Die TAZ Besetzung

TAZ-Besetzer_In 16.12.2003 19:20 Themen: Bildung Medien
Gestern wurde die TAZ besetzt; die Situation im Verlagshaus und die "Wahrnehmung" der Aktion (auch hier auf Indymedia) stellt den Anspruch der Besetzer_Innen und die mit der Besetzung verbundenen Ziele in Frage. Also: Warum wir doch tauschen mussten, oder: warum die Besetzung der TAZ scheitern musste.
Das nachfolgend geschriebene ist eine Einzelmeinung, wenn von "uns" gesprochen wird, hat dass etwas mit der freundschaftlichen Atmosphäre innerhalb der Besetzer_Innen-Gruppe zu tun und nicht mit dem Zwang zur Kollektiv-Identität....
Zunächst einmal ein Dankeschön an alle beteiligten Unterstützer_Innen fürs Vorbeikommen, wenngleich an dieser Stelle gesagt werden muss, dass das Scheitern der Aktion auch etwas damit zu tun hatte, dass in den Auseinandersetzungen betreffs unserer Forderungen mit den Autoritäten der TAZ die Vielfalt der Meinungen einzelner Unterstützer_Innen, die die vorherige inhaltliche Auseinandersetzung der Besetzer_Innen-Gruppe nicht kannten, eine Richtung vorgaben, in der wir uns auf die TAZ-Logik und Programmatik des "Zeitungsmachens" einlassen mussten. An dieser Stelle wollten wir, obwohl manche Unterstütz_Innen dies anders sehen mögen, eben nicht als autoritäres Kollektiv auftreten. Deswegen am Ende ein Abbruch der Besetzung und das Scheitern der Aktion.
Hier vor allem ein Riesen-Dankeschön an die "Foyer-Gruppe" für den Beistand!
Das entscheidende Moment in der Betrachtung der Ereignisse bleibt aber das Verhalten der TAZler_Innen. Wenn mensch gestern morgen erlebt hat, wie einzelne Mitarbeiter_Innen der TAZ unter Ausübung von Gewalt auf unsere Besetzung reagiert haben (an alle, die das dokumentiert haben: veröffentlichen!!) und in welcher Form die TAZ Begriffe wie Kritik und (inhaltliche) Auseinandersetzung praktisch begreift und umsetzt, in welch autoritärer und identitärer Form die Auseinandersetzung mit den Besetzer_Innen geführt wurde; dann stellt sich die Frage, mit welcher Berechtigung eigentlich auf den Unsinn unserer Aktion und auf eine Besetzung der Springer-Presse verwiesen werden kann. Die Bullen würden sich wohl kaum weniger aggressiv verhalten und unsere Kritik an der TAZ und den kapitalistischen Verhältnissen, die die Mitarbeiter_Innen so überhaupt nicht interessierte, wurde direkt an die TAZ-Wirklichkeit angebunden und unsere Positionierung gegenüber der TAZ später, natürlich:, zensiert.
Wenn einzelne Männer (wie auch in allen anderen autoritären Kollektiven, siehe eben die beliebte 23...) sich in ihrer (Re-)Produktion von Männlichkeit, autoritärem Charakter und anderer obskurer Identitätskonzepte, prügelnd auf bewusst nicht-aktiv Gewalt ausübende Menschen werfen, dann ist, glaube ich, schon vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung (die der TAZ natürlich auch irgendwie wichtig sein musste...) geklärt, um welchen anti-emazipatorischen Haufen es sich da handelt, wir haben dies nicht anders erwartet, aber die direkte Bestätigung des eigenen Ressentiments ist dann doch immer wieder eine verblüffende Angelegenheit. Sehr verwunderlich auch die Rechtfertigung der Prügelaktion durch die anderen TAZler_Innen und : nur weil die TAZler_Innen nicht sofort die Bullen rufen ändert das nichts daran, das sie unbedingtes Objekt von Kritik sind und bleiben.
In den ersten Stellungnahmen zur Aktion wurde uns vorgeworfen, entweder an der falschen Stelle zu sein (geht doch zu Springer) oder auf der falschen Seite der Kritik (pseudo-kritisch, pseudo-kommunistisch u.ä.)zu stehen.
