Neue Gruppe in der Provinz Köthen/Sachsen-Anh

anarchokommunist 10.09.2009 20:00 Themen: Antifa Blogwire
Nach vielen Diskussionen, intensiver Arbeit und langen Plenen wird heute die Internetpräsens der neuen Gruppe „Antifaschistisches Informationsportal Köthen“ veröffentlicht.
Wer wir sind und was wir wollen…

Unsere Gruppe ist ein junger Personenzusammenschluss, der sich organisiert hat um den Ekelhaftigkeiten des Alltags in der Provinz entgegenzuwirken.
Dabei möchten wir Thematiken zum Gesprächsthema machen, welche in Köthen sonst nie auch nur die kleinste Beachtung fanden.
Über nötige Theoriearbeit die in der Praxis umgesetzt werden soll, wollen wir offen über die Rückstände der Stadt debattieren.

Welche Grundsätze wir hierbei verfolgen und vor allem warum, möchten wir auch gern klären.

Natürlich stellt der Antifaschismus einen unserer Grundsätze dar, denn diesen gab es in Köthen so gut wie gar nicht.
Nie gab es effektive Gegenveranstaltungen zum Neonaziaktivismus, sei es von der Stadt, dem Netzwerk für Demokratie und Toleranz oder der alten Jugendantifa.
Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung gehören zur Normalität und sind gerade deshalb auch nicht zu akzeptieren und dementsprechend anzugreifen.
Diese Verhältnisse sind umzustürzen, um antifaschistische Politik erfolgreich umzusetzen.

Wir verstehen uns ebenfalls als antikapitalistisch, weil wir finden, dass die Verhältnisse, die in diesem Wirtschaftssystem immer ungerechter werden und eigentlich schon immer ungerecht genug waren, abzuschaffen sind.
Ungerecht zum einen, weil sich Armut neben Reichtum häuft, obwohl das vollkommen unnötig ist und zum anderen ganz einfach weil es uns ankotzt jeden Morgen 6.00 Uhr aufstehen zu müssen um Tätigkeiten auszuführen die uns eigentlich nur nerven.

Weiterhin möchten wir uns klar gegen jede Form von Sexismus aussprechen. In Köthen, wie in jeder Provinz, ist dieser besonders ausgeprägt.
Dieses Zwängen in Geschlechterrollen und in ihre „arttypischen“ Merkmale macht sich selbst dann schon bemerkbar, wenn sich eine Person „nicht normal“ kleidet oder emotional anders mit Situationen umgeht als es „sich gehört“.
Mit antisexistischer Politik möchten wir erreichen, dass man sich mit den gesellschaftlichen Ursachen und Strukturen des Sexismus auseinandersetzt und für eine radikale Änderung der Verhältnisse eintritt.

Gerade im Punkt Aussehen und Kleidung ordnen viele Menschen das Gegenüber in bestimmte Gruppen ein. So muss ein junger Mann mit gebräunter Haut, Lederjacke und Sonnenbrille total oberflächlich, ein dicke Frau total undiszipliniert und ein Mensch mit Iro und Springerstiefeln total „asozial“ sein; um nur einige Beispiele zu benennen.
Das Zuordnen von Charaktereigenschaften am bloßen Erkennen des Äußeren ist als absolut falsch einzuschätzen, da man einen Menschen nur einschätzen kann indem man mit ihm in Kontakt tritt und sich dann seine Meinung zu dem von ihm Geäußerten bilden darf.
So möchten wir uns auch klar gegen diesen tief in der Gesellschaft verwurzelten Lookismus einsetzen.

Ein Wichtiger Grundsatz stellt ebenfalls der Kampf gegen Homophobie in jeglicher Hinsicht dar.
Oft trifft der Hass auf Homosexuelle in Jugendcliquen auf Beifall, da sich durch gegenseitiges Instrumentalisieren das eigene Denken auf ein Minimum beschränkt.
Dies zeigt sich wohl am meisten darin, dass es zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, Wörter wie „Schwuchtel“ oder „schwul“ als Beleidigung zu interpretieren und zu verwenden.
Dieser Gebrauch zeigt eine deutliche Herablehnung und Diskriminierung von Homosexuellen auf, die nicht einmal als selbige wahrgenommen wird.
Eine Antipathie wird durch diese „Schimpfwörter“ weit in die Gesellschaftsmitte hineingetragen, womit diese Form des Sprachgebrauchs klar abzulehnen ist.

