"Die Überflüssigen" plündern Bio Supermarkt

Die Überflüssigen 02.10.2010 00:52 Themen: Soziale Kämpfe
„Darf´s ein bisschen mehr sein?“ fragt die LPG und wir sagen "Klar, her mit dem schönen Leben“ Wir „Die Überflüssigen“, die sich schon lange keine Wohnungen mehr im Berliner Zentrum leisten können und einen Einkauf im Bio Supermarkt erst recht nicht, wir von denen dennoch gefordert wird, den Gürtel enger zu schnallen, halten dagegen und bedienen uns.
Heute abend gegen 20 Uhr besuchten wir den größten Bio Supermarkt Europas; im Prenzlauer Berg (Berlin) gelegen. Die ca. 20 Personen betraten die LPG in der Kollwitzstraße und verlasen ein Flugblatt für die umstehenden, sich bewußt ernährenden Anwohner_innen. Gleichzeitig füllten, die sonst auf Discounter angewiesenen Besucher_innen, sich ihre Körbe an den „üppigen Bio-Fleisch-, Bio-Wurst-, Bio-Feinkost- und Bio-Käsetheken“ und spazierten anschließend unbehelligt aus dem „Bio-Paradies“.
Wir lassen uns nicht mehr länger durch „Regelsätze“ und „400 Euro Jobs“ vorschreiben, was wir essen und trinken dürfen, wie wir leben und wie wir unsere Zeit gestalten. Wir nehmen uns was wir brauchen, heute, morgen und jeden Tag...


Hier der Text der verlesen wurde:

Gesunde, regionale Lebensmittel für alle!

3,49 Euro pro Person sieht Hartz IV für Essen und Trinken am Tag vor. Je 1,58 Euro für Mittagessen- und Abendessen und 78 Cent für Frühstück, Getränke inklusive. Nicht vorgesehen ist eine Flasche Wein zum Abendessen. Alkohol und Zigaretten sind nach dem neuen Entwurf von Ursula von der Leyen ganz aus dem Regelkatalog gestrichen. Sind ja auch ungesund. Stattdessen bekommen Hartz IV Berechtigte monatlich 2,99 Euro für Mineralwasser. Denn der Flüssigkeitsverlust von gerechnet 12 Liter Bier muss laut den sorgenden Ministerialbeamten ja auch ausgeglichen werden. Gesund ernähren kann mensch sich davon nicht. Regionale, biologisch angebaute Produkte, wie sie in diesem Bio-Supermarkt zu finden sind, bleiben denen vorbehalten, die es sich leisten können. Begründet wird der niedrige Regelsatz auch damit, dass der Abstand zu den geringsten Löhnen nicht so groß sein darf. Klar - erstmal wird das Land zum größten Niedriglohnsektor in Europa umgestaltet, Jobs gibt es fast nur noch über Leiharbeitsfirmen, befristet und schlecht bezahlt. Und dann muss diese Entwicklung auch noch dafür herhalten, die Hartz IV-Bezüge niedrig zu halten.

Hartz-IV-Bezieher_innen und andere Überflüssige haben also nicht die Möglichkeit, für sich und ihre Kinder gesunde, biologisch und regional angebaute Lebensmittel zu kaufen. Sie werden abgespeist mit Lidl, Aldi und CO. und wenn nach drei Wochen das Geld alle ist, können wie ja auch zur Tafel gehen. Dort landen die Reste der Lebensmittelkonzerne, die unter unwürdigen Bedingungen produzieren lassen, die Gewinne steigern durch schlechte Löhne und sich mit der Tafel auch noch den Mantel der Barmherzigkeit umhängen. Auch Biosupermärkte nutzen übrigens das System, Lebensmittel in großen Mengen produzieren zu lassen und drängen damit kleinere Läden und Einzelanbieter vom Markt. Auch in Biosupermärkten gibt es schlechte Bezahlung, fragen Sie mal in ihrem Laden nach!

