Europäischer Machtkampf in der Krise

Tomasz Konicz 27.06.2012 11:07 Themen: Globalisierung
Die deutsche Politik instrumentalisiert die Krise, um periphere Eurostaaten zur Preisgabe ihrer Souveränität zu nötigen und so die unangefochtene Dominanz in Europa zu erringen. Dieser Machtpoker dürfte aber letztendlich auch für die BRD böse ins Auge gehen.
Wenige Tage vor dem Ende Juni anberaumten Brüssler Sondergipfel zur Eurokrise spitzen sich die nationalen Gegensätze zuwischen den wichtigsten europäischen Staaten weiter zu. Insbesondere der von der Bundesregierung aufrecht gehaltene Sparkurs in Europa stößt auf immer heftigeren Widerstand derjenigen Staaten, die aufgrund der umfassenden Sparprogramme immer Tiefer in der Rezession versinken. Es sei nur noch „eine Woche“ übrig, um die Eurozone zu retten, warnte am vergangenen Freitag etwa der italienische Ministerpräsident Mario Monti unter Verweis auf den kommenden Gipfel.1 Bei dem Treffen aller europäischen Staats- oder Regierungschefs am 28. und 29. Juni sollen - mal wieder - weitere Maßnahmen zur Überwindung der Schuldenkrise in der Eurozone erörtert werden, die derzeit von hochkarätigen EU-Repräsentanten ausgearbeitet werden. An der Formulierung eines umfassenden europäischen Integrationsprogramms sind der EU-Ratspräsident Hermann Van Rompuy, Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, beteiligt.

Der jüngste Schlagabtausch in der Eurozone wurde vom italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti eingeleitet, der massive Aufkäufe von Staatsanleihen der europäischen Schuldenstaaten durch die Europäische Zentralbank forderte. Diese Aufkäufe sollen nach Montis Vorstellungen automatisch einsetzen, sobald die Zinsdifferenz – der sogenannte Spread - zwischen Deutschen und südeuropäischen Staaten einen bestimmten Schwellwert übersteigt. Der italienische Regierungschef hofft, mit diesem Vorschlag eine Eindämmung der italienischen Schuldenkrise zu erreichen, die sich in steigender Zinsbelastung und einer fortgesetzten Rezession manifestiert. Durch unbegrenzte Anleiheaufkäufe - die im Endeffekt auf eine massive Gelddruckerei hinauslaufen - würde Rom von sinkenden Zinsen profitieren und eine Entspannung der Schuldenkrise in Italien erreichen, ohne die mit einer Inanspruchnahme des EU-Rettungsschirmes EFSF einhergehenden Verluste staatlicher Souveränität in Kauf nehmen zu müssen. In Montis Planspiel sollten die Rettungsfonds EFSF und ESM die „EZB ... lediglich vor einem Teil der möglichen Verluste aus den Käufen schützen“, wie die Finantial Time Deutschland2 berichtete. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble kritisierte umgehend den Vorstoß des italienischen Premiers, indem er darauf verwies, dass die europäischen „Rettungsfonds“ bereits Staatsanleihen direkt aufkaufen können, aber erst „unter der Vereinbarung eines entsprechenden Anpassungsprogramms.“ Schäuble fordert somit eine Souveränitätseinschränkung Roms, bevor Anleiheaufkäufe die Zinslast Italiens verringern könnten: „Wir brauchen nicht ständig neue Überlegungen in der Öffentlichkeit, als hätten wir nicht längst präzise Vereinbarungen getroffen,“ so Schäuble wörtlich.3

