Polizeikessel 20. September 2008 rechtswidrig

Ermittlungsausschuss Köln 13.08.2010 13:45 Themen: Antifa Repression
Am heutigen Freitag, den 13. August 2010 hat das Verwaltungsgericht Köln durch Urteil festgestellt, dass der Polizeikessel in der Siegburger Straße am 20. September 2008 rechtswidrig war.
Die während des Anti-Islam-Kongresses am rechtsrheinischen Ende der Deutzer Brücke demonstrierenden Pro Köln-Gegner_innen durften nicht von der Polizei auf dem Weg zur Severinsbrücke eingekesselt und in die Gefangenensammelstelle nach Brühl gebracht werden. Das Gericht erklärte auch das dortige Festhalten bis in den Morgen des 21.9.08, die Identitätsfeststellung, die Gewahrsamsbedingungen und den Verstoß gegen den Richtervorbehalt für rechtswidrig. Beide vom Ermittlungsausschuss Köln und dem Bündnis gegen Pro Köln unterstützten Klagen hatten damit Erfolg.

Die Polizei darf in Zukunft nicht mehr Rechtsverstöße Einzelner dazu nutzen, ganze Versammlungen aufzulösen und alle Teilnehmer_innen des Landfriedensbruchs zu beschuldigen. Gegen die Betroffenen in der Siegburger Straße hatte die Polizei 245 Ermittlungsverfahren eingeleitet, um ihre freiheitsentziehenden Maßnahmen begründen zu können. Diese wurden alle von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Auch die Bedingungen in der Gefangenensammelstelle in Brühl wurden vom Gericht nicht akzeptiert. Es hatte zu wenig zu essen und zu trinken, nur wenige Isomatten und dünne Papierdecken gegeben, die sanitären Bedingungen waren unzureichend. Außerdem waren die Temperaturen in den Gitterkäfigen, aufgestellt in den Fahrzeughallen der Polizeikaserne, bei Außentemperaturen von 6 Grad Celsius auch viel zu niedrig. Spätestens nach der Identitätsfeststellung hätte die Polizei alle Gefangenen frei lassen müssen. Das geschah aber erst sechs bis neun Stunden später. Auch deshalb hat die Polizei gegen den Verfassungsgrundsatz verstoßen, dass nur Richter_innen über Freiheitsentziehungen entscheiden dürfen.

Zusätzlich hat die 20. Kammer entschieden, dass am Vortag der Proteste von der Polizei ausgesprochene Platzverweise gegen potenzielle Gegendemonstrant_innen für den 19. und 20. September 2008 rechtswidrig waren. Hier konnte die Polizei im Nachhinein gar nicht mehr erklären, warum diese ausgesprochen worden waren.

Presseveröffentlichung des Gerichts:
 http://www.vg-koeln.nrw.de/presse/pressemitteilungen/12_100813/index.php

Im September 2008 waren über 800 Menschen an drei verschiedenen Orten von der Polizei eingekesselt und über 400 von ihnen in eine Gefangenensammelstelle in der Polizeikaserne Brühl gebracht worden. Eine dritte vom EA unterstützte Klage gegen den Kessel in der Rheingasse wird am 16. September vom Verwaltungsgericht Köln verhandelt.
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Ergänzungen

im kölner kessel

chronist 13.08.2010 - 20:11
zwölf stunden ohne rechte - ein augenzeugenbericht
 http://www.interpool.tv/index.php?option=com_content&task=view&id=370

Was bringt es?

Betroffene_r 13.08.2010 - 20:42
Was bringt diese Urteil den Einzelnen, die von den Maßnahmen betroffen waren?
Bringt einem ja von der Sache her nichts es gerichtlich bestätigt bekommen zu haben, dass die 9 Stunden in Gefangenschaft nicht rechtens waren, das war vorher schon klar. Ich denke da an Schadenseratz oder sowas!

Was es bringt

eeeeeeaaaaaaaaaaaa 13.08.2010 - 22:23
Man kann jetzt (am besten kollektiv) auf Schmerzensgeld klagen. Da können durchaus 100 bis 200 Euro pro Nase rausspringen, mal über 400 macht das einen ordentlichen Batzen Kohle für politische Projekte und weitere Verfahren/Klagen. Außerdem bringts Öffentlichkeit für Antirepressionsarbeit. Man kann nach so einem Urteil auch die operativ Verantwortlichen ärgern, z.B. konkret mit einem Amtsenthebungsverfahren gegen den PP Steffenhagen.

Deutschlandradio hat übrigens einen ganz netten Audiobericht:  http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2010/08/12/dlf_20100812_1417_7fe23bd3.mp3

zusammen schließen

Betroffener 17.08.2010 - 13:47
Ich war insgesamt 14 1/2 Stunden in Haft. Habe damals auch ein Gedächtnisprotokoll angefertigt. Kann bitte jemand schreiben wo man sich zu Klagen zusammenschließen könnte, oder wie man weiter vorgehen könnte? Gegenfalls könnte doch jemand, der sich da auskennt ne Infoveranstaltung im AZ-Köln anbieten. (unsersquat.blogsport.eu)
Dieser Gerichtsbeschluss bringt mir allerdings auch schon ohne weitere Folgen für die Polizei etwas. Ich bin froh, dass dieses, für mich schockierende Ereigniss nicht ungeachtet bleibt und es Menschen gibt, die nicht locker lassen und solche Verhältnisse anprangern und bekämpfen.

Danke an die, die sich da zusammengeschlossen haben!

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frage — unwissender

na — und?

naja — irgendwie .. stimmt dad ?

Hans Wurst — Otto

muss ausgefüllt werden — muss ausgefüllt werden