Nachgeplänkel des 1. Mai in Berlin

Besucher 24.05.2001 21:16 Themen: Repression
Der berliner revolutionäre erste Mai liegt schon knapp vier Wochen zurück, doch die Aufarbeitung des Spektakels scheint gerade erst in Gang zu kommen. Eine ermüdende Mitschrift der gestrigen Debatte der BVV Fhain-Xberg zum 1. Mai sowie ein kleiner Überblick zum politischen Nachgeplänkel mit weiteren Termintipps ...
Gestern nachmittag vor dem Bezirksgebäude Yorckstrasse 4 - 11 in Berlin Kreuzberg. Hier soll die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg ab 17.00 Uhr unter anderem zum Polizeieinsatz rund um den Mariannenplatz am 1. Mai tagen, so ein Anlass ist schon mal einen Spontanbesuch in diesem sonst eher gemiedenen Amtsgebäude wert. Anders als bei Sitzungen des Innenausschusses des Bundestages, wo interessierte Menschen umringt von Wachschützern und Zivilpolizisten in einem komplizierten Verfahren nach Überprüfung den Personalausweis gegen einen Besucherschein zu tauschen haben, verbergen sich hier hinter automatischen Türen keine derartigen Schikanen, nicht einmal die Pförtnerloge ist besetzt. Vorbei an der BVV-RaucherInnenecke im ersten Stock sind schnell die Zuschauerränge des Sitzungssaals im zweiten Stock gefunden. Wer allerdings ausschließlich wegen des Themenkomplexes "1. Mai" gekommen ist, muß nach einem kurzen Blick auf die 32 Punkte der Tagesordnung Sitzfleisch beweisen. Zeit sich ein bischen umzuschauen. Ca. 40 Menschen hat es auf die Ränge verschlagen, ein paar dutzend wohl wegen der angekündigten Mai-Debatte. Neben den üblichen Verdächtigen hat sich zur Rechten ein "Andreas Baader"-Verschnitt mit seiner Clique breitgemacht, ein paar ältere Leute mit Thermoskannen sind auch dabei, zur Linken zwei obskure Gestalten, die ständig laut hörbar am Sabbeln sind ("Schröder muß weg" "Greencard für alle" usw.) ein paar ältere Damen folgen der Diskussion wesentlich aufmerksamer als die daneben sitzenden schwatzenden Herren, ein paar jüngere Leute sind auch da. Von Presse ist weit und breit nix zu sehen, möglich aber, daß sich zwei drei Schreiblinge unters "Volk" gemischt haben. Nach einigen Anhörungen zu verschiedenen Themen legen MitarbeiterInnen des Bezirksamtes, welches sich (wie es neuerdings in fast allen gesellschaftlichen Bereichen modern geworden ist) unter dem Spardiktat angeblicher Sachzwänge selbst konkursverwalten darf, die Finanzsituation sowie geplante Stellenstreichungen vor der BVV offen.

Gegen 20 Uhr, wir haben die Hoffnung schon fast aufgegeben, ruft der "Vorsteher" (ein Männlein, das die Versammlung in geordneten Bahnen lenken will, Redezeiten stoppt und im Zweifel mit einer Glocke versucht, Ruhe zu schaffen) dann schließlich die (BVV-)Fraktionsvorsitzenden zu sich, offensichtlich soll die Tagesordnung, von deren 32 Punkten gerade mal Punkt 2c erreicht wurde, über den Haufen geworfen werden. Die CDU hat beantragt, den Themenkomplex "1.Mai" vorzuziehen.

Mensch munkelt, die SPD wolle kurzfristig eine alternative zahmere Resolution zur Abstimmung bringen, die von der geplanten PDS/Gruene-Resolution, in der der Polizeieinsatz am Mariannenplatz scharf verurteilt werden solle, abweicht. Leise Strategiediskussionen in den Fraktionen, vertagen, nach hinten stellen?

Endlich geht es weiter, die Tagesordnung wird abgestimmt, die Mehrheit ist für das Vorziehen des "1. Mai", dankeschön.

