Nur Platz für maximal 186 Leute

Der Redakteur 16.03.2003 10:59 Themen: Militarismus
Mehr als zehn Stunden Sand im Getriebe.
Erfolgreiche Aktion, die zum Mitmachen motiviert.
Wer seinen Hintern falsch parkt, wird vom CDU-Alleinregierten Hessen wie ein Verbrecher behandelt. Prinzip der Verhältnismäßigkeit bei solch einer Ordnungswidrigkeit nicht gewahrt.
Viele Weggetragene (mindestens 50) wurden nach Frankfurt ins neue Polizeipräsidium gefahren. Soweit ich das beurteilen kann, war die Polizei korrekt. Sie machten eher Dienst nach Vorschrift. Es wurde u.a. erwähnt, dass man ja auch gegen den Krieg sei und dass sie hier nur Platz für maximal 186 Leute hätten. Dann sei Schluß. Wobei sie sich wohl selbst nicht so im klaren über Sinn und Zweck der Ingewahrsamnahme waren. Offensichtlich um uns entgegen zu kommen und los zu werden, wurden wir nacheinander befragt, ob wir bereit seien, zu unterschreiben, dass wir, wenn sie uns jetzt frei lassen, nach Hause gehen und nicht zurück zur Air-Base, um weiter eine Sitzblockade zu betreiben. Wer dies nicht bereit war zu unterschreiben (mindestens ein Dutzend), wurde weiter festgehalten und einem Richter vorgeführt. Wer dort keine Aussage machte oder etwa sagte, er werde jetzt (etwa Mitternacht) "nicht alleine" zurückkehren, wurde nicht wie angedroht, bis zum Ende der angekündigten Blockade am nächsten Tag um 17 Uhr festgehalten. Die rechtliche Argumentation des Richters war für mich nicht nachvollziehbar. Nach einem Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1995 sind "friedliche Sitzblockaden nicht mehr Gewalt im Sinne des Nötigungsparagraphen (240 StGB), wenn es lediglich um psychischen Zwang (mit geringem körperlichen Aufwand)geht. Blockaden sind also nicht mehr per se rechtswidrig und verboten." (Quelle: Rolf Gössner "Erste Rechts-Hilfe", Verlag Die Werkstatt, Seite 162)
Also für eine Ordnungswidrigkeit weggetragen, leibesvisitiert und in z.T. in Einzel-Käfigen abtransportiert zu werden, die wahrscheinlich bei Tiertransporten für unzulässig erklärt werden würden und schließlich stundenlang festgehalten zu werden, erachte ich alles andere als verhältnismäßig. Und das wegen "Falsch-Parkens seines Hinterteiles". Soviel zum polizeilichen Umgang mit der "Ghandi-Taktik".

Auf der Blockade-Demo am Haupttor waren mindestens zwei Rollstuhlfahrer. Die Polizei war, was ich mitbekam, gut gelaunt und wie wir auch mal zu einem Späßchen aufgelegt. Selbst als ein Festgenommener sich weigerte, freiwillig in diese Einzeller-Kabine zu gehen, waren sie zwar erst verbal verärgert, verfrachteten ihn aber dann doch adequat behutsam in die Kabine.

Der Flughafen wurde auch zweitweise am Süd- und dann am Nordtor (Zufahrt der Bewohner der amerikanischen Siedlung) blockiert und geräumt. Die letzten Sitzblockierer haben nach Informationen aus zweiter Hand bis ca. 21 Uhr durchgehalten. Insgesamt wurde die Blockade des Haupttores mindestens von 12 bis 22 Uhr aufrecht erhalten, zu Anfang und Ende durch die Polizei. Gegen 2.30 Uhr morgens war definitiv niemand mehr da und die Straßensperre aufgehoben.

