Struck für Wittstocker Bombodrom

Jenz S. 09.07.2003 14:07 Themen: Medien Militarismus
Wittstock-Ruppin: Der Traum von der Freien Heide ist heute zerplatzt wie eine Seifenblase. Noch vor Antritt seines Urlaubs gab Bundesverteidigungsminister Struck heute bekannt, dass das Wittstocker Bombodrom nun doch wieder in Betrieb genommen werde. Damit diskreditierte er den zehnjährigen Protest der Bürgerinitiativen Freie Heide und Freier Himmel, die sich für eine zivile Nutung des 144 qkm grossen Areals nördlich von Berlin eingesetzt hatten. Struck gab damit seinen persönlichen Grundsatz auf, die Weiternutzung von ehemaligen Anlagen der Sowjetarmee und GUS-Truppen auf dem Territorium der DDR nicht wieder militärisch zu nutzen. Der Umfang der Nutzung des Bombenabwurfplatzes soll den Bürgerinnen und Bürgern noch vorgelegt werden.
Nach einer Meldung des Nordkuriers will das Kabinett in Mecklenburg Vorpommern nun auf landespolitischer Ebene klagen. Welche Ansatzpunkte in die Klage aufgenommen werden, soll nun eine Arbeitsgruppe klären. Benedikt Schirge von der Bürerinitiative Freie Heide bestätigte, daß nun eine nächste gerichtliche Runde anstehe. In den nächsten Tagen soll beraten werden, wie man den Protest gegen diese Entscheidung in die Öffentlichkeit trägt. Das Hauptproblem sieht Schirge darin, dass sich die Bundesregierung über die Köpfe der Bürger hinwegsetzt und letztendlich doch nur im eigenen Interesse handelt.
Kurz vor 12 Uhr berichtete heute Antenne Brandenburg (RBB) über die Entscheidung des Ministers und interviewte dazu eine Sprecherin der Initiative Pro Bundeswehr. Diese befürwortete die Entscheidung Strucks und sprach ihre Hoffnung aus, dass nach 10 Jahren endlich der Wirtschaftsstandort Wittstock gesichert werde. Pro Bundeswehr ist eine Wittstocker Initiative, die in erster Linie aus Reservisten und Kleinunternehmern besteht.

Benedikt Schirge: "Wittstock wurde für den Fall der Wiederbelebung des Bombodroms eine eigene Garnision versprochen. Die Leute von Pro Bundeswehr hoffen nun schon seit 10 Jahren auf blühende Landschaften. Passiert ist bisher nichts"




Reportage zum Bericht über den 11. Ostermarsch in Fretzdorf an der A24 zum Wittstocker Bombodrom.  http://de.indymedia.org/2003/04/49383.shtml

Aktionstage für die freie Heide
 http://de.indymedia.org//2001/08/6314.shtml




Artikel im Nordkurier
 http://www.nordkurier.de/news/meck-pomm/bomb/bomb.php

ebd.
Rechliner Bürger wehrt sich gegen Bombodrom
 http://www.nordkurier.de/cgi-bin/fm.pl?location=http://www.nordkurier.de/lokal/waren/investor/investor.php

Artikel in der Süddeutschen Zeitung
 http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/702/13689/

Artikel in der Berliner Morgenpost
 http://morgenpost.berlin1.de/archiv2003/030523/brandenburg/story605776.html

Artikel in der Berliner Zeitung
Basteln gegen Bomben
 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/brandenburg/238795.html


Unter der Sky-Guard Telefon-Nummer 08008620730 besteht die Möglichkeit, dem der Luftwaffe der Bundeswehr mittzuteilen, wann und wo Kampfflugzeuge zu tief geflogen sind.

Kontakt zur Bürgerinitiative Freie Heide
 http://www.freieheide.de
Vereinskontakt:
Helmut Schönberg (Vereinsvorsitzender)
Tannenstr. 12
16909 Schweinrich


Pressesprecher:
Benedikt Schirge
Dorfstr. 27
16831 Zühlen
Tel. 033931-2338
 info@FREIeHEIDe.de


Kontakt zu Bundesverteidigungsminister Struck

Hardthöhe
53125 Bonn
Telefon: 0228-1200
Telefax: 01888-24 53 57


Stauffenbergstraße 18
10785 Berlin
Telefon: 01888-2400
Telefax: 018882-48333

eMail:  Poststelle@bmvg.bund400.de


Literatur:
Susanne Hoch/ Hermann Nehls (Hg): Bürgerinitiative Freie Heide. Bombodrom- nein danke. Berlin 2000.
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Ergänzungen

Sauerei!!!

toz 10.07.2003 - 01:13
Na das ist doch die (Hardt)Höhe! 10 Jahre Protest und Struck sagt wir machen es doch?! Wie kann man denn noch immer so dreist sein? Dagegen eure Aktionen: Hut ab! Und solche Äußerungen aus der Politk sind genau die Dinge, wo ich sage: Wir leben echt in einer tollen Demokratie!!! Ich könnte an die Decke gehen, wie hier seit Jahren rumgeeiert wird. Und nun wollen wahrscheinlich die Bundis für den nächsten Machtkampf mit Wahsington üben? Also, jetzt erst recht: FREIe HEIDe!!! Keinen Bombenabwurfplatz!!! bomben sind so feige!!!

