10 Jahre Zapatistas

think... 05.01.2004 11:14 Themen: Globalisierung Weltweit
Am Jahrestag ihres Aufstandes überraschten die Zapatistas alle: sie taten nichts. Die Menschen in vielen Ländern, die erwartungsvoll nach Chiapas blickten, wurden daran erinnert, dass sie selbst aktiv werden sollten, vor Ort. Einige internationale Solidaritätsfeste wurden denn auch gefeiert, z.B. in Barcelona oder Helsinki. Die Zapatistas veröffentlichten zum Jahrestag ein Kommunique.
Zapatistisches Kommuniqué
verlesen am 1.1.2004 um 00:00 Uhr zapatistischer Zeit in Oventik, Chiapas, Mexiko

Compañeros und Compañeras der Unterstützungsbasen, lokale und regionale Verantwortliche,
Compañeros und Compañeras Mitglieder der autonomen Räte,
Compañeros Mitglieder der Junta der Guten Regierung,

Compañeros und Compañeras Autoritäten der Gesundheit, der Bildung und alle die Teil dieses Arbeitsbereichs sind,

Brüder und Schwestern der mexikanischen und internationalen Zivilgesellschaft,

diejenigen, die anwesend sind und diejenigen, die nicht anwesend sind, uns aber in der ein oder anderen Weise begleiten und unterstützen:

Heute haben wir uns versammelt, um den zehnten Jahrestag der bewaffneten Erhebung der Zapatistischen Befreiungsarmee zu begehen, weil dies der wichtigste Teil unserer grossen Geschichte als indigene zapatistische Bevölkerungen ist, denn zu dieser Zeit haben sich die indigenen zapatistischen Gemeinschaften gegen das Vergessen, die Diskriminierung, die Plünderung unserer Naturressourcen, gegen die Ausbeutung und Unterdrückung und gegen alle Arten von Ungerechtigkeiten erhoben, die die ursprünglichen Bevölkerungen dieser Ländereien erleiden mussten.

Doch heute erfüllen sich 10 Jahre, seit denen wir im Krieg sind. 10 Jahre des Kampfes und des Widerstandes als indigene Gemeinschaften, denn seit 10 Jahren leben wir im Angesicht von Drohungen, Belästigungen sowie militärischer und paramilitärischer Umstellung, die von der schlechten Regierung vorbereitet und organisiert worden sind.

Deshalb wurden all die Arbeiten in den autonomen Gemeinden und Landkreisen der zapatistischen Zone durchgeführt.

All dies ist in Widerstand und Rebellion geschehen, weil unsere Arbeiten im Bereich der Gesundheit, der Bildung, des Handels und der Formierung der autonomen Landkreise durch die Pläne und Programme der Aufstandsbekämpfung der schlechten Regierung attackiert wurden.

Trotz alledem sind wir in unserem Kampf in den verschiedenen Arbeiten ein Stück weitergekommen, dank der Entschlossenheit und Partizipation der Compañeros und Compañeras der Gemeinden und Regionen, doch auch durch die Unterstützung und die Solidarität vieler Brüder und Schwestern der Welt.

In diesem Jahr 2003 haben wir wichtige Schritte für unseren Kampf unternommen: die Namen der Aguascalientes wurden verändert, heute werden sie Caracoles genannt und außerdem wurden die Juntas der Guten Regierung gebildet, die nun unsere Gemeinden im Widerstand regieren müssen.

Des weiteren wurden mehr autonome Landkreise formiert und die Arbeiten reorganisiert, um unseren Widerstand zu stärken. Deshalb bitten wir alle Compañeros und Compañeras aller Regionen und Landkreise, dass sie damit fortfahren, unsere Arbeiten voranzubringen, ohne dass wir uns ergeben oder der schlechten Regierung verkaufen.

Nur im Widerstand und der Rebellion können wir unsere Autonomie als indigene Völker aufbauen, denn wir warten nicht darauf, dass uns die schlechten Regierungen die Erlaubnis geben, damit die Indígenas in Freiheit und Autonomie leben können.

Wir, die indigenen Bevölkerungen von Chiapas, von Mexiko und der Welt, müssen unsere Rechte und unsere Freiheit nur in die eigenen Hände nehmen, um unsere Autonomie aufzubauen und zu stärken. Es gibt keinen Grund, davor Angst zu haben, denn wir sind durch die mexikanischen und internationalen Abkommen und Gesetze geschützt.

