Grenzcamp in Rumänien

some anarchist creatures from anywhere 16.05.2003 14:27 Themen: Antirassismus
Einladung zum Treffen in Berlin und 1. Newsletter zum Noborder-Camp in Timisoara (Rumänien), 9.-15. Juni 2003
Erst mal die Info für Berlin: Info- und Koordinierungstreffen in Berlin zum Camp in Timisoara ist am Mittwoch, 21. Mai um 19°° Uhr im ARI (Yorckstr.59, HH, 2. Stock rechts).

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Erster Newsletter zum Noborder-Camp in Rumänien (deutsche Übersetzung)

Kein offizieller Aufruf, wir geben bloß ein paar Infos weiter, die wir bis jetzt haben. Bitte weiterverbreiten. Der nächste Newsletter kommt bald.

Ihr könnt unsere Leute in Rumänien direkt kontaktieren unter:  aactivistcollective@yahoo.com, aber nur, wenn Ihr SEHR wichtige Infos braucht, denn die haben nur sehr teuren Netzzugang über Internet-Cafés. Alle anderen Fragen bitte an:  wielkowitsch@hotmail.com (Englisch oder Deutsch), aber bitte dran denken, das ist kein Reisebüro, und außerdem gibt's bald neue Infos... hoffentlich bald auch unter:  http://www.noborder.org

NOBORDER-CAMP IN TIMISOARA (RUMÄNIEN), 9.-15. Juni 2003 - Newsletter 1
Seit Mitte der 80er Jahre entwickelt EUropa sein Grenzregime mit der entsprechenden Gesetzgebung. 1990 wurde die Schengener Konvention angenommen, die für alle Mitgliedsstaaten gemeinsame Standards in der Migrationspolitik festlegt. Alle Länder der EU außer GB und Irland unterzeichneten diese Vereinbarung. Seit damals können AsylbewerberInnen von außerhalb der EU Asyl nur in dem Land beantragen, über das sie in die EU gekommen sind. Das machte es für EinwandererInnen unmöglich, sich frei ein Land auszusuchen, wo sie z. B. die Sprache sprechen oder wo ihre Familie oder Freunde sind.

Vom 9. bis 15. Juni wird Timisoara, eine Stadt im Westen Rumäniens, nahe der ungarischen und Jugoslawischen Grenze, Schauplatz des ersten Noborder-Camps in Rumänien sein. Das bedeutet 7 Tage voller Aktionen, Diskussionen und Workshops rund um das zentrale Problem – Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit für alle. Das Camp soll AktivistInnen, ImmigrantInnen und KünstlerInnen aus ganz Rumänien und Europa, um einen Rahmen für Kommunikation, Informationsaustausch und Diskussionen über Migration und das Grenzregime zu schaffen.

Vorläufiger Ablaufplan

NoBorder Timisoara wird eine praktische Demonstration der Fähigkeiten des Kollektivs und der einzelnen Teilnehmenden sein, ihre eigenen Aktionen während des Camps zu organisieren und zu planen, auf nicht-hierarchischer Basis und selbstorganisiert. Dieser Ansatz appelliert an die aktive Teilnahme aller, da das Camp als DIY-Projekt gedacht ist.
Dieser Ablaufplan ist nur ein allgemeiner, der nur größere Themen und Aspekte umfaßt; er wird später stundenweise eingeteilt werden. Die Aktionen, Projekte und Diskussionen, die im vorläufigen Ablaufplan erscheinen, können in Folge der Diskussionen und Beschlüsse während des Camps verändert werden.

Haupt-Diskussionspunkte:

Bewegungsfreiheit – grundlegendes Menschenrecht; UNHCR; Schengen Informations System (SIS) – "elektronische Grenzen", Überwachungsgesellschaft