Diese Eposiode illustriert die Frontverläufe bei den gegenwärtigen Auseinandersetzungen um die europäische Krisenpolitik. Die immer stärker international in Isolation geratende Bundesregierung ist nur im Gegenzug für Souveränitätsverluste der europäischen Schuldenstaaten bereit, von dem knallharten Austeritätskurs in der Eurozone abzurücken, während die Regierungen der südlichen Peripherie Europas sich bemühen, eben diese Einschränkungen ihrer staatlichen Souveränität möglichst gering zu halten. Deswegen besteht Monti auf den – unverbindlichen – Aufkäufen von Staatsanleihen durch die ZEB, während Schäuble unbedingt den - ab Juli zum ESM mutierenden - EFSF einbinden will. Dabei nimmt Berlin bereitwillig eine weitere Eskalation der Eurokrise in kauf, die sich in steigender Zinslast und einer vertiefenden Rezession der europäischen Krisenstaaten äußert. Durch die eskalierende Zinslast würde Spanien und Italien die Zeit davonlaufen, da sie sich „kaum noch am Markt refinanzieren“ könnten, konstatierte etwa das Handelsblatt. Dadurch geraten diese Länder verstärkt unter Druck, während zugleich Berlin alle Optionen blockiert, die - ohne Souveränitätsverlust - zur Senkung dieses unerträglich hohen Zinsniveaus beitragen würden.4 Für die Bundesrepublik bringt die gegenwärtige Krise der Eurozone auch ökonomisch enorme Vorteile mit sich, da die deutschen Staatsanleihen als ein „sicherer Hafen“ in Krisenzeiten gelten und Berlin folglich sich über ein sehr niedriges Zinsniveau freuen kann. Zudem fiel der Euro gegenüber anderen Währungen stark im Wert, was wiederum der deutschen Exportindustrie zugutekam. Die BRD hat somit kein Interesse daran, die gegenwärtige Konstellation, die Deutschlands ökonomisches Übergewicht gegenüber dem Rest der Eurozone immer weiter anwachsen lässt, schnell zu ändern, solange die Verwerfungen an den Finanzmärkten noch kontrollierbar erscheinen und die deutsche Exportindustrie keine allzu großen Einbußen erlebt. Bei dem eingangs erwähnten Vierergipfel in Rom blieb Merkel ebenfalls stur und verweigerte weitergehende Konjunkturmaßnahmen. Das in Rom angekündigte Konjunkturpaket im Umfang von 130 Milliarden Euro entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Mogelpackung, da vor allem es durch Umschichtungen im EU-Haushalt – etwa aus den Regionalfonds der EU - realisiert werden soll. Bereits ohnehin für Investitionen vorgesehene Mittel würden so einfach umdeklariert.

Diese rücksichtslose Instrumentalisierung der Krisendynamik für machtpolitische Zwecke führte die Bundesregierung aber zugleich in die weitgehende internationale Isolation und ließ eine Welle antideutscher Kritik in vielen europäischen Ländern anschwellen. Auf dem vergangenen G20-Gipfel im mexikanischen Los Cabos wurden die „als engstirnig und egoistisch angesehenen Deutschen“ für die Eskalation der Eurokrise verantwortlich gemacht, schieb etwa Spiegel-Online: „Von US-Präsident Barack Obama bis zu den Regierungschefs von Indien, Brasilien, Argentinien und Russland gab es nur vernichtende Urteile über Merkels Politik, die die Weltwirtschaft in die Rezession führe.“5 Auch die konservative Tageszeitung „Die Welt“ sieht Deutschland international in der „Rolle als Krisen.-Sündenbock,“ die vor allem „angelsächsische Politiker und Medien“ popularisieren würden.6 Tatsächlich gehen inzwischen auch gemäßigte linksliberale Medien wie der britische New Statesman zu scharfen Attacken auf Bundeskanzlerin Angela Merkel über. Der New Statesman bezeichnete Merkel vor wenigen Tagen als die gefährlichste Politikerin der Welt, die mit ihrer „Manie für Austerität“ die Welt in eine „neue Depression“ führe. Tiefe Gräben dürfen sich inzwischen auch zwischen Washington und Berlin aufgetan haben, schmälert doch die Eskalation der Eurokrise die Chancen auf eine Wiederwahl für US-Präsident Barack Obama, der bald in die heiße Phase des Wahlkampfs eintreten muss. Auf eine erstarkende Opposition stößt Merkel auch in Europa, wo Frankreichs neuer Präsident Hollande erfolgreich eine antideutsche Front mit Rom und Madrid aufbauen konnte. Mitte Juni griff etwa die konservative spanische Regierung Berlin ungewohnt scharf an, indem sie die Bundesregierung beschuldigte, die Krise zusätzlich „anzuheizen“, wie es die Nachrichtenagentur Bloomberg formulierte. Wenn Deutschland „einzelne Länder dem Wölfen zum Fraß vorwirft, dann wird das uns alle treffen,“ so der spanische Außenminister Jose Manuel Garcia-Margallo wörtlich.7 Bei dem Vierergipfel am vergangenen Freitag im Rom hätten folglich die drei Eurostaaten Frankreich, Italien und Spanien geschlossen Druck auf Merkel ausgeübt, um sie zur Lockerung des stricken Sparkurses in der Eurozone zu bewegen, konstatierte Spiegel-Online.8

