Über den Vorbereitungsprozess für die PGA-Konferenz in Leiden

extra für indy geschrieben 05.08.2002 15:24 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Vom 31.8. bis 4.9. findet im niederländischen Leiden die zweite europäische Konferenz von Peoples' Global Action (PGA) statt (siehe auch:  http://www.de.indymedia.org/2002/05/22239.shtml). Auf dem no border camp in Strasbourg wurde in mehreren Arbeitsgruppen darüber diskutiert (Ankündigung des Forum zu Migration und Globalisierung:  http://www.indymedia.de/2002/07/26580.shtml) und über Strategien der Globalisierungsbewegung nachgedacht. Auch auf dem zur Zeit stattfindenden crossover summercamp in Cottbus ( http://www.summercamp.squat.net/) ist morgen ein workshop zu PGA fest eingeplant. In nächster Zeit sollen die in Strasbourg diskutierten Strategiepapiere und Aktionsvorschläge veröffentlicht werden.
PGA ist ein weltweites Netzwerk, das auf eine dauerhafte, friedliche, grenzenlose und basisdemokratische Alternative zum Kapitalismus und zu allen Systemen der Unterdrückung und Herrschaft hinarbeitet. Movimento de Resistencia Global (MRG, Katalonien) und das Eurodusnie-Kollektiv (Leiden, Niederlande) sind die europäischen GastgeberInnen des kommenden Treffens. Wir laden alle basisdemokratischen Bewegungen, Gruppen und Kollektive aus Europa, welche sich dem Selbstverständnis und den Eckpunkten des PGA-Netzwerkes (den sogenannten "Hallmarks", siehe unten) verbunden fühlen, zur Zweiten europäischen PGA-Konferenz vom 31. August bis zum 4. September in Leiden (Niederlande) ein.

Mit dieser Konferenz sollen folgende Zwecke verfolgt werden:
* Ideen- und Erfahrungsaustausch
* Austausch von praktischen Fertigkeiten und Aktionsformen
* Theoretische und strategische Reflektionen und Debatten
* Ausweitung und Verbesserung der Netzwerkstruktur
* Schaffung eines Begegnungsraumes, in welchem Gruppen ihre Aktivitäten koordinieren können
* Laufende Kampagnen bekannt machen und möglicherweise neue Kampagnen starten
* besseres Kennenlernen untereinander durch informellen Austausch u. kulturelle Aktivitäten

Wir, die GastgeberInnen und UnterstützerInnen der Konferenz, werden nicht das inhaltliche Programm der Konferenz vorbereiten, sondern beschränken uns darauf, den thematischen Rahmen zu setzen und eine unterstützende Logistik beizusteuern: Schlafplätze, Verpflegung, Konferenzräume, Kulturprogramme und Koordination zwischen den verschiedenen Programmpunkten und -inhalten. Wir wollen außerdem einen Computer-Arbeitsraum und ein Indymedia Center einrichten. Wir zählen also darauf, dass Ihr, die Teilnehmer und Teilnehmerinnen, den Inhalt des Programmes mitbestimmt und mitgestaltet.

Die Konferenz soll um sieben Themenfelder herum organisiert werden:
1) Migration, Rassismus, Antirassismus
2) Autonomie und Selbstorganisation (Hausbesetzungen, Soziale Zentren, Medien/Kommunikation)
3) Wirtschaft (WTO, IWF, Weltbank, Weltwirtschaftsforum WEF, Öffentliche Dienste und ihre Privatisierung, Lage in Argentinien, Beziehungen zwischen Nord und Süd)
4) Ökologie, Naturschutz (Klimawandel, Genmanipulierte Organismen, Natur-u. Tierschutz, Biodiversität)
5) Militarisierung und Repression (Friedens- und Antikriegsbewegung, religiöser Fundamentalismus, Solidaritätsbewegung)
6) Struktur von PGA (PGA-Organisationsstruktur, Convenors der nächsten PGA-Konferenz)
7) Strategien, Aktionsformen und Taktiken

Wie auf der ersten europäischen PGA-Konferenz (im März 2001 in Mailand) vorgeschlagen wurde, sollen geschlechtsspezifische Aspekte nicht in einem eigenen Themenblock, sondern innerhalb jedes der betreffenden Themenfelder behandelt werden.
Die Auswahl der Themenbereiche ist zunächst nur ein Vorschlag, der der Konferenz eine inhaltliche Struktur geben könnte. Es stellt außerdem den Versuch dar, die auf der dritten PGA-Konferenz in Cochabamba, Bolivien, vorgeschlagenen "langfristigen Kampagnen" aufzugreifen, und in unsere europäischen Realitäten zu übertragen.

