Kundgebung. Solidarität mit Emmely + der FAU

lesender arbeiter 11.06.2010 11:41 Themen: Soziale Kämpfe
Mit einer Kundgebung vor der Berliner Kaiser's-Filiale an der Warschauer/Ecke Revaler Straßae wurde am 10.Juni um 18 Uhr nicht nur der juristische Sieg der Kaiser's-Kasserin Emmely und der anarchosyndialistischen FAU gefeiert. Es sollten den Emmelys dieser Welt, die solidarisch kämpfen gegen die kapitalistischen Zumutungen der Rücken gestärkt werden.
Am 10.Juni gab es zwei juristische Entscheidungen, die kritischen Lohnabhängigen den Rücken stärken. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hob die Kündigung der Kaiser’s-Kassiererin Emmely auf und das Berliner Kammergericht hob eine einstweilige Verfügung auf, die der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft FAU verbot, sich als solche zu bezeichnen. Mit einer Kundgebung am gleichen Tag um 18 Uhr vor der Kaiser’s-Filiale an der Warschauer Straße/Ecke Revaler Straße wurden diese Entscheidungen als Sieg für Emmely und der FAU, aber auch als Ermutigung für alle Emmelys dieser Welt gewertet, die sich solidarisch wehren gegen Lohnkürzung, Arbeitszeitverlängerung – und –verdichtung.
Ca. 60 Personen haben die Kundgebung besucht. Am Beginn wurde erst einmal Sekt ausgeschenkt, um die beiden Erfolge zu feiern. Sowohl in einem Redebeitrag des Emmely-Solikomitees als auch der FAU wurde deutlich gemacht, dass es hier nicht um einen Sieg des Rechtsstaats geht. Es war vielmehr der entschlossene und beharrliche Widerstand von Emmely und dem sie unterstützenden Solikomitee sowie der FAU und des sie unterstützenden Komitees für Organisationsfreiheit, die zu den Urteilen führten. Ein Redner der Gruppe Internationale KommunistInnen, die die Kundgebung organisiert hat, machte deutlich, dass solche juristischen Entscheidungen auch den gesellschaftlichen Widerstand berücksichtigen. So war die Kündigung von Emmely flächendeckend auf Unverständnis gestoßen, oft aus zweifelhaften Gründen. Da wurde betont, dass eine Frau, die 31 Jahre bei Kaiser’s gearbeitet hat, nicht einfach wegen eines angeblich falsch abgerechneten Pfandbon von 1,30 Euro entlassen werden kann. Das war im Kern auch die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Da die Vorinstanz schon die Aussage von Emmely ignorierte und ihr unterstellte den Bon falsch abgerechnet zu haben, entschied es nur über die Folgen.

Die Kernaussage der Urteilsbegründung lautete:
"Letztlich überwiegen angesichts der mit einer Kündigung verbundenen schwerwiegenden Einbußen die zu Gunsten der Klägerin in die Abwägung einzustellenden Gesichtspunkte. Dazu gehört insbesondere die über drei Jahrzehnte ohne rechtlich relevante Störungen verlaufene Beschäftigung, durch die sich die Klägerin ein hohes Maß an Vertrauen erwarb."

Damit wird natürlich implizit unterstellt, dass eine Kassiererin, die erst 3 Jahre bei Kaiser’s beschäftigt wäre und vielleicht auch als renitent bekannt war, mit Recht entlassen worden wäre.

Das zeigt noch einmal mehr, dass nach dem Urteil kein Grund besteht, nun generell auf die Arbeitsgerichte zu vertrauen. Wohl aber macht das Urteil Mut auf eine kämpferische Haltung, egal ob in der Fabrik, dem Einzelhandel, dem Jobcenter, der Schule, der Uni…
Gründe gibt es genug, wie sich auch bei der Kundgebung zeigte. Eine Passantin machte darauf aufmerksam, dass bei Kaiser`s nun verstärkt BilligjobberInnen eingestellt werden, die vor Ladenöffnung die Regale auffüllen müssen.


FAU ist nun auch rechtlich wieder Gewerkschaft
Die FAU-Betriebsgruppe im Berliner Kino Babylon Mitte hatte einen Haustarifvertrag vorgestellt, der erhebliche Verbesserungen der Arbeitsverhältnisse mit sich gebracht hätte. Die Geschäftsführung des Kinos weigerte sich mit der Gewerkschaft zu verhandeln und versuchte die FAU zu kriminalisieren, was in der ersten Instanz auch gelang. „Nun kann die FAU wieder ihre gewerkschaftliche Arbeit in dem Kino wahrnehmen, wie an Betriebsversammlungen teilzunehmen und Infos ans Schwarze Brett anbringen“, meinte eine Rednerin auf der Kundgebung. Der Kampf um bessere Arbeiterinnenrechte ist auch beim Kino Babylon damit nicht zu Ende und Solidarität wird weiter nötig sein.

