Wird “Terror Crew Muldental” verboten?

Freundeskreis Gamma 25.07.2011 16:46 Themen: Antifa Repression
“Versehentliche” Veröffentlichung des Verfassungsschutzes warnt Nazis vor drohenden Hausdurchsuchungen.
Der Nazi-Gruppierung “Terror Crew Muldental” droht womöglich ein Verbot: Gegen “20 bis 30 Personen”, die der gewalttätigen Kameradschaft angehören sollen, werde derzeit wegen “Verdachtes der Bildung einer kriminellen Vereinigung” (Paragraf 129 StGB) ermittelt. Das berichtet die Lokalausgabe der Leipziger Volkszeitung (Muldentalzeitung) mit Verweis auf Informationen des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV).
Braunes Fußballturnier

Das LfV hatte auf seiner Website am 7. Juli über ein einschlägiges Freizeit-Fußballturnier berichtet, das am 18. Juni mit bis zu 150 Teilnehmern in Hohenwussen (Naundorf, Landkreis Nordsachsen) stattfand. Dazu hatte das “Freie Netz Nordsachsen” eingeladen, angeführt von Maik Scheffler. Laut LfV wurde dieses Turnier “von der NPD maßgeblich logistisch unterstützt” – der Landesverband, der von Scheffler stellvertretend geleitet wird, sowie NPD-Landtagsabgeordnete haben Preisgelder gesponsert und Tore gekauft.

In einem Bericht auf der Website des “Aktionsbüro Nordsachsen” – ebenfalls von Maik Scheffler verantwortet – heißt es dazu in einem Bericht vom 19. Juni:

Ein Bündnis aus Freien Kräften, Aktionsbüro Nordsachsen, Bürgerforum Oschatz, NPD-Nordsachsen und der kürzlich neu gegründeten JN Nordsachsen lud zum fairen Spiele. Unsere benachbarten Freunde aus dem Muldental und Riesa stellten hochmotiviert eigene Mannschaften und der Sieger hieß am Ende TC Muldental. Herzlichen Glückwunsch! (siehe Screenshot)

Verräterische Fotos und versehentliche Sätze

Hinter dem kryptischen Kürzel “TC” verbirgt sich die als “TCM” bekannte “Terror Crew Muldental”. Darüber war der aufmerksame Verfassungsschutz gestolpert, als er den Bericht des “Aktionsbüros” mit dem ansonsten identischen Artikel verglich, der zeitgleich auf der Website des NPD-Kreisverbandes Nordsachsen (Vorsitzender: Maik Scheffler) erschienen war: Im Text der NPD (siehe Screenshot) wurden die kompromittierenden Fotos weggelassen, auf denen die TCM sogar mit eigenem Transparent zu sehen ist (siehe dieses und obiges Foto). Über das Fußballturnier und insbesondere die TCM berichtete das LfV schließlich am 7. Juli wie folgt:

Die Beteiligung dieser Gruppierung, gegen deren Mitglieder die Polizei wegen des Verdachtes der Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß Paragraf 129 Strafgesetzbuch (StGB) ermittelt, gibt die NPD in ihrer eigenen Berichterstattung nicht offen zu erkennen. (siehe Screenshot)

Allerdings war der Nebensatz offenbar ein “Versehen”, wie die Muldentalzeitung bemerkt, und die Ermittlungen waren bisher womöglich nicht mal den TCM-Mitgliedern bekannt. Nach entsprechenden Presseanfragen, zu denen LfV und LKA die Auskunft verweigerten, ist der Passus am Mittwoch auf der LfV-Website kommentarlos gelöscht und die Meldung umdatiert worden. Die neue Formulierung lautet:

Die Beteiligung dieser Gruppierung – einige ihrer Mitglieder sind bereits wegen der Begehung von Straf- und Gewalttaten verurteilt worden – gibt die NPD in ihrer eigenen Berichterstattung nicht offen zu erkennen. (siehe Screenshot)

Nach dem heute erschienenen LVZ-Artikel warnt nun die NPD-Jugendgruppe “JN Muldental” per Twitter vor möglichen Hausdurchsuchungen im Zuammenhang mit den laufenden Ermittlungen (siehe Screenshot). Weil ähnliche Ermittlungen bereits 2001 bzw. 2007 zum Verbot der “Skinheads Sächsische Schweiz” (SSS) und der Mittweidaer Kameradschaft “Sturm 34″ geführt hatten, befürchten Nazis nun erneut Konsequenzen. Die Behörden mochten auch dies bislang nicht kommentieren.

