"Fly Utopia!" - community networks in Berlin

Sebastian K. 04.02.2004 15:34 Themen: Freiräume Medien Netactivism
In Berlin endet heute die transmediale 04, welche unter dem Slogan "Fly Utopia!" im Berliner Haus der Kulturen der Welt stattfand. Ein Mix aus Medienkünstlern, Nerds, Hackern, (Net-)Aktivisten und Schickimicki-Publikum bestimmte das Bild dieses "Media Art Festival". Die transmediale soll Labor sein, "um Utopien und Gegenutopien - künstlerische, gesellschaftliche wie politische - zu entdecken".(arte). Persönlichkeiten wie Antonio Negri (Telepolis-Bericht) hielten Vorträge und Aktivisten von Indymedia.Italien saßen auf Podien. Ausstellungen, Workshops, Vorführungen und zahlreiche Kooperationsprojekte fanden im Haus der Kulturen der Welt und parallel dazu anderswo in Berlin statt.
Berlins Freies Radio reboot.fm, welches bis ende April on air ist, berichtet live von der transmediale auf UKW 104,1 und überträgt abends aus dem "club transmediale" im Maria am Ostbahnhof.
Im c-base in Berlin-Mitte finden im Rahmen der Transmediale noch bis Samstag täglich kostenlos Workshops, eine Ausstellung und abendliche Vorträge statt (Programm). Gestern abend besuchte ich die Veranstaltung "Berlin Backbone: Utopie ist Machbar, Herr nachbar!", in der es um WaveLan-Netze und Mobile Mesh ging.
"In Deutschland wurde durch die starke Verbreitung von asymmetrischem DSL der Benutzer zum Konsumenten erzogen. Das heißt für die meisten Leute ist gar nicht vorstellbar, dass sie über das Internet auch andere Dinge tun können, zum Beispiel Video-Conferencing mit wem immer sie wollen, oder einen wirklich regen Austausch jenseits von e-Mail lesen und Webseiten surfen."
(Jürgen Neumann auf freifunk.net, einem Anlaufpunkt für die deutschsprachige freie Wlan-Bewegung)

Im Vortrag zum Thema WaveLan-Netze und MobileMesh ging es vor allem darum, zu erklären wie diese Netze funktionieren, wie Einzelne sich einbringen oder selbst solche Projekte starten können.
Ein Vertreter von berlin backbone stellte zunächst das 2003 gegründete Projekt vor. Ziel des berlin backbone ist ein möglichst flächendeckendes Intranet in der Stadt. Beteiligte können ihre eigenen Inhalte in diesem Netz kostenlos anbieten. Die einzelnen beteiligten Projekte bieten den Menschen dann in ihrer lokalen Umgebung freien WLAN-Zugang zum berlin backbone und zum Internet. Beteiligt sind bereits das Tacheles, der CCCB, das bootlab, die Lehrter Kulturfabrik, die c-base und einige andere Projekte. Auf dem Haus des Lehrers steht eine "Box", die zugleich Acess Point und Client ist, also Signale nicht nur abgibt, sondern auch empfangen und weiterleiten kann. Das Signal einer Antenne richtung c-base reicht bis hin zum Oranienplatz in Kreuzberg. Die Sende/Empangsqualität ist dabei wetterunabhängig.
Verschiedene Antennen wurden im Vortrag vorgeführt und beschrieben. (im c-base gibt es übrigens jeden Mittwoch Antennenworkshops) Das berlin backbone weiterhin ist Teil des Internets und kann per Webinterface konfiguriert werden.
Die Faszination solcher WaveLan-Netze besteht vor allem darin, daß fast ohne Geld ein dezentrales, unkommerzielles Netz geschaffen wird, an dem alle teilnehmen können. (siehe auch WaveLanBerlin)


wo gibts überall netz?


Im zweiten Teil wurde Mobile Mesh vorgestellt. Mobile Mesh geht weiter als herkömmliche Funk/WaveLan-Netze und kann das berlin backbone auf eine neue Ebene heben. Mobile Mesh ist ein "gemeinschaftliches, selbstorganisiertes WaveLan-Netzwerk, welches sich dynamisch selbst konfiguriert, hierarchielos ist, den freien Austausch von Daten zwischen allen beteiligten Nodes (routing) zum Grundprinzip erhebt und dabei möglichst kostengünstig für die TeilnehmerInnen ist". (zitat).Das Mobile Mesh ist ein ad-hoc-Routingprotokoll: Jeder Rechner kann per Funkkarte mit jedem kommunizieren, Funkkarten fungieren dann praktisch als Relaisstationen. Jede Station spürt eventuelle Nachbarn auf und fragt diese, zu wem sie noch Kontakt haben, wie gut die Verbindung ist, und so weiter. Wenn eine gewisse Dichte von Computern, die mit dem Protokoll laufen, sich in einem Gebiet aufhalten (Mobile-Mesh-Wolke?) ist jedes Gerät mit jedem anderen Gerät verbunden.
Normalerweise laufen WaveLan-Netze im "managed mode", d.h. sind über einen Acess Point hierarchisch gegliedert. Mobile Mesh wird allerdings auch vom Militär weiterentwickelt, da sich die Verantwortlichen von diesem Konzept eine enorme Effektivitätssteigerung für Massenmorde versprechen. Positiv ist hervorzuheben, daß die zivile Neutzung von Mobile Mesh nicht von kommerziellen Unternehmen, sondern von Basisinitiativen vorangetrieben wird. In vielen Städten weltweit beginnen immer mehr Menschen, sich auf dieser Basis miteinander zu vernetzen und sogenannte "community networks" oder ["free networks"] zu bilden. Wireless-TV und -Radio sind weitere Anwendungen, die derzeit besonders in den USA umgesetzt werden.
Mobile Mash läuft heute unter allen Linux-Distributionen problemlos. Für Interessierte gab es eine Vorführung und zum Selbskostenpreis eine eine bootfähige Linux-Live-CD mit Slax (auf Slackware-Linux basierend) - abgestimmt mit entsprechender Software, die wie Knoppix nicht installiert werden muss, sondern von CD aus läuft.