Aufruf zur Krisendemo
Im zweiten Teil riefen RednerInnen auf der Kundgebung auch zur Beteiligung an der Demo „Kapitalismus ist die Krise“ auf, die am 12. Juni in Berlin stattfindet. Dort kann gezeigt werden, dass die Emmelys dieser Welt, die in ihrem Alltag kämpfen, gar nicht so wenige sind. Aber eine solche Großdemonstration hat eben nur dann Sinn, wenn dieser Alltagswiderstand verstärkt wird.
Die Reaktion der PassantInnen und Kaiser’s-KundInnen war überwiegend gut. Viele hatten schon von dem positiven Urteil für Emmely gehört und äußerten sich sehr zufrieden damit. Auffallend war, dass ältere Menschen hier offener waren, während manche jüngeren PassantInnen schnell vorbeigingen und offensichtlich eher verärgert auf die Kundgebung reagierten. Ob das wohl daran liegt, dass viele Ältere sich mit Emmely identifizieren können und daher eher an ihren Fall interessiert, während manche Jüngere meinen, ihnen kann das (warum wohl?) nicht passieren. Das Beispiel Babylon zeigt, wie falsch eine solche Auffassung ist.
Mit der Kundgebung ist es gelungen, zwei soziale Kämpfe, die erst einmal nebeneinanderstehen und nur gemeinsam hatten, dass zufällig am gleichen Tag ein wichtiger Gerichtstermin war, verbunden wurden. Ein solches solidarisches Zusammenwirken wird aber auch in Zukunft nötig sein, um den Emmelys dieser Welt Solidarität zu zeigen.
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Ergänzungen

Emmely bei Kerner: zweifacher Sieg

j.b. 14.06.2010 - 10:51

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 2 Kommentare

die hübsche dame auf den fotos...

theodor 11.06.2010 - 15:02
... hat ganz schoen krass gefeiert.
Immer das selbe mit diesen Linken, sogar schon Mittags trinken sie dekadent Sekt. ;p

Ich freu mich für euch, FAU und Emmely!

