Teilerfolg der FIAT-Arbeiter?
Teilerfolg im Kampf der FIAT-Arbeiter?
Roberto Greco 26.11.2002
Gestern sollten 8100 bei FIAT beschäftigten Metallarbeiter ihre Kündigung zugestellt bekommen. Die kamen jedoch nicht, denn in Verhandlungen mit den Gewerkschaften und Regierungsvertretern gab der Automobilkonzern nach und will nun nach weiteren Gesprächen am 5. Dezember darüber entscheiden, ob er an seinen Kündigungsplänen festhält.
Ein Teilerfolg, der auf den entschiedenen Kampf der Metallarbeiter gegen die Schließung der Produktions stätten und ihr Drängen auf eine gemeinsame Verhandlungstaktik der Gewerkschaften, sowie auf die Angst der Regierung vor einer Ausweitung des sozialen Konflikts, zurückzuführen ist?
Rekapitulieren wir
Nach der Ankündigung der FIAT-Familie Agnelli, den Produktionsbereich Auto schließen zu wollen, bzw. an General Motors zu verkaufen, kam es im ganzen Land zu Kampfmaßnahmen. Noch Ende Oktober verkündete die Unternehmensleitung, dass für 7600 Arbeiter/innen ab 2. Dezember das Aus bevorstehe und für weitere 2000 ab Juli der Arbeitsplatz fehlen wird. 500 Beschäftigte wurden auf eine flexible Lösung vertröstet. In der Zuliefererindustrie bangten weitere Zehntausende um die Grundlage ihrer privaten Existenz. Die Regierung schaute zu und tat wenig mehr als halbherzige Erklärungen abzugeben. Die Arbeiter von FIAT waren mehr oder weniger auf sich allein gestellt und griffen zu Kampfmaßnahmen.
Es waren die Arbeiter des Südens, in den sizilianischen Niederlassungen des Autokonzerns, die sich an die Spitze dieses Kampfes stellten. Sie verlangten von ihren Gewerkschaften den unbefristeten Streik in allen Fabriken von FIAT und das Ausrufen eines Generalstreiks aller Arbeiter für den 15. November. Für die Arbeiter des Südens stand viel auf dem Spiel. Bei einer Arbeitslosenrate, die offiziell bei 25% liegt, aber um das doppelte höher ist, in der jede sizialianische Arbeiterfamilie Arbeitslosigkeit mehrfach erfährt, haben sie keinerlei Aussicht auf einen anderen Arbeitsplatz und sie wissen um den dramatischen Ruin vieler Menschen, die sich aus Verzweiflung über ihre hoffnungslose Existenz das Leben nehmen.
Und am 11. November machten die Metallarbeiter von FIAT-Imerese ernst. Sie besetzten und blockierten alle wichtigen Verkehrsknotenpunkte der Insel und legten ganz Sizilien lahm. Sie taten es mit der Sympathie der Bevölkerung auch wenn der Zugang zum Festland verwehrt war, die Autobahnen und Nationalstraßen, Flugplätze und Häfen nicht mehr funktionierten. Denn jeder und jede in Sizilien, der/die nicht von mafiosen politischen Geschäften lebt, sah in Imerese die Metapher für ein Italien, das nur Leiden kennt, ein Italien der Emigration, Arbeitslosigkeit, Armut und bis heute von der Dreieinigkeit von Mafia, Politik und reaktionärem Klerus geknebelt.
Den ganzen Monat nun laufen schon die Kampfmaßnahmen und sie dehnte sich auf weitere nicht zu FIAT gehörende Unternehmen aus. So gesellten sich zu den Arbeitern von Termini-Imarese die 450 Metallarbeiter des Militärarsenals Marinarsen, weil sie auf Grund der Privatisierungspläne im Verteidigungsministerium ebenfalls um ihre Arbeitsplätze bangen müssen. Messina wurde am 15. November komplett von den Arbeitern besetzt und auch die Frauen der Arbeiter leisteten ihren Beitrag im Kampf. Sechzig von ihnen wurden als Vertreterinnen des Streikunterstützungskomitees vom Regionalpräsidenten Siziliens empfangen. Ihre Botschaft: ?Wir sind bereit auch das Regierungsgebäude zu besetzen und mit unseren Männern bis zum Schluss zu kämpfen.?