vorführung von mobile mesh
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Ergänzungen

Radio Reboot.FM

Ergänzung 04.02.2004 - 15:50
Es lohnt sich wirklich bei Reboot.FM reinzuhören. Der Sender ist in ganz Berlin zu empfangen (und auch noch in Brandenburg). Probleme kanns aber in Hinterhöfen geben.
Wer kein Radio hat oder nicht in Berlin wohnt, kann Reboot.FM auch per .ogg Stream empfangen. .ogg ist ein freies Audioformat (im gegensatz zum unfreien mpeg).
Hier die Infoseite für den Stream:  http://reboot.fm/stream/

Ab mächste Woche soll es übrigens eine wöchentliche Indymedia-Sendung geben.

Grafik der bisherigen Knotenpunkte des Netzes

Jens 04.02.2004 - 22:13
Hier die existenten und geplanten Knoten:
 http://wlanfhain.databang.org/WaveLanBerlin.cgi?NetzGrafik

Viele Tipps gibt es unter www.freifunk.net
Hier findet man auch ebenfalls Interessierte aus dem deutschsprachigen Raum, zu denen man Funkstrecken (Links) aufbauen kann ( http://www.freifunk.net/community)

Alternative Economics - Alternative Societies

xp 05.02.2004 - 17:12
Im Rahmen der Transmediale und dadrüber hinaus, wird noch vom 05.02 bis 15.02.04, (tägl.:10-19.00 Uhr) die
Ausstellung: "Alternative Economics - Alternative Societies"
im 'Haus der Kulturen der Welt' gezeigt, anhand von Videos als der Hauptsächlichen künstlerischen Instalation von Oliver Ressler, werden Modelle und Konzepte vorgestellt, deren gemeinsames Merkmal die Ablehnung des kapitalistischen
Modells ist.
Vorgestellte Modelle sind:
>"Inclusive Democracy" (dt. Projekt für eine umfassende Demokratie) von Takis Fotopoulos. ( http://www.inclusivedemocracy.org)
>Christoph Spehr "Freie Kooperationen"
> Michael Albert's "Parcipatory Economics"
> Nancy Folbre's "Caring Labour"
> Marge Piercy's "Social Fantasies"
> "Arbeiterselbstverwaltung in Yu der 60/70iger" von Todor Kuljic
> "Arbeiterkollektive in Spanien 1936-38" vorgestellt von Salome Molto.
An Ongoing Project!
siehe: www.rePUBLICart.net
und  http://www.ressler.at


Inclusive Democracy Project

Hans 05.02.2004 - 17:29
Ein paar Hinweise zu einem der vorgestellten Projekte, der Ausstellung
"ALTERNATIVE ECONOMICS - ALTERNATIVE SOCIETIES"
mit der Bezeichnung "Inclusive Democracy Project"
englisch sprachiges Buch dazu:
Takis Fotopoulos: "TOWARDS AN INCLUSIVE DEMOCRACY. The Crisis of the Growth Economy and the Need for a New Liberatory Project". (London, 1997)
 http://www.inclusivedemocracy.org/fotopoulos
vom selben Autor in deutsch:
"Umfassende Demokratie. Die Antwort auf die Krise der Wachstums-und Marktwirtschaft" (Grafenau, 2003)
 http://www.trotzdem-verlag.de
Eine Diskussion (in englischer Sprache) zu dem vorgestellten Konzept ist unter folgendem Titel:
"The Inclusive Democracy Project Six Years On" in dem Journal 'Democracy&Nature' vol.9, no.3 - 2003 erschienen.
 http://www.democracynature.org

Die Ausstellung 'Alternative Economics - Alternative Societies' (State of Transition - ongoing) ist demnächst in LINZ (Österreich) vom 11.03-02.05.04 im OK-Centrum für Gegenwartskunst Linz zu sehen.
Später in Wien in der Kunsthalle "Exnergasse" vom 16.06 bis 24.07.04
 http://www.ressler.at

Buchhinweis

armin 14.02.2004 - 11:43
buch zum thema, freie netze, probekapitel, linkliste und bibliographische hinwiese im freifunk wiki
 http://www.freifunk.net/wiki/FreieNetze

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