Hamburger Erklärung für Versammlungsfreiheit vorgestellt

Ein See im Mondlicht 27.06.2003 17:29 Themen: Freiräume Repression Soziale Kämpfe
8 Polizeikessel, über 2000 Ingewahrsamnahmen und über 100 Festnahmen sind eine Bilanz, der Polizeieinsätze in den letzten neun Monaten in Hamburg. Seit der Räumung der Bambule [ http://www.bambule-hamburg.org] im November schränkt die Polizei in Hamburg das Recht auf Versammlungsfreiheit immer weiter ein. Heute wurde auf einer Freiluftpressekonferenz in der Innenstadt die Hamburger Erklärung für Versammlungsfreiheit [ http://www.hamburger-erklaerung.de] vorgestellt.
Jede Demonstration in Hamburg ist inzwischen eine Demonstration der Polizei. Es sind mehr Polizisten im Einsatz, als Demonstrationsteilnehmer auf der Straße. Zuletzt waren beim Bundeswehrgelöbnis [ http://hh.geloebnix.de] 3500 Polizisten und 300 Feldjäger im Einsatz während 2000 Menschen demonstrierten.
Die Innenstadt ist als Ort für Demonstrationen tabu. Die Bürger werden jedoch bei jeder Demonstration massiv von der Polizei n ihrem "Recht auf freien Konsum" gehindert, wenn die Beamten die Innenstadt vor potentiellen Demonstranten sichern oder sie als Aufmarsch gebiet für ihre immensen Truppenkontingente gebrauchen.
Auflagen für Demonstrationen werden mit erwarteten "gewaltbereiten" Teilnehmern begründet. So kann es sein, dass in einem Kooperationsgespräche zwischen Polizei und Anmeldern zwei Tage vor der Demonstration die Beamten erklären es würden ja eh nur 500 Personen erscheinen, nur um einen Tag den angemeldeten Ort mit der Begründung zu verbieten es würden 1500 Gewaltbereite erwartet. So geschehen bei der Demonstration gegen Polizeigewalt am 2. April, die zufälligerweise von 1500 Polizisten begleitet wurde.
Inzwischen dürfen Demonstrationen in Hamburg nicht laufen oder sprinten. Es könnte sich ein Beamter erschrecken und den Schlagstock einsetzen. Transparente an der Seite der Demonstration dürfen nicht länger als 1,50 m sein. Die Transparente sind für Passanten selten zu lesen. Die Polizei bildet um fast jede Demonstration einen Wanderkessel um z.B. auf der Lombardsbrücke zu verhindern, das Steine in die Alster geworfen werden.
Über 2000 Leute wurde ohne genauere Begründungen in Gewahrsam genommen. D.h. meist eingekesselt, abgeführt, mit Plastikhandfesseln die Hände auf dem Rücken fixiert in HVV-Bussen durch Hamburg zu irren um eine Polizeiwache zu finden, die die Daten aufnimmt und die Leute in entlegensten Vierteln frei läßt. Der ganze Vorgang kann gerne mal einen halben Tag dauern. Die rechtliche Grundlage für die Ingewahrsamnahmen läßt sich mit "zur falschen Zeit am falschen Ort" zusammenfassen.
Die mehrere Tausend SchülerInnen umfassenden Reste der friedlichen Schülerdemo am 24. März wurden von der Polizei u.a. durch den Einsatz von Wasserwerfern, die gezielt auf Personengruppen schossen, aufgelöst, nachdem ein paar pubertierende Nachwuchsgangster Stöcker auf behelmte Polizisten und Wasserwerfer geworfen hatten.
Gestern Abend schützen mehrere Hundertschaften der Polizei eine Veranstaltung der rechtsextremen Burschenschaft Germania mit einem rechten Professor von der Bundeswehruni in München in ihrem Haus in der Sierichstraße. Es gab keine einzige Mobilisierung gegen die Veranstaltung. Nur ca. 10 Personen, die sich spontan mit einem Transparent zur Germania begeben wollten wurden von dem Polizeiaufgebot überrascht. Zwei Journalisten wurde ihr Bildmaterial von der Polizei entwendet, weil sie angeblich Polizisten in Zivil, die in Hamburg zuweilen so gut getarnt sind, dass sie von ihren Kollegen verprügelt werden, abgelichtet hätten.

Die Unterzeichner der Hamburger Erklärung für Versammlungsfreiheit (Rechtsanwälte, ASten, politische Gruppen u.v.m.) fordern vom Senat die uneingeschränkte Gültigkeit der Rechts auf Ausübung der Versammlungsfreiheit zu gewährleisten, die geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anzuerkennen, Schluss zu machen mit den martialischen Polizeiaufmärschen und der polizeilichen Willkür auf Demonstrationen und die polizeilichen Übergriffe der letzten Monate aufzuklären.
Sie rufen dazu auf, gegen die Willkürmaßnahmen der Polizei mit Sammelklagen vorzugehen und sich nicht von der Wahrnehmung des Rechts auf Versammlungsfreiheit abschrecken zu lassen.

Die Erklärung kann noch durch weitere Unterzeichner und Spenden unterstützt werden. Weitere Informationen sind auf der Homepage zu finden.
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Ergänzungen

sehr gut

27.06.2003 - 18:50
was soll man sagen... ausser natürlich weiter so! aber ich kann euch trösten: in münchen ist's längst schon genauso!

