Es gibt keinen Freitod hinter Gittern

H.,Flüchtlingsrat Hamburg 18.04.2010 16:18 Themen: Antirassismus
- Bericht von der Demo wegen erneutem Suizid in Hamburger Abschiebehaft am 16. April,- Redebeitrag auf der Demo, Bericht vom anschließenden Vorbereitungstreffen für weitere Aktionen gegen Abschiebehaft und Abschiebungen, - Hinweis auf die geplante weitere DEMO am 24. April.
Die am 16.4. kurzfristig von Antira-Aktivist_innen organisierte Demo wegen des Todes von Yeni P. begann (nachdem sich ab 19.30 Uhr die Leute gesammelt hatten) um ca. 20.00 Uhr auf dem Achidi-John-Platz (Schulterblatt, vor der Roten Flora) mit einem kurzen aber sehr eindringlichen Redebeitrag eines Menschen vom Café Exil (s.u.!). Einen Lauti-Wagen hatten wir nicht, aber Megaphon.Dann setzte sich eine sehr kämpferische Demo von ca. 300-400 Leuten unter ständigem Parolen rufen und mit nur sehr geringer Polizeibegleitung (nur vorne und hinten) in Bewegung. Es ging über Schulterblatt - Neuer Pferdemarkt - Feldstraße (am Dom vorbei) - Sievekingplatz (am Gericht Zwischenkundgebung) - Valentinskamp - dann sollte es eigentlich links in die Caffamacherreihe zur Drehbahn gehen, wo sich die Justizbehörde von Senator Steffen befindet und die Abschlusskundgebung sein sollte. Doch (keine Ahnung ob aus Versehen oder absichtlich) der vordere Teil der Demo ging geradeaus weiter Richtung Gänsemarkt. Zurückrufen über Mega war erfolglos. So musste der Versammlungsleiter die angemeldete Demo hier auflösen. Die Gruppe von ca. 150 Menschen vom vorderen Teil der Demo ging dann zwar nicht zum Gänsemarkt, sondern über Nebenstraßen in die Große Bleichen, wo es der Polizei gelang, den Zug zu stoppen und dann auch von hinten abzuriegeln. Nach Beratschlagung, was wir nun machen, wurde beschlossen mit den B. zu verhandeln, eine neue Demo zur Justizbehörde anzumelden. Die Verhandlung war erfolgreich und so konnten wir die Demo über Fuhlentwiete und Caffamacherreihe bis zur Justizbehörde fortsetzen und dort eine kurze Abschlusskundgebung abhalten.Hier der Redebeitrag vom Café Exil:Heute starb erneut ein Mensch in Abschiebehaft. Yeni P. ist seit dem 23.Februar.2010 inhaftiert. Vermutlich weil sie sich ohne gültige Papiere in Hamburg aufhielt. Dies ist in den Augen der Hamburger Behörden ein Verbrechen. Yeni P hat nichts anderes gemacht, als sich ihr selbstverständliches Recht auf Bewegungsfreiheit wieder an zueignen. Vermutlich hat sie, wie so viele andere auch, hart und für zu wenig Lohn gearbeitet, in der Gastronomie im Reinigungsgewerbe oder wo anders. Ihr Verbrechen war es sich ein Selbstbestimmtes Leben zu wünschen in der sie selbst entscheidet wo sie lebt und nicht die Behörden. Bereits am 7. März nahm sich David M, ebenfalls in Abschiebehaft, das Leben. CDU und GAL hatten genügend Zeit Konsequenzen aus dem Todesfall von David M. zu ziehen. Sie hätten somit den Selbstmord von Yeni P verhindern können.Falls sie nicht sofort die Abschiebehaft abschaffen, werden sie auch weiterhin die Verantwortung tragen, falls sich erneut jemand in Abschiebehaft das Leben nehmen sollte.Der verantwortliche Justizsenator Till Steffen äußerte lauthals: „Der Selbstmord von Yeni P. hat mich tief getroffen. Wir sagen Ihnen: „Ihre angebliche Betroffenheit interessiert uns einen Scheiß. Davon hat Yeni P jetzt auch nichts mehr“. Des weiteren kündigte die GAL an, einen runden Tisch einzurichten, um über den Selbstnord zu reden. Aber hier gibt es nix zu reden!Schaffen Sie die Abschiebehaft ab! Das ist das einzige was Sie jetzt zu tun haben!! Alles andere ist die billigende Inkaufnahme eines unmenschlichen Abschiebesystems, welches zum Tod von Menschenleben führt.Es gibt kein Freitod in Abschiebehaft!!!Fight Bordermanagment!!!!Mobility is not a crime!!!!!No border no nation…………!!!! Im Anschluss an die Abschlusskundgebung gab es dann noch ein Treffen in der Druckerei im Gängeviertel, um über weitere Aktionen gegen Abschiebehaft zu beratschlagen, damit das Thema am Kochen bleibt und der Druck auf den Senat steigt. Bei diesem Treffen von ca. 15 Menschen unterschiedlicher Gruppen wurden verschiedenste Vorschläge gesammelt für Aktionen oder Demos in nächster Zeit:- Erneute DEMO (diese Vorschlag wurde am ausführlichsten diskutiert und dann schon konkret mit Datum, Zeit, Ort und ungefährer Route beschlossen):am Samstag (24.4.) um 18.30 Uhr ab Dammtor und durch die Innenstadt (Mö) und Hauptbahnhof zur Ausländerbehörde. (Die späte Uhrzeit ist wegen der tagsüber stattfindenden "Ketten-reAktion der Anti-AKW-Bewegung)- Aktionen während des Europa-Marktes auf dem Rathausmarkt am 24.4.- Aktionen direkt an der Anti-Atom-Kette, bei der ja vermutlich viele GRÜNE (sicher auch prominente) sich beteiligen werden, um sie mit mit der auch von ihnen verantworteten Abschiebepolitik und Abschiebehaft-Toten zu konfrontieren. (Dieser Vorschlag wurde nicht weiter diskutiert)- Besuch der Innenausschuss-Sitzung am 20.4. im Rathaus und /oder Aktion vorm Rathaus während der SitzungUM DIE DEMO UND ANDEREN VORSCHLÄGE KONKRETER ZU PLANEN, SOLL ES AM MONTAG (19.4.) UM 19.00 UHR EIN VORBEREITUNGSTREFFEN IN DER WERKSTATT 3 (Nernstweg 32, Nähe Bhf. Altona) GEBEN, ZU DEM NATÜRLICH AUCH MÖGLICHST VIELE WEITERE MENSCHEN DAZU KOMMEN SOLLTEN!
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Ergänzungen

