Zwitter-Proteste gegen Sportverbände

Zwischengeschlecht.org 17.11.2009 01:54 Themen: Gender Weltweit
Die wiederholten Verstösse gegen die Menschenwürde von als Zwitter verdächtigten Sportlerinnen wie z.B. Santhi Soundarajan (Indien) [1] oder Caster Semenya (Südafrika) [2] werfen ein Schlaglicht auf ein ungelöstes Problem der internationalen Sportverbände, namentlich des Internationale Olympischen Komitees (IOC) und des Internationalen Athletikverbandes (IAAF). Diesen stehen nun erste Proteste von Betroffenen und Verbündeten ins Haus.

[1]  http://de.indymedia.org/2009/11/265347.shtml
[2]  http://blog.zwischengeschlecht.info/post/2009/09/17/%22Caster-Semenya-wird-als-Zwitter-verheizt%22-Tages-Anzeiger%2C-16.9.09
Obwohl den Sportverbänden IOC und IAAF die Problematik seit Jahrzehnten bekannt ist, versäumten sie es bis auf den heutigen Tag, endlich transparente, faire und allgemein verbindliche Regeln zur Teilnahme von zwischengeschlechtlichen Menschen / Hermaphroditen / Zwittern / Intersexuellen an Sportwettkämpfen zu erarbeiten und durchzusetzen, unter angemessener Beteiligung Betroffener und ihrer Organisationen.

Die Leidtragenden dieses andauernden Versagens der Sportverbände sind nicht zuletzt alle Sportlerinnen, die in untauglichen und undurchsichtigen "Geschlechtstests" hängen bleiben. Diese Sportlerinnen werden von den Sportverbänden wie Betrügerinnen behandelt und in der Folge entweder heimlich ausgeschlossen, zu oft gesundheitsschädigenden Operationen gezwungen und/oder durch gezielte Indiskretionen weltweit medial fertig gemacht.

Zusätzlich stossend ist dabei, wie Athletinnen aus der "3. Welt" besonders rücksichtslos behandelt werden.

Voraussichtlich am 20. Nov. will die IAAF ihren Beschluss öffentlich machen, ob Caster Semenya künftig weiter an Wettkämpfen teilnehmen darf, sowie ob ihr der WM-Sieg aberkannt wird oder nicht. Je nach Ausgang erwägt der indische Atletikverband IAF, ev. doch noch gegen den das willürliche und intransparente Vorgehen des Olympic Council of Asia (OCA) gegenüber Santhi Soundarajan zu klagen.

Bereits fordert IAAF Vize-Präsident und Vorsitzender von des Organisationskomitees der Olympischen Spiele in London 2012, Sebastian Coe, öffentlich neue Befugnisse, damit die Verbände künftig "verdächtige" Athletinnen aufgrund "vorläufiger Ergebnisse" präventiv ausschliessen können.

Unter dem Motto "Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan, Caster Semenya und zahllose andere! Menschenrechte auch für Zwitter!" wird Zwischengeschlecht.org am nächsten Donnerstag, den 19.11. vor dem IOC Hauptquartier in Lausanne (Schweiz) einen friedlichen Protest abhalten und IOC und IAAF mit einem Offenen Brief auf die berechtigten Anliegen zwischengeschlechtlicher Sportlerinnen und aller, die als solche verdächtigt werden, aufmerksam machen.
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wo

ist 17.11.2009 - 05:02
hier das problem? irgendwie muss man ja rausfinden, ob man nun männlein ode weiblein vor sich hat, sonst weiss man ja nicht, in welcher gruppe der/die betroffene anzutreten hat. vollkommen normal und hat mit "diskriminierung" o.ä. nicht das geringste zu tun. aber hauptsache immer laut schreien und mit dem finger zeigen...

kotz

I-330 17.11.2009 - 09:40
"irgendwie muss man ja rausfinden, ob man nun männlein ode weiblein vor sich hat, sonst weiss man ja nicht, in welcher gruppe der/die betroffene anzutreten hat."

Genau das wird ja kritisiert, denn inwiefern unterscheidet sich der Kategorisierungszwang im Sport von der Steinigung Homosexueller? Wie unterscheidet er sich von dem Zwang, als Frau eine Burka zu tragen? Wie unterscheidet er sich von Zwangsbeschneidungen und Genitalverstümmelung? Es gibt keinen Unterschied dazu im Denken, denn einen Menschen nach seinem Geschlecht zu kategorisieren ist nichts anderes als Sexismus! Einen Menschen dazu zu zwingen, sich in Mann-oder-Frau-Kategorien pressen zu lassen, ist nichts anderes als sexualisierte Gewalt! Nichts anderes als eine seelische und zum Teil auch körperliche Vergewaltigung wird den Menschen angetan, die sich diesem Druck der Einordnung in heteronormative Kategorien zu Recht entziehen wollen, weil dieses Modell an ihrer Realität vollkommen vorbeigeht. Wenn du diese Vergewaltigung ernsthaft in Ordnung findest, hast DU keine Ahnung, wie die Realität für diese Menschen aussieht, also hör DU auf, hier einen auf Besserwisser zu machen!

