FFM: Solidarität mit Wiener und Bochumer Stud

Presse AK 22.12.2009 19:37 Themen: Bildung
Heute zeigten Studierende der Uni Frankfurt ihre Solidarität mit der gestern geräumten Besetzung in Wien und der heute morgen geräumten Besetzung in Bochum. Sie versammelten sich trotz extremer Kälte und den anstehenden Feiertagen unter dem Motto „Die Uni gehört allen. In Wien, Bochum und überall. Solidarität mit den geräumten Besetzer_innen an der Uni Wien – jetzt erst Recht!“ vor der österreichischen Außenhandelsstelle. Hier wurde eine kurze Kundgebung abgehalten.
Auf der Kundgebung wurde eine ausführliche Solidaritätserklärung verlesen. In dieser heißt es u.a.:
„Als im Oktober die Student_innen der Wiener Uni ihr Audimax besetzten, war dies die Initialzündung für die europaweite Besetzungsbewegung. Studi-Aktivist_innen in ganz Europa schauen seither auf Wien.
Diese Besetzungen sind notwendig, um gegen die katastrophalen Zustände im Bildungswesen vorzugehen. Die Umstrukturierungen des Studiums, insbesondere die Modularisierung lassen kaum andere als schematisierte und mechanisierte Bildungsprozesse mehr zu, die in Auswendiglernen und in formalen Übungen bestehen. Kritische, selbstständige Reflexion wird unterdrückt. Das Studium wird in markttaugliche Kategorien gepresst. Erst durch die Besetzungen haben wir die Organisationsmöglichkeiten, das politische Druckmittel und Raum und Zeit für selbstbestimmte Bildung, um diesen Enteignungen von Bildung Widerstand entgegenzusetzen.“

Weiter heißt es:
„Aktionen wie die der Wiener und Bochumer Unileitung verfehlen ihren Zweck, wenn sie die Erstickung des Protests beabsichtigen. Sie bestätigen die Notwendigkeit basisdemokratischen Widerstands gegen die hierarchische Struktur der Hochschulen. Der von Wien aus angestoßene Diskussions- und Aneignungsprozess muss und wird jetzt erst recht fortgeführt werden.“

Magda Nussbaum, Pressesprecherin des Protest-Plenums, vermutet, die Verantwortlichen wollten der Studierendenbewegung mit den plötzlichen Räumungen kurz vor der Weihnachtspause „gezielt ein Ende setzen“. Hierzu passe, dass neben Wien auch die Besetzung in Bochum heute Morgen unerwartet geräumt worden sei.
„Der Konflikt lässt sich allerdings mit dem Polizeiknüppel nicht lösen, und auch nach den Räumungen besteht er weiterhin. Deshalb wird es auch im neuen Jahr spannend“, so Nussbaum weiter.

„Ich denke die bundesweite Demonstration am 30. Januar 2010 in Frankfurt ist ein guter Startschuss für das neue Jahr. Die Räumungen verstärken die Wut der Studierenden nur“, so Markus Niemeier, Pressesprecher des Protest-Plenums.

mehr info:  http://bildungsstreik-ffm.de
bzw. hier:  http://de.indymedia.org/2009/12/267986.shtml
oder auf:  http://unigehoertallen.tk

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Hier die Soli-Erkärung:

An die geräumten Besetzer_innen des Audimax' der Uni Wien
Solidaritätserklärung des Frankfurter Protest-Plenums
22.12.09


Als im Oktober die Student_innen der Wiener Uni ihr Audimax besetzten, war dies die Initialzündung für die europaweite Besetzungsbewegung. Studi-Aktivist_innen in ganz Europa schauen seither auf Wien und leisteten im Rahmen ihrer Besetzungen Widerstand gegen die autoritären und neoliberalen Umstrukturierungen der Hochschule.

Diese Besetzungen sind notwendig, um gegen die katastrophalen Zustände im Bildungswesen vorzugehen. Die Umstrukturierungen des Studiums, insbesondere die Modularisierung lassen kaum andere als schematisierte und mechanisierte Bildungsprozesse mehr zu, die in Auswendiglernen und in formalen Übungen bestehen. Kritische, selbstständige Reflexion wird unterdrückt. Das Studium wird in markttaugliche Kategorien gepresst. Erst durch die Besetzungen haben wir die Organisationsmöglichkeiten, das politische Druckmittel und Raum und Zeit für selbstbestimmte Bildung, um diesen Enteignungen von Bildung Widerstand entgegenzusetzen.

Die gestern erfolgte Räumung des Audimax' in Wien macht die tatsächlich autoritäre Beschaffenheit der Entscheidungsstrukturen an der Uni deutlich: Der universitäre Tagesablauf sowie die Vergabe von Räumlichkeiten sind nicht Inhalt eines demokratischen Aushandlungprozesses, sondern werden von oben vorgegeben. Die universitären Strukturen sind durch fremde Zwecke bestimmt, die notfalls unter Rückgriff auf das Gewaltmonopol des Staates gegen die Mitglieder der Uni durchgesetzt werden. Auch wir in Frankfurt mussten diese buchstäblich schmerzliche Erfahrung machen. Eure Solidaritätsbekundungen ermutigten und freuten uns.

