Afrikaner auf der Flucht vor der Polizei ertrunken

regierung stürzen 18.03.2003 15:41 Themen: Antirassismus
Wir protestieren gegen die bewusste Inkaufnahme des Todes von Menschen bei Polizeikontrollen, Razzien und Brechmitteleinsatz!

Die folgende Presserklärung wurde Flüchtlingsrat Hamburg e.V. veröffentlicht. Der Flüchtlingsrat ist folgendermassen zu erreichen:
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Laut Radiomeldungen ist am Samstag, dem 15.3.03 abends gegen 22 Uhr ein Afrikaner auf der Flucht vor der Polizei im Mittelkanal in Hammerbrook ertrunken. Er sprang den Meldungen zufolge in den Kanal, nachdem die Polizei ihn und einen zweiten Afrikaner an der S-Bahnstation Hammerbrook festnehmen wollte, da sie angeblich mit Drogen handelten. Der zweite Afrikaner konnte entkommen. Der ertrunkene Afrikaner, dessen Identität angeblich noch nicht bekannt ist, ist ein weiteres Todesopfer der rassistischen Kriminalisierungspolitik gegen schwarze Menschen in Hamburg im Zusammenhang mit Drogenhandel:
Am 6. Juni 1996 sprang ein 16jähriger Flüchtling, Jude A. aus Sierra Leone, von einem Schiff in Harburg, das als Flüchtlingsunterkunft diente, ins Wasser, als jemand an seiner Tür klopfte. Er hatte Angst vor der Polizei, da er nicht in Hamburg gemeldet war. Die Polizei behauptete, er sei mit dem Abpacken von Kokain beschäftigt gewesen. Der Jugendliche, der nicht schwimmen konnte, ertrank.
Im Dezember 2001 starb im Institut für Rechtsmedizin am UKE der nigerianische Flüchtling Achidi John, nachdem ihm gewaltsam Brechmittel eingeflößt worden war, da er angeblich mit Drogen gehandelt hatte. Ein Ermittlungsverfahren gegen die beteiligten ÄrztInnen und Polizisten wurde abgelehnt. Auch nach Achidis Tod gehen die Brechmitteleinsätze skrupellos weiter.
Die rassistische Vertreibungs- und Kriminalisierungspolitik löst kein einziges Problem!
Drogenverkauf und —konsum finden weiter statt, solange eine Nachfrage besteht. Der Verfolgungsdruck hat zur Konsequenz, dass die Deals unbeobachtet an einsamen Orten oder in Autos ablaufen, dass die Aggressionen zunehmen und die Auseinandersetzungen brutaler werden. Die polizeilichen Methoden in Kombination mit der rassistischen Hetze gegen Schwarze nehmen bewusst den Tod von Menschen in Kauf — sei es auf der Flucht, durch Misshandlungen auf der Wache, durch Brechmitteleinsatz oder durch DrogenkonsumentInnen, wie bereits zweimal geschehen:
Im Januar 2002 erschlugen zwei Drogenkonsumenten in Hamburg-Langenhorn den 16jähigen Sangare Jalloh aus Sierra Leone mit einem Baseballschläger. Der Jugendliche starb im Krankenhaus, nachdem er von einer Passantin schwer verletzt aufgefunden wurde. Die Presse spielte den Mord als Auseinandersetzung im Drogenmilieu herunter
In der Nacht zum 8. August 2002 wurde im Knabeweg in Hamburg-Osdorf der 16jährige Flüchtling Bailo Bah aus Guinea von einem Deutschen mit einem Messer erstochen. Auch dieser Tod eines jungen Menschen wurde von der Presse als "Dealer-Mord" bezeichnet und schnell vergessen gemacht
Wie viele Menschen müssen noch sterben, bevor ein Umdenken in der Hamburger Drogen- und Flüchtlingspolitik einsetzt?
Menschenrechte gibt es für die Kriminalisierten nicht mehr. Menschen schwarzer Hautfarbe oder mit "ausländischem" Aussehen können sich in dieser Stadt nur noch mit Angst bewegen. Viele sitzen im Gefängnis oder wurden abgeschoben. Der Drogenverkauf wird von anderen Gruppen übernommen, die dringend Geld brauchen. Es würde sehr viel mehr nützen, den betroffenen Menschen — Drogenabhängigen, Flüchtlingen, Armen und anderen Ausgegrenzten — eine Perspektive zu geben, ihnen ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Aber genau hier wird gespart, denn solche Maßnahmen sind von den herrschenden Politikern nicht gewollt, bringen keine Wählerstimmen und vermehren nicht ihren Reichtum.
Wir fordern:
- Schluss mit den rassistischen Kontrollen und Razzien sowie dem Brechmitteleinsatz!
- Schluss mit der rassistischen Hetze, insbesondere gegen schwarze Menschen!
- Legalisierung von Drogen, Beratungs- und Hilfsangebote für DrogenkonsumentInnen!
- Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten für alle, auch für Flüchtlinge!
- Schluss mit den Sparmaßnahmen im sozialen Bereich!
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Ergänzungen