leipzig und treibt das Pack vom Streikkomitee aus der Uni. Die Leipziger Linke ist angesichts dieser Vorgänge nur noch fassungslos.
Reaktionen+Ergänzungen
"Bei einer Kundgebung gestern Nachmittag, die zum Schulterschluss zwischen Studenten und Schülern geraten sollte, zeigten sich erste Ermüdungserscheinungen. Den nur 150 erschienenen Gymnasiasten und Kommilitonen fiel es schwer, die Reihen zu schließen, als Stefanie Böhm vom Stadtschülerrat die 'Flickschusterei' im Bildungswesen kritisierte."
( http://www.lvz.de/aktuell/content/90451.html)
Einige Bilder der VV und der Kundgebung+Demo finden sich zudem unter:
http://www.stura.uni-leipzig.de/sp/claroline/document/document.php?openDir=%2FBilder%20zur%20Streikaction%202004-01-14
Anwesend war gestern auch ein Kameramann von RTL - gesendet wurde meines Wissens jedoch nichts. Wäre auch extrem peinlich für unseren studierenden Revoluzzerclub geworden. Es wurden während der Kundgebung übrigens zwei Zivis am Rande gesichtet.
ja, leute, wundert euch das?
aber irgendwann war insidern klar, daß die neoliberalen blütenträume nur augenwischerei bleiben würden, daß soziale zwangsmaßnamen den aufschwung auch nicht erzwingen konnten, wohl aber eine umfassende verelendung vorantreiben. und die 10 jahre zuvor prognostizierte situation an den unis trat ein; war es noch jahrelang möglich, an der substanz zu sparen, um den lehrbetrieb aufrecht zu erhalten - quasi ein paar große löcher stopfen, indem man viele kleine aufreißt - beginnt das bildungssystem (nicht nur in deutschland, aber in dieser form und zu dieser zeit eben nur hier. klar, denn wenn auch das grundübel nationale grenzen ignoriert, macht seine umsetzung in der praxis ja doch an diesen halt) nunmehr zu kollabieren. die unis reagieren darauf mit verstärktem leistungsdruck, sozialer selektion, naja, ihr kennt das.
die konsequenz? wenn ich mal wieder an der uni vorbeischaue, sehe ich erstsemester, die das teufelchen verwertungsdruck im nacken haben, und die qua ihrer sozialisierung - etwas anderes als neoliberale unfähigkeit und gürtelengerschnallen haben sie ja nie erlebt! - das für ganz normal halten und deshalb mitmachen. die jungstudis (auch ein deutsches phänomen, mind you - in frankreich, spanien, italien, selbst im uk sieht das etwas besser aus) geben nur wieder, was sie jahrelang fressen mußten.
fazit: einen wahrhaft rebellischen geist 'wie 68' (die 60er sind immer noch das maß aller dinge, wiel alle anderen möglichen präzedenzfälle zeitlich und/oder gesellschaftlich zu weit entfernt sind) wird es so in 5 jahren wieder geben. vielleicht. dann aber ist der zug wohl abgefahren, und wir können nur noch hanfseil kaufen - entweder für uns oder für die einschlägigen verdächtigen.
andererseits besteht die möglichkeit, dem politischen bewußtsein der studis etwas auf die sprünge zu helfen, aber dazu muß mensch erst mal eines lernen: wie sie ticken. lernen, ihre sprache zu sprechen.
wenn also transpis mit eigentlich fördernswertem inhalt belächelt werden, dann ist es längst and er zeit, die dinger zu putzlappen umzubauen und denselben inhalt der zeit und der 'zielgruppe' angemessen neu zu verpacken.
das nicht zu tun, sondern sich in den schmollwinkel zu rückzuziehen, tut nämlich nur eins: jeden berechtigten revolutionären oder auch bloß radikal-reformerischen (reformerisch ungleich reformistisch!) anspruch ins klo kippen, abziehen und noch so 2-3mal nachspülen, damit er auch wirklich weg ist.
''wenn wir uns aussuchen könnten, wie die welt aussieht, die wir verändern wollen, bräuchten wir sie nicht mehr zu verändern.''