Auch die Studenten, deren Perspektiven meistens nur in der Emigration bestehen, unterstützen den Kampf der FIAT-Arbeiter. Aus ganz Italien ist das Echo der Solidarität zu hören, das mit Streiks, Demonstrationen und Solidaritätsaktionen der neuen sozialen Bewegung, den Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze unterstützt.
Und heute hallt dieses Echo durch ganz Rom
Und es wird erzeugt von einem Meer bunter und roter Fahnen der FIAT-Arbeiter auf der Penisola, unterstützt von den sozialen Bewegungen, Tute Bianche, Sozialforen und Gewerkschaften.
Es ist der Tag der FIAT-Arbeiter und ihrer Frauen, die ihren Forderung nach Erhalt der Arbeitsplätze zu zehntausenden in den Straßen der Hauptstadt Nachdruck verleihen. Es ist die Angst vor argentinischen Zuständen und das Bewußtsein, dass die Probleme der Arbeiter alle angehen. Es ist auch das Bewußtsein, dass diese Probleme erzeugt wurden durch eine Politik die machtlos ist und sich in ihren Konzepten nach dem Wohlwollen der ökonomisch Mächtigen orientiert. Ob die gestrigen Verhandlungen einen Teilerfolg darstellen, wird unter den Demonstranten selbst eher skeptisch beurteilt. Der Ruf nach Verstaatlichung des Konzerns und einem Management alla Volkswagen Deutschland bleibt im Rahmen einer Ökonomie, die profitorientiert ist und keine wirkliche Alternative zur Sicherung der Existenz bietet. Es bleibt zu hoffen, dass die Krise von FIAT auch die inhaltliche Diskussion um ökonomische Alternativen zu einer Ökonomie voranbringt, die tagtäglich die Schere zwischen arm und reich vergrößert.
Bilder der Manifestation:
Roberto Greco 26.11.2002
Gestern sollten 8100 bei FIAT beschäftigten Metallarbeiter ihre Kündigung zugestellt bekommen. Die kamen jedoch nicht, denn in Verhandlungen mit den Gewerkschaften und Regierungsvertretern gab der Automobilkonzern nach und will nun nach weiteren Gesprächen am 5. Dezember darüber entscheiden, ob er an seinen Kündigungsplänen festhält.
Ein Teilerfolg, der auf den entschiedenen Kampf der Metallarbeiter gegen die Schließung der Produktions stätten und ihr Drängen auf eine gemeinsame Verhandlungstaktik der Gewerkschaften, sowie auf die Angst der Regierung vor einer Ausweitung des sozialen Konflikts, zurückzuführen ist?
Rekapitulieren wir
Nach der Ankündigung der FIAT-Familie Agnelli, den Produktionsbereich Auto schließen zu wollen, bzw. an General Motors zu verkaufen, kam es im ganzen Land zu Kampfmaßnahmen. Noch Ende Oktober verkündete die Unternehmensleitung, dass für 7600 Arbeiter/innen ab 2. Dezember das Aus bevorstehe und für weitere 2000 ab Juli der Arbeitsplatz fehlen wird. 500 Beschäftigte wurden auf eine flexible Lösung vertröstet. In der Zuliefererindustrie bangten weitere Zehntausende um die Grundlage ihrer privaten Existenz. Die Regierung schaute zu und tat wenig mehr als halbherzige Erklärungen abzugeben. Die Arbeiter von FIAT waren mehr oder weniger auf sich allein gestellt und griffen zu Kampfmaßnahmen.
Es waren die Arbeiter des Südens, in den sizilianischen Niederlassungen des Autokonzerns, die sich an die Spitze dieses Kampfes stellten. Sie verlangten von ihren Gewerkschaften den unbefristeten Streik in allen Fabriken von FIAT und das Ausrufen eines Generalstreiks aller Arbeiter für den 15. November. Für die Arbeiter des Südens stand viel auf dem Spiel. Bei einer Arbeitslosenrate, die offiziell bei 25% liegt, aber um das doppelte höher ist, in der jede sizialianische Arbeiterfamilie Arbeitslosigkeit mehrfach erfährt, haben sie keinerlei Aussicht auf einen anderen Arbeitsplatz und sie wissen um den dramatischen Ruin vieler Menschen, die sich aus Verzweiflung über ihre hoffnungslose Existenz das Leben nehmen.