Demospaltung

.... 18.04.2010 - 22:58
Zum Teil lag die Spaltung daran, dass nicht alle Leute die Route an der Flora gehört hatten bzw. nur einen Teil. Deswegen erschien es einigen sinnvoll in Richtung Gänsemarkt/Innenstadt zu gehen bzw. dies zu versuchen. Fürs nächste mal wär es vielleicht gut die Route nochmal durchzusagen wenn man eine Zwischenkundgebung macht, grad bei solchen spontanen Sachen.

Bewegungsfreiheit

sauer 19.04.2010 - 07:09
Sie hatte sich offenbar ohne behördliche Genehmigung von ihrem Wohnort nach Hamburg bewegt. Verstoß gegen die Residenzpflicht. Nicht zum ersten Mal. Damit gilt das nicht mehr als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat. Also Verurteilung. Also Verlust der Aufenthaltserlaubnis. Also Abschiebeknast. Also... nein, Abschiebung selbst verhindert, weil sie diese noch mehr fürchtete als diesen letzten Ausweg. Die Residenzpflicht muss endlich weg! Info:  http://www.residenzpflicht.info --- abschaffen:  https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=10249 - ruft Euren Innenminister an - nervt Eure Abgeordneten - beteiligt Euch an den Aktionen der Flüchtlinge - macht was!!! Macht Schluss damit!!!

@der Artikel!

omg 19.04.2010 - 20:21
"Es gibt keinen Freitod hinter Gittern"

Das ist eine Redewendung du Depp! FREItod bezieht sich dabei auf den nicht vorhandenen Zustand (hinter Gittern) des Freiseins. Niemand will Insassen die Entscheidung zum Suizid abnehmen, obwohl ich persönlich es immer als meine Pflicht sehen würde andere vom Selbstmord abzuhalten, das heißt anderen die Entscheidung über ihr Leben abzunehmen. Aber das nur am Rande...

Demonstration am Samstag (24.4)

in HH 20.04.2010 - 10:20
Abschiebehaft abschaffen!
Es gibt keinen Freitod hinter Gittern

Am 16.4.2010 starb erneut ein Mensch in Hamburger Abschiebehaft. Die 34jährige Yeni erhängte sich mit einem Gürtel in der JVA Hahnöfersand. Sie war seit dem 23.Februar 2010 inhaftiert, angeblich wegen "Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz". Vermutlich hielt sie sich ohne gültige Papiere in Hamburg auf. Dies ist in den Augen der Hamburger Behörden ein Verbrechen.

