Bückeburg: Staatsschutzbesuche und Naziterror

antifa 25.01.2011 13:37 Themen: Antifa Repression
Vom 18. bis zum 20. Januar dieses Jahres kam es in Bückeburg, im Landkreis Schaumburg, zu mehreren Anquatschversuchen seitens des Staatsschutzes. Bereits eine Woche zuvor wurde in der Regionalzeitung „Schaumburger Nachrichten“ angekündigt, dass Polizei und Staatsschutz aufgrund „politisch motivierter Gewalt“ mit größerem Nachdruck ermitteln wollten. Hintergrund dessen war vor allem eine Reihe von neonazistischen Überfällen im gesamten Stadtgebiet.
Staatsschutzbesuche in Bückeburg

Die ersten, von insgesamt mindestens sieben Besuchen, fanden am späten Nachmittag des vergangenen Dienstags statt. Die Beamt_innen klingelten an Privatwohnungen und fingen eine Person auf offener Strasse ab. Zwei Tage darauf folgten weitere Hausbesuche bei wenigstens vier weiteren Personen.
Der Verlauf der Geschehnisse spielte sich stets gleich ab:
Jeweils eine Frau und ein Mann versuchten die Befragten nach dem Schema „Guter Cop – Böser Cop“ auszuhorchen. Obwohl ihnen in allen Fällen sofort klar gemacht wurde, dass kein Interesse an einem Gespräch bestehe, ließen sich die Beamt_innen nicht fortschicken.
Stattdessen fragten sie sowohl nach Informationen über die rechte Szene in Bückeburg, als auch nach Strukturen der regionalen Antifaszene. Nachdem sie jedoch in beiden Punkten keinerlei Informationen erhielten, räumten sie schlussendlich das Feld.
Beide traten im sportlichen Kleidungsstil auf und stellten sich als die Beamt_innen „Vogt“ und „Schmidt“ von der Polizei Nienburg vor.
Sowohl am 18. sowie am 20. waren sie mit einem blauen VW Passat vorgefahren, jedoch mit jeweils unterschiedlichen Kennzeichen.
Am Dienstag handelte es sich um die KFZ-Nummer „NI-C-896“, am Donnerstag um
„NI-Z-275“. Diese Wagen observierten zusätzlich einige Wohnhäuser, jedoch ohne dort vorstellig zu werden.
Zweck dieser Hausbesuche und Beschattungsmaßnahmen ist offensichtlich nur vordergründig die Informationsbeschaffung über die rechte Szene. Das Verhalten ist vielmehr als ein Einschüchterungsversuch der antifaschistischen Szene zu werten. Ziel des Staatsschutzes ist es Präsenz zu zeigen und zu beweisen, alles im Auge zu haben.

Naziübergriffe in Bückeburg

In den vergangenen Monaten kam es in Bückeburg regelmäßig zu bewaffneten Übergriffen von Neonazis auf Migrant_innen, Antifas und alternative Jugendliche. Die rechte Szene der Stadt ist relativ jung, hat sich jedoch bereits, vor allem im Verlauf des vergangenen Jahres, in das regionale Nazinetzwerk „Westfalen-Nord“ integriert. So wurden bereits mehrfach Aktionen in Zusammenarbeit mit weiteren Mitgliedern dieses Bündnisses durchgeführt. Darunter Verteilaktionen neonazistischer Propaganda, vor allem im Zusammenhang mit dem jährlich stattfindenden „Trauermarsch“ in Bad Nenndorf.
Die Mitglieder der ehemals unter dem Namen „Aktionsgruppe Bückeburg“ geführten Organisation, treten als „Autonome Nationalisten“ auf. Dabei zeichnen sie sich durch besondere Skrupellosigkeit aus und griffen in der jüngsten Vergangenheit immer wieder einzelne Personen auf offener Straße an, die teilweise schwer verletzt wurden.Hierbei kamen Teleskopschlagstöcke, Pfefferspray und Schlagringe, sowie mit Quarzsand verstärkte Handschuhe zum Einsatz.

Der Beginn der Serie von Übergriffen fand im August letzten Jahres statt. Dort griffen Bückeburger Neonazis und Mitglieder von „Westfalen-Nord“ einen Mann vor einer Tankstelle mit Flaschen, Schlagstöcken und Fausthieben an, sodass er ins Krankhaus eingeliefert werden musste.