SIS ist das Herzstück des Grenzregimes im Schengen-Raum. Ursprünglich zur zentralen Erfassung von Daten über ImmigrantInnen und zur Überwachung von Flüchtlingen konzipiert, dient das SIS jetzt auch dazu, als "gefährlich" betrachtete Leute zu suchen und zu finden. Alle 13 Schengen-Mitgliedsstaaten sind am SIS beteiligt, sowohl gesetzlich als auch logistisch. Obwohl GB und Irland nicht Teil des Schengen-Raums und damit auch nicht desselben Visa-Regimes sind, zeigt ein offizieller Bericht, daß die beiden Länder an den Bemühungen der EU, illegale Migration und organisiertes Verbrechen zu stoppen, beteiligt sind.
Die SIS-Datenbasis enthält Datensätze, die in jedem EU-Mitgliedsstaat erstellt werden, weil Behörden der EU-Länder durch Tausende von Terminals vernetzt sind, und so können sie nach Personen suchen, die zur Abschiebung oder Haft gesucht werden oder im Verdacht stehen, eine Gefahr für die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung zu sein.
Diese Datenbasis enthielt am Ende des Jahres 2001 10.541.271 Datensätze, darin enthalten zwischen 1,3 und 6 Millionen Namen. Siemens Nixdorf und Bullroup haben die SIS-Infrastruktur entworfen und auch die Software, und die Sema Group stellt das SIS-Management.
Derzeit wird das SIS 2 projektiert, das Identifikation mit DNA und biometrischen Daten (Iris-Erkennung) ermöglichen wird. Die SIS-Daten sind für Europol und Eurojust verfügbar. Nach dem 11. September 2001 nahm die Zahl der neuen Einträge im SIS sprunghaft zu.

Migration, Globalisierung, Arbeit
Internierungslager für ImmigrantInnen, Rechte der ImmigrantInnen, internationale Gesetzgebung über Immigration, Rumänische Migrationsgesetze, Internierungslager für ImmigrantInnen in Rumänien
Flüchtlinge und ImmigrantInnen sind mit die verletzlichsten Mitglieder der Gesellschaft. Die Zahl der Asylsuchenden in den Internierungslager ist in den letzten Jahren sehr stark gestiegen. Menschen, die gar nicht im Verdacht stehen, irgendwelche Verbrechen begangen zu haben, werden ohne Prozeß eingesperrt, oft für viele Monate, in Internierungslagern, die in jeder Hinsicht eigentlich Gefängnisse sind. Die Inhaftierung ist subjektiv, willkürlich, illegal, nutzlos und ungerecht. Menschen, die nichts angestellt haben, werden für undefinierte Zeiträume weggespert, um darauf zu warten, daß die bürokratischen Prozeduren ihre Probleme und Anträge bearbeiten. Asylsuchende werden hier in Gefängnisse gesteckt und müssen unmenschliche Behandlung, Rassismus und Ausgrenzung ertragen.

Faschismus, Rassismus, Nationalismus
Sexismus und Homophobie

Kapitalismus, Konzernpolitik, EU-Erweiterung, WEF, IWF, G8
Die Führer der (kapitalistischen) Welt predigen einen sogenannten "endlosen Krieg" zum Schutz der westlichen Werte und Zivilisation, um ihre Militäraktionen zu rechtfertigen und ihre Unterstützung für unterdrückerische Regimes.

Im Namen des Schutzes "unserer Lebensweise", durch militärische Feldzüge, versuchen sie in Wirklichkeit, den westlichen Konzernen unbeschränkten Zugang zu allen Ressourcen zu verschaffen, die sie brauchen. Durch internationale Finanz- und Handelsinstitutionen wie IWF, Weltbank und WTO nutzt der Westen seine ökonomische Vorherrschaft und Macht aus, um dem Rest der Welt eine Politik aufzuerlegen, die ihren eigenen Interessen nützt und anderswo ganze Länder in Schulden und Armut versinken läßt. Dadurch sind Menschen aus solchen Ländern, verarmt durch westliche Ausbeutung, gezwungen, diese zu verlassen und auszuwandern, um sich ein besseres Leben zu suchen, auch unter der Gefahr von Verfolgung und Tod.

Umweltverschmutzung, Tierrechte
Geführt von seinem Bedürfnis und Wunsch, immer mehr und größere Profite zu erreichen, breitet sich der Kapitalismus global aus, was zu einem Prozeß der Zerstörung der Umwelt, die dem im Weg steht, führt. Mißbräuchliche Ausbeutung natürlicher Ressourcen, zusammen mit Umweltverschmutzung und Kohlendioxidausstoß, hat rapide Veränderungen des Weltklimas bewirkt, wodurch immer mehr Menschen gezwungen werden, ihre Heimat wegen Überschwemmungen, Abholzung und anderen Formen der Umweltzerstörung zu verlassen. Wir sind ZeugInnen der massenhaften Ausrottung vieler Tier- und Pflanzenarten – des Ökosystems und der traditionellen menschlichen Gesellschaft, die auf diese Dinge angewiesen ist.