Dazu verkürzt das folgende: Mit der Besetzung der TAZ wollten wir uns bewusst der Logik von Uni-Protest-Aktionen und Produktion medialer Wirklichkeit entziehen. Das das nicht möglich ist, weil es so etwas wie totale Autonomie nicht gibt, und wir uns auch nicht außerhalb der Zustände bewegen, muss man uns wirklich nicht auf die Nase binden. Es ging um die "Kritik im Handgemenge", und die Art der Verwirrung und Unklarheit, die als Reaktion sowohl von Seiten der TAZ als auch der Beobachter_Innen festzustellen ist, war eines der Ziele der Aktion. Dass wir trotzdem Artikel produziert haben, die innerhalb einer Zeitung eben wie Zeitungsartikel funktionieren ist einer der konkreten Wiedersprüche, mit denen wir dann leben können. Trotzdem: Dialektisch begründete, materialitisch geerdete Gesellschaftkritik auf 2 Zeitungsseiten? Es ging eben nicht um brilliante Texte sondern darum zu zeigen, dass man mit eigenen Inhalten kritisch in medial-produzierte Wirklichkeiten intervenieren kann anstatt immer nur auf die "richtige" Umsetzung bürgerlicher Rechtsversprechen zu pochen (wie ist das jetzt mit dem bürgerlichen Staat als Herschaftsinstrumentarium, auch "Kein Thema" mehr?) und dabei die blöderweise korrupten und achso bösen Machthaber_Innen zu "entdecken" und an diese zu appelieren: Kapitalismus gibt es weder in gerechter noch in ungerechter Ausführung, sondern "er" gehört abgeschafft und zwar sofort!
Die Tatsache, dass wir eben gerade nicht die Springer-Presse zum Objekt unserer Kritik machen wollten, hat mit der, von den TAZler_Innen in großartiger Manier zur Schau gestellten, "Ideologie" von '68 zu tun. Ich hoffe, dass allen klar ist, warum es mittlerweile ebenso langweilig wie bedenklich geworden ist, sich in die Tradition der Nationalrevolutionäre von 68 zu stellen. Deshalb nochmal: Mit Horst Mahler, Walser, Fischer, Schily u.s.w. macht sich mensch besser nicht gemein, wenn er nicht an das Gerede vom besseren Deutschland anzuknüpfen sucht und damit in den Niederungen deutscher Ideologie ankommen will.
Wenn es mensch mittlerweile poppig findet, von Polizist_Innen aus Gebäuden getragen zu werden, ist das nicht unser Problem, und es bleibt die Frage, was das mit Kritik zu tun hat....
Sich zum 10000. Mal über verkürzte Kapitalismuskritik und das dadurch gesicherte Überleben des antisemitischen Ressentiments oder die Tatsache, dass die "TAZ lügt" auszulassen, ist hier glaube ich nicht notwendig, deswegen nur noch mal soviel: Nur weil wir nicht von Kommunismus reden, und uns in kurzen Texten auch nicht fundiert zur Frage der wirklichen Bewegung zur Aufhebung der heutigen, konkreten kapitalistischen Wirklichkeit positioniert haben, sagt das überaus wenig über das Verhältnis der einzelnen Besetzer_Innen zu kommunistischer Gesellschaftskritik. Die ist nunmal innerhalb der Logik einer TAZ-Besetzung (die wievielte wars denn wohl...) nicht zu machen, und das war uns dann eben auch klar...
Die konkreten Zustände innerhalb des autoritären TAZ-Kollektivs rechtfertigen aber unsere Form der Kritik auf basalster Ebene, ebenso wie die konkreten Zustände innerhalb sozialer Proteste und des aktuellen Studi-Streiks unsere Form niedrigschwelliger Kritik rechtfertigen.
Alle, die es besser können, sollen es bessermachen, auch eines der Ziele der Aktion: fordert eure Meinungsfreiheit dort ein, wo sie euch (eine strukturelle Angelegenheit) genommen wird: in deutschen (das ist nicht geographisch sondern ideologiekritisch gemeint) Zeitungsredaktionen, Nachrichtenbüros und Sendeanstalten. Die Aneignung gesellschaftlicher Ressourcen bleibt wichtig und richtig.
Abschliessend noch ein Kommentar zum Verhältnis der TAZler_Innen und unserer Kritiker_Innen zu kollektiven Identitäten: der Vorwurf, dass "wir" in unseren Positionen diffus und inhaltsarm seien, weil wir uns eben auch der Zu- oder Festschreibung unserer "Besetzer_Innen"-Identiäten zu jedweder Form kollektiver Identität verwehrt haben, ist geradezu absurd, und führte auf Seiten der TAZler_Innen zu einem kleinen polemisch-gemeinten Artikel, in welchen der eigene Komplex verhandelt wird. Sehr eindrucksvoll, wie unterdrückte Bedürfnisse in der Projektion auf das "Andere" oder "Fremde" dazu führen, das selbst die prinzipienreitende TAZ ihren Anspruch auf die heißgeliebte Objektivität aufgibt, deshalb: danke für den "Hass" der TAZler_Innen; wenn Zeitungsmachen des Zeitungsmachens wegen dazu führt, dass man den Anspruch auf Relexion aufgibt, dann lasst es doch einfach sein...
(eine ausführliche Nachbetrachtung der Besetzer_Innen-Gruppe wird folgen...)

Was Bleibt?

