Volkstrauertag abschaffen - Offener Brief

Antifaschistische Aktion Gera [AAG] 06.11.2005 21:24 Themen: Antifa
PM: Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus angreifen

Offener Brief an Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Gera und Kirchenverbände

GERA, 06.11.2005. Zum vorerst letzten Ereignis des Supergedenkjahres 2005, dem so genannten "Volkstrauertag", wird in nahezu allen deutschen Städten das Gedenken an deutsche Täter gepflegt und die alliierten Bombenangriffe auf deutsche Städte als Kriegsverbrechen dargestellt. Auch in diesem Jahr wird sich Deutschland ungeniert zum eigentlichen Opfer des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges stilisieren. Mit dabei die Nazis, welche mit ihrer Kranzniederlegung nicht weniger als ihre Huldigung des NS ausdrücken...
PM: Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus angreifen

Offener Brief an Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Gera und Kirchenverbände

GERA, 06.11.2005. Zum vorerst letzten Ereignis des Supergedenkjahres 2005, dem so genannten "Volkstrauertag", wird in nahezu allen deutschen Städten das Gedenken an deutsche Täter gepflegt und die alliierten Bombenangriffe auf deutsche Städte als Kriegsverbrechen dargestellt. Auch in diesem Jahr wird sich Deutschland ungeniert zum eigentlichen Opfer des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges stilisieren. Mit dabei die Nazis, welche mit ihrer Kranzniederlegung nicht weniger als ihre Huldigung des NS ausdrücken.
Doch mit dem bürgerlichen Gedenken und dem Aufmarsch von Nazis nicht genug, ist dabei immer ein rehabilitierender und revisionistischer Tenor zu vernehmen. Dies zeichnete sich bereits zum Jahrestag der Bombardierung von Magdeburg, Dresden und Potsdam, bei den Planungen des Zentrums gegen Vertreibung oder am Tag der Befreiung durch die Alliierten vom Nationalsozialismus am 8.Mai in Berlin ab. Kontinuierlich wird das Vorhaben historischer Rehabilitation betrieben und dabei versucht Deutschland ideologisch zum Opfer unter vielen und zum erinnerungspolitischen Vorreiter zu stilisieren.
Folglich hat sich laut Gerhard Schröder „kaum ein anderes Volk [...] so gründlich und ausgiebig mit den dunkelsten Kapiteln seiner Geschichte auseinandergesetzt wie die Deutschen“. Auch wenn sich dabei grundsätzlich von inakzeptablen Positionen der Nazis distanziert wird, muss nach dem deutschen Konsens trotzdem endlich Schluss sein mit der „Moralkeule Auschwitz“, welche Martin Walser bereits 1998 in der Frankfurter Paulskirche beschwor.

Dies kristallisierte sich beispielhaft zum 60. Jahrestag der Bombardierung, der nachweislich militärstrategisch bedeutenden, nationalsozialistischen Hochburg Dresdens heraus.
Während die NPD-Fraktion im sächsischen Landtag die alliierten Angriffe als „Bombenholocaust“ bezeichnete und dies zumindest kurzzeitig einen Eklat verursachte, schafften es Historiker wie Jörg Friedrich gesellschaftlich akzeptiert das zu erreichen, wonach sich insgeheim die Mehrzahl der Deutschen sehnen: Sich als eigentliches Opfer darzustellen.
In dem 2003 veröffentlichten Buch „Der Brand“ lamentiert er über die „Krematorien von Dresden“ und den „Zivilisationsbruch“ durch die britischen und amerikanischen Bomber. Somit projiziert er die Vernichtungsindustrie von Auschwitz auf die alliierten Bombenangriffe zur Zerschlagung Nazideutschlands und schafft eine Opfermythologie, in der die Deutschen gleichzusetzen seien mit den Opfern des Nationalsozialismus.
Kontinuität erfuhr dies unter anderem am 13.Februar 2005, als auf Werbeflächen die Stadt Dresden auf eine Ebene mit den durch die Nationalsozialisten zerstörten Städten Coventry und Warschau gestellt wurde. Und natürlich stimmt auch Gerhard Schröder in den Opfertaumel ein und lässt verlautbaren, dass „wir keinen Grund [haben], nicht auch über die eigenen Toten zu trauern. Natürlich sind das auch Opfer“. Ganz im Sinne einer Geschichtsschreibung also, in der Deutschland offensiver denn je seinen Platz zwischen den ehemals alliierten Staaten einnimmt. Sogar zum humanistischen Auftrag wurden die Verbrechen der Shoa instrumentalisiert, als Joseph Fischer 1999 auf dem Balkan ein „neues Auschwitz“ halluzinierte und für die Bombardierung Belgrads durch deutsche Tornadoflieger eintrat.