Als erstes tritt Herr Rose von den Gruenen ans Pult, und eröffnet mit der Präsentation der PDS/Gruenen-Resolution die Debatte.
Sicherlich habe es am Heinrichplatz eine kleine Rangelei zwischen Polizei und Jugendlichen gegeben, die Polizei habe diese daraufhin aber völlig unkoordiniert zum Mariannenplatz getrieben, es sei doch wohl allen klar, "was passiert, wenn Jugendliche einfach abgedrängt werden von einer übermächtigen Staatsmacht". In der Resolution, die seine (BVV-)Fraktion gerne verabschiedet sehen würde, wären ihm vor allem vier Punkte wichtig:
es werde festgestellt das
-die Situation eindeutig durch das Verhalten der Polizei eskaliert worden sei
-es Beschädigungen am Mariannenplatz durch den Einsatz von Wasserwerfern gegeben habe
-im Vorfeld des 1. Mai massiv die Bürgerrechte der X-berger/ F-hainer, ja der ganzen Stadt angegriffen wurden
-das Fest in jedem Falle auch im nächsten Jahr stattfinden müsse

Applaus bei PDS/Grünen, Zurückhaltung bei der SPD, Rumgegröhle bei der CDU... *bimmel*

Herr S. von der PDS unterstreicht als nächster Redner die gemeinsame Resolution, das Bezirksamt habe den Polizeieinsatz schon in einer Presseerklärung am 2. Mai verurteilt. Es habe Aufforderungen von der Polizei gegeben, sich Richtung Mariannenplatz zu entfernen.
(an die CDU gewandt) Sie muessten sich schon entscheiden, ob entweder ein offensichtliches Versagen der Polizei vorliegt, oder aber Kreuzberg zu einem "Sandkasten für Manöverspiele eines CDU-Innensenators" auf dem Rücken der Bevölkerung geworden sei. *bimmel*
Die PDS sei nicht bereit, derartige Sandkastenspiele mitzutragen, die Eskalation sei vor allem von der Polizei ausgegangen.

Die Demokratie da unten im Saal fängt langsam an zu brodeln, während oben auf den Rängen die beiden Sabbelköpfe nach Verspeisen ihrer Brötchen anfangen, den mitgebrachten Sekt zu schlürfen. Michael Schill von der CDU tritt als nächster ans Pult und scheint durch das Wiederholen seit Wochen gebrauchter Formulierungen beweisen zu wollen, daß er die Verlautbarungen des Innensenators am aufmerksamsten verfolgt hat.
Die Polizei habe einen "Flächenbrand verhindert", (Zwischenrufe im Saal, oben auf der Tribüne liefern sich quer durch den Raum der Baader-Verschnitt und die Sekttrinker über die Köpfe der BVV hinweg ein Blick- und Wortgefecht) "Gewalttäter seien von der Polizei konsequent von den Zentren (zB. Potsdamer Platz / Regierungsviertel) ferngehalten worden.."
Baader joggt los und steht plötzlich neben den Sabbelköpfen: "Laß uns vor die Tür gehen, ey!" Tumult. CDU-Redner Schill bekommt einen roten Kopf und weist nach oben: "Das sind sie, das sind die Herrschaften, die ich meine!" Der Vorsteher sucht verzweifelt nach Ersatz, da sein Glöckchen offenbar den Geist aufgegeben hat. So macht Demokratie Freude!
Leider höre ich bei den ganzen "Krawallen" oben und unten im Saal nur noch Bruchstücke von Schills herzergreifender Rede:
"vagabundierende Kleingruppen krimmineller Randalierer hat es nicht gegeben" .."Respekt, Anerkennung und Dank für die Polizei" .."Da Recht dem Unrecht nicht weichen darf, mußte das Versammlungsverbot für Linksextremisten.." .."Ausschreitungen waren nur auf den Mariannenplatz beschränkt" .."das beweist, daß das Konzept greift" .."12minütiges Polizeivideo" .."gerade beendete friedliche PDS-Demonstration" .."friedliche Journalisten" .."Chaoten, Gewalttäter werden als Opfer staatlicher Willkür dargestellt" .."schmuddelige Armeehosen und Antideutschlandparolen" .."Die(se) Verwendung des Demonstrationsrechtes muß ein Ende haben" .."wie Hannover die Chaostage "beseitigt" hat, das war ein Erfolg" .."bin mir sicher, die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung trägt den neuen Weg des Innensenators mit.." ((wer an das Wortprotokoll der BVV rankommt, möge es doch bitte hier veröffentlichen, so eine Mittschrift hier ist kaum zitierfähig))
Gelächter im Saal. Nach und nach kehrt wieder mehr Ruhe ein, der Vorsteher hat inzwischen auch ein neues Glöckchen gefunden. Ein Vertreter der SPD tritt ans RednerInnenpult, hui, spannend, wie wird wohl die Alternativresolution der SPD aussehen, die nicht bei den Drucksachen zu finden war?