Darüber hinaus sehen wir folgende Diskussionspunkte als wichtig an:
1. Wir möchten in Leiden darüber diskutieren, ob sich genügend engagierte Menschen finden, dauerhafte PGA-Organisations- und Diskussionsbereiche zu bilden. Es stellt sich die Frage, welche Strategien wir brauchen, um dem Kampf der gegenwärtigen Sozialen Beziehungen für einen radikalen Wandel der bestehenden Verhältnisse so wirksam wie möglich zu stärken.
2. In den letzten Jahren haben sich Millionen von Menschen an den Protesten gegen die Gipfel der Mächtigen beteiligt. Die Illusion eines "heiligen" Marktes wird immer mehr erschüttert, und es wächst die Unterstützung für Kritik am globalen Kapitalismus und an seinen Institutionen. Diese Tendenz birgt für uns sowohl viele Möglichkeiten als auch versteckte Gefahren: Viele Menschen teilen (teilweise) unsere Kritik am Kapitalismus, den transnationalen Institutionen und Unternehmen, doch kämpfen sie nicht notwendigerweise für nicht-hierarchische, basisdemokratische Alternativen. Autoritäre AntikapitalistInnen, rechtsgerichtete PopulistInnen und linksgerichtete ReformistInnen arbeiten oftmals in denselben Bereichen und versuchen, unsere Bewegung für ihre Interessen zu benutzen. Für uns stellt sich die Frage, wie wir in einer Bewegung gegen kapitalistische Globalisierung gegenüber anderen politischen Tendenzen und Entwicklungen antworten und Stellung (vor allem auch gegen rechts) beziehen können?
3. Unter dem Vorwand des "Krieges gegen den Terrorismus" wird die Unterdrückung und Repression gegen diejenigen, die sich nicht dem herrschenden Mainstream anpassen, immer stärker. Es werden große Teile der Gesellschaft, und nicht zufällig die ärmsten, kriminalisiert. Wenn Soziale Bewegungen es wagen, diese Entwicklung zu kritisieren, werden sie schnell mit Terrorismus in Verbindung gebracht. Viele von uns sind schon Opfer dieser Hetzjagd auf Andersdenkende geworden, sind von "OrdnungshüterInnen" angegriffen, aus ihren Häusern geworfen, an Grenzen festgehalten und eingesperrt worden, und nirgends ist ein Ende der Kriminalisierung in Sicht. All dies sind zusätzliche Gründe, sich über künftige Strategien und Taktiken Gedanken zu machen. (siehe auch Text "Kriegsgespräche").

4. Wir möchten über die Funktionen und Strukturen des PGA-Netzwerkes diskutieren. PGA begann im Jahre 1998 als weltweites Netzwerk. Die einzige existierende formelle PGA-Struktur besteht aus den regionalen convenors (siehe Anmerkung 2). Diese werden während der Konferenzen des Netzwerkes gewählt. Es gibt auch verschiedene regionale Unterstützungsgruppen, welche hauptsächlich den convenors dabei geholfen haben, die Konferenzen zu organisieren, ohne aber einen formellen Status zu besitzen. Die gegenwärtige Struktur ist nicht befriedigend, und wir müssen über Verbesserungen nachdenken, insbesondere hinsichtlich unserer Organisationsweise hier in Europa. Denn auf der Konferenz in Cochabamba wurde entschieden, dass die regionalen PGA-Netzwerke selbständig handlungsfähig sein sollten. Deshalb ist es eines unserer Ziele, die Weiterentwicklung der europäischen PGA-Organisationsstrukturen in der kommenden Konferenz voranzutreiben. Mit der Bildung inhaltlicher und technischer Arbeitsgruppen auf dem europäischen "PGA Convenors und Unterstützungsgruppen-Treffen" 2001 wurde hierfür bereits ein Anfang gemacht.

Öffentlichkeitsarbeit und Finanzen: Wir arbeiten mit einem sehr eng bemessenen Budget, was den meisten teilnehmenden Gruppen wohl vertraut sein dürfte. Die Teilnahme an der Konferenz wird kostenfrei sein. Wir möchten Gruppierungen und Organisationen, die sich die Reise aus finanziellen Gründen nicht leisten können, bitten, sich mit uns in Verbindung zu setzen, genauso wie finanziell besser ausgestattete Organisationen, die bereit dazu wären, etwas zu den Reisekosten für Andere beizusteuern.
Wir würden uns freuen, wenn Ihr uns bei der Finanzierung der Konferenz mit Geldspenden oder Soli-Veranstaltungen unterstützen könntet. Diese könnten auch eine ausgezeichnete Art und Weise sein, die Konferenz in breiteren Kreisen bekannt zu machen. Helft uns bitte, für die Konferenz zu werben. Erstellt Poster oder Flugblätter, kündigt die Konferenz in alternativen Zeitschriften Eurer Umgebung an, usw.

