SIKO Freitag: Bericht der Aktion bei "Käfer"

ein paar so autonome halt 06.02.2011 00:25 Themen: Militarismus SiKo München
Als am Freitag vom offiziellen Aktionsbündnis gegen die „Sicherheitskonferenz“ zu einer Kulturveranstaltung am Marienplatz mobilisiert wurde, gab es im Anschluss ab 20 Uhr eine Kundgebung vor dem Bonzen-Lokal „Feinkost Käfer“ im noblen Stadtteil Bogenhausen. Dorthin lädt der Münchner Rechtsanwalt Wolfgang Seyboldt traditionell Teilnehmer_innen der SIKO und Promis zum abendlichen Dinner ein. Hauptsächlich sind dort deutsche und US amerikanische Vertreter_innen von Kapital, Politik und Militär, sowie sonstige Leute, die sich in irgendeiner Weise der Elite zugehörig fühlen, zu Tische.
Insgesamt versammelten sich auf der Kundgebung 30 Menschen. Das mutet schon etwas wenig an, bzw. ist es auch – allerdings beteiligten sich am Marienplatz auch nur an die 100 Protestierenden. Die Münchner Gruppe „AnarchistInnen / RätekommunistInnen“ mobilisierte bereits im Vorjahr zu einer ähnlichen Aktion, jedoch war diese auf Grund später Bekanntgabe schwächer besucht. Beides sollte sich dieses Jahr ändern und auch kontroverse Züge bekommen – doch dazu später.
Am angemeldeten Ort angekommen, haben die Bullen zuerst mal kurzfristig beschlossen die Kundgebung nur ein paar Meter weiter weg zu erlauben. Das Motto den „Bonzen & Militärs in die Suppe spucken“ sollte so erschwert werden. Wie sich später herausstellte wurden die betuchten, vornehmen Gäste nämlich dieses mal nicht an der Kundgebung vorbei in Konvois zum Dinner chauffiert, sondern durch eine Seitenstraße hintenrum zum Eingang des „Käfer“ gebracht. So bekamen wir nur die leeren Nobelkarossen mit, die dann anschließend um die Ecke bogen. Allerdings waren anfangs nicht alle so clever manövriert worden. Ein Konvoi aus 5-6 Autos des gleichen Typs Audi-weiß-der-Geier bog falsch (oder auch richtig) zur Kundgebung ab. Leider war um diese Zeit, 19.30 Uhr, noch fast niemand an der selbigen. Aber diese Damen und Herren staunten nicht schlecht als sie lautstark begrüßt wurden und mit Schildern wie „Kein Friede den Kriegstreibern“ vor ihren Karren herumgefuchtelt wurde.
Aber auch unter leicht erschwerten Bedingungen wurde mittels Redebeiträgen und lauter Musik die Gelegenheit genutzt diesen Leuten zu zeigen warum sie hier unerwünscht sind, wenn man auch, wie ein Redner betonte, den „Bonzen physikalisch nicht in die Suppe spucken“ könne. Letztere kostet beim „Käfer“ übrigens schlappe 16 Euro. Herausgefunden hat dies eine kleine Gruppe, die sich den Nobelschuppen nach dem Studieren der Speisekarte mal von innen ansehen wollte. Das sie von den Bullen daran gehindert wurden muss wohl nicht extra betont werden.
Für ein wenig Abwechslung sorgte noch eine Filmvorführung einer Künstler_innen-Gruppe, die eine Originalaufnahme der Realitäten des Krieges abspielte. Unkommentiert konnten alle Beteiligten die Jagd auf vermeintlich „terroristische“ Menschen auf offener Straße und deren Beschuss verfolgen. Auch die Polizei wurde hierbei ganz still.

Fazit: Die Mobilisierung kann als kleiner Erfolg mit Abstrichen gesehen werden. Die Beteiligten waren größtenteils dem anarchistischen und klassischen, eher antiimperialistischen, Spektrum zuzuordnen.
Die Tatsache, dass beispielsweise autonome Antifaschist_innen und andere radikale Linke nicht an der Aktion teilnahmen war der Kontroverse um den graphischen Teil des Aufrufes geschuldet (siehe Erklärung unten). Der Impuls, der ursprünglich von der Aktion ausgehen sollte war die Tatsache, dass das offizielle Aktionsbündnis sich nur auf die Demo am Samstag konzentriert, den Freitag völlig außer Acht lässt und die Leute alle an einem zentralen, gut zu bewachenden Platz bündelt. Stattdessen sollten im ganzen Gebiet kleinere dezentrale Aktionen gemacht werden, um möglichst unberechenbar zu sein und so den Preis der vermeintlich bedrohten Sicherheit schön in die Höhe zu treiben. Denn von der Verhinderung der SIKO ist schon gar keine Rede mehr.
Tags darauf berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ von einem Bombenalarm am Freitagmorgen im „Käfer“, da irgendjemand einen Koffer stehen ließ. Verdammt, dann waren wir doch nicht die größte Bedrohung. Aber was nicht ist kann ja noch werden.

