Laye Condé - das war Mord

Lars Unger 07.01.2011 22:34 Themen: Antirassismus
In Bremen haben heute etwa 90 Leute Layé Alama Condés und Our Jallos gedacht und gegen rassistische Polizeigewalt demonstriert. Beide starben am 07.01.05 im Polizeigewahrsam, Laye Condé durch gewaltsame Brechmitelvergabe in Bremen, Oury Jallo verbrannte in Dessau. Mit einer Kundgebung besetzten die DemonstrantInnen 30 Minuten lang die Sielwallkreuzung, wo die Tötung Laye Alama Condés mit der Festnahme wegen Verdacht aufs Drogenhandel ihren Anfang nahm.
Beide sind auch nach ihrem Tode Opfer staatlicher Gewalt: der Gewalt, die Opfer zu verhöhnen, in denen man ihnen Gerechtigkeit und Wahrheitsfindung verweigert. In beiden Fällen dauerte es jahrelang, bis überhaupt Verantwortliche angeklagt wurden. 2008 wurden dann in Dessau zwei Polizisten freigesprochen, in Bremen der Arzt, der Laye Condé gewaltsam Brechmittel verabreichte und ihn durch wieder und wieder Zugabe von Wasser ertränkte (Der Arzt wurde freigesprochen, weil ihm das Gericht zwar objektiv schwere Fehler nachwies, die zum Tode Condés führten, ihn aber für subjektiv unschuldig erklärte, weil er schlicht ein zu schlecht ausgebildeter Arzt gewesen sei). Beide Urteile wurden vom BGH 2010 kassiert, so weit das einem Gericht möglich ist, bezeichnete der BGH beide Urteile mehr oder weniger als Skandal. Sowohl Jallos wie auch Condés Tod werden 2011 vor einem Oberlandesgericht neu verhandelt, in beiden Fällen steht nicht wirklich zu erwarten, dass noch irgend jemand zur Verantwortung gezogen wird.

Auf der Demonstration erinnerten die RednerInnen auch an weitere Opfer rassistischer Polizeigewalt und betonten, dass die skandalöse Geschichte der Tötungen eindeutig zeige, dass insbesondere für Menschen aus dem globalen Süden zentrale demokratische Recht nicht gelten. Für die Verantwortlichen hingegen sei es verstörend leicht, sich hinter dem Korpsgeist von Polizei, Staatsanwaltschaft und - zumindest in Bremen - Politik zu verstecken.

In einer Rückschau der lokalen Berichterestattung konnte noch einmal gesehen werden, dass die damalige Große Koalition und der verantwortliche Innensenator Thomas Röwekamp - heute CDU-Chef in Bremen - den brutalen Tod Laye-Alama Condès billigend in Kauf nahmen, um Härte und Law&Order zu zeigen.

Der Revisionsprozess im Falle Laye-Alama Condés gegen den Arzt beginnt am 8. März 2011.
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Ergänzungen

Drei Bilder zur Gedenkaktion

Ergänzung 08.01.2011 - 02:07
Hier drei Bilder.

