(B) Demo für Schokoladen

Teilnehmer_in 21.02.2012 21:40 Themen: Freiräume Kultur Soziale Kämpfe
Heute haben in Berlin rund 500 Unterstützer_innen für den Erhalt des Schokoladens und das Rechts auf Stadt demonstriert. Zeitgleich gab es Demonstrationen in Leipzig und Hamburg.
Rund 500 Unterstützer_innen des Schokoladens haben heute in Berlin für den Erhalt von sozialen und kulturellen Projekten und das Recht auf Stadt demonstriert. Zeitgleich fanden Demonstrationen in Leipzig und Hamburg statt. Gemeinsam mit zahlreichen Berliner Haus- und Kulturprojekten, linken Gruppen und Antifa-Strukturen hatte das Bündnis „Schokoladen verteidigen!“ zur Demonstration „Schokoladen verteidigen! Gemeint sind wir alle!“ aufgerufen.

Neben dem Schokoladen, dessen angekündigte Räumung nach öffentlichem Druck ausgesetzt worden war, wurde die Situation zahlreicher anderer bedrohter Projekte und Freiräume deutlich gemacht. So hat die Kirche von Unten (KvU), ein Projekt, dass seit 1987 im Kiez fest verankert ist, eine Kündigung bis zum Ende des Jahres erhalten. Auch das Hausprojekt in der Linienstraße 206 sieht nach einem erneuten Eigentümerwechsel und dem Scheitern, das Haus durch Selbstkauf zu sichern, einer unsicheren Zukunft entgegen.

Klar wurde auch, dass der politische Druck bei den Verhandlungen zum Erhalt des Schokoladens aufrecht erhalten werden muss. Im Redebeitrag des Schokoladens, der deutlich gemacht hat, dass es dem Projekt nicht darum geht, als Insel in einer gentrifizierten Stadt für das angemessene Subkultur-Tourismus zu sorgen, sondern das weitere Projekte bedroht sind, wurde deutlich: der politische Druck muss aufrecht erhalten werden. Es ist notwendig, den Beteiligten an den kommenden Verhandlungen genau auf die Finger zu schauen. Für Mittwoch, den 22. Februar hatte Markus Friedrich, die Räumung der Gewerberäume in der Ackerstraße 169/170 angeordnet. Dies hätte das Ende der Kulturprojekte Schokoladen, TiSCH Theater und des „Clubs der polnischen Versager“ bedeutet. Am Freitag, 17. Februar unterschrieben die beteiligten Parteien des Konfliktes eine Vereinbarung, die eine „Friedenspflicht“ bis zum 31. März vorsieht. Die Unterstützer_inenn sitzen nicht mit am Tisch und lassen es sich nicht nehmen, weiter Druck auszuüben. Da die Verhandlungsparteien erst durch den öffentlichen Druck überhaupt bereit waren, sich wieder an den Verhandlungstisch zu setzen, hatte das Bündnis an der Demonstration festgehalten und hat auch für die nächsten Wochen weitere Aktionen angekündigt.

Es wäre schön, zur Ergänzung die Redebeiträge der Demo zu haben und Berichte zu den Demonstrationen in Hamburg und Leipzig.


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Ergänzungen

Leipzig

TeilnehmerIn 21.02.2012 - 22:01
In Leipzig waren es 150-200 TeilnehmerInnen auf der Demonstration. Weitere Berichte und Bilder folgen die Tage.

Wir bleiben alle!

Leipzig II

noch eine Teilnehmende 21.02.2012 - 23:42
Soliaktion für den Schokoladen. Wohnraum für alle, Gentrifizierung stoppen.

Posted on | Februar 21, 2012 | No Comments

Rund 200 Menschen in Leipzig folgten am Abend des 21.2.2012 dem Aufruf einer Soli-Demonstration für das Berliner Projekt “Schokoladen”. Dieses war und ist von Räumung bedroht. Die Räumung des sollte ursprünglich am 22.2. vollzogen werden, wurde nun aber bis Ende März ausgesetzt. Die Leipziger Demonstration versuchte zudem einen inhaltlichen Bogen zu lokalen Problemlagen zu schlagen. Aufgrund massiven Protestes lenkte der Eigentümer des Hauses in der Ackerstraße 169, wo der “Schokoladen” seit nunmehr 22 Jahren ansässig ist, ein und erklärte sich bereit nach einer Verhandlungslösung zu suchen, die so aussehen könnte, dass er eine Ausgleichsfläche um die Ecke des Projektes in Berlin-Mitte kaufen kann und das Objekt von den NutzerInnen mithilfe einer Stiftung gekauft werden kann. Ob dieser Deal gelingt, ist offen. Zum Auftakt der Leipziger Demo wurde in einem Redebeitrag die Situation des “Schokoladens” umrissen und für Solidarität mit linken Projekten geworben.