Gegen Deutschland, EU & NATO
Die Sicherheit der Herrschenden gemeinsam angreifen!
An jedem Tag in jedem Jahr




Aufruf der AnarchistInnen / RätekommunistInnen zur „Käfer“ Aktion und zur SIKO 2011:

ONE SOLUTION – CLASS WAR

AGGRESSION NACH AUSSEN.....
Jedes Jahr aufs neue wird in München der polizeiliche Notstand durchexerziert. Grund ist die so genannte Sicherheitskonferenz.
Die Teilnehmer_innen aus militärischer und politischer Ebene, sowie Rüstungsindustrie, debattieren dort für zwei Tage mediengerecht die militärische Sicherung und Erweiterung schwindender ökonomischer Ressourcen in der Peripherie. Ein Treffen das durch sein strategisches Vorgehen mit der Krise des Kapitals zusätzliche Bedeutung erlangt. Wichtig ist uns aber, den Kapitalismus als das Grundproblem zu erkennen, dessen Funktion prinzipiell expansiv ist. Die Erschließung neuer Märkte führt zu einer Kapitalisierung des gesamten menschlichen Lebens weltweit. Die militärische Absicherung globaler Vorrechte der westlichen Industriestaaten und ihrer Konzerne stellt die Wehrhaftigkeit des Kapitals gegenüber den Ausgebeuteten im globalen Maßstab dar.

....UND NACH INNEN
In den letzten Jahren wurde gesamtgesellschaftlich Aggression nach außen zunehmend mit einer Aggression nach innen ergänzt. Ob durch Einschränkung des Versammlungsrechts, massenhafter Überwachung und Datenerfassung, Abschottung Europas für Flüchtende und die jüngste rassistische „Einwanderungsdebatte“ oder einfach nur durch den Versuch die Bundeswehr im öffentlichen Raum zu verankern. Was sie unter Sicherheit verstehen ist nichts weiter als die Garantie für weltweite Ausbeutung und Unterdrückung - in den armen Regionen wie kapitalistischen Zentren des Westens. Darum geht es der herrschenden Klasse nach wie vor. Das Resultat des stets geforderten Einsatzes der Armee im Inneren kann zur Zeit in Tunesien beobachtet werden, wo sie ohne mit der Wimper zu zucken auf den Straßen revoltierende unbewaffnete Menschen erschießt. Auch wenn solche Szenarien in den Auseinandersetzungen der letzten Monate in Europa nicht zu Tage traten, die Hemmschwelle dürfte im Zuge der sozialen Revolten in beispielsweise Griechenland oder Frankreich weiter sinken. Die schrittweise Gesundung des Kapitals wird auf den Rücken von uns Lohnabhängigen aufgeladen. Ob in Portugal, Griechenland, Großbritannien, Irland, Tunesien, der BRD oder sonstwo.

TALKING IS OVER...
Durch den neuen, vermeintlich diplomatischeren Anstrich der Sicherheitskonferenz geblendet beschränkt sich das offizielle Gegenbündnis mehr und mehr auf einen rein symbolischen Protest, von dem die Konferenzteilnehmer_innen so gut wie nichts mit bekommen. Ohne Probleme gelangen sie vom Flughafen durch abgeriegelte Straßen zu Empfängen im Rathaus oder in der Residenz, zum gemütlichen Abendmahl in den Käfer und am Samstag zur Konferenz im Bayrischen Hof.

....ACTION IS ON
Der während dieser zwei Tage zur Schau gestellte Polizeistaat legt den Beteiligten jedoch eine enorme Bedrohung nahe. Die können sie haben! Und die sollen sie auch haben!
Seid unberechenbar
Macht dezentrale Aktionen
Sie sind alle angreifbar
BONZEN UND MILITÄRS IN DIE SUPPE SPUCKEN!

DIE KÄMPFE DER ANTIKRIEGSBEWEGUNG MIT DEN KÄMPFEN DER LOHNABHÄNGIGEN VERBINDEN.