Ein infrage kommendes Verbot nach dem Vereinsgesetz setzt juristisch belastbare Ermittlungsergebnisse voraus und müsste durch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) ausgesprochen werden. Automatisch inbegriffen wäre ein Verbot aller Ersatz- und Nachfolgegruppen – für organisierte Nazi-Aktivitäten ist das gewiss hinderlich.

TCM-Mitglieder waren am Brandis-Überfall beteiligt

Solche Aktivitäten betreibt die TCM seit mindestens 2008 vor allem in Wurzen und Bennewitz, wo sie eine “nationale Freizeitgestaltung” für die örtliche Naziszene leistet. Abgesehen von mehreren “nationalen Fußballturnieren” (Motto: “Das System ins Abseits”) und Männertagsausflügen ist die TCM vor allem am 24. Oktober 2009 aufgefallen, als mehr als 50 Nazis in Brandis ein Bezirksklasse-Fußballspiel des Vereins “Roter Stern Leipzig” (RSL) gegen FSV Brandis gestürmt haben. Dabei wurden Spieler und Fans des RSL bewaffnet angegriffen und zum Teil schwer verletzt. (siehe GAMMA-Dossier)

Mittlerweile wurde wegen des Überfalls Anklage gegen mehrere TCM-Mitglieder erhoben. Robert Ihbe und Chris Rox wurden dafür bereits zu zwei Jahren und zehn Monaten bzw. zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Das NPD-Mitglied Rox war 2009 für die NPD zur Gemeinderatswahl in Bennewitz angetreten und spielte bis zur Inhaftierung in der TCM-nahen Naziband “Storm of Mind”. Weiterhin erhielt Alexander Lange anderthalb Jahre auf Bewährung; Ermittlungen wurden ferner gegen Rene Pohl geführt und im Falle Eric Sallie, dessen Beteiligung am Überfall unstrittig ist, eingestellt.

(Nachtrag: Nun berichtet auch der MDR ausführlich.)

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Ergänzungen

auf gehts

name 25.07.2011 - 17:07
Protest in Geithain: Aufruf gegen den “Tag der Identität” von NPD und “Freies Netz” am 13. August im Geithainer Bürgerhaus.
Protest in Leipzig: Mobilisierung von AntifaschistInnen und Zivilgesellschaft gegen die NPD-Kundgebung am 20. August vor dem Leipziger Völkerschlachtdenkmal.

Abwarten

Smitty 25.07.2011 - 17:28
Ich denke heute Abend oder morgen lesen wir die Auflösungserklärung der TCM. Danach wird der "Spaß" unter anderem Namen weitergehen.

TC auch in Bs

Bs Luzi 25.07.2011 - 19:29
einen Ableger scheint es wohl auch in Braunschweig zu geben.
Wir konnten schon mehrmals 10-15 Personen mit Jacken mit der Aufschrift Terrorcrew Braunschweig in der Stadt und im Stadion beobachten.
Auch sollen einige Mitglieder bei den Nazibands GSTORK und den Uschis spielen.
Die beiden Bands hatten erst nach der Bs Demo mitten in Braunschweig spielen können. Wir machten mehrmals darauf aufmerksam.

Bs Luzi

Gegen staatliche Repression

Antirepressionsbeauftragter 26.07.2011 - 12:22
Der Paragraf 129 gehört wie die §§129a und 129b zum politischen Strafrecht der BRD und ermöglicht eine Verurteilung auch ohne konkrete Tatbeteiligung. Menschenrechtsorganisationen, autonome Aktivist_Innen und zahlreiche Politiker_Innen aus SPD, Grüne und Linke fordern deshalb seit langem die Abschaffung dieser Paragrafen.

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