Es stellt sich somit die Frage, wieso Berlin bereit ist, diese nahezu totale Isolierung auf europäischer und internationaler Ebene in Kauf zu nahmen. Einen Hinweis darauf bieten die maßgeblich von Berlin forcierten und in den Massenmedien bereits popularisierten Bemühungen zur umfassenden europäischen Integration, die die Eurozone zu einem europäischen Staatsgebilde unter deutscher Hegemonie transformieren würden – und die faktisch die Grundfeste nationaler Souveränität der Euroländer erschüttern dürften.9 In diesem künftigen europäischen Superstaat würden die Mitgliedsländer nicht mehr in der Lage sein, eigenständig Kredite aufzunehmen. Alle Ausgaben, die nicht mehr durch eigene Einnahmen dedeckt seien, müssten die nationalen Regierungen bei einem künftigen zentralen EU-Gremium beantragen. Auf EU-Ebene würde „dann gemeinsam entschieden, welches Land in welcher Höhe neue Schulden machen darf,“ berichtete Spiegel-Online. Dieser europäische Genehmigungsprozess soll von Vertretern der einzelnen europäischen Parlamente überwacht werden. Im Gegenzug sollten laut Spiegel-Online künftig gemeinsame europäische Anleihen, sogenannte Eurobands, zur Finanzierung der auf europäischer Ebene genehmigten Schulden ausgegeben werden. Bislang lehnt Berlin solche gemeinsamen Europäischen Anleihen ab, da dies zu steigenden Zinsen bei deutschen Staatsanleihen führen würde. Diese durch die Medien grassierenden Überlegungen spiegeln die Vorschläge wieder, die das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen bereits ende Mai in der Öffentlichkeit lancierte. Auch das amerikanische „Wall Street Journal“ (WSJ) berichtete unlängst, dass diese europäischen „Integrationsbemühungen“ Teil eines „Kurswechsels“ der deutschen Krisenpolitik seien. Demnach sende Berlin derzeit „starke Signale“, dass es bereit sei, „seine Einwände gegen Eurobonds aufzugeben,“ wenn andere europäische Staaten bereit seien, „weitere Machtbefugnisse an Europa zu transferieren“.10 In der New York Times erklärte ebenfalls der Ökonom und Europaexperte Jacob Kirkegaard die deutsche Haltung bei der Einführung von Eurobonds: „Wenn die deutschen Steuerzahler für italienische Schulden haftbar sein sollen, dann müssen sie demokratische Mitsprache dabei haben, wie Italien seien Angelegenheiten regelt und deutsches Geld ausgibt.“11 Berlin ist sich also durchaus dessen bewusst, dass eine Abkehr von der desaströsen Sparpolitik in Europa ökonomisch notwendig ist, doch soll dies nur unter deutscher Kontrolle vonstattengehen. Vermittels der Brüssler Bürokratie strebt die Bundesregierung nicht weniger an als die Aufsicht über den Kern staatlicher Souveränität - die Haushaltsplanung - der Krisenländer.