- carl wibelius
* ja, die 'nieten in nadelstreifen'-argumentation *ist* ein valider punkt, denn sie sagt, weitergedacht, so einiges über die schwächen eines systems aus, in dem so etwas nicht nur möglich, sondern institution ist, und sie hat einen populistischen touch, der bei den oftmals drögen linken argumenten unumgänglich zu sein scheint, will mensch leute überzeugen. aber wenn dann aber wie in leipzig eine 'bildungselite' gefordert wird, ohne zu erkennen, daß deren mitglieder, wenn sich nichts grundlegendes im allgemeinen verständnis der rolle von staat/politik und gesellschaft ändert, genauso die in die reihen der kleptokratisch-neoliberalen einheitspartei eintreten werden wie die momentan federführenden mißwirtschafter und mißbildungen, die jetzt im fadenkreuz der kritik stehen.
Zu VV und StuRa ...
der demokratische umbau der 'studentischen selbstverwaltung' hin zu einer direktwahl aller vertreterinnen, d.h. v.a. ersetzung des stura durch einen asta.
auch wenn dies nur ein winziger schritt zu mehr mitbestimmung wäre: mitbestimmung oder gar selbstbestimmung ist für diese schafherde, die geradezu nach der verwertung ihrer arbeitskraft und nach einer guten führung schreit, offenbar kein thema.
anzumerken ist übrigens auch, dass die forderungen, die am abend zuvor auf dem plenum des streikkomitees beschlossen wurden und so der vv zur abstimmung vorgelegt werden sollten, in einer anschliessenden kleinen runde von studierendenvertretungs-funktionärinnen umformuliert und teils völlig entstellt wurden.
so wurde z.b. aus der forderung nach einer drittelparitätischen besetzung aller uni-gremien die allgemeinere forderung nach "paritätischen Mitbestimmungsregeln im Entscheidungsprozeß für die betroffenen Gruppen".
die forderung nach einer offenen uni, in der alle menschen vorlesungen etc. besuchen können ohne zu bezahlen (gasthörerinnen bezahlen im moment 25 euro pro wochenstunde), wurde zu der forderung nach einer "gesellschaftsoffenen Hochschule, welche dem Anspruch hat, freien Austausch von Wissen und Meinungen zu ermöglichen und zu fördern."
grund für diese änderungen soll angeblich der anspruch einer 'politikkompatiblen' formulierung der forderungen sein.
was von den studierendenvertreterinnen zu halten ist, zeigt auch die pressemitteilung zur gestrigen vv, die vom stura verschickt wurde: "Ein Antrag auf totalen Streik wurden von den Leipziger StudentInnen einhellig abgelehnt."
totaler blödsinn, wenn mensch bedenkt, dass je ein drittel der anwesenden auf pro-, kontra- und enthaltungsseite standen. ausserdem war nie die rede von einem "totalen streik" (eine diffamierende formulierung, die parallelen zu wortwahlen aus düsterer deutscher vergangenheit suggeriert), sondern von einem streik ("ohne adjektive"), der seinen namen auch verdient.
bleibt zu hoffen, dass wenigstens die momentan aktiven studis endlich kapieren, dass sie auf eine studierendenvertretung, die im streik nicht vorbehaltlos auf ihrer seite steht und stattdessen schlichter spielt und krampfhaft bemüht ist, den konflikt auf kleinster flamme kochen zu lassen, verzichten können!
Bericht auf RTL
Finde solche Aktionen schaden mehr der Bewegung als das es was bringen
VV und Selbstorganisation
Man sollte auch sehen, daß Anträge wie die Forderung nach "Studiengebühren in keiner Form" und einer überwachungsfreien Universität angenommen wurden.
Im übrigen kann jedeR Redebeiträge halten, diskutieren und sich in den derzeitigen dynamischen selbstorganisierten Prozess einmischen. Das Streikkomitee ist schließlich ein offenes Plenum (in dem übrigens viele tollen Leute drinsitzen) In der linksradikalen Schmollecke mit ihrem völkischen Wahn ist da natürlich nix zu machen. Der Prozess ist offen...
Es ist begeisternd, wieviele Leute diskutieren, sich gegenseitig politisieren, aktiv sind. Viele hätten vor zwei Wochen noch nicht gedacht, daß sie dazu fähig sind sich selbst zu organisieren. Und inzwischen werden sich die Leute vom Streikomitee ihrer Struktur bewußt.
Es wurde bereits viel emanzipatorisches erreicht und es ist erst der anfangen.
Raus aus der Schmollecke, rein ins Leben!
