Referendum wird in Spanien zum Delikt

Ralf sTreck 05.12.2003 10:10 Themen: Repression Weltweit
Wenn es um die Kriminalisierung der Basken geht, wird die spanische Regierung nicht müde. Am Mittwoch wurde vom Kabinett erneut eine Strafrechtsreform auf den Weg gebracht, die nun auf die moderaten Nationalisten zielt. Nachdem man im März die linksnationale Partei Batasuna (Einheit) verboten hat, rücken die immer stärker ins Blickfeld von Madrid. Jetzt werden auch ein Referendum zum Delikt.
Welche Stilblüten das Madrider Denken treibt, zeigt sich an zwei Vorgängen, die am Mittwoch die politische Bühne Spaniens bestimmten. Bei einer Kabinettsitzung wurde ad hoc beschlossen, die Durchführung eines Referendums zu bestrafen. Das kündigte der spanische Justizminister José María Michavila am Abend an. Mit Blick auf die baskische Regionalregierung, die von den moderaten Nationalisten und der kommunistisch dominierten Vereinten Linken (IU) gestellt wird, erklärte er: Es werde zum Delikt, ?illegal Wahlen oder ein Referendum durchzuführen?. Das Prinzip der Souveränität werde verletzt, weil man sich Funktionen anmaße, die von der Zentralregierung nicht übertragen wurden. Drei bis fünf Jahre Haft drohen bei Verstößen
Michavila verkleidet das Vorhaben als ?Garantierung des aktiven Kampfs der Demokratie gegen den Terrorismus?. So wurde schon Batasuna mit einem extra geschaffenen Parteiengesetz verboten, die politisch der Untergrundorganisation ETA nahe steht. Jetzt wird diese Formel auf die moderaten Nationalisten und die IU aufgeweitet, obwohl die den bewaffneten Kampf für die Unabhängigkeit bekämpfen.
Doch die Reform bietet noch mehr. Bestraft wird demnächst auch, wer zum Beispiel mit öffentlichen Geldern verbotene Parteien finanziere. Das zielt darauf, dass zum Beispiel die Parlamentarier von Batasuna noch immer ihre Gehälter erhalten.
Die gesammelte Opposition wendet sich ?aus formalen und inhaltlichen Gründen? gegen die Reform, die einen ?Gesetzesbetrug? darstelle, argumentieren die Sozialisten (PSOE). Eine derartige Änderung müsse in beiden Häusern des Parlaments debattiert werden. Zuvor hatten die konservative Volkspartei (PP) den Namen der Initiative geändert, um eine Mitsprache des Parlaments zu umgehen und Zeit zu gewinnen. An einer Verabschiedung besteht wegen der absoluten Mehrheit der PP ohnehin kein Zweifel.
Weil die Fraktion von Batasuna, mit dem Namen Patriotische-Sozialisten (SA), noch nicht aufgelöst ist, mussten sich am Dienstag Vertreter der Regionalregierung vor Gericht verantworten. 12 Stunden wurden der Parlamentspräsident Juan María Atutxa von der Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV), die Parlamentssprecher der IU und der Baskischen Solidaritätspartei (EA) vernommen. Ihnen wird auf Antrag der spanischen Regierung vorgeworfen, gegen eine Anordnung des Obersten Gerichtshofs verstoßen zu haben. Die Sonderkammer an dem Gericht hatte nach ihrem Verbot von Batasuna die Auflösung deren Fraktion angeordnet. Dem hatte sich das Regionalparlament verweigert.
Atutxa erklärte jetzt den Richtern, dass es nach den Statuten des Parlaments unmöglich ist eine Fraktion aufzulösen und die Entscheidung die Anordnung der Sonderkammer die Souveränität des Parlaments und die Gewaltenteilung verletze. Parlamentarier, die eine Fraktion bilden, verträten keine Partei, sondern ihre Wähler. Deshalb sei eine Auflösung einer Fraktion nicht vorgesehen. Parlamentarier nähmen folglich bei einem Ausscheiden aus der Partei ihr Mandat mit.

© Ralf Streck den 04.12.2003
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