Bombenabwürfe sind offensiv!

Tom 10.07.2003 - 17:01
Von wegen "Verteidigungsarmee"...
Wenn man sich verteidigen will, dann trainiert man höchstens die Luftabwehr. Ein Bombenabwurfübungsplatz ist aber ein rein offensives Militärgebiet. Hier werden die nächsten Angriffskriege vorbereitet!

Deshalb: Nein zum Bombodrom! Widerstand gegen die weitere militärische Nutzung organisieren! Wer Frieden will, braucht keine Bombenabwurfplätze, es sei denn, er sit wie Struck der Meinung, die "Verteidigung" der Bundesrepublik beginnt am Hindukus.

Aktionstage 2003

Maike 11.07.2003 - 22:34
Zu den Aktionstagen ist dieses Jahr ein Camp geplant mit Radtouren und Aktionen zivilen Ungehorsams. Vom 25.7. bis 3.8. - kommt zahlreich!
Baden kann man da auch...

Ausbildungsplatz zum Menschenzerfetzen

Volkmar 19.07.2003 - 02:24
Das Bombodrom ist ein menschenverachtendes Vorhaben und dient lediglich dazu das Zerfetzen von Menschen
aus der Luft zu trainieren, eine Vorbereitung für eine Angriffskrieg, wahrscheinlich wie bisher auf völlig Unschuldige nur
die Machtinteressen von kranken Politikern zu befriedigen.
Es stellt für Deutschalnd eine erneute Schande dar. Deutschalnd sollte sich von allen militärischen Aktionen
fern halten und für eine Friedenspolitik sich einsetzen, aber ohne mit Bomben Menschen zu zerfetzen, ohne Schulen,
Krankenhäuser , Fabriken, Botschaften oder gar Energieanlegen, Infrastruktur oder Chemieanlagen zu bombardieren.
Wer heute mit Bomben Probleme lösen will gehört schön vorher, als in der Vorbereitungsphase vor den
Internationalen Gerichtshof und ist zeitlebens von öffentlichen Ämtern fern zu halten.

Dagegen zu klagen ist schwer...

Anton Kilad 27.07.2003 - 21:44
Artikel 87a garantiert dem Bund solche besonderen Militärübungsplätze.
Bestenfalls ist eine Entschädigung der betroffenen Menschen denkbar. Aber das ist sicher nicht das Hauptziel.
Der Hintegrund bildet die von Struck in seinen "Verteidigungspolitischen Richtlinien" neu definierte Art der "Verteidigung", nach dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung". Hier liegt auch die wesentliche und verfassungsrechtlich bedeutende Veränderung. Struck gibt selbst nämlich zu, dass Deutschland nicht mit einem militärischen Angriff zu rechnen hat. Seine Art "Verteidigung" überall auf der Welt durch Angriff, verletzt das Friedensgebot von Art. 26 GG. Dies ist eine gänzlich neue Situation. Dieser Militärübungsplatz ist deshalb gerade nicht durch Art. 87a und entsprechende Urteile des BVerfG gedeckt, dies kann nicht sein, weil bisher "vor Struck" Deutschland nie so offen Angriffskriege favorisierte. Dies sollte man/frau bei allen Klagen bedenken. Deshalb die Argumentation umkehren: Die offizielle Politik ist keine Verteidigungspolitik, sondern eine militärischer Angriffe und dami auch Gefährung des Friedens. Weil das so ist, darf der Truppenübungsplatz nicht gegebaut werden. Soll er tatsächlich verfassungskomform sein, so ist hier die Regierung den Nachweis schuldig, nicht derjenige, der sich von dem ganzen Militär persönlich bedroht fühlt.

Sowjetische Altlasten in der Heide

Franz 28.07.2003 - 11:56
Ich spreche hier nicht für, aber auch nicht gegen den Übungsplatz. Ich glaube aber, dass es einige Fakten gibt, die leider konsequent ignoriert werden. Nicht jeder weiß nämlich, dass der Übungsplatz Wittstocker Heide durch den Vornutzer (Sowjetarmee) total verseucht wurde.