Da verkommt das Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht, wenige Tage vor dem Volkstrauertag, zur Farce. Denn nicht die deutsche Bevölkerung, sondern lediglich die Nazis sollen an den Verbrechen der Wehrmacht und des antisemitischen Wahns die Schuld tragen. Die völkische, antisemitische und rassistische Grundlage, der Nationalsozialismus als kollektives Verbrechen der Deutschen, wird somit ignoriert.

Im provinziellen Gera störte sich in den letzten Jahren kaum jemand an entkontextualisierter, deutschnationaler Erinnerungskultur.
Vertreterinnen und Vertreter der Stadt, Angehörige der Kirchen und Feldjäger der Bundeswehr gedenken jedes Jahr gemeinsam auf dem Ostfriedhof der deutschen Täter; nur wenige Tage nachdem sie der Opfer der Reichspogromnacht erinnert haben. Dabei werden auch an Gräbern von Wehrmachtssoldaten Kränze niedergelegt - an der anschließenden Kundgebung der Nazis stört sich niemand.
Diesem geschichtsrevisionistischen Spektakel eine klare Absage zu erteilen, die Deutschen als Täter der Shoa und ihre kollektive Schuld zu benennen, fordern wir die Vertreterinnen und Vertreter der Stadt, der Kirchen und alle Einwohnerinnen und Einwohner dazu auf, sich an den Kundgebungen zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht und gegen die Glorifizierung deutscher Täter zu beteiligen.

Antifaschistische Aktion Gera [AAG]

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Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht vom 9. zum 10 November 1938

Antifaschistische Kundgebung zum Gedenken an die Opfer des Naziterrors in der Reichspogromnacht 1938.

09.11.2005 _ Gera _ 17h _ Synagogendenkmal Schülerstraße

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Keine Glorifizierung deutscher Täter!
Volkstrauertag abschaffen!

Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus jeder Form die Plattform entziehen - keine Glorifizierung deutscher Täter zum Volkstrauertag auf dem Ostfriedhof in Gera.

13.11.2005 _ Gera _ 10h _ Eingang Ostfriedhof

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Antifaschistische Aktion Gera [AAG]

Jingle:  http://aag.antifa.net/low-version/download/gera_nopeace_jingle.mp3
Flugblatt:  http://aag.antifa.net/low-version/download/gera_nopeace_flugblatt.pdf
Infos und weiteres Material:  http://aag.antifa.net/low-version/lw_news.htm#termine
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Ergänzungen

der deutsche sonderweg

tagmata 06.11.2005 - 22:25
der volkstrauertag ist tatsächlich ein rein deutscher feiertag. im angloamerikanischen raum (und generell in der westlichen welt am verbreitetsten) ist stattdessen der 11.11. als gedenktag für die opfer der weltkriege.
in deutschland (zumindest im rheinland) wird an diesem datum der beginn des karneval gefeiert und alles was saufen kann ist, wie ich mich mal selbst überzeugen konnte, um 12 uhr hackendicht.

man ziehe seine eigenen schlüsse.

Antifademo & Naziaufmarsch am 9.11. in Köln

Initiative AntifaschistInnen aus Köln 07.11.2005 - 16:10
Gedenken an die Opfer der Novemberpogrome
 http://de.indymedia.org/2005/11/131594.shtml

9.11. Köln: Antifademo gegen Nazifackelmarsch
 http://de.indymedia.org/2005/11/131637.shtml

Verbot des Nazifackelmarsches durch Köln?
 http://de.indymedia.org/2005/11/131851.shtml