Mindestens zehn Stunden Sand im Getriebe und am 22.2.2003 bereits auch etwa sechs Stunden. Das darf als sehr erfolgreich gesehen werden. Wären es beim nächsten Mal nicht ca. 1.200, sondern X-mal soviele, dann hätte die Polizei mit ihren in meinen Augen rechtswidrigen Ingewahrsamnahmen ein wirklich extremes Kapazitäts- und Logistikproblem.
Warum soll das, was die Iren in Shannon erreicht haben, nicht ansatzweise auch in Frankfurt, dem entscheidenden Drehkreuz der Vorbereitung eines Angriffskrieges, möglich sein.
Nach Paragraph 26 des Grundgesetzes steht die Vorbereitung eines Angriffskrieges unter Strafe, also auch die Beihilfe durch die Bundesregierung. Beihilfe zum Völkermord ist wohl etwas mehr als eine Ordnungswidrigkeit...
Wie steht es denn im Falle eines Kriegsausbruches mit dem Widerstandsparagraphen 20 im Grundgesetz?
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Ergänzungen

moralische empörung ?

bert brecht 16.03.2003 - 13:02
was mich an einigen berichten und kommentaren zu diesem thema stört, ist die zuweilen aufkommende moralisché empörung über die bullen,bzw. den staat. "wir sind doch die guten und gegen krieg, warum verhaftet ihr uns" o.ä.
was glaubt ihr eigentlich was einen staat ausmacht ?
das absolute monopol über gewalt. solange ihr das kapitalistische getriebe nicht stört, könnt ihr nmachen,sagen was ihr wollt.(das ist ja das tolle in einer kaitalistischen demokratie) wenn ihr anfangt das monopol des staates und seinen betrieb zu stören wird er mit allen zur verfügung stehenden mitteln antworten. so einfach ist das, es bringt also rein garnix sich als opfer hinzustellen und zu jammern, sondern sich besser zu organisieren und mit aktionen zu stören oder andere aufzuklären und sie zum nachdenken zu bringen. aber lasst euch nicht erwischen :)


"Worauf wartet ihr? Dass die Tauben mit sich reden lassen und das die Unersättlichen euch etwas abgeben werden! Dass die Wölfe euch ernähren werden statt euch zu verschlingen! Aus Freundlichkeit werden die Tiger euch einladen ihnen die Zähne zu ziehen! Darauf wartet ihr! " b.brecht

hach ja...

16.03.2003 - 13:57
der gute Bert...

waswannwo?

-- 16.03.2003 - 15:06
Offenbar handelt es sich um einen Bericht von der Blockkade der Airbase in Frankfurt am Samstag.
Wäre mal ganz sinnvoll, sowas auch in der Einleitung zu erwähnen!

Wieso ..

d. 16.03.2003 - 15:16
... wann wurden die 50 festgenommen und wieso wurden die anderen Leute nicht verhaftet?
Das verstehe ich nicht.
Wieso wurden sie nicht wie die restlichen zum Bahnhof Zeppelinheim gefahren?

Jura Student zum Thema

Solid Snake 16.03.2003 - 17:32
Also Leute,

ich studiere Jura im zweiten Semester und ich kann euch mal sagen wie das so aussieht.

1. Die Vorbereitung eines Angriffskriges steht natürlich unter Strafe gemäß Strafgesetzbuch. Die Bundsregierung als Körperschaft ist also gesammtheitlich in Tatmehrheit mit den USA schuldig. Die Vertreter der US Regierung könnten aber nur belangt werden, wenn sie freiwillig nach Deutschland kommen. Dort müßte die Polizei sie dann verhaften.
Die Deutsche Regierung hingegen ist ja schon in Deutschland. Also müßte der Staatsanwalt Anklage erheben und die Regierung verhaften lassen, dann könnte Ihnen auch der Prozess gemacht werden.

2. Das Grundgesetz gibt einem natürlich das REcht zum Widerstand, as heisst, wenn einem Maßnahmend es Staates nicht passen, darf man sich wehren. Wobei natürlich die Verhältnismäßigkeit nach dem Grundsatz Eignung und Verwendbarkeit zählen muß. Bei einem offensichtlichen Angriffkrieg der Regierung wären also alle Maßnahmen die Geeignet wären diesen u verhindern legitimiert.

Es wär doch geil wenn die Bullen mal die Faschisten in Berlin verhaften würde.