Im Gegensatz zum Vorhaben der Bundeswehr trainierten die Sowjets früher mit scharfer Munition. Die Zahl der Flüge waren bis 1990 um weit mehr als das zahnfache Höher als was die Bundeswehr plant (25.000 Flüge pro Jahr). Früher befanden sich im Nordteil über 450 Tank- und Munitionslager und Schießbahnen, auf denen sowjetische Verbände mit bis zu 10.000 Mann mit Panzern, Artillerie und Raketenartillerie mit scharfer Munition trainierten. Die Hinterlassenschaften dieser Jahrzehnte sind erdrückend: Munition, Blindgänger und Schrott bedecken das Zentrum des Übungsplatzes. Sie liegen zwischen Heidekraut, Kiefern und Birken. Die Gefahr für Mensch und Tier erhöht sich vor allem durch die sowjetischen Reste von Kugelbomben. Das sind tennisballgroße, grüne Metallkugeln, die sowjetische Flugzeuge aus Schüttbehältern kippten. Jeder Behälter enthielt 550 "Bälle", die erst im Flug durch Rotation scharf gemacht wurden. Die Mehrzahl detonierte beim Aufschlag, aber nicht alle. Demonstranten, die vor Jahren Kreuze errichteten, hatten in ihrer Naivität Glück. Als die Bundeswehr die Kreuze versetzte, entdeckten sie wenige Schritte neben diesen "Mahnkreuzen" einige dieser grünen Kugelbomben aus Sowjetzeiten. Nach dem Abzug der Sowjets wurden von der Bundeswehr allein 315 Tonnen Munition entsorgt. Sie befanden sich teils in Treibstofftanks, in Ölabscheidern oder wurden "illegal" im Wald entsorgt. Man stieß auch auf ausgekippte Pestizide von einer hohen Konzentration. Deshalb musste der Waldboden bis zu fünf Meter tief ausgegraben und entsorgt werden. Eine 30 Meter breite Schneise war zwei Meter tief und vier Meter über dem Boden mit Müll gefüllt (vom alten Reifen, über Ölfässer bis zu Munition und Asbest alles dabei). Ein Überraschung eigener Art war die Tatsache, dass die Sowjets als Unterbau für eine Betonpiste 2.000 Fünfig-Kilogramm-Bomben genutzt hatten, ohne die Zünder und die Sprengladung zu entfernen.

Wenn die Bewegung "Freie Heide" das Vorhaben der Bundeswehr nicht weiter blockiert, dann wird ab 2004 mit der überfälligen Munitions- und Altlastenbeseitigung im Kerngebiet des Platzes begonnen. Das ist eine gefährliche Arbeit, die von Hand geleistet werden muß. Die Dauer der Altlastenbeseitigung soll nach vorsichtigen Schätzungen etwa 7-12 Jahre dauern. Das bedeutet Arbeit für mehr als 400 Menschen und kostet nach derzeitgen Schätzungen rund 200 Mill. Euro. Diese Ausgaben kann die Bundeswehr aber nur vertreten, wenn sie dafür einen nutzbaren Übungsplatz erhält. Kommt es nicht zum Übungsplatz, bleibt vorerst alles so, wie es jetzt ist, d.h. der unbewohnte Übungsplatz bleibt verseucht von Altlasten der Sowjets. Wer sonst soll 200 Mill. Euro oder mehr für ein Gelände aufbringen, in dem niemand wohnt und für das es ohne Bundeswehr keine rentable Nutzung gibt?

Was die Heide bei der Altlastenbeseitigung sonst noch birgt ist völlig ungewiss, nur eines ist sicher: Seit der Übernahme des Platzes 1992 hat die Bundeswehr allein 6.269 Stück scharfer Munition (von der Gewehrmunition bis zur Granate) aus einem kleinen Randgelände im Norden beseitigt, das als relativ unproblematisch eingestuft worden war und an ehemalige Wohnbereiche der sowjetischen Truppen grenzte.

Für die Bundeswehr geht es darum einen Übungsplatz in einer der am wenigsten besiedelteten Gegenden Deutschlands einzurichten. Die Bundeswehr wird nicht mit scharfer Munition trainieren, sondern mit bloßer Übungsmunition. Das sind kleine Betonstäbe, die weder Zünder, noch Sprengstoff enthalten, sondern nur Rauchkabseln. Die Bundeswehr sieht eine Obergrenze bei "nur" 1.700 Flügen im Jahr, maximal 30 pro Tag und ein pro Nacht vor. Jeder Anflug spielt sich nur innerhalb des Übungsgeländes ab und lässt die Umgebung unbehelligt.

Die Verlegung eines Ausbildungsregiments der Luftwaffe der Bundeswehr bedeutet für Wittstock die Präsenz von 800 Soldaten, die Geld und Arbeitsplätze in die Region bringen. Das wären zunächst einmal 60 Mill. Euro an Investitionen für die Wiedererrichtung der Infrastruktur. Derzeit liegt die Arbeitslosenquote in Wittstock bei 22,5%, seit der Wende sank die Einwohnerzahl Wittstocks von 14.500 auf unter 12.000 Bewohner, weil es hier fast "nichts" gibt. In Wittstock gibt es keinen Betrieb der mehr als 40 Arbeitsplätze bereithält.

Egal welchen Standpunkt man zu dem Vorhaben der Bundeswehr einnimmt. Eine Katastrophe ist es, dass Argumente seit Jahren keine Rolle mehr spielen, Diskussionskultur Pro und Kontra ist verlorengegangen, alles ist total emotionalisiert.

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