Minitheater bei Bahnaktionstag

GöttingerInnen 26.10.2003 23:36 Themen: Atom Ökologie
Auch in Göttingen machten sich Menschen auf den Weg, um gegen den sogenannten Normalbetrieb zu protestieren. Mittel dafür: Theater, Ironie und Spaß!
Auch aus Göttingen machten sich am frühen Morgen des 25. Oktobers einige AktivistInnen auf, um in den Zügen der Deutschen Bahn AG gegen den ungestörten Normalbetrieb zu protestieren. Dazu eine kurze Szene, wie sie sich unterwegs in zig Bahnabteilen abgespielt hat:

Ein paar Menschen, in weiße Schutzanzüge gekleidet, betreten ein Abteil einer Regionalbahn und fangen an, Zeitungen mit der Aufschrift "Keine Panik! Don't panic!" an die Reisenden zu verteilen. Dabei werden die Reisenden darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um eine äußerst wichtige Notfallübung handelt.

Kurz darauf beginnt eine Person, ebenfalls in weißem Schutzanzug, zu reden:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte Sie für einen kurzen Moment um Ihre Aufmerksamkeit bitten.
Die Deutsche Bahn AG transportiert am 11. November wieder einmal Atommüll von La Hague in Frankreich nach Gorleben. Warum das? Nun, dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist die Bahn immer noch Mitbetreiberin des Kernkraftwerks in Neckarwestheim und damit mit Schuld am Atommüll der jeden Tag entsteht. Und weil es für diesen Müll kein sicheres Endlager gibt - und vermutlich nie geben wird -, wird der Müll nun so lange durch die Welt gekarrt, bis ihn vielleicht eines Tages alle vergessen haben. Zum anderen verdient die Bahn mit ihrer Tochtergesellschaft Nuklear Cargo & Service GmbH an der ganzen Müllschieberei nicht schlecht.

Na gut, diese Castoren sind doch alle sicher, oder? Sagen wenigstens die Leute, die das wissen müssten. Nur gibt es da leider ein paar kleine Schönheitsfehler. Zum Beispiel sind eigentlich vor der Zulassung von Castoren Falltests vorgeschrieben, die so allerdings nie durchgeführt wurden, sondern nur an kleineren Modellen oder in Computersimulationen. Und auch in den USA werden unsere deutschen Castoren verwendet, dort scheint man allerdings anderer Auffassung über die Sicherheit zu sein. So dürfen sie nicht so wie auf dieser Strecke in der freien Landschaft herumfahren, sondern nur auf dem Betriebsgelände der AKWs. Und nur in einer Höhe von ca. 38 cm, damit sie ja nicht zu tief fallen. Und nur mit Schrittgeschwindigkeit.
Was also ist zu tun, wenn Ihnen, meine Damen und Herren, hier auf dieser Strecke mit Tempo 80 oder 100 ein Castortransport entgegenkommt und entgleist? Dafür bitten wir Sie, der folgenden Demonstration aufmerksam zu folgen, und - falls Sie mit den Vorgängen noch nicht ganz vertraut sind - gerne mitzumachen.

Nehmen wir an, hier gegenüber gibt es ein Castorunglück. Das Wichtigste ist jetzt, sich flach auf den Boden zu legen oder in die Hocke zu gehen."

[Menschen mit Schutzanzügen legen sich im Gang auf den Boden.]

"Als nächstes, und das ist gaanz wichtig, halten Sie sich Ihre Zeitung mit der Beruhigungsaufschrift über den Kopf."

[Menschen mit Schutzanzügen tun auch das.]

"Das ist deshalb so wichtig, falls Ihre Mitreisenden keine Zeitung haben, dass sie nicht in Panik verfallen und über Sie hinwegtrampeln."

[allgemeines Grinsen]

"Viel mehr können Sie im Fall des Falles aber auch nicht mehr tun, das sicherste wäre es, wenn diese Castoren gar nicht mehr fahren müssten. Und wer ist in diesem Land dafür verantwortlich? Im Allgemeinen ja sogenannte Politiker, das heißt, Sie wählen alle 4 Jahre die Partei Ihres Vertrauens und hoffen, dass die das schon richten. Und das tun sie auch, so gut sie eben können, also im Fall von Rot-Grün garantieren sie den Atomkraftbetreibern 30 Jahre ungestörten Weiterbetrieb, sowas hat sich bisher keine CDU getraut. Und Stoiber und Merkel gehen inzwischen sogar noch weiter und fordern ganz ungeniert im Falle eines Wahlsieges den Bau von neuen Atomkraftwerken.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen viel Glück, falls Sie am 11. November wieder mit dem Zug unterwegs sein sollten."

Im Allgemeinen wurde diese Aktion sehr gut aufgenommen, alle(!) haben den ganzen Text lang aufmerksam zugehört, zum Teil gab es anschließend noch kleinere Diskussionen. Wir finden, dass sich diese Aktion sehr gelohnt hat, selbst die SchaffnerInnen haben sich (bis auf eine Ausnahme) sehr gut verhalten und uns höflich übersehen. Sowas müsste eigentlich häufiger stattfinden, auch wenn uns bewusst ist, dass dieser hohe Aufmerksamkeitsgrad auch mit Theater z.B. in einer Fußgängerzone nicht zu erreichen ist, wo die Leute wegrennen können und nicht wie im Zug (endlich) mal Zeit haben. Aber als erste von uns durchgeführte Theater-Aktion fanden wir das wirklich sehr nett.

Schön war auch, in anderen Städten noch mehr Aktivisten zu finden, oder auf dem Rückweg von Reisenden erzählt zu bekommen, wir wären nicht die ersten, die sie heute sehen.
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Ergänzungen

@ mods

AutorIn 27.10.2003 - 00:01
mir ist aufgefallen, es gibt inzwischen derart viele Artikel zum Bahnaktionstag, wollt ihr die nicht alle verlinkt Zusammenfassen und auf die Atom-Startseite oder richtige Startseite stellen? Dann braucht mensch sich nicht ewig durchzuklicken...
und danach diesen Beitrag löschen... danke :-)

@ mods

AutorIn 27.10.2003 - 00:01
mir ist aufgefallen, es gibt inzwischen derart viele Artikel zum Bahnaktionstag, wollt ihr die nicht alle verlinkt Zusammenfassen und auf die Atom-Startseite oder richtige Startseite stellen? Dann braucht mensch sich nicht ewig durchzuklicken...
und danach diesen Beitrag löschen... danke :-)

Sendung zur Bahnaktion

Paul 27.10.2003 - 09:05
Sendung dazu läuft im Deutschlandfunk heute am Montag um 11 Uhr 30 - 12 Uhr.