Oberst, Weihbischof und Neonazis

Felix Krebs 05.12.2010 10:30 Themen: Antifa Bildung
Im Haus der „Burschenschaft Germania Königsberg“ darf jeder einmal referieren

Am kommenden Mittwoch soll Oberst Uwe Hartmann, Leiter des Studentenbereichs der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr (HSU) auf dem Haus der schlagenden Verbindung zum Thema „Der Soldat in Politik und Gesellschaft“ vortragen. Einen Teil des Publikums dürfte der Oberst schon kennen, denn unter Hamburgs Waffenstudenten befinden sich besonders viele Studenten der HSU. Schließlich schwören diese anachronistischen Männerbünde nicht für ihre persönliche Ehre mit dem Säbel, sondern auch für das Vaterland mit der Waffe zu kämpfen.
Dass dieses Vaterland größer sei als Deutschland bekräftigten die Burschenschafter aus der Heimhuderstraße, als sie 2005 zusammen mit anderen Verbindungen aus dem Hamburger Waffenring einen Königsberg-Kommers feierten. Dort wurde im Programmheft behauptet Kaliningrad, das frühere Königsberg, sein eine Stadt der „ Unfreiheit und der Fremdbestimmung“. Zur Bekräftigung, wer die Stadt heute regieren müsse, wurde beim Kommers das Deutschlandlied mit allen drei Strophen gesungen. Maas und Memel bilden bis heute die Grenzen des burschenschaftlichen Vaterlandsbegriffs.

Auch Österreich gehört laut burschenschaftlicher Weltanschauung zum deutschen Vaterland und hierher kamen 2010 zwei Referenten, welche in den letzten Jahren auch für die NPD und deren Umfeld Vorträge hielten. Für deren Vorträge stellten die Königsberger ihr Haus der neofaschistischen Kulturorganisation „Norddeutscher Kulturkreis e.V.“ zur Verfügung. Im April kam Richard Melisch um zum Thema “Die Völker Lateinamerikas befreien sich vom Joch der Globalisierung” zu referieren. In den Jahren zuvor absolvierte Melisch eine Vortragstournee zu diversen Gesprächskreisen der NPD. 2008 schrieben die „Jungen Nationaldemokraten“, Jugendorganisation der NPD, nach einem solchen Vortrag „ Die JN Heilbronn dankt Richard Melisch für Wahrheiten aus erster Hand, und dass er uns an seinem reichen Erfahrungsschatz teilhaben ließ.”

An seinem Erfahrungsschatz ließ Neonazi Walter Marinovic die Gäste im Burschenhaus sogar schon zweimal teilhaben. Zuletzt im Mai 2010, als die ZuhörerInnen seinen rassistischen Thesen zu „Überfremdung und Islamisierung Europas“ lauschen durften. Marinovic gehört nach Auskunft der Leiterin des „Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands“, Brigitte Bailer, zum “rechten Rand des Rechtsextremismus”. Selbstverständlich hat Marinovic auch schon bei der NPD referiert.

Der Hamburger Senat, respektive Innenbehörde und Geheimdienst, erklärte im Mai dieses Jahres zu den Vorgängen bezüglich der Vergangenheit des Kulturvereins: „Führende Mitglieder des Vereins hatten einen rechtsextremistischen Vorlauf oder unterhielten Verbindungen zum Rechtsextremismus“ und aktuell gäbe es laut Amt „vereinzelt Erkenntnisse über Aktivitäten des Vereins und über Exemplare der Zeitschrift ‚Die Warte’, die vom Landesamt für Verfassungsschutz auf ihre verfassungsschutzrechtliche Relevanz hin überprüft werden.“
Detaillierte Nachfragen zur Verquickung von Burschenschaft, Kulturkreis und Neonazis wurden mit Verweis auf das Geheimdienstgesetz abgewehrt. Für den damaligen Leiter des Dienstes Heino Vahldieck, schlagenden Verbindungen eng verbunden, und den damaligen Innensenator und Conkneipanden Christoph Ahlhaus hätte es allerdings auch peinlich werden können: In den vergangenen Jahren kandierten mindestens fünf Burschenschafter der Germania Königsberg auf Listen des CDU-nahen „Ring Christlich-Demokratischer Studenten“ (RCDS).

Die Verbindung aus der Heimhuderstraße ließ die Senatsantwort, ebenso wie Medienberichte und Proteste bisher unbeeindruckt. Man stellt dem „Norddeutschen Kulturkreis“, wie schon seit Jahren, immer noch monatlich die Räume zur Verfügung. Ob es der christlichen Moral entspricht, in einem solchen Umfeld zu referieren? Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, Alter Herr einer katholischen Verbindung, ist jedenfalls für Januar mit dem Vortrag: „Wie steht´s um die Ethik?“ angekündigt.
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Ergänzungen

zu Weihbischof Jaschke

Entdinglichung 06.12.2010 - 12:21
Jaschke stellt sich selbst gerne als progressiv dar - zu progressiv um vom Papst zum Erzbischof von Hamburg ernannt zu werden, was er im Vergleich zu so manchen anderen Bischöfen auch durchaus ist, wozu aber manchmal nicht allzuviel gehört - und spielte m.W. vor 15 Jahren auch einmal eine Rolle innerhalb der katholischen pazifistischen Organisation Pax Christi ... aber vielleicht ist auch er nach rechts gerückt