Wurzen: Jahrelanger Prozess nach Polizeiübergriff

addn.me 18.07.2010 12:14 Themen: Antifa Repression
Vor nun schon fast sechs Jahren demonstrierten nach einem vermutlich von Nazis verübten Anschlag auf einen Demokratieverein in Wurzen fast 300 Menschen gegen das Schweigen und Verharmlosen rechter Übergriffe in der sächsischen Provinz. Während der Demonstration kam es wie zuletzt häufiger zu Übergriffen sächsischer Polizeibeamter auf Teilnehmerinnen und Teilnehmer der bis dahin friedlichen Spontandemonstration. Dabei wurden mehrere Personen durch den Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray verletzt, eine von ihnen schwer. Seit mehreren Jahren prozessiert der Betroffene gegen den Freistaat Sachsen, um zu erreichen, dass in Zukunft auch Polizeibeamte merken, dass sie "mit so einem Verhalten nicht einfach davonkommen".
Auf das Geschäftsbüro des Netzwerks für Demokratische Kultur e.V. (NDK-Wurzen) war in der Nacht zum 7. November 2004 ein Anschlag verübt worden. Dabei wurde erfolglos versucht, mit zwei Sprengkörpern eine Scheibe und die Eingangstür des Büros zu zerstören. Nur wenige Tage später sollte in den Räumlichkeiten des 1999 gegründeten NDK ein vom Netzwerk "Tolerantes Sachsen" organisiertes "Landestreffen der Projekte, Vereine und Initiativen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus" stattfinden. Am folgenden Tag wurde eine Demonstration von mehreren hundert Menschen von der Polizei teils brutal angegriffen. Der Zivilprozess eines der Opfer wird demnächst am Dresdner Oberlandesgericht weitergeführt.

Der missglückte Anschlag sollte für den Teilnehmer an einer Spontandemonstration am Abend nach dem Anschlag noch schwere gesundheitliche Folgen haben. Ein am Einsatz beteiligter Polizist schlug dem damals 21jährigen Dresdner Antifaschisten mit einem Schlagstock unvermittelt ins Gesicht und verletzte ihn schwer. Es folgten etliche Operationen bei denen u.a. Teile des Kiefers entfernt werden mussten. Eine Anzeige gegen Unbekannt wurde wie so oft in solchen Fällen nach einigen Monaten durch die zuständige Staatsanwaltschaft eingestellt. Auch eine Zivilklage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen den Freistaat Sachsen lehnte das Landgericht Leipzig im März ab. In der Begründung des Berufungsgerichts heißt es, dass es strittig ist, "ob die Situation in Wurzen zu dem Zeitpunkt schon eskaliert war oder nicht".

Der Geschädigte hat gegen das Urteil Berufung vor dem Oberlandesgericht eingelegt und will erreichen, dass der folgenschwere Übergriff aktenkundig wird, damit die Beamtinnen und Beamten erkennen, dass sie "mit so einem Verhalten nicht einfach davonkommen".

Zum Zeitpunkt der Demonstration hatten sich am Bahnhof der mittelsächsichen Kleinstadt knapp 300 Menschen versammelt, um ihren Unmut gegen die Zustände in Wurzen auf die Straße zu tragen. Nur wenige hundert Meter weiter wurde die Demonstration nach mehreren Polizeiübergriffen beendet. Im Anschluss griffen mehr als 20 Nazis eine Gruppe Wurzener Jugendliche auf dem Heimweg an und verletzten dabei zwei der Jugendlichen.

Sowohl Teile des NDKs als auch der damalige Polizeichef von Grimma und jetzige Landespolizeipräsident Bernd Merbitz hatten sich nach dem Anschlag gegen eine Demonstration ausgesprochen und vor einer Eskalation der Situation gewarnt. Der Anschlag selbst konnte oder sollte bis heute nicht aufgeklärt werden. Auch das hat Kontinuität in Sachsen.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Neue Kampagne von Amnesty International

Bolle 18.07.2010 - 12:54
Mehr Verantwortung bei der Polizei: Eine Kampagne von Amnesty International
Infos:  http://www.amnestypolizei.de/

Die Polizei dein Freund und?

Adolf Hitler (erleuchtet) 18.07.2010 - 15:45
Es ist natürlich interessant das Demonstranten und Sympathiesanten immer mehr für die Interessen der Menschen Verantwortlich gemacht werden, die sich aus einer orientierungslosen Laune heraus einmal entschlossen hatten ihr "Glück" bei der Polizei zu >>versuchen<<.

Allein die Fülle der Themen die zu Protesten, Demonstrationen bis zu Kravallen führen lässt einen klaum erahnen wie es im Bewusstsein eines Polizeimenschen aussieht der diese kritikwürdigen Tatsachen eine Demokratischen Diktatur oft mit roher Gewalt durchsetzen soll.

Dabei ist es logisch das nicht jede entscheidung von Parlamenten oder Justiz (NPD-UnVerbot) so rivhtig sind das sie den Schlagstockeinsatz rechtferigen. Eine Kennzeichnungspflicht der Polizeibeamt_Innen würde hier viel unnötige Gewaltanwendung verhindern helfen. Jeder Prügel durch die Bullen sollte schon irgendwie gerechtfertigt sein, ansonsten sind Polizeieinsätze illegal!

Danke für ihre Aufmerksamkeit.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

Petition — Walther P., 38