überall nur bullen, ich kann sie nicht mehr sehen...

Okay, aber wen wollt ihr damit erreichen?

console 27.06.2003 - 19:14
Die in die innere Sicherheit verliebte Bevölkerung? Die
dürfte kaum Sympathie für "laufende oder sprintende"
"pubertierende Nachwuchsgangster" haben, die "zur falschen
Zeit am falschen Ort" "Stöcker auf behelmte Polizisten und
Wasserwerfer" werfen.

@console

bullenkasper 27.06.2003 - 19:44
du scheinst bescheid zu wissen. schade das du wohl noch auf keiner der bambuledemos gewesen bist, denn dann könntest du nicht mehr schreiben, auch nicht in häkichen gefasst, dass auf den demos hauptsächlich nachwuchsgangster unterwegs sind. das habe ich nicht gesehen. das publikum ist da viel breiter. zur gewalt, die ja nur von den bösen chaoten aus dem schwarzen block ausgeht: geh selbst auf eine der demos in hh und mache dir ein eigenes bild.

Wozu die Aufregung?

Schläfer aus Gaza 27.06.2003 - 19:50
Regt Euch doch nicht auf! Schill und der Rest von dem Pack ist doch eh bei der nächsten HH-Wahl wieder weg. Die Leute merken auch so, dass das ein Politspinner ist, der nichts gebracht hat. Die Bullen sind wie sie sind, eben Bullen. Der Fisch fängt vom Kopf an zu stinken. Wenn in HH die City für bestimmte Demos dicht ist, dann geht doch direckt da hin wo Schill und Konsorten wohnen.

...

max 28.06.2003 - 01:42
bzw feiern öffentlich für die nächsten demos das man da mal was ändern kann...heißt weniger auflag, innenstadt sträken etc...sie machen wenigstens noch was...

@bullenkasper

console 28.06.2003 - 04:22

[ ] Du hast verstanden.

Ich habe mich gefragt, ob die Presseerklärung an die
Öffentlichkeit adressiert ist und, wenn ja, ob sie
ihr Ziel auch erreicht. Aber danke für Deine Aufklärung,
was Demos in Hamburg angeht...

die frage ist

28.06.2003 - 12:04
ich frage mich, was das für eine öffentlichkeit ist, die nicht mit allem was möglich ist auf der strass ist und widerstand leisted, wenn polizisten mit stöken und schildern, behelmt und vermummt, mit wasserwerfen und pistolen, zu ungünstigsten zeitpunkten auf normale menschen losgeht.
1. ja, sie ist an die öffentlichkeit zu richten.
2. ja, die öffentlichkeit(die du beschreibst und wohl die 20% schill-wähler stellt) sollte sich was schämen.

28.06.2003 - 13:00
Frage: Was habt ihr denn für ne website? Gebt euch mal mehr Mühe!

Gruß

was fehlt

bald bekloppt vor wut 28.06.2003 - 15:30
in der Litanei ist, dass die Bullen zudem mit absolut willkürlichen Strafanzeigen gegen die in Gewahrsam Genommenen nur so um sich werfen, wohl um ein juristisches Vorgehen gegen sie abzuwehren.
Ein Freund von mir wurde von fünf Grünen brutal zu Boden geknüppelt, weil er einem Typ helfen wollte, ein Transpi zu entrollen. Er verbrachte dann ein paar Stunden in Gewahrsam (wo er im übrigen zwar seinen Gürtel behalten durfte, aber seine Kunststoffbrille wegen "Selbstgefährdungsgefahr" abgeben musste). Blöderweise ist er nicht zum Arzt gegangen, obwohl er nen lahmen Fuß und ein Dutzend fetter Blutergüsse hatte. Motto: nützt doch eh nix, das ist jetzt & hier halt so Usus. (War nicht das erste Mal, das er einen Knüppel abgekriegt hat - für nix bzw. für De-Eskalationsbemühungen.) Pointe: _Er_ wird von den Schlägern wegen Körperverletzung angezeigt. Ob das der Bulle war, dem er unwillkürlich auf die Schuhe gekotzt hat, als sie ihm in den Magen geprügelt haben?
Weil er jetzt schon aufgrund eines "die ganze Stadt ist voller Bullen" wegen Beleidigung brummen soll (die Schergen lügen auch noch, er habe sie als Scheißbullen beschimpft), kriegt er dann als "polizeibekannter Intensivtäter" sicher die volle Packung ab. Und man darf ja nicht mal behaupten, dass die Typen lügen, das ist dann ja schon wieder Verunglimpfung und gibt Knast. (Ich meine, wer kann da immer wieder 500-1000 Tacken hinblättern?)
Was soll das Gewäsch von wegen "Schill wird eh nicht wiedergewählt"? Erstens wäre ich mir da nicht so sicher, seine Klientel ist doch sicher zufrieden. Und zweitens ist bis zur nächsten Wahl eine Menge Leuten Gewalt angetan worden. Da können die sich dann ein Eis drauf backen, oder was?

28.06.2003 - 20:44
Gelten die Forderungen eigentlich auch für die Faschodemos? da gilt doch auch Versammlungsgesetz (/oder?)Laut Mopo werden die ja auch ständig mit Auflagen auf Demos überzogen. Wer weiß mehr?