Vorläufiger Ablaufplan:

8. Juni - Offizielle Eröffnung des Camps
abends Konzert mit Severed Head of State (USA) und einer rumänischen Band

9. Juni - Ankunft weiterer Leute
abends informelles Treffen und Besprechung des Programms, Organisation, Teilnahme, Aktionen...
später am Abend - "Relax! You're in Romania"-Party

10. Juni
tagsüber Workshops zu "Noborder"-Themen (noch nicht genau festgelegt!)
abends Konzert mit Molotov Cocktail (USA), Barackca (Ungarn) und einer rumänischen Band

11. Juni
tagsüber Workshops zu "Noborder"-Themen (noch nicht festgelegt)
abends Filme

12. Juni
"Let's meet Romania, kids!"-Tag
Workshops zu verschiedenen Themen von hier wie:

Situationen der Schwulen und Lesben
Situation der Roma-Minderheit
die Katastrophe in der Goldmine Rosia Montana
indymedia Rumänien und Piratensender Cluj
und vielleicht nochwas

abends Konzert mit Guardia Nerra (USA/Argentinien) und einer rumänischen Band

13. Juni
Praktische Workshops
"DIY must rule!"

Vorbereitung für Abschlußaktion am 15.

abends Filme

14. Juni
ökologische Reinigung des Waldes rund ums Camp

und

"DIY-Workshop für aktive/reaktive Hausbesetzung"
Eine Gruppe wird Material besorgen, und zusammen werden wir mit gemeinsamer Erfahrung und Energie versuchen, unser Haus bewohnbar zu machen. Es ist wahrscheinlich viel Arbeit, deswegen wird die Gruppe, die sich damit befassen wird, vielleicht schon am 13. anfangen.

abends letzte Details für die Aktion morgen

15. Juni
Zeit, auf die Straße zu gehen

All diese Sachen werden sich hoffentlich entwickeln und viele andere dazukommen. Alles hängt von den Leuten ab, die kommen. Also von Euch!!!


und zum Schluß natürlich:
WIR BRAUCHEN HILFE!!!
Wir suchen immer noch Leute, die Workshops zu den oben erwähnten Themen vorbereiten können oder für viele technische Aufgaben.
Die wichtigsten Dinge, die wir sehr sehr dringend brauchen, sind:
- eine große mobile Küche, oder wenigstens Küchenmaterial, um große Mahlzeiten zuzubereiten (Töpfe, Gaskocher usw.)
- ein kleiner Generator
- 2 Campingtoiletten (für das besetzte Haus)
- 1-2 größere Zelte (für Treffen usw.)

Die kürzlich eröffneten Infoläden in Craiova und Timisoara würden sich außerdem über alle möglichen politischen Videos, Bücher, Fanzines, Veröffentlichungen usw. (am besten auf Englisch) freuen, weil sie wegen ihrer Isolation und finanzieller Engpässe bisher noch nicht viel zu bieten haben.

Soviel für jetzt,

ein paar anarchistische Kreaturen von irgendwo

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Ergänzungen

woher

mir nochmal 16.05.2003 - 14:37
Der Original-Artikel steht unter:

 http://de.indymedia.org/2003/05/51510.shtml

weitere noborder-aktionen

noborder 23.05.2003 - 19:54
auf der seite des noborder-netzwerkes gibts jetzt eine erste uebersicht ueber die diversen noborder-aktionen 2003. ist einen blick wert, aber die liste ist noch nicht vollstaendig. es wird moeglicherweise auch camps in slovenien und kroatien geben. aber schaut mal auf:

Einige Links zum No-BORDER-CAMP bei Temesvár

Joachim Cotaru 17.08.2003 - 22:53
In der Sendung "Europa von Unten", August-Nummer, gibt es folgenden Beitrag:
No border – nonation ist das Motto der nunmehr seit mehreren Jahren statt findenden noborder Camps. Thematisch geht es den OrganisatorInnen darum Themen wie Reisefreihet, die Auswirkungen des Schengener Informationssystems, Migration und Arbeit, Nationalismus und Rassismus jeweils im lokalen Zusammenhang zur Diskussion zu stellen, öffentliche Aktionen zu veranstalten und Kontakte mit Leuten zu knüpfen, die von der Politik der Festung Europa vor allem von derren negativen Auswirkungen betroffen sind. Erstmals fand heuer ein noborder Camp im Rumänischen Timisoara statt. Gini von der Wiener VolxTheaterKarawane war in Timisoara dabei und berichtet."

Link:  http://www.forumcivique.org/index.php?lang=DE&site=EVU&sub_a=E_ARCHIV&article=389