"Die SPD fordert einen friedlichen 1. Mai in Berlin Kreuzberg.." beginnt der SPD-Mensch seinen ersten Satz, "früher hat sie Umverteilung gefordert" ergänzt prompt eine Zwischenruferin von den Rängen. Langanhaltendes Gelächter in allen Fraktionen, beleidigte Gesichter bei der SPD.
Der Redner ist aus dem Konzept, fängt sich aber wieder um (frei nach dem schröderschen Mediationskonzept der Energiekonsensgespräche) einen möglichst alle Positionen assimilierenden Änderungsantrag vorzustellen. Die Ausschreitungen zwischen Polizei und jugendlichen Demonstranten seien zu verurteilen, eine einseitige Schuldzuweisung sei abzulehnen, seit Jahren sei der 1. Mai als Anziehungspunkt für Randale bekannt, andererseits habe das unausgewogene Verbot nur linker Demonstrationen die Ausschreitungen im Vorfeld maßgeblich gefördert..usw.
Rechts und Links unzufriedene Gesichter. Die Bezirksbürgermeisterin tritt ans Pult und fordert für die Zukunft eine gemeinsame Strategie mit dem Innensenator, die Beamten der Direktion 5 hätten sich zwar an die zuvor getroffenen Absprachen gehalten und den Mariannenplatz entsprechend defensiv behandelt, die Eskalation sei dann aber von aussen gekommen, hier bestehe mehr Redebedarf. Herr M. tritt für die CDU ans Pult und weist darauf hin, daß von einem gewerblichen Strassenfest, daß das Mariannenplatzfest ja sei, eigentlich Gebühren erhoben und ans Bezirksamt abgeführt werden sollten. Es folgt irgendwas von "Fürsorgepflicht" und dem "Erholungswert von Gartenanlagen". Die Gewinne des Festes könnten in Zukunft zB für die Beseitigung von entstandenen Schäden verwendet werden. Die Stimmung bleibt aufgeheizt. M. krammt in der Mottenkiste schlechter Relativierungen und lässt verlauten, daß es am Mariannenplatz ja vielleicht ein zwei Wasserwerfer gegeben habe, die PDS solle sich aber nicht über Werthebach aufregen, wo doch ausgerechnet die PDS, vor ihrer Umbenennung vor 11 Jahren, "Panzer über die Karl-Marx-Allee" habe rollen lassen. Gelächter, Empörung, Tumult, Gebimmel. Der Vorsteher bittet die RednerInnen der BVV, doch bitteschön sich in folgenden Beiträgen der Polemik zu enthalten, schließlich sei ja auch die Öffentlichkeit anwesend, das gäbe ein äußerst schlechtes Bild ab (immer noch keine JournalistInnen zu erkennen). Die nächsten RednerInnen versuchen denn auch durch langsameres Sprechen und fast schon päpstliche Stimmmodulation dem Politkabarett einen seriöseren Touch zu geben. Etwas später kommt für die PDS nocheinmal die Anmelderin des Mariannenplatzfestes zu Wort und setzt neue Koordinaten in der Diskussion. Unter dem Mariannenplatz befände sich eine äußerst empfindliche Bewässerungsanlage, aus diesem Grunde habe direkt auf dem Platz keine Bühne stehen dürfen, die Polizei sei aber bei der Räumung des Platzes rücksichtslos mit Wasserwerfern über diese Anlage gebrettert, für die entstandenen Schäden solle nun doch bitteschön der Innensenat aufkommen (so auch ein weiterer der BVV vorliegender Antrag).