DAs wär mal ein echt adequater Einsatz für Bullen Gummiknüppel

@ Jurastudent

Titus 16.03.2003 - 18:17
Die Beteiligung der BRD am Krieg gegen den Irak ist entweder eine Mittäterschaft oder eine Beihilfe (durch Überflugsrechte bzw. San-Personal). Der Begriff Tatmehrheit hat da gar nichts drin zu suchen.

Aktionen gegen den Krieg(z.B. Sitzblockaden, Farbbeutel -Attacken) sind NICHT durch Art. 20(4) GG legitimiert!
Dieser Artikel rechtfertigt Widerstand gegen Personen, die die Demokratie beseitigen wollen. Selbst wenn die BRD an vorderster Front in den Irak marschieren würde (was sie ja nicht macht), wäre sie noch immer eine Demokratie.

Und Vollständigkeitshalber: Die Regierung würde nicht nach Art. 26 GG zur Rechenschaft gezogen werden, sondern nach § 80 StGB (LEX SPEZIALIS vor LEX GENERALIS)

@ Titus

Nelson Month 16.03.2003 - 20:22
Vorsicht, lieber Titus. Ich finde Jura Student hat mit seinen Ausführungen recht.

Es muß doch möglich sein, die Regierung vor den Kadi zu bringen um Sie tzu verurteilen. Außerdem steht im Grundgesetz nicths von Demokratie beseitigen, da stht nur Recht auf Widerstand. Und das ist ja wohl das Recht unter dem wir uns versammeln wenn wir beispieslweise einen Eingriff in das TREcht der faschistischen Scheissbahn vornehmen und verhindern das diese Raketen oder Kastoren transpoertiert!

Nelson

festnahmen!?

knolle 16.03.2003 - 20:31
um nochmal ein bissel klarheit hinein zu bringen.
das was diese 50 erwartet erwartet auch rund 300 andere,
und ich glaube es für eher unwahrscheinlich dass sich die frankfurter justiz 300x Nötigung oder Ordnungswidrigkeit befasst. denn das würde sie ja sozusagen lahm legen (was eigentlich ziemlich geil wär)

@ Nelson

Titus 16.03.2003 - 23:12
Die Regierung kannst du vor den Kadi bringen. Aber du musst sie nach §80 StGB anklagen. (Ob dafür aber bereits Überflugrechte ausreichen, bezweifel ich)

Art. 20(4) GG sagt aus: "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist."

Mit "diese Ordnung" sind Abs. 1-3 gemeint (Demokratie, Staatsgewalt vom Volke, ect.)
Ich glaube nicht, das durch Castor-Transporte od. Überflugrechte für die Amis Deutschland auf einmal in eine Diktatur verwandelt.
Folglich müssen diese Aktionen durch das Versammlungsgesetz gedeckt sein, ansonsten machst du dich strafbar.

TAG X am SÜD Tor

peace 19.03.2003 - 23:16
Liebe Freundinnen und Freunde des AKW Hessen Verteilers,

da uns jetzt viele Mails erreicht haben, die genauere Infos zum Tag X und
"Sand im Getriebe" gefordert haben, möchte wir aus dem Flugblatt nochmals
den genauen Text wiedergeben.

"


weitergeben.... verteilen...lesen...telefonieren...animieren....

Sand im Getriebe


Tag X - der Krieg beginnt

Am Tag X treffen sich alle Menschen um 18. Uhr am SKG Heim in Mörfelden
Walldorf.
Sollte der Tag X auf einen Samstag oder Sonntag fallen, so ist der Montag
der Tag des Treffpunktes.
Bitte gebt uns Eure Handy Nummern, um Euch über SMS auf dem laufenden halten
zu können.

Wir werden zum Süd Tor (ist gleich: Eingang zur Cargo City Süd bzw. zur
Air Base ) ziehen und dieses symbolisch verschließen.

Da alleine zwei Straßen zu diesem Tor führen ist es schon ein erfolg auf
der Strasse zu sein.

Oft ist es besser, das Sandkorn im Getriebe zu sein, als auf einer angemeldeten
Latschdemo in Berlin.

Weitere Info`s per Mail oder Handy an: .... "



Bitte gebt uns Eure Mail oder Handy Nummer... wir leiten die Daten weiter.
Für den Frieden !!!