Auch in Leipzig sind städtebauliche Aufwertungsprozesse im Gange, die Verdrängung nach sich ziehen. Verwiesen sei auf die Beispiele der Wohnkomplexe Windmühlenstraße und Kantstraße, an denen die Demonstration vorbeizog. In beiden Fällen stehen die von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft LWB an private Investoren verkauften Objekte vor der Sanierung. Mietsteigerungen und der Wegzug von MieterInnen werden unwillkürlich die Folge sein. Musste in der Windmühlenstraße mindestens eine Gewerbetreibende bereits das Feld räumen, versucht der neue Eigentümer des Wohnkomplexes Kantstraße seine MieterInnen mit fragwürdigen Praktiken loszuwerden. Gentrifizierung als Verdrängung von Menschen und Projekten infolge städtebaulicher oder soziokultureller Aufwertung ist in Leipzig jedoch auch über diese Beispiele hinaus zum Thema geworden.

Fazit der Soliaktion ist: der Schokoladen und auch andere in ihrer Existenz bedrohte Projekte müssen verteidigt werden. Verteidigt gegen Profitinteressen und eine kapitalistische Stadtentwicklung. Es geht um die Frage sich Freiräume zu erhalten, aber auch darum sich als einzelne MieterIn Verdrängungstendenzen zu widersetzen. Dazu bedarf es einer Organisierung von Betroffenen, von SymphatisantInnen und anderen Interessierten.

Links:
* “Die Häuser denen, die drin wohnen”: Leipziger demonstrieren für Berliner Wohnprojekt und gegen Gentrifizierung (Leipziger Internetzeitung, 21.2.12)
 http://www.l-iz.de/Politik/Leipzig/2012/02/Leipziger-Demo-gegen-Gentrifizierung.html

* 200 Leipziger demonstrieren für günstige Mieten und alternative Wohnprojekte (LVZ-online, 21.2.12)
 http://www.lvz-online.de/leipzig/citynews/200-leipziger-demonstrieren-fuer-guenstige-mieten-und-alternative-wohnprojekte/r-citynews-a-126459.html

* Gentrifizierung in Leipzig (Radio Corax, 21.2.12)
 http://freie-radios.net/46639

* Initiative "Wir bleiben hier"
 http://wirbleibenhier.blogsport.eu/

redebeitrag linie

auf linie 24.02.2012 - 01:40
der bitte entsprechend dokumentieren wir den redebeitrag der linienstraße 206:
Für Manche ist das Haus eine Sehenswürdigkeit, die als Relikt aus mystischer Vergangenheit des ach so alternativen Berlins gerne fotografiert wird. Für UNS ist es der Raum in dem wir gemeinsam leben, wohnen, sind und bleiben! In der derzeitigen Stadtpolitik gibt es keinen sozialen Wohnungsbau, alternative Wohn- und Kulturprojekte werden an Investoren verkauft usw. Damit werden Menschen mit wenig Geld und oder mit anderen Lebensvorstellungen gezwungen umzuziehen oder aufzugeben. Stattdessen sind enorme Summen zum Beispiel für den Bau des BND-Gebäudes ausgegeben worden. Und wir haben für Spitzel wirklich nichts übrig! Angesichts dieser Stadtpolitik klingt es vielleicht vermessen dass wir mit euch - und allen die verdrängt werden sollen, Bleiben wollen! Wir stehen zu unseren Ansprüchen und werden dafür kämpfen! Gut drei Jahre ist es her, dass die damaligen Eigentümer der Linienstr. 206 nach einer offensiven Öffentlichkeitskampagne einsahen, uns nicht rauszuschmeißen zu können. Sie beteiligten sich an Verhandlungen über einen möglichen Kauf des Hauses durch seine BewohnerInnen. Wir gründeten eine GmbH, sammelten Kredite und sicherten uns die Unterstützung der Edith Maryon Stiftung,die auch den Schokoladen unterstützt. Als eine Einigung in greifbarer Nähe schien, brachen die Eigentümer_innen plötzlich den Kontakt ab. Sie haben es 2010 geschafft, das Haus an die Nächsten mit noch höherem Gewinn zu verscherbeln. Frank Wadler und Bernd-Ulrich Lippert, die unser Haus damals gekauft haben verschanzten sich über ein Jahr hinter der obskuren Hanseatic Bau- und Haus-Verwaltung. Inzwischen haben die Eigentümer angefangen einzelne Menschen anzugehen und wir befürchten, demnächst mit Gerichtsprozessen überzogen zu werden. Das Ziel von Wadler und Lippert ist eindeutig uns so bald wie möglich rauszuschmeißen und ein weiteres alternatives Projekt zu zerstören. Aber Besitzer kommen, Besitzer_innen gehen - Linienstraße bleibt bestehen! Wir werden nicht eher ruhen bis das Haus zu einem bezahlbaren Preis an die selbstverwaltete Hausgemeinschaft übergeben worden ist und endlich der kapitalistischen Verwertungslogik entzogen ist. Das ist unser Haus, das hier ist auch unser Kiez. One Struggle one fight, Recht auf Stadt für Alle! Rache für den Johnny Cash Döner! Danke für eure Aufmerkamkeit