Berlin will somit die machtpolitische Ernte der ökonomischen Export- und Verelendungsstrategie in der Bundesrepublik einfahren - und zur unangefochtenen Hegemonialmacht Europas aufsteigen. In der Tat wäre Deutschland derzeit aufgrund des niedrigen Haushaltsdefizits von den geforderten haushaltspolitischen Einschränkungen kaum betroffen, da Berlin vermittels der gigantischen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse den eigenen Haushalt auf Kosten der Eurozone sanieren konnte, während die meisten Eurostaaten schwerwiegende Souveränitätseinbußen hinnehmen müssten. Die extreme und aggressive Exportausrichtung der BRD wurde erst nach der Einführung des Euro möglich, der den verbliebenen Eurostaaten die Möglichkeit nahm, durch Währungsabwertungen sich der hochproduktiven deutschen Konkurrenz zu erwehren. Kurz nach Einführung des Euro setzte zudem die damalige sozialdemokratische Schröder-Regierung die berüchtigten Hartz-IV-Arbeitsgesetze durch, die das Lohnniveau in Deutschland in Relation zu anderen Eurostaaten immer weiter absenkten und somit deutsche Exportüberschüsse gegenüber der Eurozone immer stärker anschwellen ließen. Diese Exportoffensiven der deutschen Industrie, die den deutschen Leistungsbilanzüberschuss gegenüber der Eurozone seit der Euroeinführung auf rund 800 Milliarden Euro ansteigen ließen (siehe: „Die deutsche Transferunion“), haben somit zur Eskalation der Schuldenkrise in der Eurozone maßgeblich beigetragen – denn die Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands bilden logischerweise die Defizite der entsprechenden Euroländer. Die Eurozone ist inzwischen von dem ökonomischen Schwergewicht Deutschland und den teilweise deindustrialisierten südeuropäischen Volkswirtschaften geprägt, die im binneneuropäischen Verdrängungswettbewerb von der hochproduktiven und auf einen prekarisierten Niedriglohnsektor zurückgreifenden deutschen Exportindustrie platt gewalzt wurden.

Dennoch könnte dieser deutsche Machtpoker um die Hegemonie in der Eurozone, bei dem Berlin die Krisendynamik instrumentalisiert, um die Krisenländer zum Souveränitätsverzicht zu nötigen, auch gewaltig nach hinten losgehen. Einen ersten Ausblick auf den Verwerfungen, die der exportabhängigen Bundesrepublik bei einer weiteren Eintrübung der Weltwirtschaft drohen, erlauben jüngsten Konjunkturdaten. Mit dem Spardiktat in der Eurozone lässt die Bundesregierung auch die wichtigsten Exportmärkte der deutschen Industrie trockenlegen. So gingen im vergangenen Monat die Exportaufträge der deutschen Industrie so stark zurück wie seit dem April 2009 nicht mehr, als sich Deutschland mitsamt der gesamten Eurozone und einem Großteil der Weltwirtschaft in einer schweren Rezession befand. Auf eine rasche Abkühlung deutet auch der Einkaufsmanagerindex, der auf 48,5 Punkte – Werte unterhalb von 50 Punkten deuten auf eine Rezession hin – abfiel: „In den deutschen Unternehmen setzt sich zunehmend die Ansicht durch, dass die Turbulenzen in der Euro-Zone die Geschäftsaussichten für die zweiten Jahreshälfte 2012 bereits beschädigt haben“, erläuterte das für die Erhebung dieses Frühindikators zuständige Markit-Institut. Auch der Ifo-Geschäftsklimaindex, der die Zukunftsprognosen deutscher Unternehmen vermittels einer Meinungsumfrage erfasst, sank im Juni den zweiten Monat in Folge.

Einen weiteren Risikofaktor stellt der instabile Finanzsektor dar. Sollte nicht bald auf europäischer Ebene ein Modus gefunden werden, um vermittels abermaliger Kreditfinanzierung und Gelddruckerei die sich rapide eintrübende Konjunktur zu stützen, droht eine irreversible Eskalation der Krise, bei der ein kollabierendes Finanzsystem die Weltwirtschaft in eine schwere Depression stürzen würde. Die Folgen eines solchen finanziellen Schocks dürften die sozioökonomischen Verwerfungen im Gefolge der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts noch übersteigen. Eine solche Krisenkaskade liefe bei Überschreiten der Belastungsgrenze des ohnehin zerrütteten Weltfinanzsystems in einer ungeheuren Geschwindigkeit ab, die wirksame Gegenmaßnahmen ab einem bestimmten Punk unwirksam machen würde. Mitunter riechen schon kleinere Ereignisse – wie ein Platzen der Verhandlungen am kommenden EU-Gipfel – aus, um bei der desolaten Lage der Weltwirtschaft und des Weltfianzsystems solch einen Schock auszulösen. Und Deutschland spielt mit den übrigen Eurostaaten ein Vabanquespiel. Es ist ein Machtspiel, bei dem es um Alles oder Nichts geht: Wer als Erster angesichts der eskalierenden Krisendynamik nachgibt und sich auf die Bedingungen der Gegenseite zur weiteren Defizitfinanzierung der Eurozone einlässt, hat verloren. Für die Krisenländer Europas steht nichts weniger als ihre Existenz als souveräne Staaten auf dem Spiel; für Deutschland geht es um die Hegemonie in Europa. Dabei wächst täglich die Gefahr, dass die Weltwirtschaft entgleist, bevor der europäische Machtkampf entscheiden ist.
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Ergänzungen

