Nürnberg: Autonomes Glücksrad zur Wahl

organisierte autonomie 28.09.2009 00:08 Themen: Kultur Soziale Kämpfe
„Ihre Wahl – das große Los? Ein Wechsel ist nicht wählbar. Er muss erkämpft werden“ Unter diesem Motto hieß es am Samstag vor der Bundestagswahl in Nürnberg: „Gewinnen, gewinnen, geewinneeen!“
Am 27. September erhielt der wahlberechtigte Teil der Bevölkerung Deutschlands wieder Gelegenheit, die eigene Stimme für weitere vier Jahre in einer Urne zu versenken. Da das System der Profitwirtschaft auch diesmal wieder nicht zur Abwahl stand, boten autonome SchaustellerInnen in der Nürnberger Innenstadt eine Abkürzung auf die Sonnenseite des Lebens: Das große Los im Kapitalismus, nämlich eine Existenz als Mitglied der oberen 10.000, konnte mit einem Drehen am Glücksrad gezogen werden. Die PassantInnen waren aufgefordert, über das Ihnen im Kapitalismus zugedachte Los und den Sinn der Stimmabgabe nachzudenken.

Das macht Laune, das macht Spaß!
Leider war die Teilnahme an der Verlosung nicht nur kostenlos, sondern auch umsonst. Auch nach 50 Durchgängen hielt das Rad nicht ein einziges mal beim Feld „KapitalistIn“ an. Statt neuer Freunde in Liechtenstein, einer gut funktionierenden Klassenjustiz und einem Heer von Repressionsorganen und PolitikerInnen zu ihren Diensten erhielten die potentiellen GewinnerInnen z.B. das Los einer Frau im Patriarchat und Kapitalismus zugeteilt. Oder das Los eines Rentners, Schülers oder Azubis, einer Arbeitslosen, eines Kranken oder Behinderten, das Los eines Flüchtlings oder eines Erwerbstätigen.

Ändern Sie Ihr Schicksal, ziehen Sie ein Los! Ändern Sie ihr Los!
Nicht nur die Umstände, die der Kapitalismus für diese Personengruppen bereit hält, wurden den ZuhörerInnen mitgeteilt, sondern natürlich wurde auf den Losen und im Vortrag eine Lösung vorgeschlagen:

„Es liegt an Ihnen. Wollen Sie dieses Los annehmen oder entscheiden Sie sich gegen ein System, das Ausbeutung und Unterdrückung zur Norm erklärt? Ein Wechsel, Damen und Herren, ein Wechsel ist nicht wählbar. Er muss erkämpft werden. Machen Sie sich selbst zum Hauptgewinn. Vielleicht stellen Sie fest, dass es sich lohnt, für die eigenen Interessen, für die Interessen der großen Mehrheit selbst einzustehen und zu kämpfen, in der Schule, im Betrieb, im Stadtteil. Für eine gerechte Gesellschaft. Für die soziale Revolution! Es gibt eine Welt jenseits des Kapitalismus!“

Die Aktion wurde ausgerichtet vom SchaustellerInnen-Arbeitskreis der organisierten autonomie (OA) und wurde begleitet von der Ausstellung „Gegen die Verbrechen der herrschenden Klasse!“.
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Ergänzungen

Fantasievolle Aktion. Besserer Ort wäre cool.

Frange 28.09.2009 - 03:31
Der Platz war nicht optimal (Durchgangszone ohne Innenstadtspaziererer). Trotzdem fand ich die Resonanz in der Zeit wo ich da war ganz okay. Die Fotos sehen da ein wenig zu karg und öd aus. So wars nicht. Die beiden Krakeeler auf dem Lauti waren für mich eine verstörende Offenbarung :)
Antikap meets Jahrmarkt.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 11 Kommentare

Erkämpfbar - Deswegen hab ich CDU gewählt!