Kommunikationsstrukturen und Mitbeteiligung: Analysen, Vorschläge und Beiträge zu den verschiedenen Diskussionen innerhalb des PGA-Netzwerkes sind willkommen. Im Zuge der Vorbereitungen des Konferenzprogrammes haben wir für jeden der sieben Themenbereiche eine E-Mail-Verteilerliste eingerichtet. Wenn Ihr Euch hier einbringen wollt, teilt uns dies bitte mit unter:  infopgaconferentie@eurodusnie.nl (Betreff: getting involved).
Es besteht eine Konferenz-Webseite, wo die Teilnehmer ihre Diskussionspapiere selbst veröffentlichen können. Die Webadresse lautet:  http://www.pgaconference.org .
Da nicht alle Menschen und Gruppen Zugang zum Internet haben, möchten wir Euch alle bitten, Anstrengungen zu unternehmen, dass diese Einladung auf allen nur möglichen Wegen in Eurer Umgebung verbreitet wird.
Wir fordern alle Bewegungen, Gruppen und Kollektive, welche die PGA-Eckpunkte unterstützen, auf, sich aktiv an der Vorbereitung der Zweiten Europäischen PGA-Konferenz zu beteiligen. Wir können nur gemeinsam dieser Konferenz zum Erfolg verhelfen!

Technix: Anmeldeformulare findet Ihr auf der Internet-Seite  http://www.pgaconference.org . Neben dem Anmeldeformular findet Ihr auch einen Fragebogen im Anhang. Die Anmeldung ist möglichst bald bei uns einzusenden. Wir müssen für die weitere Planung die genaue Anzahl der TeilnehmerInnen so früh wie möglich wissen.

Eckpunkte (?Hallmarks') des globalen Netzwerks "Peoples' Global Action", PGA (wie sie auf der Konferenz in Cochabamba, Bolivien, im September 2001 beschlossen wurden):

1. Eine klare Ablehnung von Kapitalismus, Imperialismus und Feudalismus, und aller Handelsabkommen, Institutionen und Regierungen, die die zerstörerische Globalisierung vorantreiben.
2. Ablehnung aller Formen und Systeme von Herrschaft und Diskriminierung, einschließlich (aber nicht beschränkt auf) Patriarchat, Rassismus und religiösen Fundamentalismus aller Art. Wir erkennen die vollständige Würde aller Menschen an.
3. Eine konfrontative Haltung, da wir nicht glauben, dass Lobbyarbeit einen nennenswerten Einfluss haben kann auf die undemokratischen Organisationen, die maßgeblich vom transnationalen Kapital beeinflusst sind.
4. Ein Aufruf zu direkten Aktionen und zivilem Ungehorsam, Unterstützung für die Kämpfe sozialer Bewegungen, die sich für Respekt vor dem Leben und den Rechten der unterdrückten Menschen einsetzen, wie auch den Aufbau von lokalen Alternativen zum Kapitalismus.
5. Eine Organisationsphilosophie, die auf Dezentralisierung und Autonomie basiert.

Anmerkung:
1 Im Convenors Komitee (eigentlich "Einberufungskomitee" ist aus jeder Region mindestens eine Bewegung vertreten, die auf jeder Konferenz neu gewählt wird. Das convenors Kommitee ist entscheidungsbefugt (auf der Grundlage der Basisentscheidungen auf den Konferenzen) in der Zeit zwischen den Konferenzen und lädt beispielsweise zu den Konferenzen ein.

engl. Einladung:  http://www.de.indymedia.org/2002/05/21833.shtml
dt. Einladung; Was ist überhaupt PGA:  http://www.de.indymedia.org/2002/05/22239.shtml

Gespräche gegen Krieg:  http://www.de.indymedia.org/2002/05/22389.shtml

PGA-Konferenz:  http://www.pgaconference.org
Peoples' Global Action (PGA):  http://www.agp.org
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Ergänzungen

Open Forum Discussion Lists

XXX 06.08.2002 - 02:58

A

B 06.08.2002 - 20:59
PGA ist mal wirlklich eine gute ALternative zu den ganzen anderen Attac etc. - Gruppen. Wir sehr die Staaten ANgst vor PGA und der Aktions und Vernetzungsform haben sieht man an den vielen Hausdurchsuchungen etc. bei PGA-Aktivisten (denen aber die etwas nachgewiesen wurde). Diese gab es imer im Zusammenhang mit "Gründung einer Terroristischen Vereinigung etc."....FIGHT NATIONALISM - FIGHT CAPITALISM!!!