Aktion gegen Ausbeutung beim Call Center buw

FAU Münsterland 23.11.2009 14:55 Themen: Blogwire
Behörden und Geschäftsführung schauen zu, während in der buw Unternehmensgruppe die MitarbeiterInnen an den miesen Bedingungen zugrunde gehen.
Wenn die Volksbank Münster zum Marathon einlädt, herrscht Ausnahmezustand im westfälischen Münster. Auf die Busfahrpläne ist kein Verlass, und der Tourist, dem es eingefallen ist, mit dem Auto nach Münster zu kommen, findet keinen Parkplatz. Der Volksbank-Marathon ist eines der sportlichen Großereignisse und füllt in der Lokalpresse glatte drei Seiten. Dagegen konnte dieses Jahr nicht einmal ein Kanzlerkandidaten-Duell anstinken.

Bei so einem Event will natürlich jeder und jede ein Stück vom großen Werbekuchen abhaben. Als besonders gierig erweist sich seit Jahren der Callcenter-Konzern buw. Als Hauptsponsor neben der Volksbank organisiert buw parallel zum Marathon einen Staffellauf. Während ganz Münster am 13. September im Lauffieber war, wollten einige nicht mitfiebern. Die Telefonzelle Münster (siehe Interview in Direkte Aktion #195) nahm den Staffellauf zum Anlass für eine Protestaktion. Mit Transparenten und Flugblättern machten sie am zentralen Hindenburgplatz, dem Startpunkt des Staffellaufes, auf die miserablen Arbeitsbedingungen bei buw aufmerksam.
Arbeitsbedingungen bei buw

Wie sehen nun die Fakten aus bei buw? Nicht so rosig, wie die Herren Bormann und Wulf dies darstellen. Ein Beispiel für die Arbeitsbedingungen am Standort Münster sind die unsäglichen klimatischen Verhältnisse, die während des Hochsommers herrschen. Regelmäßig gibt es in den Räumlichkeiten höhere Temperaturen als draußen. 33 Grad sind keine Seltenheit, da die Geschäftsführung sich strikt gegen die Anschaffung einer vernünftigen Klima- oder Lüftungsanlage sträubt. Folglich kommt es alle paar Wochen zu Kreislaufzusammenbrüchen bei MitarbeiterInnen, die dann durch einen Rettungswagen abgeholt werden müssen.

Für die Masse weitaus dramatischer ist aber der Stress, der in den Callcentern aufgebaut wird. Alle KollegInnen haben eine bestimmte Quote bezüglich eingehender Anrufe oder erfolgreicher Verkäufe einzuhalten. Dazu muss aber auch ein hohes Qualitätslevel (Freundlichkeit, Verständnis für den Kunden, Kompetenz, ...) eingehalten werden. Diese beiden Anforderungen stehen im Gegensatz zu einander und bauen in den Köpfen der Angestellten einen hohen psychischen Druck auf. Die MitarbeiterInnen müssen freundlich, nett und clever sein, aber so viel wie möglich telefonieren. Alles wird natürlich durch Kontrollmaßnahmen und Testanrufe genaustens erfasst. Weichen die MitarbeiterInnen mal gröber vom Soll ab, gibt es ein protokolliertes Gespräch, das eine Vorstufe der Abmahnung darstellen soll oder der befristete Arbeitsvertrag wird gar nicht erst verlängert. Neben dem täglichen Druck und den teils unmenschlichen Arbeitsbedingungen sorgt vor allem ein Punkt für dauerhafte Frustration unter den Callcenter-AgentInnen: Die miserable Bezahlung. Seit weit vor der Zeit der Euro-Umstellung gab es keine Lohnerhöhung mehr.

Die Telefonzelle Münster hat daher in ihren Flugblättern eine angemessene Lohnerhöhung, vollständig bezahlte Urlaubstage, die Abschaffung der protokollierten Gespräche, ein Ende der Schikanierung durch Team- und Projektleitende und die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Standards und Pausenregelungen gefordert.
Lokalpresse schützt Unternehmerwillkür