h. 28.09.2009 - 00:48
Wahlkritik ist zur Zeit voll der Szenehype. War vor 4 Jahren total out, damals haben nur so ein paar verfilzte Projektwerkstättler was über den "Wahlquark" geschrieben. Heute folgen die antideutschen bis anarchosyndikalistischen Schäfchen ihren Checker-Hirten und gebetsmühlenartig bekommt man überall die Geschichte vom "kleineren Übel" erzählt. Und wie es sich für den Zeitgeist gehört kann nur eine absolute Lösung dem szenekonformen Radikalismus gerecht werden: Wählen (böse) oder Nicht-Wählen (gut).
Dabei gibt es zig andere Sichtweisen, von denen ich hier beispielhaft einfach mal diejenige darstellen möchte, die seit Jahren auf mich zutrifft: Ziel der Wahlkritik ist eine freie Gesellschaft emanzipierter, gleichberechtigter und staatenloser Menschen, die aus eigenem Bewusstsein das Wahltheater in seiner jetzigen Form haben überflüssig werden lassen. Diesen Gedanken teile ich voll und ganz, allerdings halte ich den Weg dorthin für realisierbarer wenn es zunächst weiterhin eine schwarz-gelbe Mehrheit im Land gibt. Hier liegt der feine aber wichtige Unterschied zwischen meiner "Strategie" und dem aktuellen Anti-Wahl-Hype: Ich glaube nicht an eine absolute SPD/CDU/GRÜN/GELB/ROTE-Einheitssoße sondern ich glaube das in der Tendenz eher schwarz-gelb die Gesellschaft weiter spalten wird während rot-grün eher nach dem Prinzip Hoffnung konfliktmildernd wirkt. Eine weitere Spaltung halte ich allerdings zunächst als Schritt hin zu einen allgemeinen Bewusstseinswandel für unabdingbar. Daher habe ich heute schwarz-gelb gewählt. Auf das die Revolution alsbald in greifbare Nähe rückt!

Unfassbar

den tränen nahe! 28.09.2009 - 01:57
Eine kreative Aktion der Antifa und das ganz ohne ANTI ANTI ANTI gequäke? Das ich das noch erleben darf!

Lob!

Berliner 28.09.2009 - 02:41
Schönes Ding!

Money, money, money ....

Pauler 28.09.2009 - 09:03
Alle sagen, geh zur Wahl, doch ich geh nicht hin
das System ist international drum macht es keinen Sinn
Überall regiert das Kapital, egal für wen ich stimm,
und die Politiker tun gar nichts ausser grosse Reden schwing

Geld regiert in Babylon und nicht das Parlament.
Die nehm sich nur, was uns gehört bis auf den letzten Cent
Moderne Sklaverei ist das und wer das nicht erkennt
der wird es nie begreifen oder leidet an Demenz

ich bin für mich verantwortlich
und Volksvertreter brauch ich nich
nur durch mich verändert sich realität

mein geist ist unveräusserlich,
und alleine steuer ich
mein geschick und meine souveränität

Uns geht es eh noch viel zu gut.
Und woanders auf der Welt fliesst dafür Blut!
Was muss passiern bis die innere Wut
ausreicht so dass jeder aufsteht und was dagegen tut?

Wach auf, lass uns
von den mentalen Ketten lösen!
Money,money, money
ist die Wurzel alles Bösen!

Wirkliche Freiheit wird ganz anders erkämpft,
Radikale Umverteilung anstatt Steuergeschenk
Reichtumsgrenze, Mitbestimmung sind das woran ich denk
Verbrennen wir ihr Geld - wie oft träum ich von dem Moment

Die an der Macht sind, wollen nichts verändern, sondern ihre Stellung halten,
ginge es nach ihnen bliebe alles nur beim Alten,
Drum wollen sie mit ihren Wahlen uns nur bei der Stange halten
Denn ohne uns sind sie nur kleine Lichter, arme machtlose Gestalten.

ich bin für mich verantwortlich
und Volksvertreter brauch ich nich
nur durch mich verändert sich realität

mein geist ist unveräusserlich,
und alleine steuer ich
mein geschick und meine souveränität

Es dauert nicht mehr lang
und der Tag kommt irgendwann,
an dem wir aus den Reihen
treten und uns von Hierarchien befreien.

Gemeinsam packen wir es an
und erschaffen uns ein Land
Ohne Herrscher und Lakaien,
ohne Lobbys und Parteien

So und nich anders sieht dat aus.
Also steh auf, lass uns selbst was tun.
Mach aus deiner Hand ne Faust,
hör auf, dich auszuruhn!

Wacht auf, lasst uns
von den mentalen Ketten lösen!
Money,money, money
ist die Wurzel alles Bösen!

Dies ist meine Antwort auf die ganzen vom Bund bezahlten Künstler, die im Vorfeld der Wahlen für die Teilnahme an dieser Farce mit ihren propagandistischen Stücken warben! Mehr von mir:  http://myspace.com/komakapitaen

Merkt ihr was?