GEGEN AUSBEUTUNG & UNTERDRÜCKUNG – FÜR EINE SOZIALREVOLUTIONÄRE PERSPEKTIVE






Erklärung zur Kontroverse um den Aufruf zur Käfer Aktion

Wir haben zu der Aktion bei „Feinkost Käfer“ mobilisiert und folglich diese unterstützt. Im Zuge der Mobilisierung bekamen wir einige Kritik zu Ohren, der Innenteil des Aufrufs mit einer Grafik wäre verschwörungstheoretisch bzw. würde in die Richtung einer solchen Interpretation führen.Wir betonen an dieser Stelle, dass wir uns der Kritik von antideutscher Seite nicht zu stellen gewillt sind, da diese an einer konstruktiven Diskussion unserer Ansicht nach kein Interesse zeigen. Sehr wohl sind wir darauf bedacht in den Gruppen und Zusammenhängen, die uns in der radikalen Linken nahe stehen, dafür zu sorgen, dass bereits passierte Missverständnisse beseitigt werden. Die Grafik sollte wohl dazu dienen zu zeigen, dass die Zusammenhänge der Ausbeutung und kapitalistischen Kriegsführung wesentlich komplexer sind, als uns sowohl offizielles Aktionsbündnis als auch orthodoxe Gruppen vereinfachend erklären. Die Münchner Sicherheitskonferenz ist nur ein Faktor darin.
Der primäre Vorwurf war, dass die so genannten „Bilderberg“ Konferenzen in der Grafik zentral und überdimensional angeordnet waren. So entstand der Eindruck alles, vom CIA bis zu EU würde von dieser gelenkt werden. Anordnung und Größe waren so nicht beabsichtigt und nicht in unserem Sinne. Diese „Bilderberg“ treffen existieren zwar reell, aber es sollte nur ein Aspekt unter vielen sein. Wir kennen die bestehende Problematik mit dieser angedichteten „zentralen Rolle“ der „Bilderberg“ Treffen und wollen Verschwörungs-Freaks nicht noch Vorschub leisten!
Am Rand waren mit den Beispielen Ischinger, Henry Kissinger und Joschka Fischer Personen aufgeführt, die in mehreren dieser Machtkomplexe und Konferenzen präsent sind. Wie gesagt, nur als Beispiel. Keinesfalls sollte der Eindruck erweckt werden diese drei Herren würden die Welt beherrschen! Auch das Zitat des bayrischen Ministerpräsidenten H. Seehofer, dass die die gewählt sind nichts zu entscheiden hätten und die die Entscheiden nicht gewählt wären war dafür nicht ganz zuträglich. Es wurde so aufgefasst, dass dieses Zitat auf die vermeintliche Verschwörung hinweisen sollte. Nein, sollte es nicht! Es sollte nur zeigen welchen widersprüchlichen und auch sonstigen totalen Nonsens der Ministerpräsident wiederholt von sich gibt.
Verschwörungstheorien sollen komplexe Dinge mit Teilwahrheiten und nicht Beweisbarem vereinfachen. Hier sollte unserer Meinung nach etwas sehr komplexes kurz dargestellt und zum weiterforschen angeregt werden.
Wir sehen ein, dass eine Grafik wie diese, ohne jegliche Kommentierung zu Missverständnissen geradezu einlädt. Für uns und nur für uns, unabhängig von der organisierenden Gruppe, ist es klar als Fehler anzusehen. Allerdings ist es schon geschehen und nicht mehr rückgängig zu machen. Aber erklären wollen wir uns dazu. Wir hoffen das konnten wir einigermaßen, wenn auch in aller Kürze.

ein paar so autonome halt wieder
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Ergänzungen

Videoprojektion bei Käfer

teilnehmer 06.02.2011 - 10:42
Bild von der Kunstaktion, die spontan in die Kundgebung vor dem Käfer
integriert wurde

Videoprojektion bei Käfer

teilnehmer 06.02.2011 - 15:31
Bild von der Kunstaktion, die spontan in die Kundgebung vor dem Käfer
integriert wurde

Videoprojektion bei Käfer

teilnehmer 07.02.2011 - 12:25
Bild von der Kunstaktion, die spontan in die Kundgebung vor dem Käfer
integriert wurde

Süddeutsche Zeitung 7.2. über Käfer Dinner

ausgefüllt 07.02.2011 - 22:29
Weltpolitik zum Mangopüree

Ein UN-Generalsekretär, ein Verteidigungsminister und jede Menge US-Politiker treffen sich zum kleinen Gelage unter Freunden