Demo Remscheid

in Gedenken an Mohammad Sillah 11.01.2011 - 20:38
DEMO IN GEDENKEN AN MOHAMMAD SILLAH
Freitag, 14. Januar 2011 ‐ Remscheid Hauptbahnhof
ab 16:00 Uhr Kundgebung – 17:00Uhr Beginn Demonstration
für freien Zugang zu Gesundheitsversorgung
für die Schließung aller Sammelunterkünfte und Isolationslager
Anlässlich des vierten Todestages von Mohammad Sillah gedenken wir aller Opfer der deutschen Flüchtlingspolitik.
Mohammad Sillah, ein junger Flüchtling aus Guinea, starb am 14. Januar 2007 im Alter von 23 Jahren. Er war Singer‐Songwriter und gab
Konzerte in Guinea wie auch in Deutschland. Ein Freund von ihm sagt: „ Seine Musik ist afrikanische Kultur. Überall, wo ich sie gehört
habe, habe ich gesagt, diese Musik bin ich. Von da komme ich her.“
Anfang Januar 2007 litt Mohammad Sillah unter heftigen Schmerzen. Er ging zum Arzt. Dieser forderte ihn auf, sich zuerst beim
zuständigen Sozialamt einen Krankenschein geben zu lassen. Der Mitarbeiter des Sozialamts gab ihm keinen Krankenschein, weil er
sowieso das Land verlassen müsse.
Einige Tage später, am 11. Januar wurden die Schmerzen unerträglich. Mohammad Sillah ging zum Hausmeister des Flüchtlingsheims
und bat ihn, einen Krankenwagen zu rufen. Der sagte: „Wenn du schon die Treppen geschafft hast, kannst du auch alleine ins
Krankenhaus gehen.“ Ein afrikanischer Flüchtling, der im selben Heim wohnte, begleitete Mohammad. Unterwegs brach Mohammad
zusammen und wurde von seinem Mitbewohner auf den Schultern zum nahen Krankenhaus getragen. Drei Tage später wurde
Mohammad nach Essen in einer Klinik verlegt, wo er starb.
Der Remscheider Sozialdezernent B. Mast‐Weisz bekundete anschließend Mitleid mit der Familie und versicherte, Mohammed sei
niemals ein Krankenschein verweigert worden. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal nimmt die Untersuchungen auf; später werden die
Akten beiseite gelegt. Wenige Monate nach Mohammads Tod findet im Oktober 2007 eine Polizeirazzia statt, um die protestierenden
Flüchtlinge einzuschüchtern und sie zu kriminalisieren. Die Großrazzia wird von den Gerichten später als rechtswidrig eingestuft.
Anlässlich des vierten Todestages von Mohammad Sillah wollen wir auf die Situation der Flüchtlinge in Remscheid und vor allem auf die
gesundheitliche Unterversorgung hinweisen. Wir wollen den Protest der Remscheider Flüchtlinge würdigen und stärken. Seit
Mohammad Sillahs Tod haben sie durch kontinuierlichen und hartnäckigen Protest stückweise ihre Isolation durchbrochen und Erfolge
erzielt.
Wir haben in den vergangenen Jahren hier in Remscheid erlebt, dass der Zusammenhalt der Flüchtlinge die Stadtverwaltung Remscheid
dazu brachte, einige ihrer Zermürbungsinstrumente zurückzunehmen. So wurde durch den ersten offenen Brief der Flüchtlinge vom
Januar 2009 die menschenverachtende Praxis des Sozialamtes Remscheid für die Öffentlichkeit sichtbar.
Der Stadtdirektor Mast‐Weisz hat danach ein paar Lockerungen beschlossen: Die Anwesenheitskontrollen finden nicht mehr täglich
sondern wöchentlich statt, „im Regelfall“ gibt es Bargeld statt Gutscheine und Krankenscheine für drei Monate.
Trotzdem geht die Ausgrenzung und auch die gesundheitliche Unterversorgung in Remscheid weiter. Viele können nicht den Arzt
aufsuchen, den sie brauchen; psychisch kranke Menschen werden allein gelassen und sind von ihren Nachbarn im Flüchtlingsheim
abhängig; immer noch weigern Hausmeister sich, in Notfällen einen Krankenwagen zu rufen. Das Lagerleben und das Arbeitsverbot
machen die Menschen zusätzlich krank.
Auf unserem Weg haben wir gesehen, dass wir durch Austausch, gegenseitige Unterstützung und Diskussionen die Lösungen für morgen
entwickeln können. Dies gilt nicht nur im Kampf für unsere Rechte als Flüchtlinge und MigrantInnen. Unser Widerstand ist auch
notwendig gegen den brutalen Abbau der Sozialleistungen, der Gesundheitsversorgung und unserer Rechte als Arbeiterinnen, Schüler,
Auszubildende, Studierende, Rentnerinnen, Frauen und Männer. Wir fordern alle auf, aktiv gegen Ausschluss und Erniedrigung von
Menschen einzutreten und den Kampf der Flüchtlinge für ihre Würde und für das Recht auf Leben zu unterstützen.
In Gedenken an Mohammad Sillah, Oury Jalloh und alle Opfer der rassistischen Staatsgewalt!
Der Spaltung der Gesellschaft von oben setzen wir Solidarität und Zusammenhalt entgegen!
Für eine Gesellschaft ohne Rassismus, Ausbeutung und Kriege!