Obwohl Demokratie Live natürlich ganz viel Spaß macht, werde ich für meinen Teil langsam müde und kann der Diskussion nicht mehr aufmerksam folgen. Diesen Zustand scheint Herr Kohl vom Bezirksamt mit mir zu teilen, denn als er plötzlich vom Vorsteher um die Beantwortung einer in den Drucksachen enthaltenen Anfrage gebeten wird, schreckt er auf: "Welche Anfrage?" Vielleicht haben ihn ja auch die Urlaubsfotos abgelenkt, die eine Kollegin vor kurzem durch die Reihen der BezirksamtsmitarbeiterInnen gegeben hatte.

Vorerst darf also noch ein junger Spund von den Gruenen feststellen, daß die einzigen, die randaliert hätten, die Polizeibeamten gewesen seien um gleich anschließend einen dritten Modifizierungsvorschlag der Resolution zu machen.

Irgendwann tritt Kohl wieder vor und entschuldigt sich vielmals, er habe die schriftlichen Beantwortungen aller Anfragen von einem krank gewordenen Kollegen erhalten, den er hier vertrete, ausgerechnet die entscheidende Beantwortung könne er darunter aber leider nicht entdecken. Empörtes und belustigtes Gemurre in der BVV "Skandal", "Verschleierungstaktik". Ach ja... Die Beantwortung (auch betreffend der WaWe-Schäden) wird nun also den Vorschriften entsprechend auf schriftlichem Wege erfolgen, so ist jetzt (bald schon 22 Uhr) wenigstens noch Zeit, die Debatten fortzuführen, ein älterer CDUler bemüht in seinem Beitrag denn auch eine kleine Metapher, die den polizeikritischen BVVlerInnen angesichts ihrer Kritik wohl nebenbei nochmal die Machtverhältnisse im Senat verdeutlichen soll:
"Kritiker sind wie Eunuchen, sie wissen wie man es macht, aber sie können es nicht" Hach, witzig. Dieser geballten Seriösität will denn auch ein jüngerer Kollege in nichts nachstehen und ruft zu dem ab und an zwischenquatschenden Politaktivisten C. (in Berlin wie ein bunter Hund bekannt) in die Ränge hinauf: "Wie bist Du eigendlich da hochgekommen, Du kommst doch sonst nicht hoch". Das ist wirklich nur noch schwerlich zu übertreffen. Nicht aufregen, C., da stehst bzw. sitzt Du doch drüber... Der Vorsteher bimmelt ab und an immer wieder mal. Ein korpulenter langharriger Riese, dessen Namen ich bei all dem Gebimmel in meinen Ohren nicht mehr mitbekommen habe, der aber offenbar zum Dunstkreis der FestanmelderInnen gehört, tritt ans Pult und verklickert den CDUlerInnen, daß sie sich doch bitteschön nicht so aufregen sollten über die Mai-Randale, er könne sich an eine Zeit in den 80gern erinnern, da habe es das hier jeden Monat gegeben. Er könne sich erinnern, daß es Jahre gedauert habe, bis all die verschiedenen Gruppen wie zB Stalinisten, DGB, Grüne, Revolutionäre "Mai"ler sich es angewöhnt hätten, sich zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten am ersten Mai zu versammeln. Es sei eine einmalige Leistung des Innensenats, diese Gruppen alle gemeinsam auf den Mariannenplatz zu bekommen. (An die Bezirksbürgermeisterin gewandt:) Im übrigen habe es natürlich Absprachen mit der Polizei im Vorfeld gegeben, darin sei bei möglichen Auseinandersetzungen, die ja alle vermutet hätten, eine Vorwarnung seitens der Polizei versprochen worden, Zeit genug zum geordneten Abbruch des bis 21 Uhr genehmigten Festes sowie ein Abstromkorridor für Unbeteiligte. Was sei aber dann passiert? Ein Polizeitrupp sei, wie er selbst gesehen habe ((offensichtlich waren wirklich alle am Mariannenplatz)) von einem Ende des Platzes zum anderen gestürmt, quasi eine "Libanontaktik", als sie feststellten, daß das nicht klappe, sei die "Erste-Weltkriegs-Taktik" angewandt worden. Er sehe vor diesem Hintergrund keine Veranlassung neuer Vorverhandlungen beim nächsten Mal, "Was soll ich mit der Polizei, was soll ich mit dem Innensenator noch besprechen?" Mittlerweile ist es lange nach 22 Uhr, einer von der CDU packt noch einmal die leidige Panzerkeule aus ( "Die PDS hätte früher keine "Manöverspiele" gemacht, sondern kurzen Prozess" ) und endlich verstummen die Wortmeldungen. Jemand schlägt vor, alles weitere, inklusive Abstimmung der Resolutionen, doch bei der nächsten Sitzung zu klären, was aber keine Zustimmung findet, so schreitet die BVV endlich zur Abstimmung. Der SPD-Änderungsantrag findet nur 11 Stimmen, die PDS/Gruene-Resolution wird von der BVV mehrheitlich gegen die Stimmen von CDU und SPD verabschiedet, ebenso die Idee, dem Innensenat die Rechnung für die Wasserwerfer-Schäden auf dem Mariannenplatz zu präsentieren.