Und am 11. November machten die Metallarbeiter von FIAT-Imerese ernst. Sie besetzten und blockierten alle wichtigen Verkehrsknotenpunkte der Insel und legten ganz Sizilien lahm. Sie taten es mit der Sympathie der Bevölkerung auch wenn der Zugang zum Festland verwehrt war, die Autobahnen und Nationalstraßen, Flugplätze und Häfen nicht mehr funktionierten. Denn jeder und jede in Sizilien, der/die nicht von mafiosen politischen Geschäften lebt, sah in Imerese die Metapher für ein Italien, das nur Leiden kennt, ein Italien der Emigration, Arbeitslosigkeit, Armut und bis heute von der Dreieinigkeit von Mafia, Politik und reaktionärem Klerus geknebelt.
Den ganzen Monat nun laufen schon die Kampfmaßnahmen und sie dehnte sich auf weitere nicht zu FIAT gehörende Unternehmen aus. So gesellten sich zu den Arbeitern von Termini-Imarese die 450 Metallarbeiter des Militärarsenals Marinarsen, weil sie auf Grund der Privatisierungspläne im Verteidigungsministerium ebenfalls um ihre Arbeitsplätze bangen müssen. Messina wurde am 15. November komplett von den Arbeitern besetzt und auch die Frauen der Arbeiter leisteten ihren Beitrag im Kampf. Sechzig von ihnen wurden als Vertreterinnen des Streikunterstützungskomitees vom Regionalpräsidenten Siziliens empfangen. Ihre Botschaft: ?Wir sind bereit auch das Regierungsgebäude zu besetzen und mit unseren Männern bis zum Schluss zu kämpfen.?
Auch die Studenten, deren Perspektiven meistens nur in der Emigration bestehen, unterstützen den Kampf der FIAT-Arbeiter. Aus ganz Italien ist das Echo der Solidarität zu hören, das mit Streiks, Demonstrationen und Solidaritätsaktionen der neuen sozialen Bewegung, den Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze unterstützt.
Und heute hallt dieses Echo durch ganz Rom
Und es wird erzeugt von einem Meer bunter und roter Fahnen der FIAT-Arbeiter auf der Penisola, unterstützt von den sozialen Bewegungen, Tute Bianche, Sozialforen und Gewerkschaften.
Es ist der Tag der FIAT-Arbeiter und ihrer Frauen, die ihren Forderung nach Erhalt der Arbeitsplätze zu zehntausenden in den Straßen der Hauptstadt Nachdruck verleihen. Es ist die Angst vor argentinischen Zuständen und das Bewußtsein, dass die Probleme der Arbeiter alle angehen. Es ist auch das Bewußtsein, dass diese Probleme erzeugt wurden durch eine Politik die machtlos ist und sich in ihren Konzepten nach dem Wohlwollen der ökonomisch Mächtigen orientiert. Ob die gestrigen Verhandlungen einen Teilerfolg darstellen, wird unter den Demonstranten selbst eher skeptisch beurteilt. Der Ruf nach Verstaatlichung des Konzerns und einem Management alla Volkswagen Deutschland bleibt im Rahmen einer Ökonomie, die profitorientiert ist und keine wirkliche Alternative zur Sicherung der Existenz bietet. Es bleibt zu hoffen, dass die Krise von FIAT auch die inhaltliche Diskussion um ökonomische Alternativen zu einer Ökonomie voranbringt, die tagtäglich die Schere zwischen arm und reich vergrößert.
Bilder der Manifestation:
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Ergänzungen
Bilder von der Manifestation
Daß Sizilien derart in soziale Kämpfe steckt, war doch ziemlich überraschend für mich. Italy goes Argentina?
Der Link zu Bildern der Manifestation
Bilder sind wohl von heute Mittag
klassenkampf ist gut, aber
"Fuer die Erhaltung von Arbeitsplaetzen"
was ist denn dein thema
was die leute wollen...
@kassandra
Also sorry gell
@klassenkampf ist gut