Wir sehen es ebenfalls als Notwendigkeit an, in Köthen einen Freiraum zu schaffen, in der sich Mensch ohne jegliche Einschränkung emanzipieren, Spaß haben und sich schlicht und einfach ausleben kann.
Dies soll unter Beachtung der freiheitlichen Grundsätze die wir verfolgen geschehen, um so andere Individuen in ihrer Entfaltung nicht einzuschränken.

Auf diesen Grundsätzen baut das Handeln des „Antifaschistisches Informationsportal Köthen“ auf, weil wir finden, dass dieser, wenn er es denn schon wäre, Konsens der Gesellschaft die Basis für alle weiteren Utopien darstellt.

Das alles möchten wir durch die Nutzung verschiedener Möglichkeiten verwirklichen; z.B.: Veranstalten von Konzerten, Infoständen, Seminaren, Vorträgen, …; um einige Vorschläge zu nennen.

Unsere Gruppe möchte einen gesellschaftlichen Konsens erarbeiten, der vor allem durch ein freiheitliches Leben und gegenseitige Solidarität geprägt ist.

(August 2009 Antifaschistisches Informationsportal Köthen)
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Ergänzungen

Es gab Aktionen - nur lange her Liebe Leute

alter Köthener 10.09.2009 - 21:37
Wunderbar es geht also doch immer noch was. Dass in dieser Kreisstadt, wo eigentlich niemand durchfahren muss und wo viele Menschen ein sehr enges Weltbild haben, obwohl hier so viel Kultur und Wissenschaft zu Hause waren, junge Leute wieder links und parteiunabhängig politisch aktiv werden - das ist super.

Das solltet ihr aber wissen: es gab Anfang der 90er Jahre eine große Anzahl junger Leute in diesem Landstrich die sich sehr wohl klar gegen Rechts aussprachen und das auch zeigten. Wir waren vielleicht nicht immer super radikal, aber es gab beispielsweise eine der größten Antinazidemos mit etwa 2000 Menschen, davon viele Schüler und Schülerinnen gegen die rechten Umtriebe der damaligen Zeit in der Innenstadt Köthens. Diese wurde nicht von Parteien organisiert, sondern von Abiturienten...
Es gab eine breite alternative Musikszene und viele die die Schnauze voll hatten von der kleinbürgerlichen Spießererei der DDR und dem Fremdenfeindlichen Gelaber mancher Elternhäuser. Viele von uns sind gegangen und haben sich in Leipzig, Halle, Berlin, Hamburg oder in London, Paris usw. niedergelassen, einige leben im Wendland, in Kommunen, in Hausprojekten oder machen Kunst... und ein paar sind immer noch politisch sehr aktiv. 1997 trafen sich einige unerwartet wieder bei Antiatomprotesten, in linksradikalen und libertären oder zumindest alternativen linksliberalen Zusammenhängen. Da waren einige von uns 25 Jahre und älter. Heute sind wir locker über 30 und eines ist bis heute noch so: ich freue mich darüber, dass ich in Köthen und Aken eben nie ständig auf Nazis treffe, wie in in Halberstadt und Wernigerode... auch wenn es mich ankotzt, dass die Nazis nicht weniger geworden sind, sie hatten hier nie die so viele aktive Anhänger..... Also knüpft daran an. Macht sie klein, wo ihr könnt und schafft Alternativen. Macht eure Sache groß, vernetzt euch mit Wittenberg, Halle, Magdeburg... und schaut, wo es Anknüpfungspunkte zu älteren Leuten gibt, die eigentlich immer noch sehr radikal im Kopf sind, es aber vielleicht verlernt haben, das nach außen zu artikulieren. Vielleicht gibt es sogar welche, die euch auch finazniell unterstützen... so viel Verbindung ist dann nämlich doch da. Ach ja: wie wärs, wenn ihr ein Treffen früher politisch aktiver organisiert und ein paar Häuser besetzt! ;)

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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schade — Realist

trotzdem... — (A) // (E)

warum denn nicht? — jmd der sich freut.

*LöööööööL* - "anerkannte Antifagruppen" — Schubladenkonstrukteur und Mob-Aktionär i.R.

@Schubladenspinner — Realist

x-x-x — xxx

hoffentlich — nur mal so

@alter Köthener — blubb