Nach fast sechs Stunden verlassen wir diesen Ort wieder. Am 5. JUNI AB 18.30 UHR wird die BVV Friedrichshain-Kreuzberg wohl noch die restlichen 29 Punkte ihrer Tagesordnung abarbeiten müssen. Fragt sich nur, welche politische Bedeutung so einer (schwer erkämpften) BVV-Resolution überhaupt zuzumessen ist...
Teile der Medien hatten nach dem 1. Mai ja schon die meisten Kritikpunkte am Polizeieinsatz abgearbeitet ( siehe dazu  http://de.indymedia.org/2001/05/1840.html ) und traurigerweise haben, wie ich das sehe, für das wiederholte Ansprechen eines Themas in der Tagespolitik Lobbyismus und Macht eine größere Bedeutung als Wahrheit. Und mehr als Presse könnte soeine Resolution kaum bewirken.

Vielversprechender erscheint da doch schon die Klage des Rechtsanwaltsbüros Sommer & Kremer gegen das Land Berlin, vertreten durch Innensenator Eckart Werthebach und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky (siehe dazu  http://www.taz.de/pt/2001/05/23/a0207.nf/text ). Rechtsanwalt Kämer, der wie so viele andere auch am 1. Mai selbst am Mariannenplatz von der Polizei ohne Vorankündigung gewalttätig vertrieben worden sein will, plant laut taz mit seiner Klage die Unrechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes gerichtlich feststellen zu lassen. Sollte diese Klage Erfolg haben, könnten Freiheitsberaubte, körperlich oder materiell Geschädigte des Einsatzes am Mariannenplatz sich auf die Rechtswidrigkeit des Einsatzes berufen und somit Schadensersatzansprüche geltend machen (bewahrt also eure Gedächtnisprotokolle auf). Die Behandlung seiner Klage könnte sich nach Kremers Einschätzung allerdings über 3 Jahre hinziehen...

Neben dieser Einzelklage steht auch noch eine Sammelklage gegen die Polizeikessel am Mariannenplatz aus, in die Betroffene noch bis zum 31.5. einsteigen können, siehe dazu  http://userpage.fu-berlin.de/~ami/extra/demobeobachter/mai2001kberg/hints.htm

Auch aus dem Umfeld des Komitees für Grundrechte und Demokratie sowie der Demonstrationsbeobachtung ( siehe  http://www.polizeigewalt.de ) könnte noch Ärger auf Polizei und Innenverwaltung zukommen.

Die Debatte um die Verschärfung des Versammlungsrechtes, in der der unter Werthebach erarbeitete Gesetzesentwurf jüngst abblitzte (dazu  http://de.indymedia.org/2001/05/2237.html ), zeigt den derzeit schwierigen Stand von Werthebach & Co auf.