Es ist schon lange nicht mehr normal, wie die Medien dem deutschen Verteidigungsminister auflauern; die sonst so routinierten Münchner Gesellschaftsfotografen wirken in seiner Gegenwart wie postpubertäre Groupies, die ihrem Idol an die Wäsche wollen. Beim Abendessen am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz im Restaurant Käfer löst die Ankunft von Karl-Theodor zu Guttenberg ein Scharmützel aus, aus allen Richtungen wird scharf geschossen, die Champagner-Damen müssen erschrocken zurückweichen.Der Minister wirft aber auch einen Schatten, in dem die lokale Politprominenz nahezu verschwindet: Gleich nach Guttenberg treffen der bayerische Innenminister Joachim Herrmann und seine Kollegin aus dem Justizressort, Beate Merk, ein – und kein Fotograf hat mehr die Nerven, sich an CSU-Politikern dieser Kategorie abzuarbeiten.
Freitagabend im Käfer, Tag eins der Münchner Sicherheitskonferenz, das bedeutet seit vielen Jahren: Erst ist es hektisch, dann gemütlich, am Schluss lustig. Es ist Showtime für die geladenen Vier-Sterne-Generäle, die Diplomaten und Senatoren aus den USA, man trifft sich in Bogenhausen mit deutschen Freunden aus Wirtschaft und Politik. Eine solche Gästeliste bedeutet mörderische Arbeit für die Securityleute draußen und die Servicekräfte drinnen, natürlich auch für Hausherr Michael Käfer, der sich nicht entsinnen kann, jemals so viele Berühmtheiten auf einmal bedient zu haben: „Ich bin wirklich baff.“ Irgendwo im Gewühl, ungefähr zwischen Gabriele Inaara Begum Aga Khan und Bertelsmann-Chefin Liz Mohn, sind Weltmächtige wie der US- Großinvestor George Soros oder UN-Generalsekretär Ban Ki Moon versteckt, was die Fotografen erbittert, die hektisch nach ihnen fahnden.
Es dauert mehr als eine Stunde, bis alle auf ihren Plätzen sitzen. George Weidenfeld, der 91-jährige Verleger-Philanthrop aus London, war der erste – seine Einschätzungen der Lage in Ägypten sind an diesem Abend allgemein gefragt: „Ich hoffe nur nicht, dass dort Autokraten durch Autokraten ersetzt werden“, sagt der gebürtige Wiener, ein Weiser der Weltpolitik. Nach der Vorspeise erhebt sich der Münchner Rechtsanwalt Wolfgang Seybold, um die 29. Auflage des Treffens feierlich zu eröffnen und die Gäste einzeln zu begrüßen. „Dieses Mal ist der Kreis noch größer, wir wollten uns öffnen“, sagt Seybold, dessen enthusiastische Zuneigung zu den Amerikanern auf ebenso enthusiastische Weise erwidert wird. Ein Senator nach dem anderen springt auf, um huldvoll zu winken, dabei ist gar nicht Wahlkampf, nur ein kleines Gelage unter Freunden.
Außenminister Guido Westerwelle, Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber, CDU-Wirtschaftsmann Friedrich Merz und Bundesinnenminister Thomas de Maizière verfolgen das Schauspiel gebannt, und sie lachen natürlich laut mit, als der hochgewachsene General James Jones, Präsident Obamas früherer Sicherheitsberater, noch ein paar Schoten aus seiner Zeit als unbedeutender Major vorträgt – statt zur langweiligen Sicherheitskonferenz ging Jones damals lieber ins Hofbräuhaus oder gab sich der Münchner Nacht hin. Auch Wolfgang Reitzle, Vorstandschef der Linde Group, spricht ein paar Sätze, der Mann also, dessen Firma nun die Spesen für das Essen übernimmt – irgendwie ist diese ganze Operation für einen privaten Gastgeber inzwischen eine Nummer zu groß.
Guttenberg, seit den Wikileaks-Veröffentlichungen als größtmöglicher Amerika-Freund bekannt, ist längst schon entschwunden, als an den Tischen das Rinderfilet mit Bohnen und der kalifornische Rotwein ankommen. Lord Weidenfeld ist im Gespräch auf München gekommen: „Ich liebe die Musikalität dieser Stadt, auch die Museen, und zu Franz Josef Strauß hatte ich ein besonderes Verhältnis.“ Der georgische Präsident Michail Saakaschwili ist freudig erregt, was wohl an der Gegenwart der vielen Amerikaner liegt; der indische Sicherheitsberater Shivshankar Menon genießt es, daß man hier Weltpolitik mit einer Crème brulée aus gequirlter Mango verbinden kann.