Wir grüssen und bedanken uns für die Unterstützung und die Solidarität vieler tausender Brüder und Schwestern der mexikanischen und internationalen Zivilgesellschaft, denn dadurch konnten wir die 10 Jahre des Krieges überleben und Widerstand leisten. Aus diesem Grund bitten wir Sie, dass Sie, soweit sie können, mit der Unterstützung weitermachen. Aber wir bitten Sie auch, dass Sie sich organisieren und in Ihren eigenen Gemeinden und Ländern gegen den gemeinsamen Feind kämpfen, das Projekt und die Pläne des Neoliberalismus.

Gegen diesen Feind muss unermüdlich gekämpft werden, denn er hinterlässt viele Millionen Brüder der ganzen Welt in der Misere und im Vergessen.

Das ist unser Wort.

Demokratie!
Freiheit!
Gerechtigkeit!

leicht bearbeitete Übersetzung der Gruppe B.A.S.T.A. (zum Teil zur Zeit in Chiapas)

Anmerkung: Das comunicado wurde von einem vermummten Compañero vorgelesen, der nicht zu erkennen gab, ob er zur Junta, zur comandancia o.ä. gehört. Das Schreiben wurde ebenfalls nicht ?unterzeichnet?, nicht mit ?comandancia?, ?Junta?, ?EZLN? o.ä., mit gar nichts. Im Anschluss der Rede folgten tosender Beifall, ?Vivas!? (s.u.) und Silvesterraketen.

Es wurde bis in die Morgenstunden getanzt und gefeiert, ca. 2.500 Menschen waren da, davon Hunderte Internacionalistas und Solidari@s aus Mexiko.
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Ergänzungen

Verständnis des Zapatismus ist hierzulande...

iX 05.01.2004 - 12:54
...kaum da.

In der Frankfurter Rundschau erschien zum Jahreswechsel eine 3seitige beilage zum Zapatismus.
Hier ein Auszug aus einem Text daraus:

"... Eine zentrale Kategorie, um die Wirkungen des Aufstandes zu verstehen, ist die der "Resonanzen". Die Zapatisten vertreten kein Politikmodell, in dem sie als emanzipatorische Kraft ihre "Wahrheiten" der Welt verkünden. Der Zapatismus entwickelt sich vielmehr vor allem dadurch, dass er in andere spezifische soziale Verhältnisse und konkrete Auseinandersetzungen "übersetzt" wird....
Innerhalb der europäischen Sozialwissenschaften blieben diese Resonanzen eher gering, was neben der sozialwissenschaftlichen Engführung des "Internationalen" auf den angelsächsischen Raum auch an ihrer Abschottung gegenüber den Erfahrungen sozialer Bewegungen liegt...."
 http://www.fr-aktuell.de/ressorts/kultur_und_medien/forum_humanwissenschaften/?cnt=363601&

Sonderbeilage in DA !!!

anarcho 05.01.2004 - 17:31
Eine 8seitige Sonderbeilage, zum 10 Jährigem, gibt es in der Januar/Februar Ausgabe Nr.161 der anarcho-syndikalistischen Zeitung DIREKTE AKTION.
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Veranstaltung in Mainz

organisierter Antifa 05.01.2004 - 18:15
Am Donnerstag, 5. Februar 2004 um 19.30 Uhr beginnt ein
Diavortrag zur Menschenrechtsbeobachtung in Chiapas / Mexiko.
Markus Pflüger und Heike Herweck (AGF – Trier) über den Einsatz als Menschenrechts-beobachterIn in widerständischen mexikanischen Gemeinden (August bis Oktober 2003) sowie von der EZLN-Fiesta mit Ausrufung einer autonomen Räteregierung in Chiapas.
Veranstalter: AntiFa Nierstein
Veranstaltungsort: Interkulturelles Zentrum, Rheinallee 3D, Mainz

Veranstaltung in Magdeburg

XXX 05.01.2004 - 21:14
Am 9.1. findet in Magdeburg eine Infoveranstaltung über die EZLN der Gruppe B.A.S.T.A. statt. Fängt 20 Uhr an im Heizhaus (Harsdorferstr. 33). Anschlißend gibts noch gemütliche Klänge auf der Klampfe vom Lidermacher Stefan Frey.