Maulkorb aufgehoben: Sieg am OLG Saarbrücken

kerstin schrader 25.08.2010 22:43 Themen: Biopolitik Ökologie

Die Zensur der Kritik an den Gentechnik-Seilschaften ist Geschichte: In Saarbrücken fiel heute wohl eines der wichtigsten Gerichtsurteile diesen Jahres für die gentechnik-kritische Bewegung: Jörg Bergstedt, Umweltaktivist und Publizist, darf seine Kritik an den Gentechnik-Seilschaften wieder ungeschminkt vortragen. Dem vorausgegangen waren absurde juristische Manöver der Gentechnik-Lobby, die sich durch die brisanten Enthüllungen über sie verunglimpft fühlte.

In einer Broschüre (Titel: "Organisierte Unverantwortlichkeit") und auf einer Internetseite waren Informationen über die bundesweiten Verflechtungen in der Gentechnik-Branche von Behörden, Unternehmen, Wissenschaft und Lobbyverbänden minutiös recherchiert und zusammengestellt. Uwe Schrader (FDP-Landtagsmitglied in Sachsen-Anhalt und Vorsitzender des wichtigsten deutschen Gentechnik-Lobbyverbandes InnoPlanta) und Kerstin Schmidt (Geschäftsführerin diverser Gentechnik-Unternehmen) hatten dagegen beim Saarbrücker Landgericht eine einstweilige Verfügung erreicht. Möglich machte dies die Anwaltskanzlei von Dr. Horst Rehberger, ehemaliger Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt, der während seiner Amtszeit den Anstoß gab, Sachsen-Anhalt mit einer "Biotechnologie-Offensive" zum führenden Biotechnologie-Standort Deutschlands zu machen.

Doch das Saarbrücker Oberlandesgericht folgte in allen Punkten der Argumentation Bergstedts und seines Anwalts Tronje Döhmer. Die Auffassung des Landgerichts sei "abwegig", konstatierte der Vorsitzende Richter schon zu Beginn der Verhandlung. Der Vorwurf der "Schmähkritik" gegen die Kläger sei nicht haltbar. Alle vorgetragenen Fakten seien sorgfältig recherchiert, und die daraus folgenden Bewertungen deshalb nicht zu verbieten gewesen. Selbst in dem Punkt, in dem Bergstedt Schrader vorwirft, Demonstranten "gekauft" zu haben, um für Gentechnik zu protestieren, bestätigt das Gericht "eine tatsächliche Grundlage für die Äußerungen" des Angeklagten. Eine Revision wurde nicht zugelassen."Diese deutliche Abfuhr des Oberlandesgericht an das Landgericht stärkt meinen Verdacht, dass das Landgericht völlig ohne Grundlage handelte, und das Ganze ein abgekartetes Spiel war", erklärte Jörg Bergstedt zufrieden. Von den über 30 UnterstützerInnen, die den Beklagten vors Gericht begleitet hatten, gab es nach der Urteilsverkündung spontanen Applaus.

Die Kläger Schrader und Schmidt waren beim Prozess nicht anwesend. Allerdings werden sich die Beteiligten schon bald wieder gegenüber stehen. Am 6. September findet in Üplingen, einem idyllischen Örtchen in der Magdeburger Börde, das bundesweite InnoPlanta-Forum statt. Dort wird sich das Who-is-Who der Gentechnik-Branche ein Stell-dich-ein geben. In Üplingen befindet sich auch der Gentechnik-Schaugarten, dessen Geschäftsführer Schrader bis 2008 war. Geplant ist ein dreitägiges Protestcamp und vielen Anti-Gentechnik-AktivistInnen direkt gegenüber dem Eingang des Schaugartens. Wer sich die Seilschaften angucken und Aktionen gegen sie mitmachen will, ist herzlich willkommen!

 

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