Menschenkette Campus-Arbeitsamt (Fotos, Gö)

phlo 06.12.2003 02:33 Themen: Bildung Soziale Kämpfe
Göttingen, Donnerstag, 4.12. +++ Unistreik wird fortgesetzt und ausgeweitet +++ Menschenkette vom Campus zum Arbeitsamt +++ AStA zerstritten +++ Wulff weggetrommelt +++
Am Donnerstag dem 4.12. haben die Studierenden der Uni Göttingen mehrheitlich beschlossen, ihren Streik mindestens eine weitere Woche fortzusetzen.
Auf der VV hat ein Redner von ver.di dazu aufgerufen am 10.12. gemeinsam zur Haushaltsdebatte nach Hannover zu fahren. Auch das Bündnis gegen Bildungsklau rief zur Solidarität zwischen Studierenden, Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern, RentnerInnen, SchülerInnen und allen anderen von den Kürzungen betroffenen auf.
Der AStA ist zerstritten, weil der RCDS nur gegen Kürzungen an der Uni-Göttingen protestieren will, so dass der größere Koalitionspartner ADF jetzt als "ADF im AStA" nach Hannover mobilisiert, aber keine AStA-Gelder für Fahrtkosten locker machen will. Darauf angesprochen stammelte der AStA Vorsitzende Daniel Flore etwas von "kein Geld" (sic!).

Nach dem Streikbeschluss gab es eine Menschenkette vom Campus bis zum Arbeitsamt, um die Solidarität zwischen den Betroffenen zu symbolisieren: Gemeinsam gegen das gefürchtete rosa Kürzungsmonster :-) Die roten Nelken, die jedeR TeilnehmerIn der Menschenkette trug, wurden an der Straße liegen gelassen um zu zeigen, dass es weiter geht.

Auf der VV wurde auch bekanntgegeben, dass Ministerpräsidet Wulff sein Abendessen in Göttingen einnehmen will. Mehrere hundert Menschen haben vor dem Luxushotel drei Stunden lang mit Trommeln und Pfeiffen für die nötige Tischmusik gesorgt. Wulff zeigte sich kurz am Eingang, dann flog ihm aber wohl ein Beutel Buchstabennudeln entgegen, so dass er schnell wieder verschwand. Die Stimmung war relativ friedlich, nur am Ende gab es einen kurzen Schlagstockeinsatz, weil der hohe Herr dann doch lieber im ruhigeren Hannover schlafen wollte und fluchtartig das Hotel verlies. ( http://forum.bildungsklau.de/viewtopic.php?t=318)

Fazit des Tages: Die Menschenkette war sicher die bisher beste inhaltliche Aktion des Streiks und dem Herrn Wulff wurde ein gebührender Empfang bereitet. Jetzt ist klar, dass Lichterketten und Trauermärsche noch nicht alles sind. Ab Montag wird besetzt.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Dank an die Studis

chris 06.12.2003 - 17:51
Zuerstmal meinerseits Dank eines Arbeitslosen an die Studis für ihre Solidarität bei der Menschenkette. Da Häufchen Arbeitslose (maximal 35) welches sich vorm A-Amt traf, wirkte doch einigermaßen verloren. Ohne die Mobilisierung im Rahmen der Uni-VV wäre das Ganze zur Blamage geworden. Zwar hatte die gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe sogar Flugblätter gedruckt, aber auf eigene umfangreiche Mobilisierung wurde tölpelhaft verzichtet. Ich selbst habe von der geplanten Aktion nur durch eine freundliche Email erfahren, wo jemand eine PDF-Datei dranhängte. Da stand auch was davon, Attac und DGB würden die Menschenkette unterstützen, was es für eine Unterstützung ist, wenn diese Organisationen noch nichtmal auf ihren homepages einen Aufruf verbreiten, sei dahingestellt.