redebeiträge auf der kundgebung

lesender arbeiter 12.06.2010 - 00:56
Solidarität mit den Emmelys dieser Welt:
Wegen des Verdachts, einen Pfandbond im Wert von 1,30 Euro falsch abgerechnet zu haben, wird der Kassiererin Emmely nach 31jähriger Tätigkeit gekündigt. Die Arbeitsgerichte bestätigten die Entlassung der aktiven Gewerkschafterin in zwei Instanzen. Am 10. Juni wird sich das Bundesarbeitsgericht in Erfurt mit dem Fall befassen. Am gleichen Tag verhandelt das Berliner Kammergericht über das Verbot der anarchosyndikalistischen Freien ArbeiterInnen Union (FAU), die mit den Beschäftigten des Kino Babylon-Mitte gegen prekäre Arbeitsverhältnisse kämpfte.
Mit der Kundgebung wollen wir mit Emmely und den FAU-AktivistInnen unsere Solidarität ausdrücken. Wir wollen gleichzeitig den vielen Emmelys dieser Welt den Rücken stärken, die sich gegen Billiglohn und Arbeitshetze wehren, nicht gegen ihre KollegInnen ausspielen lassen ,sondern solidarisch gegen die kapitalistischen Zumutungen im Betrieb, dem Jobcentern, den Unis und den Schulen kämpfen.
Internationale KommunstInnen
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Finanzkrise – was soll das sein?
Wenn in den Medien von einer Finanzkrise die Rede ist, die sich auf die Realwirtschaft niederschlagen würde, führt das in die Irre. Und zwar deshalb, weil die Finanzkrise nicht vom Himmel gefallen ist. Die Realwirtschaft schwächelt bereits seit einigen Jahrzehnten. Von der fordistischen Krise der 70er hatte sich der Kapitalismus nie wieder vollständig erholt. Technologische Innovationen wie die mikroelektronische Revolution und die New Economy konnten der Wirtschaft zwar immer wieder kurze Aufschwungphasen bescheren. In den letzten Jahrzehnten hat aber die wirtschaftliche Dynamik deutlich nachgelassen und die Wachstumsraten sind Konjunkturzyklus um Konjunkturzyklus gesunken. Wir sind inzwischen mit einer Vielzahl von größeren und mittleren Krisen konfrontiert (die Japan-Krise ab 1991 dauerte fast 15 Jahre, die Tequila-Krise in Mexiko 1995, die Asienkrise 1997/1998, die Argentinien-Krise 1998, die Dotcom-Blase 2000, der Wirtschaftseinbruch 2003, die aktuelle Krise ab 2007).
Der kapitalistische Verwertungsprozess, durch Vernutzung von Arbeitskraft das eingesetzte Kapital zu vermehren, ist ins Stocken geraten, da das im Produktionsprozess stetig anwachsende Kapital immer wieder Probleme hat, genügend neue Investitionsmöglichkeiten und Absatzmärkte zu finden.
Die neoliberale Ideologie
Mit den Heilsversprechen der neoliberalen Ideologie versuchen Politik und Wirtschaft seit Jahrzehnten, die kapitalistische Wirtschaft in den Griff zu bekommen und krisenfrei zu gestalten. Der Neoliberalismus geht von einer rationalen Logik des Marktes aus, die ein vernünftiges Wirtschaften überhaupt erst ermöglichen und wirtschaftliche Stabilität und Wohlstand garantieren würde. In praktische Politik übersetzt bedeutet das die Unterordnung möglichst aller gesellschaftlichen Bereiche unter das Diktat des Marktes, denn der Markt sei der einzige Maßstab dafür, was zweckmäßig sei und somit eine Existenzberechtigung habe.
Diese marktradikale Politik propagiert, dass Handelsbeschränkungen aufgehoben werden müssten und die Privatisierung und Ökonomisierung fast aller Lebensbereiche durchgesetzt werden müsse, die vorher noch (sozial-)staatlich organisiert waren (Gesundheit, Bildung, Energie, Bahn, öffentliche Versorgung und Infrastruktur).
Außerdem wurden in den letzten 30 Jahren die Lohnabhängigen in immer extremerer Art und Weise mit Sozialabbau und einem gestiegenen Druck in den Arbeitsverhältnissen konfrontiert. Das äußerte sich z.B. in Kürzungen im Gesundheitswesen, Hartz IV, der Agenda 2010, Rentenkürzungen, Studiengebühren, der Reform des Elterngeldes und des Unterhaltsrechts, der stärkeren Aktivierung von Eltern in den Arbeitsmarkt, der Steuerpolitik, der Ausweitung von Leiharbeit, der Lockerung des Kündigungsschutzes, befristeten Arbeitsverhältnissen, miesen Arbeitsbedingungen und Lohnkürzungen.
Wer soll das alles zahlen?
Eine dumme Frage oder? Egal ob Beschäftigte, Erwerbslose, SchülerInnen oder Studierende: Entweder befinden wir uns schon unmittelbar im Verwertungsprozess oder wir werden gerade nutzbar gemacht. Wir produzieren den wirtschaftlichen Reichtum, bekommen mal mehr, mal weniger davon ab. Der Wunsch „Wir zahlen nicht für eure Krise“ ist unsinnig, denn Krise ist Kapitalismus und Kapitalismus ist Krise. Und natürlich zahlen am Ende immer wir.
Aber wir wissen auch, dass Reichtumsverteilung im Kapitalismus ein gesellschaftlicher Aushandlungsprozess ist und genau deshalb lohnt es sich, sich zu organisieren und gegen soziale Angriffe zu kämpfen. Nur in sozialen Verteilungskämpfen können Zugeständnisse erzwungen werden. Erfolgreiche Arbeitskämpfe und Proteste können nur durchgeführt werden, wenn sich die Menschen in den Betrieben, in den Ämtern, in den Schulen und Unis, in den Stadtteilen und in anderen Lebensbereichen organisieren, gemeinsam statt individuell.
Wir wollen alles
Soziale Kämpfe können unsere unmittelbaren Lebensbedingungen nur verbessern, wenn ein Kräfteverhältnis gegen das Kapital entwickelt werden kann. Die Verhandlungsspielräume innerhalb des Systems ändern nichts an dem Leben im Falschen und daran, dass wir uns fürs Kapital und den Standort abrackern sollen. Deshalb bleiben wir dabei: Wir wollen mehr, wir wollen alles! Wir kämpfen für eine solidarische Gesellschaft jenseits kapitalistischer Verwertungslogik.
Für uns gilt:
Her mit dem schönen Leben - für den Kommunismus!
Bundesweite Anti-Krisendemonstration:
12. Juni 2010 • 12h • Berlin • Rotes Rathaus
Hinein in den antikapitalistischen Block!

Internationale KommunstInnen