Kongress zum Iran in Köln

Ralf Streck 18.07.2005 16:41 Themen: Repression Weltweit
Nach dem Besuch beim internationalen Kongress zur Lage der politischen Gefangenen im Baskenland im letzten Jahr in Donostia, haben Ex-Gefangene aus dem Iran die Idee aufgegriffen. In Köln organisieren die Exilanten von Freitag bis Sonntag einen Kongress über die Lage der politischen Gefangenen unter dem islamistischen Regime und die Massaker die an ihnen begangen wurden. Wir sprachen mit dem Koordinator Siavosh Mahmoudi. ERgebnisse dazu morgen.
F: Von welchen Massakern an politischen Gefangenen sprechen Sie?

Drei Jahre nach der Revolution von 1979 begann eine scharfe Repression der Mullahs gegen die Linke. Vor allem richtete die sich gegen kommunistische Organisationen und Gruppen von Arbeitern und Studenten, sowie gegen linke Mudschahedin, die es damals gab. 1983 kam es zum ersten Massaker, als in den Gefängnissen oder auf der Straße mehr als 10.000 Menschen ermordet wurden. Das zweite Massaker begann nach dem achtjährigen Krieg mit dem Irak. Direkt im Anschluss daran wurden 1988, in nur drei Wochen, mehr als 5000 Menschen ermordet. Das ging auf einen Befehl des Regierungschefs Khomeini zurück. Dazu gibt es viele Menschen, die noch als verschwunden gelten. Viele Organisationen wurden völlig vernichtet und etliche Menschen sind ins Exil geflohen.

Also versuchen die linken Organisationen erstmals in großem Stil diese Phase aufzuarbeiten?

Das ist unser Ziel, denn in den vergangenen 17 Jahren geschah dies nur begrenzt in kleinen Kreisen zum Jahrestag der Massaker. Dieses Jahr haben wir Ex-Gefangenen diesen internationalen Kongress organisiert, um das anzugehen und der Öffentlichkeit zu präsentieren. Wir waren letztes Jahr auf dem internationalen Kongress zu den politischen Gefangenen im Baskenland und da haben wir die Idee zu dem Kongress bekommen. Wir wollen verhindern, das unsere Geschichte in Vergessenheit gerät, denn sogar die iranische Jugend weiß kaum etwas darüber und was wir erlebt haben, geschieht noch immer in Irans Knästen. Wir sehen auch, dass es eine politische Annäherung Europas an den Iran gibt. Das Land stellt sich so dar, als befände es sich auf einem Kurs zur Demokratie. Gegen den Versuch, die Verbrechen des Regimes vergessen zu machen, wollen wir angehen. Noch immer darf im Iran nicht das Kleinste darüber geschrieben werden.

An wen richtet sich der Kongress?

Zunächst an die Exilanten, die kommen aus der ganzen Welt nach Köln. Aus Kanada, den USA, Schweden etc. Es kommen aber auch Leute, die sich mit Folter und dem Knastregime beschäftigt haben, Psychologen, Ärzte und Journalisten. Zum Teil wurden wir über Jahre in dunkle Kisten gesperrt und den ganzen Tag per Lautsprecher mit Koranversen beschallt. Dieser Gehirnwäsche haben nur wenige stand gehalten. Neben der körperlichen Folter gab es auch viele Arten psychologischer Folter, die da ausgeübt wurde.

Was sind die wichtigen Themen, über die geredet wird?

Wir haben drei Hauptthemen: Die Situation der Familien der politischen Gefangenen, Unterdrückung und Repressalien im Iran und Gefängnis und der Klassenkampf, die Bewegung für die Befreiung der politischen Gefangenen und die Perspektive. In der kurzen Zeit beschränken wird uns auf das Wesentliche. Neben der Geschichte wollen wir am Sonntag über die aktuelle Situation im Iran reden. Zu analysieren, wer die Gruppen und Menschen sind, die heute als politische Gefangene die Gefängnisse bevölkern. Wir haben den Kongress auch bewusst auf die Zeit nach den Präsidentschaftswahlen gelegt. Ich bin der Meinung, dass es egal ist, welcher Flügel der Islamisten an der Macht ist. Es wird sich nichts ändern.

Ähnlich wie bei den Büchern, die es unter dem Namen Tondar (Donner) gibt, arbeitet ihr zunächst intern auf. Erst das sechste Buch ist auf Deutsch erschienen und sucht den Austausch mit Basken, Türken und Kurden. Macht ihr den Kongress deshalb nur auf persisch?

Das hat mehr mit den logistischen Problemen und den Kosten zu tun. Doch am Samstag gibt es auch Veranstaltungen zur internationalen Solidarität mit den politischen Gefangenen auf Deutsch und einem breiten Kulturprogramm. Da werden dann auch die Grußbotschaften präsentiert, die wir auch aus dem Baskenland erhalten haben. Nächstes Jahr versuchen wir, einen mehrsprachigen internationalen Kongress auszurichten.

Wie sieht die Lage im Iran aus?

Es gibt immer noch viele politische Gefangene. Das Gefängnis ist immer noch ein „beliebter“ Ort für Studenten, Arbeiter und Journalisten. Schließlich gibt es überall Kämpfe und Versuche sich gegen das Regime zu wehren.

Wie steht ihr zu einer möglichen Intervention der USA?

Die werden das gar nicht tun. Schließlich ist das Regime die beste Lösung für sie. Immer wieder zeigt sich, dass die Linke, die ein wesentlicher Teil der Revolution war, noch immer stark ist und ihre Inhalte in den Kämpfen aufgenommen werden. Das ist den USA eine Regierung der Mullahs lieber. Wir wissen, dass es die USA waren, die den Schah unterstützt haben und danach auch Khomeini. Wir selbst müssen unser Problem lösen, Leute die uns im Namen der Freiheit bombardieren, können wir nicht gebrauchen.

Nähere Infos:  http://www.dialogt.org/english/index.html

© Ralf Streck den 18.07.2005
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