Doch Verbot baskischer Kommunisten?

Ralf Streck 03.05.2005 17:15
Die ultrarechte spanische Volkspartei (PP) treibt die sozialistische Regierung vor sich her, um die „Kommunistische Partei der Baskischen Territorien“ (EHAK) verbieten zu lassen. Die beginnen einzuknicken und sehen nun Hinweise auf eine Nachfolge von Batasuna. Gleichzeitig ist klar, dass das Verfahren um das Verbot von Segi, Haika und Jarrai gescheitert ist. Die letzten Jugendlichen wurden vor der Urteilsverkündung frei gelassen.
Die baskischen Kommunisten hatten am 17. April aus dem Stehgreif 12,5 Prozent der Stimmen gewonnen  http://de.indymedia.org/2005/04/112300.shtml und ist mit neun Sitzen im baskischen Regionalparlament entscheidend für die Regierungsbildung.  http://de.indymedia.org//2005/04/113563.shtml
Weiter fabuliert die PP davon, EHAK sei ein Nachfolger der 2003 verbotenen Partei Batasuna und die Sozialisten (PSOE) hätten es somit der Untergrundorganisation ETA ermöglicht wieder im Parlament vertreten zu sein, weil die Regierung keinen Verbotsantrag gegen EHAK gestellt hat.

Jetzt hat die PP-Regionalregierung in der Region Galizien die Wahlen auf den Juni vorgezogen, um den Druck auf die PSOE zu erhöhen. Denn die hofft, der Rechten erstmals nach dem Ende der Franco-Diktatur 1975 in der konservativen Region zu gewinnen. Galizien wird noch immer vom PP-Gründer und Franco-Minister Manuel Fraga Iribarne regiert, der mit 83 Jahren wieder zur Wahl antritt

Angesichts dieser Situation knickt die sozialistische Regierung ein und will nun „Hinweise“ sehen, die ein Verbot von EHAK rechtfertigen könnten. Die PP hatte angeführt, Beisitzer von Batasuna seien in den Wahllokalen für EHAK tätig gewesen. Das könnte ein wichtiger „wichtiger Beweis“ sein erklärte der Generalstaatsanwalt Cándido Conde-Pumpido, für das Ministerium für Staatsanwaltschaft.

Die EHAK-Führerin Maite Aranburu dementierte: „Die Beisitzer waren nicht von Batasuna, sondern von EHAK”. Viele Menschen hätten in einer „Welle der Solidarität“ die winzige Partei unterstützt, die erst zwei Wochen vor den Wahlen aufgetaucht ist. Ohnehin sind keinem der Batasuna-Mitglied die politischen oder zivilen Rechte entzogen worden, sodass sie sich frei entscheiden können, ob und wen sie bei Wahlen unterstützen.
Es war eine politische Entscheidung, EHAK vor den Wahlen nicht zu verbieten, wie es die PSOE mit der neuen Bürgerliste „Alle Optionen“ machte. Man konnte der PP die Schuld für die Kandidatur zuschieben, weil sie unter deren Regierung 2002 legalisiert worden war. Aranburu forderte den sozialistischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero auf, „dieses faschistoide Verhalten zu beenden“ und das „Damoklesschwert einstecken, dass sie über uns gehängt haben“. Er sollte sich endlich für eine friedliche Lösung des Konflikts einsetzen, wie ihn die Basken suchten. Da Zapatero daran Interesse hat, für einen möglichen Friedensprozess Vermittler zu haben, kann ein Verbot ohnehin nicht vor der Konstituierung des Parlaments abgeschlossen werden, stellte der Generalstaatsanwalt vorsorglich klar. So sind die EHAK Parlamentarier vier Jahre im Amt.

Gescheitert ist der erste Prozess im Rahmen des Makroverfahrens, die unter dem „Aktenzeichen 18/98“ gegen mehr als 200 Personen geführt werden.  http://de.indymedia.org//2005/04/113059.shtml Seit 1998 wurden Parteien, Wählerlisten, Organisationen und Kommunikationsmedien verboten, weil sie nach Lesart des Ermittlungsrichters Baltasar Garzón zur ETA gehörten. Letzte Woche mussten auch die letzten der 42 Jugendlichen frei gelassen werden, über die seit Januar verhandelt wird, weil sie angeblich für die ETA drei Jugendorganisationen geführt hätten.  http://de.indymedia.org//2005/02/106599.shtml Schon zuvor waren immer wieder sukzessive einzelne frei gelassen worden, zum Teil aus unerklärlichen Gründen.  http://de.indymedia.org//2005/03/108228.shtml

Offen wurde, dass sich die Anklage auf zum Teil 30 Jahre alte Dokumente und einer These stützt, die ETA hätte einst Jarrai (Weitermachen) gegründet. Jarrai wurde ohnehin erst verboten, als es sie schon ein Jahr nicht mehr gab. Alle Zeugen, auch der Aussteiger und Ex-Führungsmitglied der ETA, José Luis Alvarez Santacristina, betonten die Autonomie von Jarrai, die nie der ETA untergeordnet gewesen sei. Hätten sich einzelne in die ETA integriert, sei das eine persönliche Entscheidung gewesen.
Dass der Prozess gescheitert ist, kann auch daran abgelesen werden, dass der Staatsanwaltschaft Enrique Molina von den Richtern eine neue Definition von „Terrorismus“ forderte, die sich dem Prozess anpasse. Statt Freispruch aus Mangel an Beweisen, forderte er die Richter zur Rechtsbeugung auf. Er sagte: „Sie müssen dieses Konzept in der herrschenden Legalität entwerfen, weil das bestehende nicht dient“. Molina führte Urteile des Obersten Gerichtshofs an, dass bisher die Mitgliedschaft über Waffenbesitz oder direkte Kontakte zu der jeweiligen Organisation definiert.

Bei keinem der Angeklagten kann ein solcher Nachweis erbracht werden. Statt zu beweisen, sollen die Thesen eines dubiosen Ermittlungsrichters übernommen werden, die der in Regierungszeit der PP deren Thesen annahm. Schon jetzt ist somit klar, dass zwei Zeitungen, ein Radio und eine Zeitschrift, Organisationen und Parteien verboten wurden, ohne den Nachweis einer Unterordnung zur ETA erbringen zu können. Obwohl sie auf Antrag Spaniens auf die EU-Terror-Liste gesetzt wurden, sind alle bis heute im französischen Baskenland weiter legal tätig. Die Verteidigung forderte Freispruch und forderte die Richter auf, „eine politische Entscheidung nicht juristisch abzusegnen“. Der Freilassung der letzten der 42 Angeklagten könnte eine kleine Vorentscheidung auf das Urteil sein, dessen Ausarbeitung „wegen der Komplexität“ mehrere Monate dauern wird. Die Angeklagten glauben, dass Zeit für eine politische Entscheidung gebraucht wird, weil ein Freispruch alle folgenden Verfahren zum Kippen brächte.
© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 30.04.2005
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Ergänzungen

So funktioniert Demokratie

xxx 03.05.2005 - 18:27
Die guardia civil hat unterdessen die Staatsanwaltschaft aufgefordert, die Unterschriften-Listen die für die Gründung von EHAK notwendig waren herauszugeben.