Aufgrund der Flugblattaktion sind engagierte JournalistInnen auf die Telefonzelle und die FAU zugekommen. Wir konnten Interviews mit ehemaligen und aktuellen MitarbeiterInnen vermitteln. Die JournalistInnen befragten im Anschluss sowohl den Betriebsrat, wie auch den Arbeitgeber zu unseren Vorwürfen. Dies war von uns ausdrücklich erwünscht. Die Redaktionen der Lokalpresse haben daraufhin wohl Muffensausen bekommen: Einen der besten Werbepartner und einen vermeintlichen „Arbeitsplatzschaffer“ verschreckt man nicht, indem man auf die Bedürfnisse und Probleme der Angestellten hinweist! Aber so schnell geben wir nicht auf. Aufgrund des Fakts, dass uns mehrere MitarbeiterInnen von buw über die unhaltbaren klimatischen Bedingungen, die regelmäßig zu Notarzteinsätzen führen, berichtet haben, haben Telefonzelle und FAU nun das Amt für Arbeitsschutz (AfA) informiert. Wir fordern die Prüfung durch das AfA und die evtl. Schließung der betroffenen Räumlichkeiten, selbstverständlich bei Lohnfortzahlung für die von der Schließung betroffenen KollegInnen.
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Ergänzungen

Die Spitze des Eisbergs beim Call Center buw

Markus L. 23.11.2009 - 17:34
Zahllose haarsträubende Zustände in der Firma buw können unter
 http://www.chefduzen.de/index.php/topic,12359.html

nachgelesen werden.

buw Halle

anonym 27.11.2009 - 20:30
Arbeite selbst seit einiger Zeit in Halle bei buw. Bin vom Arbeitsamt gezwungen worden, dort anzufangen.
D.h.:
- inkompetente Vorgesetzte
- noch schlechtere Bezahlung als in Münster
- völlig chaotische Abläufe
- katastrophale Schulungen (wenn es überhaupt welche gibt)

Leute verrecken wegen 40 Grad in den Räumen

Michael P. 29.11.2009 - 23:34
10 000 000 soll die Geschäftsführung von buw angeblich in den neun Standort investiert haben bzw. noch investieren und in Münster lässt sie die Mitarbeiter wegen einer fünfstelligen Summe, die eine Klimaanlage kostet, verrecken.

 http://www.lvz-online.de/aktuell/content/117753.html

buw hat doch viele Preise gewonnen. Wir sollten die entsprechenden Organisationen, die sie vergeben, anschreiben und um Stellungnahme bitten. Auch Leute wie Lothar Späth, Wolfgang Clement und Ulrich Wickert, die ihre Namen für die Auszeichnungen hergeben, müssen angeschrieben werden.

Meinung zu Buw Halle

Anonym 05.11.2012 - 18:50
Tja was soll ich dazu schreiben ?? Außer das es leider wahr ist...arbeite ebenfalls bei Buw
Halle und es ist vollkommen richtig, was der Artikel von sich gibt :( besonders sollte man
beachten abschnitt 3 und 4 zum lachen ist das nicht...Ich lebe auf HARTZ4 LOHN!!! Bin durch
Arbeitsamt auch dieses Unternehmen geraten. Letztendlich finanziell ? Hätte ich auch weiter
Ausschlafen können für den Hungerlohn...Zu dem Thema Schulung - sage ich am besten nichts -
sowas kann man nicht als Schulung gelten lassen. Das wird einem rein gehämmert und gut ist...1 Projekt = max. 3 Tage Schulung ? Bissel was über Projekt / Kommunikation und Einwand -
ansonsten geschwafel und sieh zu...Klar mag Team und Teamleiter mal wirklich super sein, aber dafür das man Psychisch ernsthaft zugrunde gehen kann - das interessiert keinen...außer das man fliegt - wo ich jetzt die hohe Flugrate ansprechen möchte ^^ ...BITTE wer sich neu
bewirbt bei Buw. sollte damit rechnen das die meist befristeten Verträge eh auslaufen und
alles vorbei ist :) ...Die suchen eher unerfahrene die noch nach frei schnauze quatschen und nicht schon zu tief drinnen in der Gesprächsführung sind...Pausen sind ebenso nicht
angemessen naja und Raumklima ohne Worte :) Aber man sollte nicht meckern - man sollte ja froh sein das man Arbeit hat - Auch wenn es nur 1 Jahr lang ist XD ...Welch Motivation doch
einen bestrebt jeden Tag auf neue sich am Telefon beschimpfen zu lassen (wenn es vorkommt) Kundenfreundlichkeit hoch geschrieben...schlucke den Ärger runter :( und auf die Familie daheim leider gibt es auswirkungen :(

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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