In Spanien verboten in Frankreich erlaubt

Ralf Streck 14.06.2004 10:44 Themen: Repression Weltweit
JW sprach mit Walter Wendelin, Sprecher der baskischen Internationalismusorganisation Azkapena, der bei den Europaparlamentswahlen auf Platz drei für Herritarren Zerrenda (HZ/Liste der Bevölkerung) kandidiert hat. Die Liste war im spanischen Staat verboten worden, konnte aber im französischen Baskenland legal antreten.
Was bedeutet das Verbot ihrer Liste im spanischen Staat für ein Parlament eines angeblich vereintes Europa?

Es gibt hier einen Ausnahmezustand, den Europa beachten sollte. Ein Teil der baskischen Gesellschaft wird ausgeschlossen, weil ein Konflikt nicht gelöst ist. Es ist eine Barbarei, dass das spanische Königreich eine europäische Liste verbietet, die in der Französischen Republik legal antritt. Das gleiche Programm ist in einem Teil Europas legal und im anderen nicht. Dieser Zustand befindet sich außerhalb jeder demokratischen Normalität und Europa sollte sich darüber Gedanken machen.

Haben sich Linksparteien in Europa zu dem Verbot geäußert?

Na ja, die spanischen Sozialisten haben ja als Regierungspartei unser Verbot eingeleitet. Es gibt aber viele Parteien, die das Verbot als absurd oder kafkaesk bewerten. Viele trauen sich aber nicht zu konkreten Schritten. Als Ausnahmen im spanischen Staat kann man die Linke Kastiliens und Genossen aus Galizien nennen, die uns praktisch bei der Auszählung der "verbotenen" Stimmen im spanischen Staat unterstützen.

Mit welcher Begründung wurde HZ verboten?

Es ist die gleiche Begründung mit der im letzten Jahr Batasuna und mehr als 200 Listen bei den Kommunalwahlen im spanischen Staat illegalisiert worden sind. Weil sich deren Ziele an die der bewaffneten Organisation ETA annähern, werden alle in einen Sack gesteckt. Es wird behauptet, es seien Listen der ETA. Wer hier als Sozialist für die Unabhängigkeit des Baskenlandes eintritt, wird verboten.

Bisher wurden die Listen verboten, auf der eine Person kandidierte die schon einmal für Batasuna angetreten ist, doch das war bei HZ nicht der Fall, oder?

Nein, es ist ohnehin absurd mit derlei Begründungen eine Liste zu verbieten, denn zum Zeitpunkt der Kandidatur war Batasuna ja legal. Keinem der Kandidaten wurde je eine Straftat nachgewiesen oder die bürgerlichen Rechte entzogen, also kann man wählen und gewählt werden. Es zeigt sich bei HZ noch klarer, das politische Ideen verboten werden. Wir sind die einzigen die für ein anderes Europa eintreten und dabei viel Unterstützung haben. Unsere Kandidaten hatten kaum Kontakt zu Batasuna, bei den spanischen Sozialisten kandidieren sogar Ex-Mitglieder ETA, ohne das man ihre Kandidatur nur überprüft hätte.

Was bedeutet es, sich trotz des Verbots an den Wahlen zu beteiligen?

Wir demonstrieren, dass es hier einen aufrichtigen Teil der Gesellschaft gibt, der nicht auf billige Politik aus ist, um Pfründe zu sichern. Es geht um die Verteidigung demokratischer Rechte und ein alternativen Programm für Europa. Unser Stimmzettel ist legal und die Auszählung wird auch im spanischen Staat durch viele Beobachter garantiert. Trotzdem werden wir keinen Europaparlamentarier mehr nach Straßburg schicken können. Trotz der Behinderung unserer Kampagne werden wir ein gutes Ergebnis erzielen.

Kann HZ über das französische Baskenland einen Sitz in Straßburg erreichen?

Da dort nur etwa 300.000 Menschen leben, ist es praktisch unmöglich nur mit diesen Stimmen einen Sitz zu erhalten.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 12.06.2004
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Ergänzungen