Aufruf zur aktiven Medienarbeit

Einige aus dem Kollektiv 14.01.2014 16:29 Themen: Indymedia
Während der Proteste rund um Flüchtlinge in Lampedusa, den Esso-Häusern, die Flora und den Gefahrengebieten in Hamburg kommt es immer wieder zu Falschmeldungen in der kommerziellen Presse. Nur eine aktive Medienarbeit kann dem etwas entgegenhalten.
Eine Erfahrung, die soziale Proteste schon lange gemacht haben ist, dass ihre Inhalte und Forderungen in kommerziellen Medien immer zu kurz kommen.
Höhnisch erscheint die immer wiederkehrende Behauptung, Krawalle würden die Inhalte überschatten.
Es sind die Medien und ihre Redaktionen, die aussuchen können, was wie
erzählt und dargestellt wird. Wie sie ihre Berichterstattung aufbauen
ist nicht durch ein staatliches Organ vorherbestimmt (Zensurbehörde), auch nicht durch eine Verschwörung im Hintergrund, die dafür sorgt, dass soziale Proteste nicht ihnen entsprechend in den kommerziellen Medien dargestellt werden. Dass das Bild der Medien einen solchen Eindruck hinterlässt liegt vielmehr darin begründet, dass sie ihrer Aufgabe nicht als neutrale Berichterstatter nachkommen, sondern einem Marktmechanismus unterworfen sind.
Auflagenheischende Titel wie "Es waren St.Pauli Hooligans" (Mopo) sind
nicht daran interessiert, einen Sachverhalt darzustellen, sondern Absatz zu erzielen. Im Internetzeitalter Klicks. Klicks, die Geld bringen. Wichtige Inhalte werden so totgeschwiegen und nicht durch Krawalle, sondern durch den Fokus der Berichterstattung auf selbige überschattet.

Dazu kommt noch eine allgemeine Entwicklung die Medienlandschaft in
Hamburg betreffend:
Gerade in Zeiten des Zeitungssterbens in Deutschland wird investigativer Journalismus fast verunmöglicht. Statt dessen arbeiten immer kleinere Redaktionen daran, immer so zeitnah wie möglich am Geschehen zu sein.
Das führt zu einer verflachenden Berichterstattung, die sich selbst
immer weiter einschränken muss.
Wichtig ist nicht mehr, was wirklich passiert ist und sich ein eigenes
Bild der Lage zu machen, sondern statt dessen so schnell wie möglich
Klicks zu generieren. Auch das Schreiben gegen Vorurteile an wird so
schwer:
Wer sich auf Vorurteile verlässt wird dafür mit höheren Absätzen belohnt.

Wie schwer es ist sich dagegen zu wehren hat deutlich die Taz gezeigt, als sie auf die Lügengeschichte der Polizei (der erfundene zweite Angriff auf die Davidwache) reagieren musste. Der Druck durch die Stimmung, die durch die Polizeilüge aufgebaut wurde war
so groß, dass sie sich tatsächlich von der Bewegung distanzieren musste anstelle die Polizeimeldung erstmal ruhig zu Hinterfragen.
Es war ein Anwalt, nicht ein Journalist, der die Geschichte um die
Polizeilüge ins Wanken brachte.

Diese Erkentnisse sind alle nicht neu, auch wenn sich vieles inzwischen verschärft hat.
Es war mit ein Grund (wenn nicht der Grund), warum Indymedia gegründet
wurde:
Berichterstattung über soziale Bewegungen muss auch in der Hand der
sozialen Bewegungen liegen.
Es reicht nicht aus, sich auf guten Artikeln auszuruhen, die es mal auf N-TV geschafft haben oder sich über das Aufblühen der Taz zu freuen. Medienaktivismus ist wichtiger Teil der Proteste - nur wir selbst können uns selbst auch so darstellen, wie wir das wollen.

In turbulenten Zeiten wie diesen ist es überdies umso wichtiger, eine
konsequente eigene Darstellung der Geschehnisse zu haben.
Dabei ist es egal, ob es auf Indymedia oder einem eigenen Blog passiert. Wichtig ist, dass es diese andere Darstellung gibt.

Wir begreifen Indymedia als Teil der Protestbewegungen. Wir begreifen
de.indymedia.org als die Stelle, an der die verschiedenen Strömungen
der Bewegungen ihre Sicht auf die Dinge darstellen.
In letzter Zeit verweisen wieder vermehrt Medien auf Indymedia. Dabei
versuchen sie Indymedia als Diffamierungstool zu benutzen.
Dass die Berichterstattung über unser Projekt nicht anders verläuft als über die Proteste selbst verwundert uns nicht.
Wir würden uns allerdings freuen, wenn die dadurch geschaffene
Aufmerksamkeit auf die Proteste und ihre Inhalte zurückfließt.

Dafür braucht es eine kontinuierliche Berichterstattung - von uns allen.
Wir freuen uns über die vielen Artikel, die zu diesem Thema bereits
eintrudeln. Es tut gut und gibt Kraft.
Kraft, den Relaunch durchzuziehen und trotz aller Schwierigkeiten weiter zu machen.
Auf der Straße wie im Netz.

Es lebe die Klobürstenrevolution
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Ergänzungen