Wir wollen gesunde Lebensmittel für alle! Deshalb besuchen wir heute hier diesen Supermarkt. Die Überflüssigen lassen sich nicht mehr abspeisen mit dem abgeschmackten Versprechen künftiger Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum. Die Überflüssigen stehen für den Teil der Menschen auf der Erde, deren Alltag seit jeher aus Erwerbslosigkeit, Armut, Hunger und Krieg besteht. Die Überflüssigen sind Menschen in den Industriestaaten, die vom gesellschaftlichen Reichtum ausgeschlossen werden. Sie sind das Ziel des Klassenkampfs von oben und der aktuelle Armutskampagne in Deutschland, sie sind Erwerbslose, deren Rechte weiter beschnitten werden, sie sind Flüchtlinge, die ins Asylbewerberleistungsgesetz fallen, sie sind allein erziehende Frauen, die in Niedriglohnjobs gedrängt werden, sie sind die Alten, die ihre Winterschuhe beim Sozialamt erbetteln müssen, sie sind die Kranken, die die weiter steigenden Ausgaben für Gesundheit nicht haben. Die Überflüssigen brechen aus der 2-Raum-Couchtisch-Haltung aus und machen selbst Programm. Sie stupsen sich aufmunternd zu, während sie auf die Trutzburgen der Kapitalfundamentalisten zustürmen - denn sie haben eine ganze Welt zu gewinnen.

Geschrieben „Die Überlüssigen“, Berlin am 1.Oktober 2010!
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Ergänzungen

Habs gesehen!

Mach die Augen auf 02.10.2010 - 13:43
Als ich gestern abend (kurz nach 20 Uhr) am Senefelder Platz vorbeilief, sah ich, wie eine größere Gruppe Menschen mit roten Pullis und weißen Masken in den riesen Bioladen an der Ecke ging. Von außen konnte ich beobachten und hören, wie die Kassierer sie laut den Laden verweisen wollten, zudem gab es einen kräftigen Mann in Lederjacke, der aussah wie ein Hausdetektiv oder Security oder sonstewas und mächtig übermotiviert versuchte einzelne Aktivist_innen vor die Tür zu befördern. Die Gruppe blieb allerdings im Laden, verteilte sich immer wieder und verlas laut ihr Flugblatt an die umherstehende Kundschaft, die sehr amüsiert dreinschaute(hab leider keins bekommen, bitte das nächste mal auch die Passant_innen mit Infos bedenken oder mit nem leckeren Käse ;-)). Das ganze ging sehr schnell und nach nicht mal ner Minute kamen mir die ersten "Überflüssigen" mit Einkaufskörben entgegen. Kurz danach verließ die gesamte Gruppe schwer bepackt den Markt. Hab auf die schnelle ein Foto geschossen, leider etwas unscharf, war ja etwas dunkel. Den "Überflüssigen" dürfte dieser Umstand geholfen haben, sind, soweit ich das gesehen habe, alle weggekommen...! Feine Aktion, übrigens!

P.S. Eine Kundin beschwerte sich im Anschluss bei den Angestellten über das harte Vorgehen, des Lederbejackten. "Sowas hätte sie von Ihrer [sic!] LPG nicht erwartet!"

kein bioladen, sondern ein bio-discounter

bio-supermarkt 02.10.2010 - 13:57
eins der fetten teile, wo die biologen immer mit ihren scheiss autos zum einkaufen hin fahren -wobei einkauf per auto ansich schon asi is- und speziell das teil is so super bio, daß dafür ein halber wald und eine schöne wiese verschwinden mußte.
video:
 http://athens.indymedia.org/front.php3?lang=el&article_id=1184313
kommunique übersetzt:
 https://linksunten.indymedia.org/de/node/21787

Bio-Tankstellen der LPG Biomarkt GmbH

aolola 03.10.2010 - 16:07
Hier kann man sich den LpG-Biomarkt anschauen
 http://www.lpg-biomarkt.de/kollwitzstrasse

... und diese Firma ist gut am Expandieren,
hat schon mal in Berlin inzwischen 5 große Bio-Supermärkte.
 http://www.lpg-biomarkt.de/

z.b. hier die Bio-Tankstelle am Mehringdamm
 http://kreuzberg24.net/bioladen/lpg-biomarkt-mehringdamm-20-30.html

... und spendet fleissig für "gute Zwecke!
 http://www.lpg-biomarkt.de/sponsoring#article-44-id-58W.

Da war das eben diesmal ein Sponsoring nicht
für "Kinder in Not" oder für die Berliner Tafel-Gänger

Sondern ganz ohne jeden Umweg für sie, die "Überflüssigen".
Wie wär's mit einem monatlichen Abo-Einklauf für alle
Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen?

... als Berliner Anti-Bobo-Training - für beide Seiten eben.
 http://www.in-berlin-brandenburg.com/News/Kultur/Bobo_Kultur.html

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