Queere und solidarische Grüße an alle Unterdrückten, fuck gender + sexism!
I-330

argh

Call me... Jeff 17.11.2009 - 15:15
Dieser Queer-Dogmatismus... zum Kotzen!
Ungeachtet der Tatsache, dass die >soziale< Konstruktion von Mann und Frau leider immer noch traurige Realität ist, gilt doch dennoch, dass es einen physischen Unterschied zwischen einer Person mit XX-Chromosom und einer mit XY-Chromosom gibt. Um nichts anderes geht es hier. Wo ist es sexistisch einen Unterschied zwischen den Geschlechtern zu konstatieren, solang dieser keiner Wertung unterliegt?! Sexismus bedeutet sexualisierte Machtausübung. Dies ist hier nicht der Fall. Das einzige, was man den Sportverbänden vorwerfen kann ist eben, dass sie es versäumt haben einheitliche Regelungen für Zwitter etc. zu finden, sodass die jetzt in der Öffentlichkeit stehenden Sportlerinnen doof aus der Wäsche gucken.

Ich fühl mich wie auf nem bad trip *kotz*

ProJeff 17.11.2009 - 15:52
@ I-330

Ich glaube, du bist einer dieser Menschen die immer und überall irgendjemanden/irgendwas findes, was es gleichzuberechtigen gilt.
Selbst wenn alle intoleranten schon längst in KZs sind...*ironisch*

1984 lässt grüßen.

@ Call me... Jeff

blockbirne 17.11.2009 - 22:32
wenn es doch so einfach wäre. erstens lassen sich die kategorien mann/frau nicht wertneutral formulieren, da diesen kategorien ihre eigene geschichte und die damit verbundenen, gegenwärtigen zuschreibungen innewohnen. check dazu am besten michel foucault und judith butler. foucault ging der entstehung der westlichen geschlechtscharaktere im zuge der herausbildung der bürgerlichen gesellschaft auf den grund. butler bettet die vorstellungen von geschlecht in ihre heteronormative matrix ein und formuliert die these, dass es nicht nur "gender", sondern auch "sex" eine soziale konstruktion ist.

und wenn du glaubst, dass das populäre märchen der chromosomen alleinig ausschlaggebend für die konstituierung von "sex" ist, dann schau dir zumindest mal den wikipedia-artikel hier an. schon dieser zeigt, dass sich in der biologischen auffassung geschlecht auf chromosomaler, gonodaler, hormoneller, anatomischer und morphologischer ebene begriffen wird.

 http://de.wikipedia.org/wiki/Geschlechtsmerkmal

doch nicht so einfach.

ausrast

xyz 18.11.2009 - 09:34
nochmal für alle ganz langsamen:

bei intersexualität geht es nicht nur um die einteilung in die angeblich ach-so-eindeutigen kategorien Mann/Frau, das ankreuzen von m und w kästchen auf irgendwelchen fragebögen oder in welcher kategorie sportler_innen antreten.

es geht hier auch um die zwangsoperationen an kindern, die so in diese kategorien hineingepresst werden. und diese ops ziehen "folgebehandlungen" nach sich, so müssen z.B. die eltern regelmäßig die künstlich geschaffene scheide der kinder penetrieren, damit diese nicht zuwächst. und für dieses einführen von fingern oder gegenständen in die vagina eines kindes ohne deren zustimmung (auch mit wäre das problematisch) fällt mir kein besseres wort als "vergewaltigung" ein.
bei diesen ops verlieren diese kinder auch häufig ihr sexuelles lustempfinden.

für einige leute hier scheinen das lapalien zu sein, "queer-dogmatismus" und "Rumgejammere".
für mich sind das eingriffe in die selbstbestimmung von menschen, menschenrechtsverletzungen, sexualisierte gewalt und körperverletzungen mit lebenslangen folgen.

und diese stehen auch im zusammenhang mit den fällen von Semenya und Soundarajan (falls das noch bestritten werden sollte), denn diese überall auftretende zweigeschlechtliche kategorisierung ist mit der grund dafür, weshalb menschen mit gewalt in das Mann-Frau-Schema gepresst und zurechtgeschnippelt und hormonbehandelt werden.

gääähn

Jeff 18.11.2009 - 11:04
@xyz: Ach, ich wusste gar nicht, dass die Sportverbände die Zwangs-OPs vorgenommen und somit diese Menschen verstümmelt haben. Ich war ja zunächst davon ausgegangen, dass das einzige Interesse der Verbände darin liegt FAIRE Wettkampf-Bedigungen auszuarbeiten, damit sich die Athleten nicht unter- oder übervorteilt sehen, worunter fallen würde, dass Personen männlichen / uneindeutigen Geschlechts bei mehr oder minder (gott sei dank weiß ichs jetzt besser) weiblichen Athletinnen (darf ich das überhaupt noch schreiben, wenns eh keine Frauen gibt?) starten. Aber wenn das so ist: Holt heraus Fackel und Forke und bestraft diese sexistischen Monster!

@Blockbirne: Gehe ich richtig, dass ich deiner Argumentation folgend niemanden mehr (sry, niemenschen...) eine Frau nennen darf, weil irgendwelche Vollidioten vergangener Generationen eine entsprechende Menschengruppe, die als solches definiert wurde, unterdrückt haben? Stark. Dann brauch ich ja nur noch die Butler-Bibel und dann gehts auch schon los in eine Welt der Konturlosigkeit und Beliebigkeit.

Es tut mir leid, aber Ernst nehmen kann man euch ja wohl nicht mehr. Emanzipation aller (!) Geschlechter: Ja, ja, tausendmal ja! Kampf dem heteronormativen Schwachsinn: Bitte, gern! Umgestaltung der Weltenkugel in eine Art Panoptikum der Androgynität? Ne, eher nicht so...