Am 28.5. (10 Uhr, Abgeordnetenhaus von Berlin; Raum 311; öffentlich) will die CDU, die aus ihren Mai-Debakeln in all den Jahren wohl nichts gelernt hat, erneut im Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung den 1. Mai 2001 zu Sprache bringen (Tagesordnungspunkt: "Absprachen und gegenseitige Unterstützung zwischen PDS und AAB am 01. Mai 2001 (CDU-Fraktion)"), siehe dazu  http://www.parlament-berlin.de/parlamentb.nsf/2b48081237ff2277c125687b0054c4d1/c83b566ea99ebf23c1256a4c003948d3?OpenDocument

Nebenbeigesagt ist eine sich ewig hinziehende Aufarbeitung der Ereignisse in der Geschichte des revolutionären 1. Mai eigentlich auch keine wirklich bedeutsame Neuerung.
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Ergänzungen

Ach schade..

Besucher 24.05.2001 - 22:09
Hab ich doch glatt in der Beschreibung den schlaksigen Knilch Marke "Junge-Union" vergessen, der die CDU-Reden die ganze Zeit mit kaltem Lächeln abgenickt hat und ebenso den verwirrten Mittzwanziger, der sich unbeobachtet fühlend immer wieder Papierkügelchen in die CDU-Fraktion geschnipst hat... aber is ja auch egal

nee

Sidney 26.05.2001 - 01:52
Nee, vielleicht nicht neu, aber dennoch notwendig.
Vielleicht ist die Art und Weise der Aufarbeitung noch immer schleppend und rumpelig, aber wenn man sich letztenendes über alles nur ärgert und nie etwas unternimmt, wohin führt das, frage ich Dich?
Lass uns also ruhig aufarbeiten und damit vielleicht Bewußtsein wecken. Ansonsten kann es sein, daß Du Dich am nächsten 1. Mai nicht mehr frei bewegen darfst....zumindest nicht in Kreuzberg. Das ist schon angekündigt. Wach auf!

nee

Sidney 26.05.2001 - 01:55
Sorry, E-mail war falsch!

Ergänzung zum Innenausschuss

infojunk 26.05.2001 - 04:20
der Innenausschuss wird sich nicht nur mit dem CDU-Antrag beschäftigen, auf Antrag der PDS werden jetzt auch die Festnahmen und Kessel am MAriannenplatz erneut Thema sein, es wird vermutet, daß hier vielleicht eine "Freiheitsberaubung im Amt" vorlag, siehe dazu :  http://www.taz.de/pt/2001/05/26/a0207.nf/text

demogracie

Ein Amüsierter 26.05.2001 - 11:03
Hallo Besucher!
Dein Bericht hat mich sehr amüsiert und belustigt. Nett geschrieben. Weiter so...
es dankt
ein Amüsierter

Pseudo-Demokratie

schabernack 26.05.2001 - 13:42
problemsymptome gut beschrieben, aber ich fände es gut, sie auch noch mal konkret zu bennenen:

"gewählte Volksvertreter" in den Parlamenten/demokratischen Gremien, die oftmals keinen blassen Schimmer von dem haben, was sie tun (besonders häufig zu beobachten bei CDU und SPD-Hinterbänklern)

Gremien, die sich faktisch nur mit sich selbst beschäftigen, da i.d.R. die Beschlüsse entweder in der Verwaltung durch "Darstellung der unumgängichen Tatsachen" vorbereitet werden oder wie in Berlin bei Nichtgefallen durch den Berliner Senat kassiert werden, Verfahren von der Bezirksebene auf die Stadtebene gezogen werden.

Presse, die lieber über "Hutparties" als über politische Fragen berichtet.

Völlig sinnlose Labersitzungen, bei denen eh nichts sinnvolles vorgetragen wird und vor allem i.d.R. nichts, was man nicht schon in irgendwelchen Pressemitteilungen, Konzepten, Reden etc nachlesen konnte.

Wir brauchen einfach eine bessere, direktere Form von Demokratie, bei der "Berufspolitiker" nur noch Moderatoren für "Diskussions-Prozesse" sind, mit der Aufgabe, möglichst vielen Menschen die direkte Gestaltung der eigenen Lebensumwelt zu ermöglichen. (Tschuldigung, ich träume mal wieder...)

Kommentar zu schabernack

E T 26.05.2001 - 18:19
Hallo schabernack, dem ist nichts mehr hinzu zu fügen, schliesse mich voll an.