zeitpunkt

f.f. 27.06.2012 - 12:11
der zeitpunkt, ab wann das deutschnationale kapital den diplomatischen kurs unter sarkozy's führung entgültig in den gulli befördert hat, läßt sich anhand einer medienrückschau relativ genau bestimmen: ende november/anfang dezember 2011 setzte sich merkel gegen die europäischen pläne von euro-bonds im natoinalen alleingang durch!

Integration

Seyfi Ögütlü 28.06.2012 - 08:42
Integrationsbericht: Ausländer häufig arbeitslos und schlecht qualifiziert

Maria Böhmer (zweite von links) auf einer Tagung: Zufriden mit der Integration Foto: boellstiftung/flickr Lizenz:  http://bit.ly/cwyzYr

BERLIN. Ausländer sind in Deutschland mehr als doppelt so häufig arbeitslos wie Deutsche. Dies geht aus dem am Mittwoch vorgestellten „9. Bericht zur Lage der Ausländer“ in der Bundesrepublik hervor. Demnach waren 2011 durchschnittlich 16,9 Prozent der Einwanderer arbeitslos gemeldet. Bei deutschen Staatsangehörigen lag die Quote dagegen bei 7,2 Prozent.

Dennoch zeigte sich die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), über die Entwicklung erfreut. Insgesamt sei die Arbeitslosenquote unter den Ausländern gesunken. Dies sei ein Zeichen dafür, daß „Arbeitgeber verstärkt auf die Potenziale von Migranten setzen“. Sie forderte zudem, den Einwandereranteil bei Polizei, Feuerwehr und in der Verwaltung deutlich zu erhöhen. Diese könnten dort als „Brückenbauer“ wirken.

Steigende Einbürgerungszahlen
 http://imgload.info/files/osn1332586223k.jpg
Auch bei den Bildungsabschlüssen erreichen Kinder von Ausländern im Vergleich zu gleichaltrigen Deutschen schlechtere Ergebnisse. Während fast 40 Prozent der Jugendlichen mit deutscher Staatsangehörigkeit das Abitur erlangen konnten, lag dieser Anteil bei ausländischen Schülern bei etwa 17 Prozent. Deutlich überproportional vertreten sind Ausländer dagegen bei Hauptschulabgängern und Schulabbrechern.

Mit Blick auf die steigenden Einbürgerungszahlen (von 96.122 im Jahr 2009 auf 101.570) lobte Böhmer, es sei gut, daß „immer mehr Migranten voll und ganz Ja“ zu Deutschland sagten. Mit Nachdruck sprach sich die CDU-Politikerin dafür aus, die Einbürgerungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. „Ich halte es für dringend notwendig, daß die Behörden die Willkommenskultur auch in der Praxis umsetzen.“

Islamverbände empört
 https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=l5_sq4tGQ68
Um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands künftig zu sichern, müsse es weiterhin eine qualifizierte Zuwanderung geben, forderte die Integrationsbeauftragte. Erforderlich sei ein gesellschaftlicher Wandel bei der Haltung gegenüber Einwanderern. Statt Abwehrhaltung sollten die Deutschen diese besser wertschätzen.

Bereits im Vorfeld hatten Muslime den Bericht heftig kritisiert. „Die Bezeichnung ‚Bericht zur Lage der Ausländer’ suggeriert, daß diese Menschen nicht Bürger Deutschlands sind“, empörte sich der Generalsekretär des Verbandes der Islamischen Kulturzentren, Seyfi Ögütlü, gegenüber der Rheinischen Post. Er bedauerte zudem die fehlende Einbindung islamischer Verbände bei der Formulierung des Berichts.

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