Bei mir ist der Eindruck geblieben, dass es seitens der gewerkschaftlichen Arbeitslosen genauso wenig Interesse daran gibt, ernsthaft gegen die Sparpolitik eines Schröder vorzugehen, wie seitens Attac-Göttingen und DGB-Göttingen. Bedauerlicherweise wird den Arbeitslosen "Normalos" dadurch der Eindruck vermittelt, sie wären für die politische Linke absolut uninteressant, wodurch bei vielen eine immer stärkere Einbindung in rechtsextreme Gedanken und Strukturen stattfindet.
Immerhin gibt es hier im Arbeitsamtbezirk mehr als 25 000 Arbeitslose denen SPD und Grüne mehr als nur zum Hals heraushängen, weshalb man diese nun den Rechten überlassen soll, ist mir schleierhaft. Nur weil man aus devoter Unterwerfungslust eine rot-grüne Bunderegierung nicht hart anzugreifen wagt?
Gerade die Bereitschaft der Studis zur Solidarität kann doch ein Anhaltspunkt zu vielen gemeinsamen Aktionen sein. Sobald der Protest sich gegen eine CDU-Landeregierung geht, funzt es doch auch. Warum dann nicht auch, wenn es gegen die Bunderegierung geht? Dass der Parteien-Korruptionsstaat abgewirtschaftet hat, wissen doch eh alle.
Mir persönlich und nicht organisiert ist es jedenfalls völlig egal, welches Parteibuch diejenigen haben, die mir das Leben zur Hölle machen, sie haben alle allen Widerstand verdient. Bevor ich aus der Pflicht zur Organisation auf Widerstand verzichten muss, wenn er gegen Sozis und Ökos geht, kann ich auch auf Attac, die Gewerkschaften und das ganze verlogene Brimborium verzichten.

Stärker organisieren

frei und spass dabei 06.12.2003 - 19:49
Ich denke die Arbeitslosen Initiativen müssen sich stärker organisieren und dabei verstärk ansprechbar und oeffentlich werden.

Was ich mir für Göttingen wünschen würde, wäre eine Initiative, welche unabhängig von Gewerkschaften und anderen hierarchisch organisierten Gruppierungen politisch in erscheinung treten kann. Ich denke da natürlich an eine Organisation wie in der FAU. Herrschaftsfrei und selbstorganisiert. Ausgerichtet an den eigenen Interessen und solidarisch mit allen anderen (emanzipatorischen) Gruppen in allen sozialen Kämpfen.

Eine Gruppe mit Kontaktadresse (am besten Telefon und Büro) und festen Treffen an festen Treffpunkten. Dann lassen sich weitere "normale" Arbeitslose vielleicht einbinden. Das schöne an der FAU ist, dass man sich die Theoriearbeit und die Publikationen teilen kann. Nich jede Gruppe muss einen eigenen Beitrag zu Hartz etc. formulieren. Flugblätter und zeitschriften lassen sich in grösserer Auflage (zentral) anfertigen. Weiteres Material ist vorhanden.

Wichtig in diesen Zeiten ist Agitation (noch) nicht Revolution.

@ frei und spass dabei

chris 06.12.2003 - 20:33
Ja, an was wie FAU habe ich auch schon gedacht. Nötig ist auf jeden Fall, dass Öffentlichkeitsarbeit geschieht. Da ich hier in Gö in einem der zahlreichen "sozialen Brennpunkte" lebe, kotzt es mich an, im Briefkasten lediglich PR-Material der NPD zu finden, ALLE anderen verteilen hier absolut nichts! Früher hat zumindest bei Wahlen immerhin die CDU noch was verteilt, ganz früher sogar mal die PDS... Für die Neureichen-Parteien SPD und Grüne sind Stadtteile mit hoher Arbeitslosigkeit und Migrantenanteil ja sowieso uninteressant. Wenn man nur NPD-Werbung im Briefkasten gewohnt ist, kommen einem sogar bei CDU-Werbung fast Freudentränen...
Die klassischen Gewerkschaften würden mit 25% für die NPD in problematischen Stadtteilen gut leben können, solange Schröder in Berlin weiterregieren darf, das ist hier in der Nachbarschaft Einschätzungskonsens, viele sind daher auch schon aus "ihren" Gewerkschaften ausgetreten. Ob die sich für FAU gewinnen lassen würden, käme auf einen Versuch an.
Übrigens liegt eine "Revolution" stärker in der Luft, als viele annehmen, es sind halt nur jetzt die Monate, in denen sich entscheidet, ob das eine emanzipatorische Revolution wird, oder ob die Revolution von Rechts passiert. Die hierarchischen Organisationen wie Attac, DGB etc. arbeiten jedenfalls unabsichtlich der Rechten in die Hände, indem sie jede Kritik an hierarchischen SPD-Kadern ins groteske abmildern und so tun, als wollten die Arbeitslosen und Kleinrentner nichts sehnlicher wünschen, als ignoriert zu werden. Die NPD ignoriert uns nicht, viele von uns ziehen deshalb die falschesten aller Schlüsse, und fühlen sich von der NPD auch noch geschmeichelt...
Es ist zum Kotzen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

@Luxushotels — Edel-Ede