Pauler 28.09.2009 - 09:31
Also abgesehen davon, dass ich von nationalen scheindemokratischen Wahlen innerhalb eines internationalen Kapitalismus überhaupt nichts halte, ist doch manches merkwürdig abgelaufen, oder? Selten haben sich Parteien im Vorfeld derart siegesgewiss sebst gefeiert. Es erschien mir doch bereits vorher, dass es längst beschlossene Sache war, wer die Wahl gewinnt (auch wenn sie nichts bedeutet in Hinsicht auf einen wirklichen Wandel) ... auch seeeeeehr argwönisch hat es mich gemacht, dass bereits 19:00 - also nach der ersten Stunde der Auszählungen schon ein fast absolutes Wahlergebnis vorgelegen haben will. Das lief doch die Jahre vorher immer etwas langsamer ab, oder? Naja ... is nur so n merkwürdiges Gefühl, aber ich komm ja auch aus Meckpomm und da haben doch irgendwie ALLE, die ich kenne und die wählen gingen, die Die Linke gewählt ... vielleicht täusche ich mich ja ....

Bei weiter sozialer Spaltung gewinnt

(muss ausgefüllt werden) 28.09.2009 - 09:38
die Extreme Rechte an Zulauf, du Superstratege.

Die Links insgesamt, hat nur eine Chance, auf das deformierte Bewußtsein einwirken zu können, wenn sie es schafft, den Kampfplatz der Parlamente als Teilgebiet zu erobern.

Wer sich einbildet, man wählt die sozialen Grausamkeiten, und dann kommt die Veränderung schon von selbst, hat kein Gefühl für die Menschen in diesem Land, kein Gefühl für die Strukturen und die historischen Altlasten in den Köpfen.


Wer nicht begriffen hat, dass in Ostdeutschland seit 20 Jahren "rot" gewählt wird, weil die ideologische Bildung der DDR vom tatsächlichen Kapitalismus bisher noch prägend nachwirkte, und weil der Kapitalismus hier eine Ruine seit 1989 hinterlassen hat, und wer dazu nicht begreift, dass in diesen 20 Jahren sich eine völlig neue Generation, ohne Erfahrungen gebildet hat, der sollte von Strategien die Finger lassen.


Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die extreme Rechts Kapital aus dieser Situation schlagen kann, wenn nicht endlich in der radikalen Linken mal ein wenig Bildung und Weitsicht betrieben wird.

@ 28.09

f 28.09.2009 - 09:44
dat is aber n ganz neues konzept
scheisse fördern um einen riss in der gesellschaft zu bekommen
boh alter komm aus der versenkung was in den 70 ern in dland nicht geklappt hat wird heute auch nicht funktionieren du innovativer neumoderner strategiemeister.

Extremismus?

Pauler 28.09.2009 - 12:59
Ich hab die letzen Kommentare nicht ganz verstanden - jedenfalls nicht so, dass ich sie in Bezug zu meinem Beitrag in sinnvoller Weise setzen kann. War da jetzt ein Bezug?

Na jedenfalls denke ich (womit ich doch hoffentlich deutlich genug unterstreiche, dass ich nur ne kleine Person mit einer mehr oder weniger unbedeutenden Meinung bin, auf welche ich aber ein Recht besitze, ohne dafür gleich mit ironischen Bezeichnungen wie Superstratege beleidigt zu werden - falls ich das richtig deute), dass die Behauptung, dass soziale Spannungen nur Rechtsextremismus zur Folge haben können ein Widerspruch an sich sind. Begründung: Die Frage nach dem, wo sich Spannungen auftun, kann nur zwei gegenteilige Positionen beinhalten - nämlich entweder die gemeinte Spannung zwischen dem Extremen und dem Moderaten oder die Spannung zwischen dem linkspolitischen und rechtspolitischen Spektrum. Daher wäre ein alleiniger Zulauf zu nur einer Seite des politischen Spektrums einhergehend mit sozialer Spannung erstens unlogisch und zweitens auch nicht die Folge der Spannung sondern die Spannung selbst. Kein Yin ohne Yang. Kein Schatten ohne Licht. Kein Links ohne Rechts, kein Extrem ohne Moderat, keine Armut ohne Reichtum. Logisch oder?