Lang lebe das Streikkomitee! ;)
@besetza
Wo ist denn nun eure Gesellschafts-, eure Bildungs- und Schulkritik? Ich habe noch keine aus euren Reihen gesehen. Auf welcher Grundlage "kämpft" ihr dann? Auf der eines nationalistischen Konsens'? Solche Dinge dann noch als emanzipatorische Inhalte zu verkaufen ist die eigentliche Dreistigkeit, wobei die meisten aus euren Reihen wahrscheinlich gar nicht merken, wessen Geistes Kinder sie damit wecken. Meine Kritik ist keine Anklage gegen die wenigen Verbliebenen, die tatsächlich noch "linke" Inhalte vertreten können. Leider sah und sehe ich auch im Rahmen von Reden und Aktionen keine Wortmeldung von euch und so ist ja klar, welche Meinungen das Bild - leider! - dominieren und an wen sie z.B. mich erinnern.
Nix für ungut, Genosse. Einsicht ist der Weg zur Besserung.
mein senf
ich teile weite teile deiner kritik, verstehe aber die stoßrichtung nicht ganz. wenn du eine radikalere kritik willst, wieso rufst du dann zum boykott auf, ansatt selbst am protest teilzunehmen und in in die (aus deiner sicht) richtige richtung zu steuern?! ist das die tolle "wertkritische" position, politik zu boykottieren und sich nur selbst an der eigenen rechthaberei aufzugeilen, oder was?
klar ist die masse der studentInnen nicht besonders links, radikal oder gar ravolutionär. aber man kann sich schon darüber freuen, daß "studiengbühren aller art" abgelehnt wurden, daß "offene universitären für alle", eine "drittmittelunabhängige finanzierung der universitäten nach bedarf" und "abschaffung der überwachungskameras" gefordert wurden. und vom streikkomitee bin ich in den letzten tagen positiv überrascht worden, die vertreten zum teil doch ganz andere positionen als der stura und die "konstruktivstreikerInnen"!
also, der realität ins auge sehen (nicht alle können avantgarde sein:)), die gruppen, die den streik vorantreiben und sozial ausweiten wollen (lsg, "angry streik", rektoratsbesetzerInnen, teile des streikkomitees u.a.) unterstützen und das beste draus machen. wieso ein soft-porno-dreh schadet, verstehe ich nicht. ist natürlich albern, aber die "hure bildung verkauft sich an die wirtschaft" ist doch eine meldung, die auch die bild-zeitung drucken darf. und von "übelsten nationalistischen positonen" zu reden, ist einfach unfug. nicht jedeR, der sich von standortdenken nicht lösen kann und zukunftsinvestition etc als argumente anführt, ist ein nazi, das ist eine verquere wahrnehmung der wirklichkeit. der einzige vv-redner (07.01.), der in diese richtung ging und "gemeinsame identität" und "das beste für unser land leisten" forderte, wurde lauthals ausgebuht!
@felix
na dann schau mal hinter den vielen links nach, die du in dein feature von letzter woche eingebaut hast! der kürze wegen nenne ich hier mal ein paar gruppen/zusammenhänge, aus denen sich menschen im streikkomitee engagieren: lsg, bildungssyndikat der fau leipzig, selbst organisierte seminare, libelle ... und verweise dich zur weiteren recherche auf http://www.bildungskritik.de .
aus diesen kreisen kam immer wieder kritik an antiemanzipatorischen inhalten in studiprotesten, zwei beispiele hast du in deinem feature verlinkt.
ausserdem wird auch auf http://www.leipzig04.de.vu in der 'offenen plattform' kritik am standortnationalismus im blümchenstreik geübt.
"Wenn allerdings selbige Orga als Veranstalterin einer Kundgebung auftritt ..."
meines wissens wurde der 'schulterschluss' vom 'ak schulen' (fast) autonom organisiert - die ansichten der dort beteiligten menschen teile ich auch nicht...
"... dann sollte man nicht zulassen, dass an dieser Stelle ein Nationalismus übelster Sorte propagiert wird."
nun, ich finde es schade, dass niemand 'von uns' dort eine rede gehalten hat - dafür waren 'wir' wohl auch zu wenig vorbereitet. ich für meinen teil habe jedenfalls eines der beiden kritischen transpis auf der operntreppe gehalten.
warum kommst du nicht einfach mal zu den streikplena, um vielleicht dazu beizutragen, dass radikale positionen in der mehrheit sind? dann kommt dort vielleicht auch weniger müll heraus. aber es ist ja viel einfacher, sich zurückzuziehen und über andere abzukotzen, weil die realität (noch) nicht so ist, wie mensch sie gern hätte. nur wird davon auch nix besser...
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
@joe — felix
@felix 16.01.2004 16:10 — StuRa stürzen! Selbst organisieren!
...und anderer Senf. — felix