Yeni hat nichts anderes gemacht als sich das für deutsche PassbesitzerInnen selbstverständliche Recht auf Bewegungsfreiheit zu nehmen. Aber sie hatte Schlimmeres zu erleiden als das Warten deutscher TouristInnen auf europäischen Flughäfen, das z.Zt. die Medien füllt. Vermutlich hat sie, wie so viele andere MigrantInnen auch, hart und für zu wenig Lohn gearbeitet, wurde von Männern ausgebeutet und betrogen (laut Presse wurde sie "in einer Modelwohnung aufgegriffen", reiste "seit 1994 mehrfach mit verschiedenen Identitäten ein und war mit drei Deutschen verheiratet"). Seit fast zwei Monaten war sie in Untersuchungs- und dann in Abschiebehaft. Ihr Verbrechen war es, sich ein selbstbestimmtes Leben zu wünschen, in dem sie selbst entscheidet, wo sie lebt - nicht die Behörden.

Bereits am 7. März 2010 nahm sich David, ein junger Flüchtling, ebenfalls in Hamburger Abschiebehaft das Leben. Ihm drohte eine Abschiebung gemäß der europäischen Dublin II-Verordnung, weil er über Polen eingereist war - deshalb wurde es ihm hier verweigert, einen Asylantrag zu stellen.

Die Hamburger Regierung aus CDU und GAL hatte genügend Zeit, Konsequenzen aus dem Tod von David zu ziehen. Sie hätte somit den Selbstmord von Yeni verhindern können. Falls sie ihre rigide Abschiebepolitik nicht ändert, wird sie auch weiterhin die Verantwortung dafür tragen, wenn sich erneut Menschen in Haft aus Angst vor Abschiebung das Leben nehmen sollten. Das haben in den vergangenen 10 Jahren 23 Abschiebehäftlinge versucht.

Nach dem Suizid von Yeni bekräftigte der innenpolitische Sprecher der CDU, Kai Voet van Vormizeele, die Notwendigkeit "verbindlicher Maßnahmen in der Abschiebung" und erklärte, es sei nicht "akzeptabel, dass Menschen nur noch den Ausweg des Selbstmords sehen. Dies muss durch geeignete Maßnahmen verhindert werden." Das heißt: Noch mehr Abschiebehaft, Überwachung und Kontrolle statt Freiheit für die Inhaftierten.

Der verantwortliche Justizsenator Till Steffen (GAL) äußerte lauthals: "Der Selbstmord von Yeni P. hat mich tief getroffen". Dabei trägt seine Partei die Abschiebepolitik seit Jahren mit. Die GAL kündigte jetzt lediglich an, einen Runden Tisch einzurichten, um über "aktuelle Fragen rund um die Abschiebepraxis" zu reden. Aber statt zu reden, müssen endlich Konsequenzen gezogen werden:

Sofortige Abschaffung der Abschiebehaft und Freilassung der Inhaftierten!

Rücktritt der verantwortlichen Senatoren Ahlhaus und Steffen!

Schluss mit der rassistischen Ausgrenzungs- und Abschiebepolitik gegen Flüchtlinge und MigrantInnen!

Bewegungsfreiheit, Bleiberecht und gleiche Rechte für alle!

Beteiligt Euch an der Demonstration
am Samstag, den 24.4.10 um 18.30 Uhr ab Hauptbahnhof (Glockengießerwall)
Abschlusskundgebung: 20 Uhr Achidi-John-Platz (Schulterblatt)

Es rufen auf: Flüchtlingsrat Hamburg, Avanti-Projekt undogmatische Linke, ...

08.Mai Karlsruhe

LaLeLu 20.04.2010 - 14:00
Über den Baden-Airpark (Baden-Baden/Karlsruhe) werden jeden zweiten Dienstag im Monat, abgeschottet über den alten Terminal, in Charterflügen Menschen abgeschoben.
In Polizeikonvois werden Flüchtlinge aus ganz Süddeutschland nach Baden-Baden gebracht, um beispielsweise in den Kosovo, Vietnam oder Bulgarien abgeschoben zu werden.

Wenn wir Abschiebungen verhindern wollen, dürfen wir uns nicht auf den Staat verlassen, sondern müssen selbst die Initiative ergreifen. Mittel hierzu können Abschiebungs-Blockaden, Beherbergung von Flüchtlingen, Solidaritätsbekundungen und Öffentlichkeitsarbeit sein.

Wir rufen außerdem zur zentralen Demonstration gegen den "Deportation-Baden-Airpark" am 8. Mai in Karlsruhe auf. Wer bleiben will, soll bleiben!

 http://linksunten.indymedia.org/de/node/19003
 http://linksunten.indymedia.org/de/node/18984
 http://linksunten.indymedia.org/de/node/18967

 http://deportationairpark.blogsport.de/

NL: Putzstreik und Abschiebeknäste

Anarchosyndikat Köln/Bonn 26.04.2010 - 11:11
Artikel über den niederländischen Arbeitskämpf der (teilweise illegalen) Reinigungskräfte und die KAmpagne gegen Zeitarbeit in Abschiebeknästen
 http://anarchosyndikalismus.blogsport.de/2010/04/26/niederlande-putzstreik-und-abschiebeknaeste/

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