In Bochum erfolgte heute am frühen Morgen bereits die zweite von der Unileitung verfügte Räumung durch die Polizei. Nachdem die erste Besetzung in Bochum am 24.11. geräumt wurde, haben sich die Bochumer Aktivist_innen nicht einschüchtern lassen und am 30.11. das Audimax einfach erneut besetzt. Heute morgen um 5 Uhr drohte die erneute Räumung durch die Polizei, der sich die Besetzer_innen rechtzeitig entziehen konnten, während die herbeigerufene Polizei auf dem Campus nach ihnen suchte.

Das von den Verfechtern autoritärer Positionen häufig angeführte Argument, die Besetzung universitärer Räume durch eine Minderheit sei undemokratisch, entbehrt eben wegen der oben beschriebenen undemokratischen Strukturen jeglicher Basis. Räume stehen dieser Minderheit nur insofern zur Verfügung, als sie sie sich aneignet.

Die Räumung erfolgte in Wien zu einem Zeitpunkt, zu dem die Besetzer_innen ihre Reaktion auf die Forderungen des Rektorats diskutierten. Dass das Ergebnis dieses Diskussionsprozesses nicht abgewartet wurde, unterstreicht den Umstand, dass es von Seiten der Unileitung keinerlei Bereitschaft zu Verhandlungen gab und die Besetzer_innen als Gesprächspartner_innen nicht ernst genommen wurden. Die Sperrung universitärer Gebäude nach der Räumung, darunter auch Bibliotheken, ist eine völlig unnötige Erschwerung der Studienverhältnisse und ein hinterhältiges Mittel der Unileitung, Ressentiments gegenüber den Protesten zu schüren.
Diese Spaltungstaktik ist neben der systematischen Kriminalisierung studentischen Protests ein geläufiges Mittel, die legitimen Forderungen der Aktivist_innen in den Hintergrund der Auseinandersetzung zu drängen.

Die Wiener Student_innen haben die besetzten Räumlichkeiten Obdachlosen zur Verfügung gestellt, die angesichts der rauhen Witterung existentiell bedroht und auf Unterschlupf angewiesen waren. Dies zeigt auf, dass der Wiener Bildungsstreik nicht bloß der Protest gut situierter Student_innen ist, die ihre Privilegien verteidigen und ausbauen wollen: Vielmehr solidarisieren sie sich mit anderen sozialen Kämpfen und unterstützen diese. Der Zugang Obdachloser zu universitären Räumlichkeiten war ein erster Schritt hin zu einer Aufhebung exklusiver Benutzungsrechte und einer Öffnung der Universität.
Der Bildungsstreik muss seine gegenwärtigen universitären Grenzen sprengen und die im Bildungssektor sich manifestierenden Probleme als Bestandteil gesamtgesellschaftlicher Strukturen verorten: die uni gehört allen!
Die Interessen und Bedürfnisse der Obdachlosen wurden in den Entscheidungsfindungsprozessen der Unileitung genauso wenig berücksichtigt wie die der Studierenden. Wohlmeinende Lippenbekenntnisse (so wie kurzfristig ins Leben gerufene, der öffentlichen Selbstinszenierung zuträgliche Spendenaktionen) können nicht darüber hinwegtäuschen, dass rund hundert Obdachlosen ihre Zuflucht vor der Kälte genommen wurde, ohne dass alternative Unterkünfte sichergestellt sind.

Aktionen wie die der Wiener und Bochumer Unileitung verfehlen ihren Zweck, wenn sie die Erstickung des Protests beabsichtigen. Sie bestätigen die Notwendigkeit basisdemokratischen Widerstands gegen die hierarchische Struktur der Hochschulen. Der von Wien aus angestoßene Diskussions- und Aneignungsprozess muss und wird jetzt erst recht fortgeführt werden. Wir solidarisieren uns mit den Besetzer_innen in Wien und Bochum und verurteilen die von der Unileitung veranlasste polizeiliche Räumung des Audimax. Sie hat durch diesen Schritt ihre Glaubwürdigkeit als potentielle Gesprächspartnerin verwirkt. Der Kampf für eine andere Bildung und eine offene Universität geht weiter:

Solidarische Grüße aus Frankfurt!

PS: Wir sehen uns am 30.1.2010 in Frankfurt
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bla 22.12.2009 - 19:45
HOCH DIE ANTINATIONALE SOLIDARITÄT! SOLIDARISCH FÜR FREIE BILDUNG UND EIN SELBSTBESTIMMTES LEBEN!

indy artikel bochum

link 22.12.2009 - 19:50

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