Ich denke aber auch, dass dank der hervorragenden Bildung für ALLE einerseits und der plumpen und aufschlussreich transparenten Propagandamaschinerie der DDR ein grosser Teil der ostdeutschen Bevölkerung trotz korrumpierter scheinsozialistischer 40jähriger Diktatur mit selbstgewähltem roten Image zum Teil rot wählt oder zum Teil gar nicht an dem scheindemokratischen System politisch teilnimmt (nicht zuletzt auch darum, um durch den Boykott etwas zum Ausdruck zu bringen) ... dazu muss man kein Superstratege, sondern einfach mal da aufgewachsen sein. Ich glaube auch, dass die ostdeutsche Bevölkerung (welche durch den steten Tropfen der westlich-kapitalistisch dominierten Medienlandschaft einer zunehmend geschichtsverzerrten Verdrängung ausgesetzt und somit vom idealistischen Standpunkt vom Aussterben bedroht ist) einen noch sehr sensiblen Geist und wachsames Auge auf gesellschaftliche Scheinzustände im Laufe der nicht allzu weit entfernten neueren Geschichte besitzt. UNS ist einfach zu oft, zu übel mitgespielt worden und das westliche Kapital kauft hier alles auf. So ist es nunmal - auch wenn es wieder nach dem ewigen Ossi-Wessi Gesabbel klingt.

Ich habe mit meinem Beitrag weder eine Teilung Deutschlands propagiert, noch eine Befürwortung rechtsextremen Anstiegs. Dies aufzugreifen, wäre meiner unbedeutenden Meinung nach, nicht nur ein absoluter Fehlgriff in Sachen Interpretation sondern obendrein unlogisch und falsch (man weise es mir bitte an entsprechenden Textstellen nach und ich bin gerne bereit, Verbesserungen vorzunehmen). Ich erachte eben politische Eigeninitiative als viel notwendiger und effizienter, als sich damit zu rechtfertigen, zur Wahl gegangen zu sein und nichts weiter machen zu können als über Schwarz-Gelb lediglich rumzuheulen. Darin besteht meine Kritik und in nichts weiter (zumindest nicht in diesem Beitrag) ... Ich sehe die einzige Chance, etwas zu bewegen nur darin, dass ich und jeder, der etwas bewegen will, dies selbst in die Hand nehmen muss. Die Frage nach den Methoden, welche ich oder jemand anders für sich wählt, ist damit gar nicht gestellt. Ich stelle lediglich die Methode der sogenannten parlamentarischen Demokratie in Frage. Wo die hinführt, hat ja die Geschichte oft genug gezeigt. Es wird Zeit, neue und innovative Gesellschaftsformen zu entwickeln, anstatt auf alten, gescheiterten und ausgedienten Idealen rumzureiten. Direktdemokratie beschränkt auf Vetorecht beispielsweise, hätte den Afghanistaneinsatz umgehend gestoppt und nicht die blutigen Folgen einer uneingeschränkten Direktdemokratie, wie sie zur Zeit der französich-bürgerlichen Revolution in Erscheinung traten. Oder wie wäre es mit einer Kopplung der Länge der Legislaturperiode einer gewählten Regierung an die Wahlbeteiligung? Wie wäre es mit einer kompletten Neuauflage des Finanzwesens? Ich weiss, dass dies nur irgendwelche unausgereiften Ideen sind, und ich auch kein Experte auf diesem Gebiet. Aber ich fände politische Debatten derartiger Natur fruchtbarer, als sich gegenseitig zu beleidigen, Kompetenzen abzusprechen, ohne eigene Vorschläge zu machen, die auf die Einwände anderer Bezug zu nehmen versuchen.

Jeder Mensch hat seinen eigenen Grund zu Denken, wie er denkt und darum auch ein Recht darauf. Eine absolute Wahrheit kann es nicht geben. Inwieweit man ein Recht hat, sein Denken zu propagieren oder in die Tat umzusetzen, steht ganz woanders geschrieben.
Und das betrifft rechtsextreme Hetze übrigens GENAUSO wie gegenseitige Beleidigung. Aber man unterstelle mir bitte NICHT, diese Sachverhalte GENERELL gleichzusetzen, bloss, weil sie in diesem logisch argumentativen Konstrukt gleichen Stellenwert einnehmen.

Also bitte ich um konkretere und für mich und andere besser verständliche Kritik, anstatt mal erst einen Namen verpasst zu bekommen, wie Superstratege. Was spricht überhaupt gegen Innovation? Welche konkreten Gegenvorschläge gibt es? Lasst uns doch mal höflich bleiben.

@pauler

(muss ausgefüllt werden) 28.09.2009 - 13:43
Nein pauler, meine Ergänzung ging an den "Strategen" der die CDU strategisch für die "Revolution" gewählt hat, dieses "h", und nicht an deine Zeilen ;)

deformierte Bewußtsein

franke 28.09.2009 - 15:55
Der Wähler hat deutlich gemacht das deformiertes Bewußtsein eher ein Problem des äußeren Linken und Rechten Lagers ist.

Jugendliche werden vom Kommunismus überzeugt

Schmonz 28.09.2009 - 21:00
Schee wars.