Sachsen will Polizei mit mehr Befugnissen ausstatten

addn.me 11.09.2011 12:36 Themen: Freiräume Repression
Die Sächsische Landesregierung plant ungeachtet der skandalösen Ermittlungsmethoden im Zusammenhang mit den Protesten gegen einen geplanten Naziaufmarsch am 19. Februar in Dresden die Befugnisse der Polizei zu erweitern. So soll das geänderte Gesetz Kommunen in Zukunft die Möglichkeit geben, an bestimmten Tagen und Orten Alkoholverbote auszusprechen, darüber hinaus soll auch das datenschutzrechtlich umstrittene Mittel der automatischen Kennzeichenerfassung demnächst auf Sachsens Straßen und Autobahnen umgesetzt werden. Eine Abstimmung im Landtag steht noch aus.
Wie die Leipziger Internetzeitung in ihrer Montagsausgabe berichtet, plant die schwarz-gelbe Landesregierung schon in den nächsten Wochen die Umsetzung ihrer umstrittenen Polizeireform. Dazu wurde am 1. September der Gesetzentwurf zum neuen Sächsischen Polizeigesetz im dafür zuständigen Innenausschuss des Sächsischen Landtages diskutiert. Trotz verfassungsrechtlicher Bedenken des Sächsischen Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig und aus den Reihen der Opposition soll der Entwurf demnächst im Landtag zur Abstimmung vorgelegt werden.

Die Änderungen betreffen gesetzliche Regelungen zur präventiven Wohnungsdurchsuchung, ein Alkoholverbot auf öffentlichen Straßen und Plätzen sowie die Einführung der mobilen Kennzeichenerfassung. Das Alkoholverbot sieht für sächsische Kommunen unter der Voraussetzung dass von Personen Straftaten ausgehen könnten die Möglichkeit vor, an bestimmten Tagen den Alkoholkonsum auf bestimmten öffentlichen Straßen und Plätzen zu verbieten. Erst vor zwei Jahren hatte der Verwaltungsgerichtshof in Baden-Württemberg ein ähnliches Gesetz für die Freiburger Altstadt als rechtswidrig zurückgewiesen. Auch die geplante KFZ-Kennzeichenüberwachung steht bundesweit in der Kritik. In Niedersachsen hat ein Autofahrer vor dem Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen die Praxis der im Dezember 2007 eingeführten verdachtslosen Kennzeichenerfassung eingelegt. Zuvor hatte das Gericht schon ähnliche Gesetze in Hessen und Schleswig-Holstein für verfassungswidrig erklärt.

Der innenpolitische Sprecher der Linken, Rico Gebhardt, bezeichnete die geplanten Verschärfungen des Sächsischen Polizeigesetzes als verfassungswidrig und kündigte eine Veto seiner Partei an. In seinen Augen gelte das überarbeitete Gesetz in Zukunft nicht mehr nur der "Gefahrenabwehr", sondern gibt der Polizei darüber hinaus die Möglichkeit, in die Verfahrensleitung der Staatsanwaltschaft einzugreifen. Die Grüne Landtagsabgeordnete Eva Jähnigen kritisierte die Ablehnung zur Vertagung der Beratung wegen massiver datenschutzrechtlicher Bedenken ihrer Fraktion und forderte stattdessen im Hinblick auf die Vorkommnisse nach dem 19. Februar einen datenschutzgerechten Umgang mit polizeilichen Dateien und Datenauswertungsprogrammen.

Neben der Reform des Polizeigesetzes steht immer noch das neue Versammlungsgesetz auf der Agenda der schwarz-gelben Koalition. Ursprünglich sollte das Gesetz bereits Anfang des Jahres in Kraft treten, wurde jedoch aufgrund formaler Fehler vom sächsischen Verfassungsgerichtshof zurückgewiesen. Obwohl es gravierende Mängel aufwies, reichte die Regierungskoalition das Gesetz erneut ohne Änderungen ein. Daraufhin sprach der Grüne Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi von einer "ideologisch motivierten Symbolpolitik". Die Änderungen sehen eine Einschränkung des Versammlungsgesetzes vor. Demnach können Demonstrationen an historisch bedeutsamen Tagen und Orten verboten werden.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Sächsisches ppp im Auge behalten!

Sumpfschildkröte 12.09.2011 - 09:56
Mich persönlich treibt hierbei die Frage um, warum gerade in Sachsen so viel “Schmu“ möglich ist? Aus anderen Ost-Bundesländern hört man solch negative Nachrichten, in dieser ausgeprägten Form, nämlich nicht! “Sachsensumpf“ und die aktuellen Geschehnisse; bei diesen Themen kommen die sächsischen Behörden – allem voran die “Strafverfolgung“ – nicht sonderlich gut bei weg.
Und auch bei der Privatisierung der “öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ (z. B. privatisierte kommunale Ordnungsaufgaben, sog. “public private security“) werden im Bundesland Sachsen Sachen praktiziert, wie sie für andere Bundesländer undenkbar sind.
Vor einigen Jahren gab es in Sachsen sogar Pläne, im Rahmen von “police private partnerschip“ (ppp), die öffentliche Videoüberwachung zu privatisieren: Das Sächsische Innenministerium, Polizei und Sicherheitswirtschaft waren sich damals „...einig, das bei einer Überwachung durch Private, verfassungsrechtliche Bedenken, die bei einem staatlichen Einsatz bestünden, geringer seien...“.
Insidern dürfte bekannt sein: Der Informations- und Datenaustausch zwischen Polizei und Sicherheitswirtschaft läuft – infolge intensiv praktiziertem ppp - in Sachsen so gut wie in keinem anderen Bundesland!


Mehr Informationen unter:


Plauen: Rechtswidriges “police private partnerschip“

 http://www.trend.infopartisan.net/trd0910/t210910.html


Öffentliche Videoüberwachung wir privatisiert

 http://www.links-netz.de/K_texte/K_brunst_video.html

deshalb

.... 12.09.2011 - 16:21
TROTZ ALLEDEM: LINKE POLITIK VERTEIDIGEN!

Aufruf zum Antirepressions-Block bei der Antifa-Demo am 24. September in Leipzig

Aufruf:

 http://handanlegen.blogsport.de/antirepressions-aufruf/


Am 24. September findet in Leipzig eine bundesweite Antifademo der Kampagne „Fence Off“ statt, Ziel ist die Schließung eines Nazizentrums. Vor dem Hintergrund der sächsischen Repressionswelle gegen AntifaschistInnen und Linke erscheint es uns dringend nötig, gerade jetzt solidarisch zu handeln, gerade jetzt unsere Kritik nicht durch die buchstäbliche „Schere im Kopf“ zu enthaupten, sondern gerade jetzt darauf zu bestehen, linke Positionen in der Öffentlichkeit stark zu machen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 3 Kommentare an

Wie — was

damit... — nameless

Leipzig — --