Die Schuld Frau zu sein.

Daniel Ostermeier 06.08.2010 17:22 Themen: Gender Weltweit
Mexiko-Stadt. Vier Mexikanerinnen, die wegen »unfreiwilliger Abtreibung« zu je 25 Jahren Haft verurteilt wurden, sind von den Justizbehörden in Isolationshaft genommen worden, um Äußerungen gegenüber der Presse zu verhindern. Zuvor hatten sich zwei Abgeordnete der Partei der Demokratischen Revolution (PRD) an den UN-Hochkommissar für Menschenrechte gewandt, damit dieser sich für die Freilassung von insgesamt sechs Frauen einsetzen solle, die wegen »Mord an einem Verwandten zu Lasten ihrer ungeborenen Kinder« verurteilt worden waren. Die Ärzte der Frauen hatten im Prozeß ausgesagt, daß die Fehlgeburten auf die Unterernährung der Bäuerinnen und deren elende Lebensumstände zurückzuführen seien.
Trotz der Aussagen der Ärzte - welche die Schuld am Tot der ungeborenen Kindern , eindeutig den herrschenden Zuständen in der mexikanischen Gesellschaft zuschreiben - wurden vier Mexikanerinnen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Nachdem die vier Frauen nun in Isolationshaft genommen worden sind, drängt sich nun die Frage nach der Rechtfertigung des Behördenvorgehens auf. Es gibt keine, jedenfalls keine glaubwürdige. Mexiko liegt trotz der Ratifizierung des "Statut des Internationalen Strafgerichtshofs" noch weit enfernt von rechtsstaatlichen Verhältnissen.
Felipe Calderón von der Partei Partido Acción Nacional (PAN) trat nach einer umstrittenen Wahl das Amt des Staatspräsidenten an. Der Kongress konnte sich in der Wahlperiode erneut nicht auf Reformen der Verfassung einigen um den Schutz der Menschenrechte voranzubringen. In vielen Bundesstaaten wurde weiterhin über Folterungen, staatliche Repressalien und unfaire Gerichtsverfahren berichtet.
Laut amnesty international waren Gewalt gegen Frauen und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im ganzen Land nach wie vor weitverbreitet.
Die vom mexikanischen Kongress eingerichtete Kommission zur Aufklärung von Frauenmorden legte im Berichtsjahr eine umfassende Dokumentation über vorsätzliche Tötungen von Frauen in zehn Bundesstaaten vor. In dem Bericht wurde insbesondere beklagt, dass die einzelstaatlichen Behörden nach wie vor keine verlässlichen Daten über geschlechtsspezifische Gewalt zusammengestellt und zudem keine wirksamen Maßnahmen zu deren Verhütung und Bestrafung eingeleitet hatten. Auf Bundesebene wurde ein Gesetz verabschiedet, welches das Recht von Frauen auf ein Leben ohne Gewalt festschrieb. Im Februar nahm eine Sonderabteilung der Generalstaatsanwaltschaft für Fälle von Gewalt gegen Frauen ihre Arbeit auf.

Meldungen über Morde an Frauen in Ciudad Juárez und der Stadt Chihuahua rissen im Berichtsjahr nicht ab. Die Behörden des Bundesstaates Chihuahua reagierten auf die neuen Morde mit konsequenteren Maßnahmen als in früheren Jahren. Dennoch leiteten sie in vielen zurückliegenden Fällen keine strafrechtlichen Ermittlungen ein, auch die für Versäumnisse bei früheren Ermittlungen verantwortlichen Beamten wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Die Generalstaatsanwaltschaft schloss ihre Untersuchung von Fällen aus den Vorjahren ab, unterließ es aber, das ganze Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt in Ciudad Juárez in den vergangenen 13 Jahren deutlich herauszustellen. Kritiker warfen ihr deshalb vor, sie wolle die Morde und Entführungen von Frauen in der Grenzstadt herunterspielen.

Nach zweieinhalb Jahren Haft wurde im Juni David Meza Argueta des 2003 in Chihuahua begangenen Mordes an Nayra Azucena Cervantes freigesprochen. Die Grundlage des Verfahrens bildete sein mutmaßlich unter Folterungen durch die Justizpolizei von Chihuahua erpresstes »Geständnis«. David Meza Argueta reichte Klage wegen Folter gegen Behördenvertreter des Bundesstaates ein. Zwei Beamte der Justizpolizei des Bundesstaates Chihuahua sollen entlassen worden sein, weil sie Berichten zufolge bei Verhören Folter angewandt hatten.
Im Mai letzten Jahres wurden bei einem Polizeieinsatz in San Salvador Atenco im Bundesstaat México 47 Frauen festgenommen und in ein Gefängnis gebracht. Später gaben über 26 dieser Frauen gegenüber der staatlichen Menschenrechtskommission an, während des Transports von Polizeibeamten des Bundesstaates sexuell missbraucht oder vergewaltigt worden zu sein. Bis Ende des Jahres hatte die auf einzelstaatlicher Ebene eingeleitete Untersuchung lediglich zur Anklageerhebung gegen einen der beteiligten Polizisten wegen geringfügiger Vergehen geführt.

Nach ausführlicher Recherche bin ich abschließend zu der Ansicht gekommen, dass die Frauen nicht veurteilt wurden, weil sie etwas ungesetzliches taten, sondern schlicht und einfach weil sie Frauen sind.
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Ergänzungen

Quellen

Danny 11.08.2010 - 13:42
Quellen: Amnesty International und Junge Welt.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Mexiko — dd

awe — awe

@ awe — Tomaten auf Augen?

awe — awe