Mitte Dezember wurde ein alternativer Jugendlicher von einer Gruppe von vier Neonazis in der Innenstadt Bückeburgs angegriffen. Die Täter_innen schlugen das Opfer erst zu Boden und traten anschließend auf ihn ein. Sie verletzten ihn dabei durch gezielte Tritte in das Gesicht so sehr, dass er anschließend mehrfach operiert werden musste.

Nur eine Woche später wurde ein Punker, der eine Geburtstagsfeier auf den „Kronenwerken“ – einer Partylocation in der in der Vergangenheit überwiegend Punkkonzerte und Elektroparties stattgefunden hatten – besuchen wollte, von rechten Partygästen attackiert und anschließend von diesen des Geländes verwiesen. Die Betreiber_innen der „Kronenwerke“ waren anwesend, gestatteten es den Angreifer_innen danach dennoch weiterzufeiern, obwohl diese während der Tat rechte Parolen gerufen hatten und ihre rechte Gesinnung offensichtlich war.

Bereits im November 2010 hatten mehrere Antifaschist_innen Drohbriefe erhalten, in denen ihnen mit Hausbesuchen und dem Tod gedroht wurde. Ende Dezember und Anfang Januar ereigneten sich daraufhin zwei Angriffe auf ein Wohnhaus in der Innenstadt. Glücklicherweise wurden dabei jedoch nur mehrere Fensterscheiben zerstört und es gab keine Verletzten.
Immer wieder ziehen Neonazis in Gruppen von bis zu 40 Personen durch das Stadtgebiet, verkleben Sticker, sprühen Parolen oder greifen Personen an. Besonders am Wochenende und nach Einbruch der Dunkelheit besteht für Antifaschist_innen, Migrant_innen und alternative Jugendliche die konkrete Gefährdung, Ziel neonazistischer Übergriffe zu werden.

All diese Vorkommnisse sind zusätzlich im Zusammenhang mit dem Erstarken rechter Strukturen im Gebiet Ostwestfalen-Lippe und Schaumburg zu sehen. In der gesamten Region kam es im vergangenen halben Jahr zu Gewaltakten und Einschüchterungsversuchen. Regionale Medien wie das WDR-Ressort „Lokalzeit OWL“ und verschiedene Lokalzeitungen berichteten über die Vorfälle.
Auslöser der Berichterstattung war der Überfall auf die Mindener Kneipe „Hamburger Hof“ am 28. November, in dessen Anschluss antifaschistische Gruppen des Bündnisses „Antifa Infoportal WDL“ eine Demonstration organisierten.
Damals überfielen acht vermummte Neonazis die Kneipe, in der zu dieser Zeit eine Reggaeparty stattfand, zerschlugen Einrichtungsgegenstände und verletzten einen Mann.

Derweil drohen die Nazis im Internet bereits mit neuen Gewalttaten.


Macht Anquatschversuche öffentlich!
Lasst Euch nicht einschüchtern!
Für einen offensiven Antifaschismus!

Zeitungsberichte:

31.08.2010 „Neonazis schlagen auf 27-jährigen Mann ein“
 http://www.landes-zeitung.de/portal/lokales/lz-heute/bueckeburg_Neonazis-schlagen-auf-27-jaehrigen-Mann-ein-_arid,265624.html

30.11.2010 „Rechtsradikale Parolen und ein Verletzter“
 http://www.mt-online.de/lokales/minden/4032849_Rechtsradikale_Parolen_und_ein_Verletzter.html

11.01.2011 „Rechts gegen Links“
 http://www.sn-online.de/Schaumburg/Bueckeburg/Bueckeburg-Stadt/Rechts-gegen-Links

12.01.2011 „Minden/Bielefeld: Überfall auf Hamburger Hof aufgeklärt“
 http://www.mt-online.de/start/letzte_meldungen_aus_der_region/4169016_Minden_Bielefeld_Ueberfall_auf_Hamburger_Hof_aufgeklaert.html

22.01.2011 „Polizei will Flagge zeigen“
 http://www.schaumburger-zeitung.de/portal/lokales/sz-heute/bueckeburg_Polizei-will-Flagge-zeigen-_arid,302995.html
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Ergänzungen

Informations-Kampange

ohne 25.01.2011 - 19:39
Schön das hier auch mal hier was veröffentlicht wird.

Momentan läuft eine Informations-Kampange zu den Vorkommnissen in Bückeburg, dazu wurde u.a. eine Broschüre zusammengestellt.

(aktuelle) Infos: http://www.recherchebbg.wordpress.com

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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hört sich nicht gut an — auch antifa

nu mal langsam — kenne ich