Für eine kritische und freie Wissenschaft!!
Wider die deutschen Verhältnisse!
Solidarität mit Israel!!(nochma' schöne Grüsse an die Genossen Volksbefreier unter unseren Unterstützer_Innen)
Für den Kommunismus!!
Tut der TAZ und uns allen einen Gefallen und kündigt endlich eure TAZ-Abos!!
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Ergänzungen

Was bleibt?

inDee 16.12.2003 - 20:21
Unabhängige Medien selbst organisieren. Druckereien und Fernsehsender übernehmen.

Eigenhändig Zeitungen mit offenem Zugang verbreiten:
 http://de.indymedia.org/2003/12/69429.shtml

Nicht an Herrschende und Eliten appelieren, selbst das Leben in die Hand nehmen. Egal ob es Eliten in Staat, Wirtschaft oder Medien sind. Wie das geht steht zum Beipiel hier:
 http://www.fau.org/fau/www.fau.org/texte/historie/art_030912-174027

oder

hier 16.12.2003 - 20:30

sehr wahrer taz-bericht

ihr albernen 16.12.2003 - 23:09
protestierende studierende
Die Visionen der Besetzer - sind keine
Gestern wurde die taz besetzt. Was sagt das über die Studentenstreiks?


1. Wer war das?

Nicht einfach zu beantworten. Die protestierenden Studenten sind kein monolithischer Block. Vereinfachend gesagt: Es gibt zwei Fraktionen. Die ideologisch weniger vorgebildete bürgerliche und eine politisch und inhaltlich radikalere Linke, die aus vielen Gruppen besteht. Auf den Protest-Demos war Erstere die Mehrheit, die Wortführer der taz-Besetzung schienen aus der zweiten Fraktion zu stammen. Daher ihre Losung: Weniger Studenten, mehr Protest.

2. Warum die taz?

Die taz verzichtet im Gegensatz zu anderen besetzungswürdigen Objekten auf kräftige Pförtner. Zudem denken viele der bürgerlichen wie der linken Studenten, von der taz lächerlich gemacht zu werden. Die Kritik an den Studentenstreiks wird als Bevormundung durch politisch gescheiterte Alt-68er empfunden. Die taz gehöre wie die Grünen zu einer neuen "alternativen Elite", die ihre alten Ziele verraten habe.

3. Was wollten sie sagen?

Texte zum Losschreien wollten die Besetzer in die taz bringen. Texte zum Langweilen sind es geworden. Inhaltliche Kritik: Sparen bei Unis und Arbeitslosen sind zwangsläufige Folgen des Kapitalismus. Die Vision: Im System ist nichts zu ändern, also ändert das System! Das ist alt. Und nicht falsch. Aber es ist auch gescheitert - 68, DDR. Und die meisten protestierenden Studenten wollen nicht die nächsten Verlierer sein. Deshalb konzentrieren sie sich auf erreichbare Ziele: Keine Uni-Kürzungen. Für mehr fehlt die Vision. Eine mit Aussicht auf Erfolg. Leider hat die niemand anzubieten. Darum war die Besetzung auch ein Ausdruck der Ratlosigkeit. In Ratlosigkeit werden auch die Studentenproteste enden." DANIEL SCHULZ

Hallo Leute

Ex-TAZ-Leser 16.12.2003 - 23:18
Die Idee war ja ganz gelungen, von der TAZ ein wenig Qualität einzufordern, aber das ist bei allem, was im Kapitalismus größer wird /geworden ist, wahrscheinlich vergebliche Liebesmüh.
Na, ich hab mit dann TROTZDEM heute mal wieder die TAZ gekauft, weil ich wissen wollte, was ihr geschrieben habt.
Sorry, aber den Knaller fand ich das nicht...
Erstmal habt ihr die Indy-Adresse falsch geschrieben (nämlich www.de.indymedia.org), eine bessere Möglicheit indy bekannterzumachen gabs ja wohl nicht und die wurde verpatzt...
Zum anderen fand ich nicht gerade, daß die Artikel geeignet waren, den Leuten "da draußen" die Welt zu erklären. Zu sehr auf Studenten bezogen, zu sehr "alles Scheiße" zwischen den Zeilen, ich finde auch, nicht sonderlich differenziert. Das wäre doch DIE Gelegenheit gewesen, mal zu zeigen wie es besser geht, aber ich hab schon auf den Demos Flyer mit wesentlich besserem Inhalt bekommen.
So, das soll euch jetzt keine reinwürgen, ich fand die Aktion ansonsten sehr gelungen, von außen betrachtet.

verbersserung zu Ex-TAZ-Leser

M 17.12.2003 - 02:45

texte

... 17.12.2003 - 10:21

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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@jemand — jaja

in nomini patri et spiritus sankti — sektenbeauftragter

... — abc